Muss der Naturraum der Ilme (stärker) geschützt werden?

Die Menschen entlang der Ilme leben seit Jahrhunderten mit dem Fluss. Sie sorgen sich um ihn und pflegen seine Auen, feiern Feste und Taufen an seinen Ufern, manchmal bei Hochwasser fürchten sie ihn und seine Wassermassen auch. Der Naturraum entlang der Ilme soll in Zukunft zum Naturschutzgebiet erklärt und damit formal stärker geschützt werden. Doch ist dieser Schutzgedanke überhaupt notwendig? Braucht die Ilme gesetzlich mehr Schutz? Oder bewirkt ein solcher Schutz genau das Gegenteil? Verhindert er eher, dass die Menschen entlang der Ilme weiter im Einklang mit ihrem Fluss leben? Diese und viele weitere Fragen standen in dieser Woche im Mittelpunkt von zwei Ortsterminen, einmal in Hullersen mit der SPD und einmal in Holtensen mit der CDU. Die Fragen waren in beiden Einbecker Ortschaften die gleichen. Und die meisten Antworten auch.

Landrätin Astrid Klinkert-Kittel und Dezernent Ralf Buberti (vorn) mit Mitgliedern des Ortsrates Hullersen und der SPD.

In Hullersen informierte sich Landrätin Astrid Klinkert-Kittel (SPD) zusammen mit ihrem Dezernenten Ralf Buberti beim Ortsrat, bei der Jagdgenossenschaft sowie SPD-Vertretern. In Holtensen stand Martin Brünig, Fachbereichsleiter Regionalplanung und Umweltschutz im Northeimer Kreishaus, bei einer Veranstaltung der CDU einem ähnlichen Kreis und einem noch größeren Interesse vor Ort gegenüber. Hintergrund für die Aktualität der Fragestellungen und Befürchtungen ist der aus der Kreisverwaltung stammende Entwurf einer Verordnung, der die Ilme zum Naturschutzgebiet erklären würde. Die formale Frist für das Beteiligungsverfahren war bereits Ende Juli abgelaufen, damals hatten die Stadt Einbeck und mehrere betroffene Ortschaften bereits Stellungnahmen eingereicht. Und Kritik an der Eile in diesem Verfahren zu Protokoll gegeben.

Dass es jetzt offenbar doch noch ein wenig länger Zeit gibt, die Menschen vor Ort zu beteiligen und über das Thema zu diskutieren, sagten alle Landkreis-Vertreter bei den Ortsterminen. Die Verordnung für die Ilme wird voraussichtlich nicht mehr in diesem Jahr vom Kreistag beschlossen. Die Landrätin machte jedoch ebenso deutlich, dass der Landkreis auf eine im Februar vom Land Niedersachsen ergangene fachaufsichtliche Weisung handele. „Das hat uns kalt erwischt, wir müssen es jetzt ausbaden“, sagte Astrid Klinkert-Kittel in Hullersen. Bestehende FFH-Gebiete müssen laut einer EU-Forderung neu ausgewiesen werden. Wenn der Landkreis Northeim nicht tätig werde, werde irgendwann das Land selbst handeln. Dann jedoch werde der Kreistag keinerlei Einflussmöglichkeiten mehr haben, wie das zurzeit noch der Fall sei. Die Landrätin sieht die Vor-Ort-Termine trotz aller Corona bedingten Schwierigkeiten und Beschränkungen als Möglichkeit, die bestehenden Spielräume mit den Anliegern zu besprechen. Kreis-Dezernent Ralf Buberti betonte, dass es innerhalb der Schutzformen „Naturschutzgebiet“ und „Landschaftsschutzgebiet“ Abstufungen gebe. Man werde Lösungen finden, die gesetzeskonform seien. Und die Kreispolitik diskutiere ja auch schon mehrere Jahre über die Schutzformen, sagte Buberti.

Ortstermin mit Landrätin und Baudezernent an der Ilme in Hullersen.

Kritik gab es sowohl in Hullersen als auch in Holtensen, dass der Landkreis gleich die schärfte Form des Schutzes für seinen Verordnungsentwurf gewählt habe, das Naturschutzgebiet (NSG). Als Vertreter der Landwirtschaft sagte Carsten Hühne, dass damit bei den Menschen Angst entstanden sei, was sie in Zukunft auf ihren Feldern und Grundstücken in diesem Gebiet noch dürfen – und was nicht. Ralf Buberti betonte, dass es auch im NSG kein generelles Betretungsverbot gebe, nur eines für besonders schützenswerte Bereiche. Die Landwirtschaft erhalte Erschwernisausgleiche, und auch die Löschwasserstellen entlang der Ilme würden nutzbar bleiben.

Eine Fülle von Einzelpunkten sahen sich die Vertreter der Kreisverwaltung mit der Politik vor Ort in der Natur an. Dabei waren sie auch bei durchaus skurrilen Beispielen vor Ort, die zum Naturschutzgebiet gehören sollen: einem asphaltierten Wendehammer, der Zuweg zu einer Baulücke und dem Weg entlang der Dieße in Holtensen ist. Das könne ja wohl nicht so bleiben, waren sich die Anwesenden allerdings auch schnell einig. Aber wie wird das mit dem Wassertritt durch den Ilmezufluss Dieße oder der Grillhütte bei Holtensen werden, deren Gelände teilweise zum NSG gehören würde? Oder mit Wegen entlang der Dieße, die zurzeit im Eigentum der Stadt sind und von der Ortsgemeinschaft freiwillig gepflegt werden? Was wird aus dem Zeltlagerplatz bei Hullersen, der im NSG liegen würde? Kann die Dorfgemeinschaft Hullersen den an der Ilme liegenden Grillplatz weiter nutzen? Klar wurde, dass ein Fülle von Details noch zu klären sein wird. Und dass eine Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet, das weniger Restriktionen unterliegt, bei den Menschen vor Ort besser angekommen wäre als das strikte NSG. Es kommt eben doch auch auf die Überschrift an, nicht nur auf den Inhalt. Dass 1992 die komplette Ilme als FFH-Gebiet zur EU gemeldet wurde, sei möglicherweise zu viel gewesen, räumte die Landrätin ein. An dem Gebietsumfang lasse sich jetzt aber nichts mehr wesentlich ändern.

