Landesgartenschau: Kreistag stimmt für Verschiebung, mehr Geld und mehr Kontrolle

Der Kreistag des Landkreises Northeim hat sich heute mit übergroßer Mehrheit für eine Verschiebung der im kommenden Jahr geplanten Landesgartenschau in Bad Gandersheim auf das Jahr 2023 ausgesprochen. Die Politiker stimmten außerdem für eine Wirtschaftsprüfung bei der Laga, für eine unterstützende Stabsstelle im Kreishaus, für eine häufigere Berichtspflicht der Laga-Geschäftsführung und eine höhere Defizitabdeckung bis zu 850.000 Euro allein beim Landkreis Northeim. Auf eine Erweiterung der ursprünglichen Beschlussvorlage hatten sich die Kreistagsfraktionen im Vorfeld verständigt. Einstimmig war der insgesamt achtteilige Kreistagsbeschluss am Ende jedoch nicht: Von Hendrik Geske (CDU) aus Bad Gandersheim, der dort auch im Stadtrat sitzt, gab’s die einzige Gegenstimme; er stimmte gegen eine Verschiebung und gegen eine höhere Defizitabdeckung, den anderen Punkten folgte er hingegen. Geske hatte eine Einzelabstimmung der verschiedenen Punkte des Beschlussvorschlages verlangt. Insgesamt 48 von 50 Kreistagsmitgliedern waren bei der Sitzung anwesend.

Der im September neu gewählte Kreistag, der sich erst vor wenigen Wochen konstituiert hatte, habe seine Bewährungsprobe bestanden, indem sich die Fraktionen im Vorfeld auf „eine richtig gute Vorlage“ verständigt hätten, meinte SPD-Fraktionsvorsitzender Uwe Schwarz (Bad Gandersheim). Grünen-Fraktionschefin Karen Pollok (Northeim) sprach von einer „Feuerprobe“, die der Kreistag allerdings nur knapp bestanden habe und in die er hinein gestolpert sei. Eine Verschiebung der Laga sei alternativlos, sagte Pollok, das dadurch gewonnene Jahr solle man als Chance sehen. Alle Kreistagsmitglieder hätten in den vergangenen Tagen eine Fülle von Informationen zu verarbeiten gehabt. Darauf ging auch Uwe Schwarz ein, der von einer Hiobsbotschaft vor sechs Wochen sprach, nach der jeden Tag etwas Neues gefolgt sei. Das habe niemand verschuldet, die Entwicklung habe sich auch niemand gewünscht. Anfang November habe sich entgegen anderslautender Meinung die Schieflage noch nicht abgezeichnet, sagte Schwarz, damals habe es konträre Aussagen der zwei Geschäftsführer gegeben. Die Laga Bad Gandersheim, die erste direkt vom Land geförderte in Südniedersachsen, sei durch die Bestimmungen des öffentlichen Vergaberechts „die bestkontrollierteste Landesgartenschau, die wir bisher in Niedersachsen hatten“, sagte Schwarz. Sie werde vermutlich auch vom Landesrechnungshof geprüft.

Bei aller Einmütigkeit in den meisten Punkten des Kreistagsbeschlusses betonten Vertreter der CDU/FDP/Unabhängigen-Gruppe ihre unterschiedliche Sichtweisen auf die vergangenen Wochen. Es sei „nicht nur alles Corona“, sagte FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Grascha (Salzderhelden). Er bemängelte die keineswegs zeitnahe Informationspolitik des Kreishauses und kritisierte, dass der Aufsichtsrat der Laga offenbar seine gesetzlichen Rechte nicht wahrgenommen habe. Die strukturellen Schwächen abzustellen, das gewonnene Jahr zu nutzen und jetzt sozusagen „begleitetes Fahren“ für die Landesgartenschau einzuführen, das sei Hintergrund des achtteiligen Kreistagsbeschlusses, der nach einem „offenen interfraktionellen Gespräch“ entstanden sei, bei dem „dort auch alle erstmal Luft abgelassen haben“. CDU-Fraktionsvorsitzende Beatrix Tappe-Rostalski (Opperhausen) nannte es „unfassbar, wenn nicht sogar skandalös“, wie der Kreistag bei seiner konstituierenden Sitzung am 26. November beiläufig von der Landrätin mit ersten Informationen versorgt worden sei. So weitreichende Beschlüsse könne man aber nicht zwischen Tür und Angel treffen, weshalb es geradezu aberwitzig gewesen sei, dass es jemanden gegeben habe, der meinte, die Gremien könnten in einem wahren Sitzungsmarathon am 7. Dezember nach ausführlicherer Unterrichtung gleich beschließen. Ihr Gruppe habe die Zeit genutzt und die mit Bauchschmerzen zustimmende Finanzspritze an Bedingungen zu knüpfen. „Wir fordern maximal Transparenz“, sagte Tappe-Rostalski.

Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste Gemeinsam für Einbeck) aus Greene, sagte, es bringe nichts nach Schuldigen zu suchen. Der Blick müsse nach vorn gehen, der Kreistag bewillige weiteres Geld und bekomme dafür eine größere Transparenz und mehr Einflussmöglichkeiten.

Dirk Ebrecht (CDU) aus Stroit schüttete ein wenig Wasser in den Wein. Alles auf Corona zu schieben, sei zu einfach, die Landesgartenschau hätte auch ohne die Pandemie-bedingten Probleme nicht so funktioniert wie das geplant gewesen sei. Der Aufsichtsrat habe zwar häufig getagt, habe er aber das gemacht was er sollte, fragte Ebrecht. Der Kreistag bringe das auf schiefe Wege geratene Auto der Landesgartenschau wieder auf den richtigen Kurs und sorge für einen professionellen Fahrer – einen sicheren, nicht schnellen. Ein Fahrschüler jedenfalls sei nicht geeignet, kritisierte Ebrecht.

Hendrik Geske (CDU) aus Bad Gandersheim begründete seine Gegenstimme, er wünsche sich lieber eine abgespeckte „Laga light“ direkt im kommenden Jahr. „Was schief anfängt, geht auch schief weiter“, zitierte der Christdemokrat ein Sprichwort. Es hätten sich damals bei einer Befragung nur 60 Prozent der Bevölkerung für eine Laga in Bad Gandersheim ausgeprochen, auch im Rat habe es nur einen mehrheitlichen Beschluss gegeben. Skeptiker gebe es bis heute viele. Von der ersten Geschäftsführerin der Laga habe man sich schnell wieder getrennt, bis heute wisse man nicht warum, kritisierte Geske. Dadurch sei der verbliebene und für den Bau eingestellte zweite Geschäftsführer als Bauingenieur allein gelassen worden. „Mir fehlen personelle Konsequenzen“, sagte Geske. „Die waren ja auch diskutiert und verworfen worden, was ich sehr bedauere.“

Der Beschluss im Einzelnen

Formal hat der Northeimer Kreistag nicht direkt für eine Verschiebung gestimmt, sondern bei einer Gegenstimme beschlossen, die Vertreter des Kreistages in der Gesellschafterversammlung anzuweisen, für eine Verschiebung der Laga um ein Jahr auf 2023 zu votieren. Die Geschäftsführung der Laga wird beauftragt, schnellstmöglich einen aktuellen Wirtschafts- und Stellenplan vorzulegen und entsprechende Finanzierungsanträge in Höhe von drei Millionen Euro an das Land Niedersachsen zu stellen.

