Lauter!

Diskussionen in Fachausschüssen des Einbecker Stadtrates sind derzeit schwer verständlich. Und sie sind das nicht (oder jedenfalls nicht immer), weil die Thematik schwer zu begreifen wäre. Die Akustik in der Rathaushalle, in der wegen der Abstandsregeln in der Corona-Pandemie die Gremien des Rates tagen, ist einfach zu schlecht, weil die Entfernungen zu groß sein müssen. In den Zuschauerreihen, die mit Abstand zum Tischviereck stehen, an dem die Ratspolitiker sitzen, sind Wortbeiträge nur mit Mühe zu verstehen – selbst wenn die Kommunalpolitiker sich anstrengen und laut und deutlich sprechen, verschluckt die Halle vieles. Lauter! möchte man da fast ständig rufen.

Mikrofon in der Rathaushalle, in der sich zurzeit die Fachausschüsse treffen. Symbolfoto

Das Problem war erstmals in der Finanzausschuss-Sitzung im Mai deutlich geworden, der als erster Fachausschuss öffentlich in der Rathaushalle tagte. Vergangene Woche drei Stunden Bauausschuss unter diesen akustisch anstrengenden Vorzeichen waren jedoch nur schwer erträglich für diejenigen, die der Debatte inhaltlich folgen wollten. Und gestern Abend folgte der Kernstadtausschuss – wieder komplett ohne Mikrofon und Lautsprecher – als nächste Gelegenheit, die schlechte Akustik der Räumlichkeiten zu demonstrieren.

Dass es nicht am individuellen Hörvermögen der Zuhörer liegt, machte ein Bürger gestern in der Einwohnerfragestunde deutlich: Er sei vergangene Woche erst beim Hörtest gewesen, den er gut bestanden habe. Hier in der Rathaushalle aber in den Zuschauerreihen verstehe er so gut wie kein Wort von dem, was dort an den Tischen gesprochen werde, machte er seinem Unmut Luft. Andere sprachen in Zwischenrufen von „Unverschämtheit“.

Wer böse sein möchte, könnte wegen der unverständlichen Hörsituation das Öffentlichkeitsgebot von solchen Ausschusssitzungen infrage stellen. Dabei wäre eine Lösung so einfach. Und es blieb gestern im Kernstadtausschuss völlig offen, warum man diese nicht wenigstens anstrebte: Mehrere Mikrofone und Lautsprecher waren aufgebaut. Sogar das Rednerpult stand bereit. Man hätte die Technik wahrscheinlich nur einschalten und benutzen müssen, dann wäre schon viel gewonnen gewesen. Aber wahrscheinlich hätte dann die personelle Besetzung durch die Verwaltung hochrangiger sein müssen: Außer der Protokollführerin waren die ehrenamtlichen Politiker komplett allein, niemand aus der Führungsetage des Rathauses war anwesend, wie das sonst bei Fachausschüssen üblich ist. Selbst wenn man den Kernstadtausschuss für ein überflüssiges Gremium halten sollte (wie ich das ja bekanntlich tue), kann man ihn nicht am langen Arm verhungern lassen. Der Ausschuss rügte dann auch völlig zu Recht, dass mangels Anwesenheit keine auftauchenden Fragen in der Debatte über Straßenbeläge oder Tempo-30-Zonen oder Anwohnerparkausweise von auskunftberechtigter Rathausseite beantwortet werden konnten.

Nachdem er Unmutsäußerungen wegen der schlechten Akustik aus dem Zuhörerkreis vernommen hatte, ergriff am Ende der Sitzung Ratsherr Dennie Klose (SPD) die Initiative: Die Verwaltung möge die Rahmenbedingungen doch bitte verbessern, so dass auch jeder der Diskussion in Sitzungen akustisch folgen könne. Nächsten Donnerstag (9. Juli) kann jeder ab 17 Uhr beobachten, ob es einen Lerneffekt gibt: Dann tagt in der Rathaushalle der Ausschuss für Kultur und Wirtschaftsförderung.

Nachtrag 09.07.2020: Die Verständlichkeit der Wortbeiträge war heute im Kulturausschuss wesentlich besser, weil die vorhandene Mikrofonanlage auch genutzt wurde. Ausschussvorsitzender Walter Schmalzried (CDU) hatte zu Sitzungsbeginn entsprechende Regelungen bekannt gegeben.