Planungen für Altes Rathaus: Um was es eigentlich geht

Worum geht es eigentlich? Manche, die in jüngster Zeit über die Umbaupläne für das Alte Rathaus diskutieren oder dazu ihre Meinung sagen, sollten diese Frage zunächst für sich und dann auch gerne für die Öffentlichkeit ehrlich beantworten, bevor sie die seit Jahren laufende Debatte mit ihren Beiträgen weiter bereichern. Ich könnte hier und jetzt sofort ein paar Antworten auf die Frage nennen, möchte aber zunächst ein paar Informationen beisteuern, die für eine zivilisierte Diskussion wichtig sein könnten, bei der jeder seine Meinung sagen kann, die Meinung des anderen toleriert und am Ende Mehrheiten entscheiden. Vielleicht gilt es einfach auch mal zu akzeptieren, dass andere Menschen mehr wissen und mehr können als andere und eventuell als man selbst?  

Die Rathaushalle in Einbeck soll eine moderne Veranstaltungstechnik bekommen.

Ein gläserner Fahrstuhl, der alle Geschosse vom Keller bis zum Obergeschoss des Alten Rathauses barrierefrei erschließen soll, steht in ähnlicher Bauweise seit kurzer Zeit an der Westseite der Pestalozzi-Grundschule. Ist wichtig für eine inklusive Beschulung der Kinder. Niemand hatte dort Einwände, einen solchen Fahrstuhl an der Fassade des inzwischen auch mehr als 100 Jahre alten Schulgebäudes anzubauen. Wer eine barrierefreie Beschulung verhindert, kann sich eines Proteststurms ziemlich gewiss sein, und zwar zu recht. Warum gilt die Akzeptanz nicht ebenso für das erste Haus in Einbeck, das Wohnzimmer der Stadt, das Historische Rathaus mit seinen identitätsstiftenden drei Türmen und einer Rathaushalle, in der jeder an Veranstaltungen teilnehmen können soll? Nach dem Stadtbrand von 1540 war das Rathaus eines der ersten Häuser, das die stolzen Einbecker wieder aufgebaut haben. Heute könnte man durchaus manchmal den Eindruck bekommen, dass es nach einem Stadtbrand als letztes dran wäre. Und dabei außerdem nichts kosten dürfte. Und vor allem eine Toilette haben müsste.

Ein Fahrstuhl, wie er seit vergangenem Jahr an der Pestalozzi-Grundschule (Foto) angebaut ist, soll auch am Alten Rathaus entstehen.

Der Fahrstuhl ist auf der Hallenplan-Seite des Alten Rathauses geplant, also nicht vor dem Rathaus mit den drei Türmen auf dem Marktplatz. Es ist schade, dieses hier überhaupt betonen zu müssen, aber einige scheuen auch Unwahrheiten nicht, um die Diskussion in ihre Richtung zu beeinflussen. Der Aufzug soll nicht direkt an die Fassade gebaut werden, sondern mit ein wenig Abstand freistehend, eben gerade weil er nicht das historische Gebäude optisch zu negativ beeinflussen soll. Die gotische Fensteröffnung, vor der er dann stehen wird, soll er nur teilweise verdecken. Von einer Verschandelung der Fassade kann keine Rede sein. Eher ist eine Auffrischung der gesamten Fassade nach der Innensanierung ohnehin dringendst notwendig, wie jeder sehen kann, der aktuell einmal mit offenen Augen vor und hinter dem Rathaus stand. Anstatt sich in endlosen Debatten zu verzetteln, die längst mit breitester demokratischer Mehrheit entschieden sind (im September sollen die Arbeiten beginnen, das Geld steht im Haushalt bereit), wäre es zukunftsgerichtete Politik, sich bereits heute mit der Fassaden- und Fenstersanierung zu beschäftigen. Einige machen das ja auch. Einige andere schreien lieber Skandal.