  • Einstimmig hat der Kreistag beschlossen eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft zu beauftragen, die Umsetzung der bisherigen Wirtschaftspläne der Landesgartenschau gGmbH sowie deren Abweichungen mit dem aufgelaufenen Defizit zu prüfen und einen Prüfungsbericht bis zum 31. März 2022 zu erstellen. Die Kosten hierfür trägt der Landkreis.
  • Ebenfalls einstimmig hat der Kreistag beschlossen, die Geschäftsführung der Landesgartenschau zu bitten, kurzfristig darzulegen, welche Aufgaben von den seit kurzen eingesetzten Personen im Bereich Leitung „Durchführungsplanung und Realisierung“ sowie „Tourismus und Gruppengeschäft“ aktuell umgesetzt und bis zur Eröffnung noch realisiert werden müssen und wie die Aufgabenverteilung sich in den anderen Bereichen darstellt. Außerdem soll dargestellt werden, für welche Aufgaben zur fristgerechten Eröffnung am 14. April 2023 noch Personalbedarf besteht und wie dieser ggf. gedeckt werden könnte.
  • Ebenfalls einstimmig hat sich der Kreistag dafür ausgesprochen, zur Stärkung der Projektsteuerung und des Baucontrollings der Landesgartenschau Bad Gandersheim gGmbH eine Stabstelle bei der vom Kreistag in den Aufsichtsrat der Laga entsandten Dezernentin IV des Landkreis Northeim, Julia Gottlieb, einzurichten und geeignete Personalvorschläge und eine Tätigkeitsbeschreibung vorzulegen. Über die Besetzung der Stelle(n) entscheidet der Kreisausschuss. Die neu eingerichtete Stabstelle soll den Aufsichtsrat der Laga sachverständig beraten (§ 111 Abs.2 Satz 2 AktG). Die Landrätin wird zudem beauftragt, darauf hinzuwirken, dass der Gesellschaftsvertrag der Landesgartenschau Bad Gandersheim gGmbH entsprechend geändert wird. Die Landrätin oder die von ihr beauftragten Mitarbeitenden sollen über die Arbeit der Stabsstelle in jeder zweiten Sitzung des Kreisausschusses berichten. Ebenso werden die vom Landkreis Northeim in den Aufsichtsrat entsandten Personen über die wesentlichen Vorgänge aus dem Aufsichtsrat berichten (§ 138 Abs.4 NKomVG).
  • Bei einer Gegenstimme hat der Kreistag die Landrätin beauftragt, der Stadt Bad Gandersheim und der Landesgartenschau Bad Gandersheim gGmbH mitzuteilen, dass der Landkreis Northeim bereit ist, die zugesagte finanzielle Unterstützung zur Ausrichtung der Landesgartenschau in 2023 auszuweiten und sich an einem etwaigen Defizit bis zu einer Höhe von insgesamt bis zu 850.000 Euro zu beteiligen, sofern die Stadt Bad Gandersheim ihren Anteil ebenfalls wie erwartet auf 850.000 Euro erhöht und das Land Niedersachsen verbindlich erklärt sich mit bis zu 3 Millionen Euro zu beteiligen. Sollte das Defizit insgesamt geringer ausfallen, so reduziert sich der Anteil des Landkreises Northeim im Verhältnis von 850.000 Euro zum derzeit angenommenen Gesamtbetrag in Höhe von 4,7 Millionen Euro entsprechend.
  • Mit einer Gegenstimme hat der Kreistag beschlossen, die Vertreter des Landkreises Northeim in der Gesellschafterversammlung der Landesgartenschau gGmbH anzuweisen, dem Beschluss, welcher einen Defizitausgleich des Landkreises Northeim in Höhe von insgesamt bis zu 850.000 Euro zugrunde legt, zuzustimmen. Die Landrätin wird beauftragt, die bereits gebildete Rückstellung in der Höhe entsprechend anzupassen.
  • Einstimmig hat der Kreistag beschlossen die Landrätin zu beauftragen, die Geschäftsführung der LAGA aufzufordern, regelmäßig (mindestens einmal pro Quartal) und anlassbezogen im Kreisausschuss über die aktuelle Entwicklung und die Umsetzung der Landesgartenschau zu berichten.
  • Ebenfalls einstimmig hat der Kreistag beschlossen die Landrätin zu beauftragen, eine auf zunächst auf zwei Jahre befristete Stelle zur Unterstützung der Durchführung der Landesgartenschau im Bereich der touristischen Vermarktung, Nachnutzungskonzept und Netzwerkarbeit im Landkreis Northeim zu schaffen.
Der Kreistag tagte heute in der Northeimer Stadthalle unter 3G-Regeln und Maskenpflicht auch am Platz.

