
Sein Vorgänger als Fachbereichsleiter im Einbecker Rathaus war nach 100 Tagen schon zum nächsten Job gewechselt, amtiert jetzt als Landrat in Itzehoe. Dr. Florian Schröder, seit Jahresbeginn der zweite Mann in der Stadtverwaltung, hat das erkennbar nicht vor: Die erste Wohnung in der Innenstadt mit herrlichem Blick auf Einbeck ist bezogen, das eigene Auto mit einem EIN-Kennzeichen ausgestattet, das Versetzungsgesuch von Ehefrau Annika ans Gymnasium möglichst in Einbeck läuft. Noch pendeln beide am Wochenende, mal sind sie in der Nähe von Lüneburg, mal mit dem Hund, einem Kleinen Münsterländer („Der findet Einbeck auch gut“), in Einbeck und suchen ein Häuschen. Der 36-Jährige, der zum 1. November aus der Hamburger Finanzbehörde nach Einbeck gewechselt war, ist nach 100 Tagen im neuen Amt des Fachbereichsleiters für Wirtschaft, Recht und Kultur zufrieden: „Das war eine gute Entscheidung, ich habe sie nie bereut.“ Mit offenen Armen sei er in Einbeck empfangen worden. Organisatorisch hat Florian Schröder schon manches geändert im Rathaus, dabei auch mal alte Zöpfe abgeschnitten, wie er sagt: Nur weil das schon immer so gewesen sei, müssten Papiere nicht 100 Mal kopiert und verteilt werden, wenn es auch elektronisch gehe, findet der promovierte Jurist. Die guten alten juristischen Kommentare hat Schröder wieder aus dem Rathaus-Keller geholt und ins Regal gestellt; elektronisch sei bei alten Entscheidungen manches nur unnötig teuer. Seiner Initiative ist es zu verdanken, dass die Einbecker Stadtverwaltung jetzt twittert und damit direkt mit den Bürgern kommunizieren will. Wobei die Einbecker durchaus weltoffen seien, attestiert Schröder nach 100 Tagen: Viele hätten ihn von Fotos wieder erkannt, wenn sie ihn das erste Mal persönlich getroffen haben, aber auf seine langen, zum Zopf zusammengebundenen Haare habe ihn so gut wie niemand angesprochen.
Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek freut sich über ihren neuen Stellvertreter: „Ich bin heilfroh, dass wir uns für ihn entschieden haben – und er sich für Einbeck.“ Und was hinzu komme: „Er ist einfach ein netter Typ, da stimmt auch die Chemie“, sagt mir die Verwaltungschefin.
Schröder hat sich von seinem neuen Job in Einbeck eine Aufgaben-Vielfalt versprochen, wie er mir vergangenen Sommer in Hamburg sagte. Die sei in seinem Fachbereich mit den drei Themen vorhanden, bilanziert er jetzt nach 100 Tagen: Zu fast 50 Prozent sei der Volljurist in ihm gefordert, zu fast 50 Prozent der Wirtschaftsförderer, und der Bereich Kultur arbeite gut sehr selbstständig, freut sich der Fachbereichsleiter. Auch könne man im Rathaus schneller Lösungen erreichen und „relativ schlank auf den Weg bringen“ als an seinem früheren Arbeitsplatz, der großen Landesbehörde für Finanzen in der Hansestadt Hamburg, hat Florian Schröder bislang festgestellt.
Stichwort Wirtschaftsförderung: Was sagt der neue oberste Wirtschaftsförderer der Stadt zu den vorgefundenen Strukturen, dass die Förderung der Wirtschaft sowohl im Rathaus als auch bei der Einbeck Marketing GmbH (Mehrheitsgesellschafter ist die Stadt Einbeck) angesiedelt ist? Florian Schröder findet die Kombination gut. Gibt es nicht zu viele Reibungsverluste durch notwendige Absprachen? „Die Zusammenarbeit funktioniert besser als es nach außen den Anschein hat“, sagt mir Schröder. Für bestimmte Dinge, beispielsweise Genehmigungen, sei ohnehin die Stadtverwaltung notwendig. Und manche potenzielle Investoren würden sich lieber an die Stadtverwaltung wenden, manche lieber an eine GmbH, die nicht das dröge Wort Verwaltung im Titel hat. Diese Konzeption sei schon okay so. Am Ende zählt imgrunde ja das Ergebnis.
In der Einbecker Stadtverwaltung mangele es nicht an Motivation und Ideen, sagt der 36-Jährige. Manche Dinge seien jedoch – auch durch die lange, fast einjährige Vakanz der Stelle und den häufigen Wechsel davor – angefangen, aber nicht zu Ende gebracht worden. Hier will Florian Schröder für seine Mitarbeiter Kontinuität ausstrahlen und begonnene Projekte auch umsetzen. Als Beispiel für solche Perspektiv-Projekte, die der neue Fachbereichsleiter und Bürgermeister-Stellvertreter sich persönlich auf die Agenda geschrieben hat, nennt er die Breitbandversorgung in der Region. Die müsse für die Wirtschaft besser werden, Schröder ist der Ansprechpartner der Stadt für den Landkreis, der aktuell eine Strukturplanung für das schnelle Internet in Auftrag gegeben hat und eine Umfrage macht.
Ein weiteres Perspektiv-Projekt für Dr. Florian Schröder ist die hausärztliche Versorgung in Einbeck. Viele Mediziner gehen in den nächsten Jahren in den Ruhestand, was soll dann werden? Erste Gespräche hat der Fachbereichsleiter im Sinne der Wirtschaftsförderung des Standorts Einbeck mit der Kassenärztlichen Vereinigung bereits geführt.
Wozu er noch nicht recht gekommen ist, obwohl jetzt die Nähe zu seinen Bandkollegen in Osterode größer wurde, ist die Musik. In jedem neuen Job ist der Arbeitstag eben zunächst mal länger. Doch mehr Zeit als Heavy-Metal-Gitarrist wird für Florian Schröder schon noch kommen.