Dr. Bernd von Garmissen, Dirk Ebrecht, Carsten Hühne und Martin Brünig.
Ortstermin am Rande von Holtensen mit Carsten Hühne (l.).
Was passiert mit den Löschwasserstellen, hier am Grillplatz in Hullersen, wenn der Gewässerrand zum Naturschutzgebiet wird?
Stellte sich der Debatte vor Ort in Hullersen: Landrätin Astrid Klinkert-Kittel.

Nachtrag 12.09.2020: Landrätin Astrid Klinkert-Kittel (SPD) hat überraschend den Verordnungsentwurf ihrer Verwaltung zurückgezogen, nach dem die Ilme zum Naturschutzgebiet (NSG) erklärt worden wäre. „Nachdem vielfältige Hinweise aus der Bevölkerung bei mir eingegangen sind, habe ich mich entschieden, das derzeitige Verfahren zur Ausweisung der Ilme als Naturschutzgebiet zu beenden“, ließ die Landrätin über ihr Presseteam mitteilen. Es sei geplant, eine neue Landschaftsschutzgebiet-Verordnung zu erlassen, die Bedenken und Anregungen berücksichtige. „Derzeit stehe ich in enger Abstimmung mit dem Niedersächsischen Umweltministerium, um eine Fristverlängerung zu erwirken“, erklärte Klinkert-Kittel. „Das gibt uns Spielraum für weitere Gespräche und Vororttermine.“ In welchem Zusammenhang damit der Weggang des Dezernenten für Bauen und Umwelt steht, ist bislang offen: Ralf Buberti wechselt in wenigen Wochen zum Landkreis Holzminden, wird dort höher dotierter Wahlbeamter. Seine Stelle im Northeimer Kreishaus ist neu ausgeschrieben.

Kreis-Baudezernent will Kreisbaurat in Holzminden werden

Vor ein paar Tagen noch erläuterte Ralf Buberti bei Sommer-Rundreisen der CDU– und der SPD-Kreistagsfraktionen des Northeimer Kreistages aktuelle Bauvorhaben im Landkreis Northeim. Am Montag will sich der Kreisausschuss im benachbarten Landkreis Holzminden mit einer Personalie beschäftigen, die solche Termine für den Baudezernenten im Landkreis Northeim in Zukunft beenden würde: Denn Ralf Buberti (61) möchte Kreisbaurat im Kreis Holzminden werden. Im Auswahlverfahren hat sich der Uslarer bereits durchgesetzt, er ist der einzige Vorschlag für die politischen Gremien.

Der Landkreis Holzminden schafft mit der B2-Stelle eine weitere Wahlbeamten-Position neben Landrat und Erstem Kreisrat. Gewählt wird der Kreisbaurat vom Kreistag für acht Jahre. Die Wahl soll am 7. September stattfinden. Laut Beratungsunterlagen ist mit dem Landkreis Northeim besprochen, den Stellenantritt zum 7. Dezember dieses Jahres realisieren zu können. Wer Bubertis Nachfolge als Baudezernent im Northeimer Kreishaus antreten soll, ist bislang nicht bekannt.

Kreis-Baudezernent Ralf Buberti (r.), hier beim Ortstermin mit der SPD an der Leinebrücke bei Olxheim, mit Hans-Jörg Kelpe (l.) und Dirk Heitmüller. Archivfoto

Nachtrag 08.09.2020: Der Kreistag des Landkreises Holzminden hat Ralf Buberti einstimmig zum neuen Kreisbaurat gewählt.

SPD-Kreistagsfraktion an der Leine-Brücke

Bei ihrer Sommertour durch den Landkreis Northeim hat sich die SPD-Kreistagsfraktion an der vor fünf Jahren behelfsweise errichteten Leine-Brücke zwischen Garlebsen und Olxheim über die aktuelle Situation informiert. Kreis-Baudezernent Ralf Buberti erläuterte vor Ort die Planungen für den Brückenneubau, der im nächsten Jahr beginnen soll. Vertreter der drei Einbecker Ortschaften und auch SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller machten deutlich, wie wichtig die Flussquerung für die Verbindungen zwischen den anliegenden Dörfern ist.

An der Behelfsbrücke über die Leine trafen sich mehrere Mitglieder der SPD-Kreistagsfraktion mit Anwohnern und Vertretern des Ortsrates.

Deutlich wurde bei dem Besuch aber auch, dass mittlerweile seit 16 (!) Jahren über eine Sanierung der Brückenverbindung für die Kreisstraße gesprochen wird. Und dass es 2011 auch schon einmal Überlegungen sogar bis zur Beschlussvorlagen-Reife gegeben haben soll, die marode Leine-Brücke zu ersetzen. Doch es kam anders. Erst massiver Bürgerprotest vor Ort nach der Sperrung der alten Brücke im Sommer 2014 ebnete den politischen Weg für einen Neubau. Der SPD-Kreistagsabgeordnete Peter Traupe (Einbeck) betonte, die SPD sei schon immer für eine neue Brücke gewesen. Das langwierige Verfahren kritisierte der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion, Uwe Schwarz, als „Musterbeispiel für deutsches Baurecht“.

So wird die neue Brücke geplant: Kreis-Baudezernent Ralf Buberti (r.) zeigt die Pläne SPD-Kreistagsfraktionsschef Uwe Schwarz und SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller (l.).

Kreis-Baudezernent Ralf Buberti würde sich auch ein schlankeres Verfahren wünschen. Seit dem 25. März dieses Jahres gibt es einen Planfeststellungsbeschluss und damit eine Baugenehmigung. Herausforderung bei der aufwändigen Planung der Brücke mit 4,50 Meter breiter Fahrbahn und Fußwegen an beiden Seiten sei die Lage im Überschwemmungsgebiet. Im Herbst sollen die Gewerke für den Brückenbau ausgeschrieben werden, 2021 soll der Neubau beginnen. Kalkuliert werden die Kosten im Kreishaushalt für die neue Brücke mit aktuell 2,5 Millionen Euro. Wobei man angesichts der derzeitigen Baukonjunktur nicht wisse, ob das auch die Summe unter dem Strich bleiben werde, sagte Buberti und verwies beispielsweise auf die Ortsdurchfahrt Naensen, die mit ebensolcher Summe kalkuliert wurde, aber am Ende rund vier Millionen Euro kosten werde.