Kreistag: Grüne bildet mit Linke eine Gruppe und setzt voll auf Klimaschutz

Die Grünen im neuen Northeimer Kreistag bilden mit der Linken eine Gruppe. Das teilte die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Karen Pollok, heute mit. Sie ist auch Gruppensprecherin der fünfköpfigen Gruppierung. Nach mehreren Sondierungsgesprächen sei es zur Gruppenbildung mit Eva Brunnemann (Die Linke) gekommen. „Wir konnten eine große Schnittmenge erkennen, wie wir für die Bürgerinnen und Bürger eine gute soziale und gerechte Politik in unserem Landkreis machen können“, lässt sich Brunnemann in einer Pressemitteilung zitieren.

Die Grünen-Kreistagsfraktion besteht aus Sandra Hase (Hardegsen), Achim Nehring (Einbeck), Norbert Nissen (Dassel) und Karen Pollok (Northeim). Pollok ist bei der konstituierenden Fraktionssitzung zur Fraktionsvorsitzenden gewählt worden,. Sandra Haase und Norbert Nissen sind Stellvertreter.

Auch die ersten zentralen Themen für die kommende Legislatur wurden in der konstituierenden Sitzung festgelegt, heißt es in einer Mitteilung. „An der Thematik Klimaschutz wird gerade auf kommunaler Ebene niemand mehr vorbeikommen“, erklärte Karen Pollok. „Wir wollen dafür sorgen, dass der Klimaschutz von der Hinterbank endgültig in den Vordergrund geholt wird und sind überzeugt, dafür auch aktiv Mehrheiten im Kreistag zu finden.“

Norbert Nissen unterstreicht die Positionierung zum Klimaschutz: „Gerade auf Kreisebene lässt sich sehr viel für die Umwelt und das Klima umsetzen. Wichtig ist es wirklichen Umwelt- und Klimaschutz voranzubringen und nicht nur reines Greenwashing zu betreiben. Sich ein grünes Mäntelchen umzuhängen ohne auch nur das kleinste Bisschen zu ändern, derartige Absichten liegen ja bereits vor. Es darf kein ‚Einfach weiter so‘ geben, das sollten inzwischen alle begriffen haben.“

Silberborn-Heim wird an Rettungsverband verkauft

Der Northeimer Kreistag hat mit breiter Mehrheit dem Verkauf der Immobilie inklusive Grundstück des ehemaligen Jugendfreizeitheims Silberborn für einen symbolischen Euro an den Allgemeinen Rettungsverband Niedersachsen-Süd (ARV) zugestimmt. Es gab bei 45 Anwesenden vier Gegenstimmen und fünf Enthaltungen vor allem aus den Reihen von Grünen, Northeim 21 und AfD. In letzter Minute wurden noch weitere Bedingungen in den Verkaufsbeschluss hinein verhandelt, der von der Landrätin nun ausgeführt werden muss: Die Beteiligungsfrist für eine Weiterveräußerung gilt nun sieben statt wie vorher vorgesehen fünf Jahre, und Vereine und Verbände aus dem Landkreis Northeim erhalten in dem dann vom ARV betriebenen Haus in den ersten sieben Jahren zehn Prozent Rabatt bei Buchungen.

Abstimmung im in der Northeimer Stadthalle mit Abstand tagenden Kreistag.

In der gut 45-minütigen Debatte mit nur wenigen emotionalen Höhepunkten tauschten die Kreistagsfraktionen noch einmal die bekannten Positionen aus. Gegenanträge von Lothar Baumelt (Northeim 21), unter anderem den Verkauf neu auszuschreiben, fanden keine Mehrheit. Lediglich seinem Antrag, dass das Haus später nicht an Organisationen weiter veräußert werden darf, die verfassungsfeindlich sind, fand eine große Mehrheit im Kreistag.

