Ein Jahr diskutiert, ein Jahr ist nicht viel passiert

Der Jugendaussschuss tagte im Haus der Jugend, an der Projektionswand die Facebook-Seite des Jugendzentrums.
Der Jugendaussschuss tagte im Haus der Jugend, an der Projektionswand die Facebook-Seite des Jugendzentrums.

Was nun? Es hat ja viel Wertvolles und auch etwas Pädagogisches, allen drei jetzt noch zur Diskussion stehenden möglichen neuen Orten für ein Haus der Jugend in Einbeck ihre individuellen Vor- und Nachteile zu bescheinigen. Das ist sicherlich auch richtig. Dadurch kommt jedoch die endgültig auf die Zielgerade eingebogene Debatte nicht zu einer Entscheidung, wo denn nun das Jugendzentrum in Zukunft sein Domizil haben wird. Und diese Entscheidung naht, sie hat längst nicht mehr noch fünf Jahre Zeit, sie steht quasi vor der Haustür: Ab Mitte Januar, so ist inzwischen von Verwaltung und Kulturstiftung Kornhaus bestätigt, nachdem sie am Montag wieder miteinander gesprochen haben, rollen die Bagger und werden die Nebenhäuser abgerissen, um den Parkplatz für das benachbarte Ausstellungsgelände zu bereiten. Dann ist das Haus der Jugend eine Großbaustelle – mit mobiler Heizung, ohne Freifläche draußen, ohne Räume für Werkstatt-Kurse und ohne große Möglichkeiten beispielsweise für den Ferienpass zu Ostern. Antje Sölter (CDU) hat recht, dass Karl-Heinz Rehkopf, der Macher des 2014 öffnenden PS-Speichers, die Jugendlichen sicherlich nicht im Regen stehen lassen wird. Er und sein Team kümmern sich um Übergangslösungen, Ausweichquartiere für bislang im Haus der Jugend beheimatete Vereine. Aber er wird seinen Regenschirm nicht ewig geduldig halten, bis alle sich zu einer Entscheidung versammelt haben. Er ist es gewohnt, schneller zu entscheiden.

Viel Zeit ist vertan worden. Vor genau einem Jahr, damals standen die Bürgermeisterwahlen bevor, der zuständige Fachausschuss des Stadtrates war wegen der Neuwahlen monatelang handlungsunfähig, war kurzzeitig eine Sondersitzung im Gespräch, um noch vor Weihnachten zu einer Entscheidung zu kommen. Weihnachten 2012! Okay, damals drohte auch noch der Hotel-Neubau unmittelbar auf dem Haus-der-Jugend-Grundstück. Aber dennoch ist dann monatelang nur halbherzig etwas passiert, selbst wenn – zugegeben – 28 Objekte zu prüfen kein Halbtagsjob ist. Zum Gesamtbild gehört auch: Das Interesse der Jugendlichen, mitzudiskutieren, hat deutlich abgenommen, zumindest wenn man die Teilnehmerzahl von echten Jugendlichen bei Treffen und die Diskussionen in der Facebook-Gruppe regelmäßig verfolgt. Die SPD hat zuletzt und (offenbar durchaus zu recht) dezent in der Wortwahl, aber unmissverständlich in der Sache darauf hingewiesen, dass sie es gewesen sei, die das Thema immer wieder ratsintern auf die Agenda gesetzt habe. Damit es voran gehe.

Die aktuell vorliegenden Fakten zur anstehenden Entscheidung habe ich hier mit allen Informationen zu den drei Standorten Bibliothek, Flüchtlingswohnhein und Gemeindezentrum Sülbecksweg zusammen gefasst.

Was nun? Der Ausschuss jedenfalls hat sich einmütig erst einmal darauf geeinigt, dass die Verwaltung die baulichen Voraussetzungen für Umbauten und die Kosten für die drei in Rede stehenden Standorte ermittelt. Zudem soll das Rathaus klären, wie lange Bauarbeiten dauern würden – auch für eine Option, beispielsweise am ehemaligen Flüchtlingswohnheim neu zu bauen. Dazu hat die Verwaltung den Auftrag, mit den Grundstückseigentümern zu verhandeln. Das ist auch alles richtig und wichtig. Wie die Dinge liegen, wird da angesichts der nahenden Feiertage (und der komplett geschlossenen Verwaltung) aber vor Dreikönig nicht viel Substanzielles geschehen.

Möglichst noch vor Weihnachten will sich parallel zu diesen Verwaltungsarbeiten ein Arbeitskreis aus Jugendlichen, Ratspolitik und Verwaltung treffen, um die drei Standorte einmal persönlich in Augenschein zu nehmen. Auch das ist löblich, richtig und wichtig.

Was mir aber defintiv fehlt, sind Bekenntnisse. Solche abseits von in alle Richtungen abgesicherten Erkenntnissen über Baukosten und Details. Die lassen sich verändern, Baukosten variieren. Aber jeder hat doch wohl eine Meinung zu den drei jetzt noch möglichen Standorten! Ich traue mich mal, mir auch Prügel zuzuziehen und nenne meinen Favoriten: Es wäre eindeutig die heutige Stadtbibliothek. Wenn für diese schon ein neuer Ersatzort gefunden wäre! Doch darüber nochmal ein Jahr zu diskutieren bleibt keine Zeit. Die Fläche in Bahnhofsnähe, in unmittelbarer Schulwegschneise für täglich Hunderte Schüler, in Stadtnähe, das wäre es als neuer Standort für ein Jugendzentum mitten in der Gesellschaft. Und: Selbst wenn man den alten Vertrag noch finden sollte, mit dem August Stukenbrok (1867-1930) einst den Park der Stadt schenkte, auf dass er unabänderlich unbebaut bleibe. Die Motive des ersten Fahrrad-Versandhändlers Deutschlands waren durchaus nicht uneigennützig: Stukenbrok wollte ganz einfach, dass der Blick auf sein repräsentatives Unternehmensgebäude beim Gang vom Bahnhof in die Stadt an der Post vorbei frei sichtbar bleibt. Ein sozialer Unternehmer, als der er in den Geschichtsbüchern geschildert wird, hätte sicherlich nichts gegen ein lebendiges Jugendzentrum. Vielleicht würde er heute sein Grundstück genau für diesen Zweck der Stadt schenken. Sein repräsentatives Gebäude, das heute das Neue Rathaus ist, bliebe trotzdem von weitem erkennbar, wenn man es geschickt anstellt.

Aber: Die Zeit für diese optimale Lösung bleibt wahrscheinlich nicht mehr. Deshalb: Das neue Haus der Jugend könnte am Kohnser Weg ein ebenso ideales Zuhause finden, dort wo jetzt noch das seit Jahren leere Flüchtlingswohnheim steht. Diese maroden Gebäude nachzunutzen, scheint mir schwierig. Aber auf diesem Areal neu zu bauen, ist unproblematisch. Hier ist ausreichend Außenfläche, auch zum späteren Erweitern, wenn man abschnittsweise (je nach vorhandenen finanziellen Mitteln) bauen will. Dieser Standort liegt unweit des heutigen Hauses der Jugend, er ist verkehrlich für Pkw und Bus gut erschlossen (wenn dann bald auch noch der Zug zum PS-Speicher fährt, auch sogar per Bahn). Und manchmal entstehender Lärm (nicht nur durch Musik, auch durch Außensportaktivitäten) würde hier so gut wie keinen Nachbarn stören. Für Veranstaltungen könnte zusätzlich der benachbarte Festplatz genutzt werden. Ich sehe bislang nur Vorteile.