Bei einem Ortstermin in dieser Woche erläuterte Baudirektor Joachim Mertens die Rathaus-Pläne dem neuen Behindertenbeauftragten Ulrich Neumann (2.v.r.) sowie den Fachausschuss-Vorsitzenden Eunice Schenitzki und Andreas Fillips (r.)

Der westlichste Eingang vom Rathausinnenhof ist offensichtlich zu schmal und eng für eine Rollstuhlnutzung. Selbst mit ein wenig Umbauten wären Rollstuhl- und Rollator-Nutzer dann auch „nur“ auf der Ebene der Rathaushalle angelangt. Sobald dort die Blase drückt, müsste das aktuell vorhandene WC im Obergeschoss genutzt werden. Ohne Fahrstuhl mit Rollstuhl unerreichbar, auch der ins Spiel gebrachte Plattformlift scheint mir da eine allzu wacklige Konstruktion zu sein, die zudem Rettungswege beeinträchtigt? Und wer stattdessen Rollstuhlfahrern allen Ernstes empfehlen will, eine mutmaßlich zur Verfügung stehende barrierefreie Toilette in der Sparkassen-Passage nutzen zu können, sollte einmal über das unwürdige Signal nachdenken, das damit an Menschen mit Beeinträchtigungen gesandt wird. Sie können während einer Veranstaltung in der Rathaushalle wieder aus dem Hintereingang über den Hallenplan bis zur Sparkasse gelangen, und von dort dann wieder zurück? Die Pause oder der Vortrag ist während dieser Zeit längst vorbei! Und was ist eigentlich, wenn es regnet und schneit? Pech gehabt?

Worum geht es also eigentlich? Einigen geht es um eine populistische persönliche Profilierung. Vor allem denen, die dieses weit von sich weisen. Anderen geht es darum, alte politische Rechnungen zu begleichen. Und wieder anderen geht es offenbar immer und zuallererst nur um ein Klo. Und für manche gilt alles drei. Das Alte Rathaus bekommt seinen Fahrstuhl nicht, um ein barrierefreies WC zu bauen! Der Aufzug soll das Gebäude barrierefrei erschließen. Damit jeder Mensch, der es möchte, dort hinein kommt. Für Veranstaltungen. Für Hochzeiten. Für manches andere. Irgendwann auch mal wieder für öffentliche Rats- und Ausschusssitzungen. An denen manche Diskutierende noch nie teilgenommen haben. Der Fahrstuhl ist nicht allein dafür gedacht, um aufs Klo zu können, wer in der City unterwegs ist. Das Rathaus als größte Einbecker Toilette mit drei Türmen kann ja wohl nicht ernsthaft jemand wollen. Auf dem Neustädter Kirchplatz wird in Kürze ein barrierefreies WC entstehen, in der Maschenstraße gibt es schon eines, auch die Sparkasse wird irgendwann ihr WC wieder kundenfreundlich öffnen und Lösungen gegen Vandalismus und Verschmutzung finden. Was aber nicht möglich sein wird, ist in der Altstadt alle 100 Meter eine barrierefreie Toilette zu bauen. Selbst, wenn es ja genügend Leerstand gibt.

Innenhof des Alten Rathauses, links die Fenster des Trauzimmers, im Hintergrund der Durchgang zum Hallenplan.

Stadtrat konstituiert sich: Wer in welchen Gremien sitzt

In der konstituierenden Sitzung des Stadtrates gilt es, eine Fülle von Formalien zu erfüllen, zahlreiche Gremien zu besetzen und die Größen der Ratsausschüsse zu bestimmen. Das gelang dem Einbecker Rat in knapp zweistündiger Sitzung unerwartet zügig, was vor allem an den intensiven Absprachen in den vergangenen Wochen im Vorfeld des Treffens gelegen hat. Ein Überblick für die wichtigsten Personalien.