In den vergangene Wochen hatten vor allem der Turnkreis Einbeck-Northeim, der BUND und Altbürgermeister Wolfgang Peter den Verkauf für 1 Euro heftig öffentlich kritisiert. Dieses Bündnis hatte mit weiteren auch gegen die Schließung des Jugendfreizeitheimes den ersten Bürgerentscheid im Landkreis Northeim angestrengt und nur knapp verloren. Kritik kam vor allem, weil das Haus mit seinem 33.476 Quadratmeter großen Grundstück an der Schießhäuser Straße im Holzmindener Ortsteil Silberborn mit einem Restwert von insgesamt 358.744 Euro in den Büchern steht.

Christina Münder (SPD) sagte, in den Wochen vor der Sitzung sei versucht worden, einen Eintopf wieder aufzukochen und Stimmung zu machen. Offenbar hätten da einige ihre Niederlage im Bürgerentscheid noch nicht verwunden. Das Echo von Jugendlichen und Bürgern auf diese neuerliche Stimmungsmache sei jedoch ausgeblieben. Der Kreistag verschleudere hier kein Filetstück unter Wert, sondern eher ein Kotelett mit hohem Sanierungsbedarf an einen neuen Besitzer, der das Haus auch für Gruppen aus dem Landkreis weiter betreiben und investieren wolle. Es gehe schlicht um Angebot und Nachfrage, allzu viele ernsthafte Angebote habe es ja leider nicht gegeben. Der Turnkreis oder der BUND hätten ja auch Angebote abgeben können, wenn sie ein so großes Interesse an dem Haus hätten, sagte Münder.

Hans-Dietmar Kreitz (CDU) sagte, der Landkreis habe es nicht geschafft, ein zukunftsfähiges Konzept für das Haus vorzulegen, die öffentliche Hand müsse nicht Betreiber eines Freizeitheimes sein. Seine Fraktion hätte sich über den Mut anderer gefreut, über Angebote anderer Bewerber. Die gebe es aber nicht, und so verkaufe man an den ARV. „Wir geben ihm eine Chance“, sagte Kreitz.

Auch Irnfried Rabe (FDP) betonte, dass es heutzutage keine Aufgabe eines Landkreises mehr sei, ein solches Haus zu betreiben. Es gebe nicht mehr viele Einrichtungen dieser Art in kommunaler Hand, dafür hätten viele private Betreiber solche Häuser übernommen. „Den Jugendlichen geht nichts verloren.“

Karen Pollok (Grüne) machte deutlich, dass ihre Fraktion sehr wohl der Auffassung sei, dass der Betrieb eines solchen Hauses die Aufgabe einer Kommune sei, wenn auch eine freiwillige. Sie warnte noch vor überstürzten Entscheidungen und Schnellschüssen und signalisierte Ablehnung.

Marc Hainski (GfE) sagte, seine Fraktion stimme aus Verantwortung für den Landkreis Northeim für den Verkauf, weil der ARV das biete, was gefordert worden sei. Nicht, weil es keinen Besseren gebe. „Wir haben jemanden gefunden, der ins Risiko geht.“ Der ARV habe ein gutes Konzept für das Haus, auch Jugendliche aus dem Landkreis könnten die Einrichtung ja weiterhin nutzen.

Lothar Baumelt (Northeim 21) forderte eine erneute Ausschreibung des Verkaufs. Es habe zu wenige Bieter gegeben, der Landkreis habe die Ausschreibung ohne Engagement vorgenommen. Dem widersprach Landrätin Astrid Klinkert-Kittel (SPD) in einer direkten Erwiderung. „Eine erneute Ausschreibung würde keine anderen Ergebnisse bringen“, ist die Landrätin sicher. Der Landkreis habe sich bemüht, einen guten Käufer zu finden. Der ARV biete alles, was gefordert worden sei. Baumelt befürchtet dagegen, dass dem neuen Hausherrn schnell die Luft ausgehen könne und er das ehemalige Jugendfreizeitheim dann weiter veräußern werde.

Erster Kreisrat: Einbecker folgt Einbecker

Jörg Richert (l.) folgt Dr. Hartmut Heuer.