Die Behelfsbrücke, die seit 2015 nach dem Abriss der alten Brücke die Flussquerung ermöglicht, kostet laut Buberti jeden Monat 2500 Euro Miete. Bis jetzt sind inklusive Abriss der alten Brücke (83.000 Euro) und neuer Zuwegung dem Landkreis und damit dem Steuerzahler Kosten in Höhe von 226.000 Euro entstanden. Auf Fördermittel-Unterstützung beim Neubau habe man bewusst verzichtet, weil nur eine Brücke mit sechs Metern Fahrbahnbreite förderfähig gewesen wäre, diese Dimension für die Verbindung jedoch zu breit sei.

Ortsbürgermeister Hans-Jörg Kelpe betonte, wie unverändert wichtig eine Brückenverbindung zwischen Garlebsen/Ippensen und Olxheim sei. „Sonst wären die drei Dörfer getrennt.“ Die Landwirtschaft benötige die Strecke ebenso wie die Industrie. Wie bedeutend die Querung sei, merke man sogar auch jedes Mal bei einer Autobahnsperrung: Lkw-Fahrer identifizierten diese Umleitungsabkürzung. SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller ergänzte, auch für Rettungswege sei eine Brückenverbindung wichtig, ebenso für die inzwischen vereinigte gemeinsame Freiwillige Feuerwehr der drei Einbecker Ortsteile.

2004 waren erste Mängel am Bauwerk der 1951 gebauten Brücke ausgemacht worden, im folgenden Jahr wurde die alte Brücke auf Fahrzeuge bis 16 Tonnen begrenzt. Für 55.000 Euro wurde ein Überwachungssystem für die Materialbewegungen installiert, das an der Technischen Universität Braunschweig ausgewertet wurde.

Nur eine Rechenspielerei? Bei Kosten einer neuen Brücke in Höhe von 2,5 Millionen Euro könnte die Behelfsbrücke bei unveränderter Miete (30.000 Euro pro Jahr) noch 83 Jahre lang stehen…

Kostet 2500 Euro pro Monat: die Miete der Behelfsbrücke über die Leine zwischen Olxheim (im Hintergrund) und Garlebsen.

CDU-Kreistagsfraktion auf Sommertour

Die aktuellen Bauarbeiten für die neue Ortsdurchfahrt in Naensen, das „Wissensquartier“ in Einbeck sowie die Zukunft der freien Kulturszene waren Themen der CDU-Kreistagsfraktion bei ihrer Sommertour-Visite in Einbeck. Mit dabei auf der Tour waren Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek (CDU), der Erste Kreisrat Jörg Richert und sein Vorgänger Dr. Hartmut Heuer.

Mitglieder der CDU-Kreistagsfraktion schauten sich die Baustelle Ortsdurchfahrt Naensen an, gemeinsam mit Kreis-Bauamtsleiter Ralf Buberti (3.v.r.), dem Ersten Kreisrat Jörg Richert (r.), Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek (Mitte) und Ersten Kreisrat a.D. Dr. Hartmut Heuer (5.v.l.).

Auf der Baustelle, aber auch in bereits fertig gestellten Bereichen der Kreisstraße durch Naensen konnten sich Mitglieder der CDU-Kreistagsfraktion vom Fortgang der Baumaßnahme überzeugen. Kreis-Baudezernent Ralf Buberti erläuterte die bereits seit 2012 diskutierte neue Ortsdurchfahrt, für die es 2017 einen Planfeststellungsbeschluss gab. In diesem Jahr habe man im April trotz Corona mit den Arbeiten endlich beginnen können, mittlerweile laufe der vierte von fünf Bauabschnitten der 1,17 Kilometer langen Straße durch den Einbecker Ortsteil. In diesem Jahr noch wolle man fertig werden, sagte Buberti. Bei 422 Kilometern Kreisstraße könne der Landkreis Northeim natürlich nicht alle Straßen gleichzeitig sanieren, aber das rund acht Jahre dauernde Planungsverfahren bis zum Bau sei zu lang, räumte er ein. Statt ursprünglich kalkulierten 2,5 Millionen Euro werden die Bauarbeiten am Ende rund vier Millionen Euro kosten, sagte der Baudezernent. Gemeinsam mit der Stadt Einbeck habe man in die Straße neue Ver- und Entsorgung sowie auch Leerrohre für Glasfaser verlegt. Die Anlieger mussten sich nach geltender Straßenausbaubeitragsatzung lediglich an den Gehwegen finanziell beteiligen, sagte die Bürgermeisterin. Diese habe man bewusst gepflastert und die Parkbuchten farblich zu den Einfahrten abgesetzt.

Weil der Geh- und Radweg an der Ortsdurchfahrt kombiniert ist, musste ein hohes Aluminum-Geländer gebaut werden.
Bis Jahresende sollen die Bauarbeiten in Naensen noch dauern.
Bauarbeiten in der Ortsdurchfahrt Naensen.