Im neuen Einbecker Stadtrat mit seinen 37 Ratsmitgliedern gibt es acht verschiedene Fraktionen und Einzelratsherrn, aus denen sich drei verschiedene Gruppen gebildet haben: SPD/CDU, Grüne/Linke und FDP/Kloss. Nach der Kommunalverfassung gelten damit für die Gremien bestimmte Zugriffs- und Vorschlagsrechte. Die Namensvorschläge mussten die Fraktionen nicht jeweils zurufen, sondern hatten die Fraktionen (außer AfD) im Vorfeld miteinander besprochen, so dass dem wiedergewählten Ratsvorsitzenden Frank Doods (SPD) eine umfangreiche Namensliste vorlag, die der Rat abarbeiten konnte und nahezu überall einstimmig beschloss.

Spannung gab’s einzig beim zweitwichtigsten Gremium neben dem Stadtrat, dem Verwaltungsausschuss (VA), der von der Bürgermeisterin mit Sitz und Stimme geleitet wird. Die SPD/CDU-Gruppe hatte wie angekündigt auf einen kleinen Achter-VA verzichtet, sondern bewusst auf einen möglichen Zehner-VA gesetzt, um die kleineren Gruppierungen besser beteiligen zu können. Dabei gilt laut erst kürzlich veränderter Kommunalverfassung das d‘Hondtsche Höchstzahlverfahren, was dazu führt, dass der zehnte VA-Sitz zwischen der SPD und der FDP/Kloss-Gruppe gelost werden musste. Ratsvorsitzender Frank Doods zog FDP/Kloss als Los, damit erhielt der vorgeschlagene Alexander Kloss (parteilos) diesen VA-Sitz. Außerdem wurden folgende Ratsmitglieder zu Beigeordneten (Ratsmitglieder im VA) gewählt: Dirk Heitmüller, Detlef Martin, Klaus-Reiner Schütte, Marcus Seidel (alle SPD), Dirk Ebrecht, Antje Sölter, Heinz-Hermann Wolper (alle CDU), Petra Bohnsack (BlGfE) und Manfred Helmke (Grüne). Das so genannte Grundmandat (ein VA-Sitz ohne Stimmrecht) nimmt Andreas Jakob (AfD) wahr.

Als Beigeordneter hatte Alexander Kloss (parteilos) dann auch die Möglichkeit, bei der Wahl zu den drei stellvertretenden Bürgermeistern anzutreten. In geheimer Abstimmung unterlag er jedoch mit 9 Stimmen den gewählten Antje Sölter (30 Stimmen) von der CDU, Detlef Martin (28 Stimmen) von der SPD und Petra Bohnsack (26 Stimmen) von der Bürgerliste „Gemeinsam für Einbeck“ deutlich. Auf eine Reihenfolge dieser ehrenamtlichen Bürgermeisterin-Vertreter hat der Rat wieder verzichtet, alle drei sind gleichberechtigt stellvertretende Bürgermeister.

Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek (2.v.r.) mit ihren neuen Stellvertreterinnen Antje Sölter (l.) und Petra Bohnsack sowie Stellvertreter Detlef Martin.

Der Stadtrat bildet für die Wahlperiode bis 2026 insgesamt sieben Fachausschüsse (zwei weniger als bisher), hinzu kommen weiterhin zwei Betriebsausschüsse. Bei den Ausschussgrößen fiel die Entscheidung für die jeweils größten Zuschnitte, um alle Gruppierungen besser beteiligen zu können, betonten Vertreter der großen SPD/CDU-Gruppe.

Bauausschuss und Stadtentwicklung: Andreas Philipps (Vorsitzender), Eunice Schenitzki, Klaus-Reiner Schütte, Marcus Seidel, Christine Jordan, Dirk Heitmüller (alle SPD), Carsten Pape, Antje Sölter, Horst Jürgens, Dirk Ebrecht (alle CDU), Udo Mattern (BlGfE), Dietmar Bartels (Grüne), Dr. Reinhard Binder (FDP). Hinzugewählte Mitglieder (ohne Stimmrecht) sind Marc Küchemann, Rudolf Anders, Joachim Dörge, Dirk Strohmeyer sowie je ein Vertreter des Jugendparlaments und des Seniorenrates. Das Grundmandat (ohne Stimmrecht) nimmt hier Andreas Jakob (AfD) wahr.