Jörg Richert wird zum 1. August 2018 neuer Erster Kreisrat des Landkreises Northeim. Das hat heute der Kreistag einstimmig beschlossen. Ein Einbecker folgt also einem Einbecker. Der 50-Jährige aus dem Ortsteil Salzderhelden wird Nachfolger von Dr. Hartmut Heuer, der dann in den Ruhestand geht. Die breiteste Zustimmung bei der Wahl heute zeigt das Vertrauen, das der Kreistag in Richert setzt. Landrätin Astrid Klinkert-Kittel setzte sich mit ihrem Vorschlag durch, auf eine öffentliche Ausschreibung der Wahlbeamtenstelle zu verzichten. Ein solches Verfahren sei entbehrlich, „da ich nicht mit einer noch besseren Bewerbung rechne“, sagte die Landrätin. Richert habe sich in den vergangenen 17 Jahren in der Northeimer Kreisverwaltung und vor allem zuletzt bei den Vakanzen im Kreishaus „durch herausragende Leistungen bestens bewährt“. Zustimmende Worte kamen auch von SPD-Fraktionschef Simon Hartmann: „Eine öffentliche Ausschreibung würde kein besseres Ergebnis bringen.“ CDU-Fraktionsvorsitzender Heiner Hegeler war ebenso überzeugt: „Jörg Richert ist ein genauso lösungsorientierter Jurist wie Dr. Hartmut Heuer.“

Ebenso hat der Kreistag heute wie erwartet einen strukturellen Umbau der Kreisverwaltung beschlossen. Künftig wird es im Sinne von flachen Hierarchien als Führungsteam vier Dezernenten unterhalb der Landrätin geben, einer davon ist Jörg Richert als Erster Kreisrat. Das Quartett soll ab August 2018 die Kreishauschefin vertreten können. Verantwortung werde auf mehrere Köpfe verteilt, sagte die Landrätin. Die heutige Struktur mit 38 Fachdienstleitern, neun Fachbereichsleitern und vier Stabsstellen sei nicht praktikabel für die Zukunftsaufgaben.

Diese Umstrukturierung sei ein „kluger Weg“, sagte SPD-Fraktionsvorsitzender Simon Hartmann. Die Zahl der heutigen Führungsköpfe nahezu zu halbieren sei „ein mutiger Schritt“, aber gut mit den handelnden Personen umsetzbar, sagte CDU-Fraktionschef Heiner Hegeler in Richtung Landrätin. „Ich bin mir sicher, dass sie wissen, was sie tun.“ Andere Landkreise hätten schon solche Strukturen, kam auch von Karen Pollok (Grüne) Zustimmung. Irnfried Rabe (FDP) erklärte, offenbar habe man „aus der Geschichte gelernt“, schon zu seinen eigenen Zeiten im Kreishaus 13 Jahre lang habe es Dezernenten gegeben. Noch nie erlebt habe er einen solchen Weg wie den der Gleichstellungsbeauftragten Uljana Klein, die jetzt Dezernentin werde. Er hoffe, sagte Rabe, diese habe auch die notwendigen Laufbahnvoraussetzungen. Das erzürnte Frauke Heiligenstadt (SPD), sie hielt diese Aussagen Rabes für „frauenfeindlich“, wenn ausschließlich bei der Frau die Frage nach der Qualifikation für die Dezernentenstelle hinterfragt werde. „Das regt mich richtig auf, und das zeigt: Wir haben die Gleichberechtigung noch lange nicht erreicht.“ Irnfried Rabe verwahrte sich dagegen „in eine Ecke gestellt zu werden“. Er habe lediglich danach gefragt, weil die drei betroffenen Herren schon länger im Kreishaus tätig seien, während die Frau erst noch relativ neu in der Northeimer Kreisverwaltung sei. „Zufällig“ habe also seine Frage nach der Qualifizierung die Frau betroffen. Immerhin sei es ja auch eine Besonderheit, dass eine Gleichstellungsbeauftragte in die allgemeine Verwaltung in eine solche Position wechsele.

Die neuen Dezernenten in der Northeimer Kreisverwaltung: Uljana Klein, Ralf Buberti, Jörg Richert, Harald Rode mit Landrätin Astrid Klinkert-Kittel und dem scheidenden Erste Kreisrat Dr. Hartmut Heuer (v.l.).