In Einbeck stand dann der Besuch der CDU-Kreistagsfraktion im Zeichen der Kultur. Im Barocksaal des Stadtmuseums erläuterten Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek und Museumsleiterin Dr. Elke Heege die Pläne und Konzeptionen für das „Wissensquartier“. Sie präsentierten die jüngst bekannt gemachten Sieger-Pläne aus dem Architektenwettbewerb und machten dabei deutlich, dass es bei dem Projekt um mehr gehe als um Architektur und Gebäude-Fusionen. Die Konzentration von Stadtmuseum, Stadtarchiv und Stadtbibliothek an einem Ort verfolge das Ziel, konzeptionell in die nächsten Jahrzehnte zu denken und die inhaltliche Arbeit dieser drei städtischen Einrichtungen zu verknüpfen, sagte Dr. Elke Heege. Veränderte Nutzergewohnheiten würden immer offenkundiger, darauf müsse man reagieren. Für ein Infohopping müsse die Stadt Einbeck die Infrastruktur für die Zukunft schaffen. Barrierefreiheit sei auch im übertragenen Sinne notwendig, man müsse den jungen Menschen die einfachste Möglichkeit bieten, sich eine Informationskompetenz aneignen zu können. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek bat die CDU-Kreistagsfraktion, alle Kontakte auf allen Ebenen zu nutzen, um die Finanzierung des Millionen-Projektes zusammen zu bekommen. Eventuell werde man mehrere Bauabschnitte bilden müssen. Man könne nicht oft genug über das „Wissensquartier“ sprechen, damit sich dieses Projekt in Einbeck und darüber hinaus verbreite, meinte CDU-Kreistagsabgeordnete Beatrix Tappe-Rostalski, die auch Ratsmitglied in Einbeck ist.

Museumsleiterin Dr. Elke Heege (Mitte) und Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek zeigen der CDU-Kreistagsfraktion das Modell des Architektenwettbewerbs „Wissensquartier“.

Schließlich stellte sich der Verein „Stadtpartie“ vor, der derzeit auf dem Hallenplan wöchentliche Konzerte veranstaltet, um die „Alarmstufe Rot!“ für die Kulturszene sichtbar zu machen. Durch die Corona-Pandemie mit ihren Einschränkungen für Künstler drohe ein ganzer Berufszweig mit seinen unterschiedlichen Jobs vom Sänger bis zum Bühnenhelfer verloren zu gehen. Hier sei dringend durch die Politik eine tragfähige Lösung gefragt, machten Britta Grastorf und Christian Serfati für den „Stadtpartie“-Vorstand deutlich. Die Freiluft-Kurz-Konzerte sonnabends in der Fußgängerzone zeigten immer wieder, dass Publikum und Künstler sich gegenseitig vermissen. „Die Kultur braucht eine größere Lobby“, sagte CDU-Kreistagsabgeordneter Karl-Heinz Hagerodt. Sein Kollege Dr. Bernd von Garmissen regte an, in die Kultur-Netzwerkarbeit der Region unbedingt auch die Politik einzubinden. Gemeinsam mit seinem Kreistagsfraktion-Kollegen Joachim Stünkel motivierte von Garmissen, an die Kultur- und Denkmalstiftung des Landkreises Northeim Anträge für geplante Veranstaltungen 2021 zu schicken, diese würden bei Vollständigkeit der erforderlichen Unterlagen genehmigt, um den Veranstaltern in der Krise Planungssicherheit zu signalisieren. Diese hatte Grastorf für das nächstes Jahr vorgesehene Festival bemängelt, man könne keine Künstlerverträge unterschreiben, weil Förderzusagen fehlten.

Breitband-Ausbau kommt – in Kürze, bald…

Breitband-Infos für Bürgermeister und Stadtverwaltungen gaben Landrätin Astrid Klinkert-Kittel (l.) und Dieter Schulz (stehend) mit seinem Team von der Deutschen Telekom im Sitzungssaal des Kreishauses.

Breitband-Kabel.

Die sichtbare Freude von Landrätin Astrid Klinkert-Kittel und ihrem Bau-Dezernenten Ralf Buberti mochten im Sitzungssaal des Northeimer Kreishauses nicht alle teilen. Die Tagesordnung des Kreistagssitzung am Freitag verheißt da auch noch politischen Schlagabtausch über das Dauerthema Breitbandausbau, einen kleinen Vorgeschmack gab es bereits: Der Landkreis hatte Bürgermeister und Bauamtsleitungen der Städte und Gemeinden des Landkreises sowie die Mitglieder des Kreistages zu einer Infoveranstaltung über den Breitbandausbau eingeladen; für die Stadt Einbeck war Bürgermeisterin-Vertreter Dr. Florian Schröder vor Ort. Drei Stunden zuvor hatte die Landrätin aus Berlin den endgültigen Förderbescheid über 5,8 Millionen Euro erhalten, den Löwenanteil des 9,6-Millionen-Euro-Projekts. Das Land dürfte mit seinem Förderbescheid bald folgen, war man sicher. Einen so genannten vorzeitigen Maßnahmenbeginn hatte sich der Landkreis ohnehin schon besorgt, auch weil der eigentliche Vertrag mit der Deutschen Telekom noch gar nicht unterschrieben ist. Nun könnte es also endlich losgehen nach mehr als vier Jahre dauernder Planung und Debatte – nach viel zu langer Vorbereitungszeit, ständigen Änderungen und einem hochbürokratischen Verfahren, das in Zukunft dringend vereinfacht gehört, sagte die Landrätin. Doch wann es konkret und faktisch sichtbar losgeht, konnte noch niemand sagen. „In Kürze“, „unverzüglich“ waren da die gebräuchlichen Worte. Bald eben. Denn was noch fehlt vor dem ersten Spatenstich, der öffentlich zelebriert werden soll, ist die genaue Ausbauplanung, für die die vom Landkreis beauftragte Deutsche Telekom bis Ende Juli alle Städte und Gemeinden kontaktiert haben will. Innerhalb eines Jahres ab Vertragsabschluss soll die Telekom im Landkreis Northeim 16.000 Haushalte mit schnellem Internet versorgen, 95 Prozent mit 50MBit/s, den Rest mit 30 MBiT/s. Sie wird dafür 1177 Kilometer Glasfaser-Kabel mit verschiedensten modernen Verfahren in die Erde legen (was 166 Kabeltrommeln auf zehn Lkw entspricht) und 200 moderne „graue“, neue Verteiler-Kästen aufstellen. „Das ist das größte Programm für die Telekom in Südniedersachsen“, sagte Telekom-Infrastrukturmann Dieter Schulz. Er appellierte an die Zusammenarbeit mit den Bauverwaltungen in den Kommunen, da komme jetzt eine Antragsflut für die geplanten Trassen und Standorte der Multifunktionsgehäuse auf die Rathäuser zu, die möglichst alle innerhalb weniger Wochen genehmigt sein sollten. Sobald grünes Licht kommt und die Bauarbeiten beginnen, soll eine Website ortschaftsgenau informieren, wo wann was gebaut werden soll, große Hinweisschilder in den von den Bauarbeiten betroffenen Orten sollen deutlich sichtbar auf die Beschleunigung des Breitbands aufmerksam machen.