Ausschuss für Klimaschutz und Nachhaltigkeit: Gerhard Mika, Eunice Schenitzki, Klaus-Reiner Schütte, Dennie Klose, Detlef Martin, Christine Jordan (alle SPD), Heinz-Hermann Wolper (Vorsitzender), Dr. Andreas Kroll, Heidrun Hoffmann-Taufall, Beatrix Tappe-Rostalski (alle CDU), Christoph Pralle (BlGfE), Dietmar Bartels (Grüne), Dr. Reinhard Binder (FDP). Hinzugewählte Mitglieder (ohne Stimmrecht) sind: Dieter Scholz, Daniel Altmann, Willi Teutsch, Ulrich Fillmer sowie je ein Vertreter des Jugendparlaments und des Seniorenrates. Das Grundmandat (ohne Stimmrecht) nimmt hier Andreas Jakob (AfD) wahr.

Ausschuss für Tourismus und Wirtschaftsförderung: Dennie Klose, Nico Otunga, Dirk Heitmüller (Vorsitzender), Andreas Fillips, Christine Jordan, Rita Moos (alle SPD), Heidrun Hoffmann-Taufall, Beatrix Tappe-Rostalski, Dr. Andreas Kroll, Maren Root (alle CDU), Christoph Pralle (BlGfE), Maurice Christ (Grüne), Alexander Kloss (parteilos). Hinzugewählte Mitglieder (ohne Stimmrecht) sind: René Kopka, Karsten Armbrecht, Björn Liebig, Florian Geldmacher sowie je ein Vertreter von Einbeck Marketing, des Jugendparlaments und des Seniorenrates. Das Grundmandat (ohne Stimmrecht) nimmt hier Dirk Küpper (AfD) wahr.

Ausschuss für Jugend, Familie und Soziales: Eunice Schenitzki (Vorsitzende), Detlef Martin, Dennie Klose, Nico Otunga, Horst Nennmann, Rita Moos (alle SPD), Dr. Andreas Kroll, Maren Root, Helmar Breuker, Heidrun Hoffmann-Taufall (alle CDU), Petra Bohnsack (BlGfE), Yasmin Herfort (Linke), Marlies Grascha (FDP). Hinzugewählte Mitglieder (ohne Stimmrecht) sind: je ein Vertreter des Stadtelternrates, des Bündnis für Familie, des Stadtjugendrings, des Seniorenrates, des Jugendparlaments, der Diakoniestiftung „Neue Nachbarn) und die Behindertenbeauftragte. Das Grundmandat (ohne Stimmrecht) nimmt hier Dirk Küpper (AfD) wahr.

Ausschuss für Feuerwehr und Katastrophenschutz: Marcus Seidel, Horst Nennmann, Gerhard Mika, Andreas Fillips, Ulrich Minkner (alle SPD), Horst Jürgens (Vorsitzender), Helmar Breuker, Dr. Andreas Kroll (alle CDU), Frank-Dieter Pfefferkorn (BlGfE), Manfred Helmke (Grüne), Alexander Kloss (parteilos). Hinzugewählte Mitglieder (ohne Stimmrecht) sind: je ein Vertreter des Jugendparlaments, des THW, der Polizei, des DRK und der Johanniter. Das Grundmandat (ohne Stimmrecht) nimmt hier Andreas Jakob (AfD) wahr.

Finanzausschuss: Marcus Seidel, Frank Doods, Klaus-Reiner Schütte, Eunice Schenitzki, Dirk Heitmüller (alle SPD), Heinz-Hermann Wolper, Helmar Breuker, Dirk Ebrecht (alle CDU), Frank-Dieter Pfefferkorn (Vorsitzender / BlGfE), Maurice Christ (Grüne), Alexander Kloss (parteilos). Das Grundmandat (ohne Stimmrecht) nimmt hier Dirk Küpper (AfD) wahr.