Grüne zeigen Flagge

Karen Pollock, Jörg Wolkenhauer, Volker Ruwisch.

Karen Pollok, Jörg Wolkenhauer, Volker Ruwisch.

Die Grünen im Landkreis Northeim schicken einen eigenen Kandidaten in die Landratswahl am 22. September. Am Abend haben die Mitglieder in einer Wahlkreisversammlung im Moringer Ortsteil Thüdinghausen den Kreistagsfraktionsvorsitzenden der Grünen, Jörg Wolkenhauer, zu ihrem Landratskandidaten gewählt. Der 53-Jährige erhielt 16 der 20 anwesenden Stimmen; es gab drei Nein-Stimmen und eine Enthaltung. „Er ist offen und ehrlich, durch und durch grün – und er hat Verwaltungserfahrung“, hatte Fraktionskollege Jens Hampe den Kandidaten vorgeschlagen. Und er überzeuge durch seine zuverlässige Art und Weise, ergänzte Kreisvorstandssprecher Volker Ruwisch. Der 53-jährige Northeimer (verheiratet, drei Kinder, zwei Enkel) wurde einstimmig von Fraktion und Vorstand nominiert.

Jörg Wolkenhauer, studierter Agraringenieur, arbeitet im niedersächsischen Landwirtschaftsministerium, war dort bis vor vier Jahren in der EU-Zahlstelle für die Verteilung von europäischen Fördergeldern in Höhe von 1,3 Milliarden Euro an 50.000 Betriebe in Niedersachsen zuständig. Heute kümmert sich der Ministerialrat in Hannover im Haus des Grünen-Landwirtschaftsministers Christian Meyer um Stallbauten.

Jörg Wolkenhauer sieht den jüngst gestoppten Fusionsprozess der Landkreise in Südniedersachsen, der erst den Weg für die Landratswahl frei gemacht hatte, noch nicht am Ende, sondern nur zunächst um fünf bis sieben Jahre verschoben. Der demografische Wandel werde dazu zwingen, die Probleme des ländlichen Raumes in den Griff zu bekommen. Bereits bei der Pressekonferenz im März, als das Scheitern der Fusionsgespräche öffentlich wurde, hatte Wolkenhauer eine eigene Landratskandidatur der Grünen angekündigt. „Wir müssen Flagge zeigen, ich möchte das Beste für den ländlichen Raum erreichen, der Landkreis darf nicht abgehängt werden“, sagte der Grünen-Landratskandidat. Die Grünen hätten seit Jahren für eine Kreis-Fusion in Südniedersachsen gekämpft. „Und dass das schief gegangen ist, hängt mit Wickmann zusammen“, zeigte der Kandidat klare Kante gegenüber dem Mitbewerber. In den vergangenen Jahren habe man vertrauensvoll mit der SPD im Kreistag zusammen gearbeitet, „aber es gab auch Querschüsse“, sagte Wolkenhauer. Der heutige Landrat Michael Wickmann presche gerne voran – und ändere dann innerhalb von 14 Tagen seine Ziele.

Jörg Wolkenhauer bekam das Votum der Wahlkreisversammlung der Grünen in seinem Heimatort Thüdinghausen.

Jörg Wolkenhauer bekam das Votum der Wahlkreisversammlung der Grünen in seinem Heimatort Thüdinghausen.

Für Jörg Wolkenhauer war die Wahlkreisversammlung ein Heimspiel. Der gebürtige Thüdinghäuser, der seit über 15 Jahren bei den Grünen ist, wurde in der Gaststätte nominiert, die früher einmal Wolkenhausers Gasthof hieß. Und wer die Einladung zur Versammlung richtig deuten konnte, der wusste auch schon vor dem Wahlgang, wohin die Reise personell gehen dürfte, selbst wenn kein Kandidaten-Name auf der Tagesordnung stand. Wolkenhauer war der einzige Kandidat, der bei den Grünen zur Wahl stand. Die aus dem Mitgliederkreis spontan vorgeschlagene Kreisvorstandssprecherin Karen Pollok erklärte vorab, sie stehe für eine Wahl nicht zur Verfügung.