Nachtrag 09.06.2018: Wie erwartet gab’s gestern im Kreistag den politischen Schlagabtausch zum Thema Breitbandausbau. Dabei wurde auch bekannt, dass der Förderbescheid des Bundes eine sechswöchige Frist bis zur Vertragsunterzeichnung enthält. Die CDU-Fraktion hätte mit einem Entschließungsantrag mit Signalwirkung gerne ein Zeichen gesetzt in der unendlichen Geschichte des Breitbandausbaus im Landkreis Northeim. Nichts Neues habe man bei der Infoveranstaltung gehört. „Es gibt keinen rechtsgültigen Vertrag“, bemängelte Dirk Ebrecht (CDU). Er sprach sich dafür aus, über den Kreisausschuss der Telekom eine Frist bis zum 15. Juli zu setzen, den Ausbauvertrag zu unterschreiben, andernfalls wäre die Ausschreibung nichtig. „Förderbescheide wurden schon viele in die Kameras gehalten“, sagte Ebrecht. Es liege aber noch kein einziger Meter Kabel in der Erde. Ebrechts Fraktionskollege Heiner Hegeler (CDU) wunderte sich, warum sich die Telekom-Vertreter bei der Infoveranstaltung um den ja offenbar feststehenden Sechs-Wochen-Zeitraum bis zur Unterschrift und damit dem Start der Arbeiten herumgedrückt hätten. „Wir sehen das Risiko, dass die Telekom nicht unterschreibt“, sagte Hegeler. „Wir wollen keine weiteren Ehrenrunden drehen.“ Uwe Schwarz (SPD) räumte ein, dass man auch lieber zwei Jahren früher gestartet wäre, aber: „Meine Stimmungslage ist eine andere seit Mittwoch“, seit der Infoveranstaltung mit Förderbescheid-Übergabe. Jetzt sei eher Dank an alle Beteiligten angesagt. Bis 18. Juli  (das ist die sechswöchige Frist) werde die Telekom unterschreiben – und dann zwölf Monate später fertig sein, meint Schwarz. Mit einer gesetzten Frist würde der Kreistag die Probleme nur vergrößern. „Das ist nur ein Muskelspiel, für die Bürger nicht zielführend.“ Mit dem CDU-Antrag wird sich der Kreisausschuss nun beschäftigen, mit breiter Mehrheit hat der Kreistag bei einer Gegenstimme von Johannes Antpöhler (Grüne) so entschieden. „Mein Wunsch ist, in den nächsten Tagen den Vertrag zu unterschreiben“, umriss Landrätin Astrid Klinkert-Kittel die Lage. Falls das nicht geschehe, könne und müsse man immer noch mit einer Kreistagssondersitzung auf eine neue Lage reagieren. „Aber jetzt bin ich erstmal optimistisch.“

Auf der Website des Landkreises Northeim gibt es inzwischen eine Auflistung der Ortschaften zu sehen, die im Rahmen des geförderten Breitbandausbaus schnelleres Internet erhalten werden. Orte, die die Telekom im so genannten Eigenausbau ertüchtigt, sind nicht enthalten. Auch nicht die Orte, die schon jetzt eine Geschwindigkeit von mehr als 30 MBit/s aufweisen, da diese damit über der von der EU festgelegten „Aufgriffschwelle“ für den geförderten Ausbau liegen, teilte die Kreisverwaltung mit.

Wieder ein Einbecker als Erster Kreisrat?

Umbau des Kreishauses: Jörg Richert soll Erster Kreisrat werden. Archivfoto

Landrätin Astrid Klinkert-Kittel will ihre Kreisverwaltung umbauen. Der heutige Erste Kreisrat Dr. Hartmut Heuer (Einbeck) geht zum 31. Juli nächsten Jahres in den Ruhestand. Auf eine öffentliche Ausschreibung der Stelle möchte die Landrätin verzichten, sie wünscht sich eine Dezernenten-Struktur, einer dieser Wunsch-Dezernenten (Bereich Sicherheit und Ordnung) und gleichzeitig neuer Erster Kreisrat soll Jörg Richert (50) werden. Das geht aus Plänen hervor, die die Landrätin heute öffentlich gemacht hat und über die der Kreistag in seiner nächsten Sitzung am 8. Dezember (15 Uhr, Kreishaus Northeim) befinden soll. Völlig überraschend kommt dieser Vorschlag nicht. Jörg Richert war in der jüngsten Landratswahl 2016 als von der FDP unterstützter Einzelbewerber angetreten und hatte im ersten Wahlgang beachtliche 26 Prozent geschafft. Beobachter hatten schon damals für möglich gehalten, dass Richert neuer Wahlbeamter werden könnte, sobald Dr. Heuer (66) in den Ruhestand geht. Volljurist Richert arbeitet seit 2001 im Northeimer Kreishaus, zurzeit als Fachbereichsleiter, und lebt mit seiner Familie in Einbeck-Salzderhelden.

Landrätin Astrid Klinkert-Kittel möchte ihre Kreisverwaltung so strukturieren, dass die Verantwortung auf mehreren Schultern ruht. Bislang vertritt in der Regel der Erste Kreisrat die Chefin, künftig sollen vier Dezernenten dies tun. „Der bisherige Verwaltungsaufbau mit einer relativ hohen Anzahl von Stabsstellen und Fachbereichen bindet mich zeitlich sehr stark und gibt mir zu wenig Raum für die wesentlichen strategischen Themenstellungen der Kreisverwaltung“, erklärt die Landrätin zur Begründung. „Um mich den wesentlichen strategischen Belangen des Landkreises Northeim intensiver als bislang widmen zu können, benötige ich vor dem Hintergrund der genannten Herausforderungen zu meiner Entlastung Personen, die mich auch nach außen in größeren Verantwortungsbereichen vertreten können.“ Klinkert-Kittel meint mit den Herausforderungen die steigenden Ansprüche der Bevölkerung an eine moderne Kreisverwaltung und die Erwartung von schnellen und effektiven Lösungen.