Ausschuss für Kultur, Schule und Sport: Klaus-Reiner Schütte, Andreas Fillips, Dennie Klose, Gerhard Mika, Detlef Martin, Nico Otunga (alle SPD), Beatrix Tappe-Rostalski (Vorsitzende), Maren Root, Antje Sölter, Horst Jürgens (alle CDU), Petra Bohnsack (BlGfE), Yasmin Herfort (Linke), Marlies Grascha (FDP). Hinzugewählte Mitglieder (ohne Stimmrecht) sind: Wolfgang Kampa, Sebastian Lange, je ein Vertreter des Jugendparlaments, der Lehrer, der Erziehungsberechtigten sowie ein Vertreter des Sports. Das Grundmandat (ohne Stimmrecht) nimmt hier Andreas Jakob (AfD) wahr.

Betriebsausschuss Stadtentwässerung: Dirk Heitmüller, Gerhard Mika, Ulrich Minkner (alle SPD), Horst Jürgens, Dirk Ebrecht (beide CDU), Udo Mattern (BlGfE), Manfred Helmke (Grüne). Dazu kommen zwei Vertreter des Personalausschusses. Das Grundmandat (ohne Stimmrecht) nimmt hier Andreas Jakob (AfD) wahr.

Betriebsausschuss Kommunaler Bauhof: Detlef Martin, Dirk Heitmüller, Marcus Seidel (alle SPD), Antje Sölter, Horst Jürgens (beide CDU), Petra Bohnsack (BlGfE), Manfred Helmke (Grüne). Dazu kommen zwei Vertreter des Personalausschusses. Das Grundmandat (ohne Stimmrecht) nimmt hier Dirk Küpper (AfD) wahr.

Verwaltungsrat Sparkasse Einbeck: Dirk Heitmüller, Marcus Seidel (beide SPD), Albert Eggers (für CDU).

Aufsichtsrat Stadtwerke Einbeck GmbH: Ulrich Minkner, Eunice Schenitzki (beide SPD), Carsten Pape (CDU), Dietmar Bartels (Grüne).

Aufsichtsrat Einbecker Wohnungsbaugesellschaft mbH: Marcus Seidel (SPD).

Aufsichtsrat Ilmebahn GmbH: Andreas Philipps (SPD), Helmar Breuker (CDU).

Ortsvorsteher: Nicole Harnisch (Haieshausen), Silke Wüstefeld (Bruchhof), Reinhold Rieger (Beulshausen), Hendrik Weidner (Billerbeck), Torsten Fricke (Rengershausen).

Eine kurze Diskussion gab es bei der Bestellung der Partnerschaftsbeauftragten für die verschiedenen Städterpartnerschaften der Stadt Einbeck. Bei drei Gegenstimmen und einer Enthaltung wurden am Ende für Thiais Wolfgang Thies (für SPD), für Artern Andreas Fillips (für SPD), für Paczkow/Patschkau Magdalena Pogoda-Urbanski (für CDU) und für Wieselburg Ricco Rostalski (für CDU) von den Fraktionen vorgeschlagen und gewählt. Alexander Kloss (parteilos), der bislang Partnerschaftsbeauftragter für Artern war, zeigte sich angesichts der Personalvorschläge überrascht. „Ich hätte mir gewünscht, dass wir vorher mal darüber gesprochen hätten“. Er habe sich in den vergangenen Monaten ein Netzwerk aufgebaut mit und in Artern, aber er wolle aus der Position keine politische mit einer Kampfabstimmung machen.

SPD und CDU sind eng zusammengerückt in der Sitzordnung des Stadtrates.

