
Keine Akte kann den persönlichen Augenschein ersetzen. Das kennt jeder Richter aus seinem Arbeitsalltag. Und das weiß auch die Justizministerin aus Hannover. Auf Gespräche statt Akten setzte Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) bei ihrer Sommertour durch sieben von 80 niedersächsischen Amtsgerichten. „Tolle, engagierte Richterpersönlichkeiten“ habe sie kennengelernt, die nicht nur Aktenzeichen abarbeiten. Diese und die anderen Mitarbeiter der Gerichte seien „das Rückgrat der Justiz vor Ort“. Und die Akte wird bald digital. „Das finde ich eine super Geschichte“, sagte Amtsgerichtsdirektor Thomas Döhrel, der nach eigenen Angaben EDV-affin ist und Gesetzes-Kommentare längst elektronisch wälzt. „Das wird ein echtes Abenteuer“, meint die Ministerin, die optimistisch ist, dass 2017/18 die Akte digital sein wird. Schon 2016 wird die Kommunikation zwischen Gerichten und Rechtsanwälten elektronisch, über eigene geschützte Server, mit speziell verschlüsselten Mailfächern nach höchsten Standards – wenngleich auch der Ministerin klar ist: Eine hundertprozentige Sicherheit gibt’s nicht.
Bei einem Rundgang durch das Einbecker Amtsgericht konnte sich die niedersächsische Justizministerin von mehreren Baustellen überzeugen. „Hier tut sich etwas“, freute sich Antje Niewisch-Lennartz. Einige Büros sind schon renoviert, andere noch nicht ganz, aber in einem halben Jahr will man durch sein. Was dann noch fehlt, ist ein barrierefreier Zugang im Amtsgericht Einbeck – zumindest bis ins Erdgeschoss. Das mehr als 150 Jahre alte Gebäude ist heute nur über Stufen zu betreten. In einem Jahr soll das anders sein, hieß es. Dabei könnte auch der Architektenwettbewerb für den Neustädter Kirchplatz vor der Gerichtstür helfen.
Und als wären die Bauaktivitäten im Gerichtsgebäude nicht schon sichtbares Argument genug, erteilte die Justizministerin immer wieder einmal auftauchenden Befürchtungen heute eine deutliche Absage: Nein, es gebe keine Pläne, kleine Amtsgerichte wie in Einbeck zu schließen. Das sei im Übrigen sowieso „kein Sparmodell“, würden ja die Mitarbeiter dann nur andernorts arbeiten. Und eine Präsenz der Justiz in der Fläche sei unerlässlich, um eine bürgernahe Gerichtsbarkeit zu praktizieren, sagte Antje Niewisch-Lennartz.