Auch die übrigen Personalien lassen aufmerken. Uljana Klein, heute Gleichstellungsbeauftragte, soll Dezernentin für den Bereich Kreisentwicklung werden. Harald Rode, aktuell Finanzen-Fachbereichsleiter im Kreishaus, soll Dezernent für Jugend und Soziales und gleichzeitig Leitender Kreisverwaltungsdirektor (A16) und damit befördert werden. Ralf Buberti bleibt im Dezernat Bauen und Umwelt für seine Themen zuständig.

Landrätin Astrid Klinkert-Kittel (Mitte) mit  Jörg Richert (r.) und CDU-Mann Dr. Bernd von Garmissen (l.) nach der jüngsten Landratswahl im Jahr 2016. Archivfoto.

Erster!

Mit Förderbescheid (v.l.) Alexander Dobrindt, Dr. Roy Kühne, Ralf Buberti, Dr. Wilhelm Priesmeier. Foto: BMVI

Mit Förderbescheid (v.l.) Alexander Dobrindt, Dr. Roy Kühne, Ralf Buberti, Dr. Wilhelm Priesmeier. Foto: BMVI

Eilmeldungen erreichen uns täglich mehrmals, uns alle über die mobilen Telefone, wenn wir das wollen. War früher allenfalls die Mondlandung den Nachrichtenagenturen eine Eilmeldung wert, kabeln sie heute auch Nichtigkeiten mit Priorität durch den digitalen Orbit. Bei einer durchaus nicht unwichtigen Nachricht über das schnelle Internet im Landkreis Northeim lieferten sich die beiden Bundestagsabgeordneten der Region vor ein paar Tagen ein regelrechtes Rennen um die erste Meldung. In Berlin hatte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am frühen Abend des 25. Januar die Förderbescheide überreicht. Um 19.05 Uhr erreichte die Pressemitteilung (20160125_PM96_NOM_BeratungBreitbandausbau) des CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Roy Kühne die regionalen Redaktionen – inklusive einem Foto, das laut Kameradaten um 18.52 Uhr aufgenommen worden ist. Um 21.29 Uhr legte der SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Wilhelm Priesmeier mit seiner Pressemitteilung (20160125_PM MdB Priesmeier Übergabe Förderbescheid Breitbandausbau LK NOM) nach – mit einem um 18.58 Uhr entstandenen Foto. Selbstverständlich posteten beide MdB ihre Botschaften auch über ihre Social-Media-Kanäle. Die Northeimer Kreisverwaltung meldete dann zwei Tage nach der abendlichen Übergabe-Veranstaltung, an der auch ihr Fachbereichsleiter Ralf Buberti teilgenommen hatte, in aller Ruhe die Fakten und die komplexe Förderszenerie, die absolviert werden muss, damit irgendwann einmal das Internet schneller wird. Bei Zahlen und Fakten gab es nämlich bei der ersten schnellen E-Mail aus Berlin durchaus noch Luft nach oben – sie kommt gänzlich ohne Euro-Zahlen aus, obwohl ein Förderbescheid überreicht wurde. Schnelligkeit ist nicht alles.

Nachtrag 05.02.2016: Der Finanzausschuss des Kreistages hat gestern einstimmig empfohlen, für den Breitbandausbau einen Betrag von rund 10,6 Millionen Euro im Kreishaushalt zur Verfügung zu stellen und zwischen dem Landkreis und den kreisangehörigen Städten und Gemeinden öffentlich-rechtliche Verträge zum allgemeinen Breitbandausbau abzuschließen. In den Vereinbarungen sollen die gemeinsame Finanzierung eines geförderten Breitbandausbaus im Landkreis Northeim zwischen Landkreis und den kreisangehörigen Kommunen geregelt werden. Der Einbecker Stadtrat befasst sich damit in seiner Sitzung am 11. Februar. Die Entscheidung über das Vertragswerk und den Nachtragshaushaltsplan soll der Kreistag in seiner Sitzung am 12. Februar treffen. Der Landkreis ist gut im Zeitplan, einen flächendeckenden Breitbandausbau im Landkreis bereits ein Jahr vor dem von der Bundesregierung gesetzten Ziel des Jahres 2018 zu erreichen. Für die Finanzierung hofft der Landkreis nach den Worten des Ersten Kreisrates Dr. Hartmut Heuer auf Unterstützung aus mehreren Fördertöpfen von Bund und Land. Ein erster Teilbetrag in Höhe von 1,9 Millionen Euro konnte bereits in Zusammenarbeit mit dem Südniedersachsenbüro eingeworben werden. Darüber hinaus hat der Landkreis Northeim am 29. Januar sowohl beim Bund als auch beim Land weitere Förderanträge über eine Gesamtsumme von rund 8,2 Millionen Euro gestellt. „Wenn die Gelder wie beantragt bewilligt werden, kommen wir auf eine sagenhafte Förderquote von über 95 Prozent“, sagt Dr. Heuer. Der verbleibende Betrag in Höhe von etwa 500.000 Euro soll von den Städten und Gemeinden sowie dem Landkreis Northeim aufgebracht werden. Welches Telekommunikationsunternehmen den Zuschlag für den Breitbandausbau erhält, soll im Frühsommer 2016 entschieden werden. Zuvor muss laut Kreisverwaltung noch ein europaweites Vergabeverfahren durchgeführt werden. Dieses soll unmittelbar nach der Beschlussfassung im Kreistag vorbereitet werden, damit die Ausschreibung für das Deckungslückenmodell im April veröffentlicht werden kann.