Wo ein Ratsherr nur als Einwohner fragen darf

Es war ein Zeichen fehlender Souveränität. Es war ein eher peinliches Machtspielchen eines Vorsitzenden in einem eher unbedeutenden Ratsausschuss. Und all das wäre schon schlimm genug, aber zumindest dann keine große Rede wert, wenn die Geschäftsordnung des Rates die Vorgehensweise auch nur ansatzweise stützen würde. Aber das ist offenbar nicht der Fall, nach intensiver Lektüre der 2016 zuletzt geänderten Geschäftsordnung finde ich persönlich keinerlei Grundlage, auf der – wie gestern geschehen – der Vorsitzende des Kernstadtausschuss, Rolf Hojnatzki (SPD), seinem Kollegen, dem Ratsherrn Alexander Kloss (parteilos, früher SPD, dort im vergangenen Sommer ausgetreten, die Vorgeschichte ist bekannt, die SPD-Spitze hatte das Kapitel Kloss eigentlich für abgeschlossen erklärt) einfach so unter dem Tagesordnungspunkt „Anfragen“ das Rederecht verwehren darf.  

Rathaus-Jurist Dr. Florian Schröder hatte den Disput der früheren Genossen während der Sitzung diplomatisch zu entschärfen versucht, als Hojnatzki Kloss zunächst auch unter dem Tagesordnungspunkt „Einwohnerfragestunde“ in der virtuellen Sitzung gar nicht reden und fragen lassen wollte. Kloss sei zweifellos Einwohner der Kernstadt, und sein Mandat stehe nicht im Wege, als Einwohner eine Frage zu stellen, stellte Schröder klar. Und so konnte Ratsherr Alexander Kloss in der Einwohnerfragestunde als Einwohner seine zwei an ihn von Bürgern herangetragenen Fragen zu Problemen in der östlichen Mühlenbergstraße (gefährliche Parksituation) und an der Kühner Höhe (Geschwindigkeitsmessung) wenigstens zu Protokoll geben.

Ich werde nicht müde, auch an dieser Stelle gerne erneut zu schreiben, wie überflüssig ich den Kernstadtausschuss als Gremium grundsätzlich halte. Diesen Ausschuss gibt es nur, weil machtpolitisch der Fraktionsvorsitzende der größten Ratsfraktion einen eigenen Ausschussvorsitz wollte und bekommen hat. Darüber sollte der neu gewählte Stadtrat im Herbst dringend nochmal nachdenken, wenn es um die (neuen) Zuschnitte der Fachausschüsse geht.

Alle Themen beispielsweise der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Kernstadtfragen hätten ebenso gut im Bauausschuss, im Kulturausschuss oder im Stadtentwicklungsausschuss besprochen und dort auch entschieden werden können. Beispiel gefällig? Im Kernstadtausschuss wurde unter dem Punkt „Mitteilungen“ unter anderem über eine neue Kalkulation für die Sanierung der Tiedexer Straße berichtet. Eine reine Straßenunterhaltung (also nicht die für Anliegerprotest sorgende Grunderneuerung inklusive Straßenausbaubeiträgen ist gemeint, die ist unverändert aktuell vom Tisch) solle rund 150.000 Euro kosten und mit neuer Asphaltierung und neuen Gehwegplatten viele Jahre Ruhe bringen, informiert die Verwaltung. Beschließen konnte der Ausschuss für Kernstadtfragen nichts, denn es war formal eine Mitteilungsvorlage, kein eigener Tagesordnungspunkt mit Beschlussvorlage. Deshalb hat Ausschuss-Vorsitzender Rolf Hojnatzki angekündigt, das Thema bei der nächsten Sitzung ordnungsgemäß als eigenen Tagesordnungspunkt erneut beraten lassen zu wollen. Das könnte indes imgrunde am Besten direkt gleich der Bauausschuss tun, damit es nicht (wieder) zu Doppelberatungen kommt, die nur Zeit kosten und Kommunalpolitik nicht unbedingt attraktiver machen, weil der Eindruck entsteht, „die“ können nichts entscheiden, sondern nur viel reden. 2021 passiert hier, das wissen alle, wenn sie ehrlich sind, sowieso nichts mehr.

Bitte, Herr Vorsitzender, Frau Bürgermeisterin…

Sitzungssaal im Alten Rathaus. Archivfoto.

Sitzungssaal im Alten Rathaus. Archivfoto.

Mit Gewohnheiten und Routinen ist das ja so eine Sache. Was jahrelang eingeübt und gewohnt war, ist schwer zu verändern. Nachdem ich hier schon im Juli 2015 gebeten hatte, die umfangreiche, schnell floskelhaft werdende Anredeformel „Herr Vorsitzender, Frau Bürgermeisterin, meine Damen und Herren“ vor jedem Redebeitrag in Sitzungen wegzulassen, weil das ja wohl kaum die Würde des „hohen Hauses“ Stadtrat beschädigen, sondern viel eher die Dauer von Sitzungen verkürzen könnte, hielten die guten Vorsätze bei vielen Beteiligten eine ganze Weile. Seit einiger Zeit jedoch fällt mir wieder verstärkt auf, dass Ratsmitglieder, anstatt zum Punkt zu kommen, lieber während der Anredefloskel ihre Gedanken ordnen und das „Herr Vorsitzender, Frau Bürgermeisterin…“ zum wiederkehrenden Ritual wird. Und das beileibe nicht nur bei den Neulingen im Stadtrat seit der jüngsten Kommunalwahl im vergangenen Herbst. Ob die Anrede zum „Grundkurs“ für Neu-Ratsmitglieder gehörte? Ich weiß es nicht. Daher hier nochmals die freundliche Bitte: Einfach gleich zur Sache sprechen. Begrüßt und gegrüßt wird schon genug.

Wer macht was im neuen Stadtrat?

Der Stadtrat hatte in seiner ersten Sitzung eine Fülle von Personalentscheidungen zu treffen: Wie viele Ausschüsse sollen gebildet werden, welche Ratsmitglieder arbeiten in welchem Fachausschuss mit, wer wird in welche Aufsichtsräte gewählt? Die genauen Einzelheiten und Namen sind dem Ratsinformationssystem Allris zu entnehmen. Die Anzahl der Fachausschüsse und deren thematischen Zuschnitte blieben leider unverändert, ich hatte ja hier schon beschrieben, dass und warum ich für weniger plädiert hatte. Aber die normative Kraft des Faktischen war offenbar stärker. Schließlich muss bei Politik auch immer berücksichtigt werden, dass es nicht allein um die Sache geht, sondern auch um die Vergabe von Posten (was fast jeder Kommunalpolitiker jetzt erbost dementieren wird, was schon fast eine Bestätigung ist). Der Stadtrat hat also unverändert neun Fachausschüsse, hinzu kommen die Betriebsausschüsse für Stadtentwässerung (neuer Vorsitz: Dirk Heitmüller, SPD) und für den Kommunalen Bauhof (unverändert Vorsitzender Marcus Seidel, SPD). Bis auf den Feuerwehr-Ausschuss (Horst Jürgens, CDU), Kernstadt (Rolf Hojnatzki, SPD), den Ausschuss für Stadtentwicklung (Andreas Filipps, SPD) sowie bei Bauen und Umwelt (Willi Teutsch, CDU) gibt es mehrere neue Vorsitzende. Dies sind bei Finanzen Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste), Kultur Walter Schmalzried (CDU), Personal Dr. Reinhard Binder (FDP), Jugend und Soziales René Kopka (SPD), Schule Beatrix Tappe-Rostalski (CDU). Bis auf Tappe-Rostalski, die auf Antje Sölter folgt, die jetzt stellvertretende Bürgermeisterin ist, erfolgen die neuen Vorsitze, weil die Vorgänger nicht mehr dem neuen Rat angehören. Im Aufsichtsrat der Stadtwerke sind mit Rolf Hojnatzki (SPD) und Carsten Pape (CDU) zwei Neulinge, Ulrich Minkner (SPD) saß bereits in diesem Gremium. Minkner ist auch weiterhin Vertreter des Stadtrates im Aufsichtsrat der Einbecker Wohnungsbaugesellschaft (EWG). In den Aufsichtsrat der Einbeck Marketing GmbH entsendet die Stadt ab dem 1. Januar 2017, also nach der Umstrukturierung, nur noch Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek und KWS-Vorstandssprecher Dr. Hagen Duenbostel.