Die Brücke ist da

Bei der Montage vor Ort (v.l.): Erster Kreisrat Dr. Hartmut Heuer (l.) und Landkreis-Bauamtsleiter Ralf Buberti (r.) im Gespräch mit Bürgerinitiativen-Sprecherin Editha Brackmann und Garlebsens Ortsbürgermeister Hans-Jörg Kelpe.

Bei der Montage vor Ort (v.l.): Erster Kreisrat Dr. Hartmut Heuer, Bürgerinitiativen-Sprecherin Editha Brackmann, Garlebsens Ortsbürgermeister Hans-Jörg Kelpe und Landkreis-Bauamtsleiter Ralf Buberti.

Heute früh haben Mitarbeiter einer Fachfirma aus Hannover zwischen Olxheim und Garlebsen die Behelfsbrücke über die Leine montiert. Sie soll bis zum Bau einer Ersatzbrücke die 1951 errichtete und einsturzgefährdete alte Leinebrücke provisorisch die Verbindung zwischen den Dörfern wieder herstellen: 30,5 Meter sind die zwei so genannten Durchlaufträger lang, jeweils 16 Tonnen schwer. Zehn je 2,5 Tonnen schwere Fahrbahn-Elemente werden zwischen diese Träger gehängt, auf einer Seite kommt außerdem ein 1,50 Meter breiter Gehweg hinzu. Insgesamt 64 Tonnen wiegt die Behelfsbrücke, die der Landkreis Northeim von der Firma Eiffel (Hannover) mietet. Als die zwei Stahlträger der Dreiecksbrücke in den Widerlagern lagen, applaudierten die zahlreich anwesenden Anlieger aus den betroffenen Dörfern. Sie freuen sich, dass nach ihrem massiven Protest eine seit einem Jahr gesperrte Brückenverbindung zwischen ihren Ortschaften bald wieder hergestellt ist. Nächste Woche sollen die noch fehlenden Asphaltierungsarbeiten erledigt werden. Wenn die Brücke dann offiziell abgenommen ist, soll sie voraussichtlich am 11. September für den Verkehr freigegeben werden. Ortsrat und Bürgerinitiative Pro Leinebrücke wollen die wieder hergestellte Brückenverbindung zwischen ihren Dörfern mit einem Fest am Sonnabend, 26. September, ab 15 Uhr auf dem Bolzplatz in Olxheim feiern.

30,5 Meter lang und 16 Tonnen schwer ist einer der Stahlträger.

30,5 Meter lang und 16 Tonnen schwer ist einer der Stahlträger.

Seit Juli waren die Widerlager für die Behelfsbrücke sowie die Straßenanschlüsse erstellt worden, eine Wasserleitung musste neu unter der Leine gedükert werden, der Kampfmittelbeseitigungsdienst war vor Ort, fand aber nichts Gefährliches. „Das kann sich sehen lassen“, zeigte sich Ralf Buberti, Fachbereichsleiter Bauen und Umwelt beim Landkreis Northeim, heute vor Ort mit dem Ablauf zufrieden. Rund 600.000 Euro kostet nach seinen heutigen Angaben die gesamte Maßnahme. Das ist offenbar deutlich teurer als ursprünglich geplant: Das Bauvolumen waren noch Anfang Juli mit 224.000 Euro angegeben worden; rund 300.000 koste der Abriss der alten marode Brücke, hieß es. Die Gesamtkosten werden auch davon abhängen, wie lange der Landkreis die Behelfsbrücke mieten muss (monatliche Miete: 1500 Euro). Das Planfeststellungsverfahren für den Bau einer Ersatzbrücke läuft bereits parallel; es kann wegen Hochwasserschutz und anderen zu berücksichtigenden Einzelheiten mehrere Jahre dauern.

 

Nachtrag 14.09.2015: Die Behelfsbrücke ist seit dem 11. September für den Verkehr freigegeben. Hier ein Video dazu.

Neue Brücke in Sicht

Kreativer Protest mit Wirkung.

Kreativer Protest mit Wirkung.

Die Bürger hatten den Landrat zur Sondersitzung im Dorfgemeinschaftshaus Garlebsen mit einem Pfeifkonzert empfangen. Zwei Stunden später sagte Michael Wickmann am Ende der Debatte: „Sie haben dargestellt, dass sie diese Brücke brauchen“. Zuvor hatte der Landrat dem Kreistagsausschuss für Bau, Umwelt und Regionalplanung eine von den ursprünglichen Plänen der Verwaltung abweichende Beschlussempfehlung vorgelegt, der die Politiker am Ende einstimmig gefolgt waren: Die marode Leinebrücke zwischen Garlebsen und Olxheim wird abgerissen, an ihrer Stelle soll aber für eine Übergangszeit eine Behelfsbrücke gebaut werden, über die ab April/Mai nächsten Jahres wieder der Verkehr zwischen den Einbecker Ortschaften fließen kann. Außerdem soll die Kreisverwaltung die erforderlichen Planungsunterlagen für eine dauerhafte neue Brücke erarbeiten. Formal müssen zwar nun noch Kreisausschuss und Kreistag (im Oktober) ihre Zustimmung geben. Dass diese Gremien aber komplett anders entscheiden als der Fachausschuss, halte ich bei diesem in den vergangenen Wochen überregionale Schlagzeilen machenden Thema für ausgeschlossen.

Editha Brackmann überreichte Landrat Michael Wickmann die Protestnoten.

BI-Sprecherin Editha Brackmann überreichte Landrat Michael Wickmann die 5380 Protestunterschriften.

Die seit Ende Juli protestierenden Bürger in den drei Einbecker Ortschaften sind mehr als zufrieden – und überrascht, wie einfach es am Ende war, das Ziel zu erreichen. Nur für etwa ein halbes Jahr müssen die Menschen auf eine Brückenverbindung verzichten. Das ist ein Erfolg, den die Protestinitiative am Dienstag nicht nur durch eine Demo von circa 250 Menschen ermöglicht hat. Beeindruckend ist auch die Zahl der gesammelten Unterschriften: 5380 Menschen haben für eine Brückenverbindung unterzeichnet, die eine notwendige Lebensader für Vereine, Schülerbeförderung, Feuerwehr und Landwirtschaft ist, die nicht einfach gekappt werden kann.

Am Ende war der Druck zu groß. Denn er kam von allen Seiten. Die Politik war in den vergangenen Tagen bereits eine Fraktion nach der anderen auf die Linie eingeschwenkt, den Menschen ihre notwendige Brückenverbindung zu ermöglichen. Und auch Landrat Michael Wickmann hat am Ende einsehen müssen, dass die ursprünglichen Pläne seines Hauses Makulatur wurden. Auf die Vorhaltung von Timo Dröge (CDU), die Pfiffe der Bürger seien ja erwartbar gewesen, wenn man in den vergangenen Wochen alle Einladungen aus den Orten in den Wind schlage, sagte Wickmann: „Ja, das hatte den Anschein, dass wir uns nicht im Ort sehen lassen. Wir wollten aber erst mit einem schlüssigen Konzept auf die Bürger zugehen und haben auch in den Ferien daran gearbeitet.“

Spätestens nach dem Brief aus dem Einbecker Rathaus („mit großer Verwunderung haben wir Ihr Schreiben hinsichtlich der kurzfristig geplanten Sperrung sowie eines eventuellen Abrisses der Leinebrücke zur Kenntnis genommen“) mit der ablehnenden, den Protest der Bürger unterstützenden Stellungnahme von vergangener Woche dürfte dem Landrat klar gewesen sein, dass er sich eine Kostenbeteiligung der Stadt Einbeck abschminken konnte. Okay, ein Versuch war’s wert, dürfte er sich sagen. Da waren einige  Ausführungen seines Bauamtsleiter Ralf Buberti in der Ausschusssitzung (es sei Entscheidung der Politik, ob die Straße mit der Brücke eine Kreisstraße bleibe, und vor Jahren der Wille der Politik gewesen, mehr Straßen zu Gemeindestraßen abzustufen und damit dann aus der Finanzierung heraus zu sein) durchaus leicht irritierend, wohl aber nur noch letzte Rückzugsgefechte.

Brüpcken

Protest: Die Leinebrücke verbindet.

Bei aller Euphorie bleibt die Frage, die gestern immer sofort ausgeblendet wurde, sobald sie auch nur ansatzweise Thema werden sollte: Warum ist so lange nichts passiert? Er sitze seit 1981 im Kreistag, sagte gestern Joachim Stünkel (CDU). Und in all den Jahren habe er vom Zustand dieser Leinebrücke nichts erfahren. „Aber vielleicht war ich in der ganzen Zeit auch nicht im richtigen Ausschuss.“ Der Leiter der Landesbehörde für Straßenbau, Udo Othmer, formulierte vorsichtig, aber dennoch erkennbar. Gravierende Probleme mit der Brücke seien seit 2008 bekannt, mögliche Konsequenzen daraus hätten sich aber „nicht weiterentwickelt“. Und auch die Stadt Einbeck hat in ihrer Stellungnahme noch einmal deutlich formuliert: Als Ergebnis eines behördlichen Abstimmungsgespräches 2007 „sollte eine Abflussmodellberechnung beauftragt sowie die Planfeststellungsunterlagen für eine planungsrechtliche Absicherung der Baumaßnahme nach dem Niedersächsischen Straßengesetz erstellt werden“. Ist das geschehen? Oder am Ende in einer Schublade liegen geblieben?

Der Brücken-Experte hat in der Ausschusssitzung noch einmal unmissverständlich gesagt, was sein Büro schon 2004, also vor zehn (!) Jahren, ebenso unmissverständlich geschrieben hatte: Die 1951 gebaute Brücke ist bereits längere Zeit marode und könne „schlagartig versagen“. Und dann liege der Schulbus mit 40 Kindern in der Leine, „das kündigt sich nicht vorher an“. Wobei mir dann immer noch unklar bleibt, wie man bei solchen Erkenntnissen die Brücke nicht sofort voll gesperrt hat, sondern bis 10. September gewichtsmäßig eingeschränkt Verkehr erlaubt. Der Experte hat bescheinigt, dass die sechs Jahrzehnte alte Spannbetonbrücke nicht mehr sanierungsfähig ist und auch Fundamente nicht mehr genutzt werden können, nur ein Neubau komme infrage.

Die Leinebrücke wird ab 10. September komplett gesperrt. Dann wird nach der Beschlussempfehlung des Fachausschusses für rund 300.000 Euro die alte Spannbetonbrücke abgerissen. An gleicher Stelle entsteht für 150.000 Euro eine Stahlbehelfsbrücke, die für weitere 1500 Euro pro Monat gemietet werden muss. „Wenn alles positiv läuft und der Winter nicht zu hart ist, sind wir mit dem Bau im April/Mai 2015 fertig“, sagte der Landrat. Und das alles könne nur so schnell und ohne lange Planungsverfahren gehen, weil man perspektivisch eine komplett neue Brücke bauen wolle. Mittelfristig soll diese dauerhafte neue Brücke die Ufer der Leine verbinden, dafür ist jedoch ein circa fünf Jahre währendes, wegen des Hochwasserschutzes besonders aufwändiges Planfeststellungsverfahren notwendig. Die Gesamtkosten werden auf zwei Millionen Euro geschätzt.

Laut Beschluss des Ausschusses soll im Kreishaus ein Brückenkastaster aufgestellt werden, um einen Überblick im Kreisgebiet über sanierungsbedürftige Bauwerke zu bekommen. Das ist eine gute Entscheidung und imgrunde auch eine Antwort auf die Aussage des Landrates, dass die drei Dörfer nun für etwa ein halbes Jahr keine Brückenverbindung hätten, „kann ich leider auch nicht ändern“. Mit einem Kataster ist es zu ändern, da Verwaltung nach rechtzeitigen Beschlüssen der Politik dann rechtzeitig mit Planung und Bau beginnen kann.

Rund 250 Menschen zogen von OLxheim zur Ausschusssitzung in Garlerbsen.

Rund 250 Menschen zogen mit Protesttransparenten von Olxheim über die Leinebrücke zur Ausschusssitzung nach Garlebsen.