Als Fachausschuss-Vorsitzender Willi Teutsch (CDU) nach fast drei Stunden die Sitzung des Ratsausschusses für Bauen und Umwelt mit dem Schwerpunktthema Hochwasserschutz schloss, war seine Bilanz eindeutig: Das Sitzungsgeld hätten sich die Ratsmitglieder an diesem frühen Abend dieses Mal verdient. Diese Meinung dürfte er freilich ziemlich exklusiv haben, im Publikum jedenfalls hatte sich da längst Ernüchterung breit gemacht. Das Interesse an der Bauausschuss-Sitzung war groß, die Ratshaushalle auch bei Abstandsregeln gut gefüllt, alle Stühle waren besetzt.

Warum das Treffen des Bauausschusses keine Sternstunde war?
- Die Sitzung war in mehrfacher Hinsicht schlecht vorbereitet. Das große Thema Hochwasserschutz stand auf der Tagesordnung, konkret der Hochwasserschutz nach mehreren Starkregenereignissen mit entsprechenden Folgen im vergangenen Jahr in Vardeilsen. Doch es fand vorab kein gemeinsamer Ortstermin statt, wie es durchaus üblich ist in den Ratsgremien. Vor Ort hätten einige Details viel anschaulicher geschildert werden können. So blieb nur der Fachvortrag des beauftragten Ingenieurbüros. Jetzt will sich der Bauausschuss in den nächsten zwei Wochen erneut zu dem Thema treffen. Vor Ort in Vardeilsen. Man habe ja nun mit der Sitzung „einen ersten Kontakt mit der Situation in Vardeilsen“ gehabt, jetzt wolle man sich zum besseren Verständnis alles nochmal vor Ort ansehen, meinte Ausschuss-Vorsitzender Willi Teutsch. Das ist imgrunde die weniger effektive Reihenfolge.
- Die Akustik in der Rathaushalle ist bei Wortbeiträgen schlecht. Immer schon. Nun in Zeiten der Corona-Pandemie gilt eine Abstand-Sitzordnung, wodurch im Tischviereck die Kommunikation ohne Mikrofon-Unterstützung nicht leichter wird. Und in den Zuschauerreihen sind sprechende Ratspolitiker oft gar nicht oder nur mit großer Anstrengung zu verstehen, wenn sie in eine andere Richtung reden oder eher gemütlich artikulieren. Bei dieser Bauausschuss-Sitzung pendelte man zwischen leisen Wortbeiträgen ohne Mikro und halligen Worten, bei denen die Mikroanlage übersteuert und zu laut war. Das alles drei Stunden lang konzentriert zu ertragen, war eine der größten Herausforderungen. Und eine der überflüssigsten: Es mag ja unbequem sein und eine Veränderung bedeuten, aber ein Rednerpult (das sogar aufgebaut war) darf ruhig mit vernünftig gepegeltem Mikro von den Ratsmitgliedern genutzt werden, wenn diese wollen, dass ihre Worte bei allen Zuschauern auch verstanden werden. Richtig verstanden.
- Ausschuss-Vorsitzender Willi Teutsch (CDU) gefällt sich – nicht zum ersten Mal – in der Rolle des kommentierenden Moderators, der oftmals die Rolle eines neutralen Sitzungsleiters verlässt, ohne die Sitzungsleitung formal an seinen Stellvertreter abzugeben, wenn er sich selbst Wort melden möchte. Negativer Höhepunkt der vor aller Ohren ausgetragene Meinungsaustausch mit Baudirektor Joachim Mertens, warum denn kein Vertreter des Leineverbandes zu der Sitzung eingeladen worden sei. Er, Teutsch, habe doch mit dem Leineverband schon vorher gesprochen.
- Es kommt schon mal vor, aber in diesem Fall war es besonders misslich: Die Bauausschuss-Sitzung war eine Sitzung ohne einen einzigen Beschluss. Die Hochwassersituation und den Schutz gegen das Wasser im Allgemeinen hörten sich die Ausschussmitglieder ebenso lediglich an wie sie die konkrete Situation in Vardeilsen nach den Starkregen aus 2019 lediglich zur Kenntnis nahmen. Damit passiert erstmal nichts. Und die Unterlagen hätte sich auch jeder in Ruhe zuhause durchlesen können. Außer Spesen nichts gewesen also.
Es bleiben am Ende mehr Fragen als Antworten. Braucht Vardeilsen wirklich für einen Betrag im mittleren sechsstelligen Euro-Bereich ein 5000 Kubikmeter großes neues Rückhaltebecken gegen Hochwasserereignisse? Oder wäre es nicht besser (und billiger), vor dem Bau von teuren Dämmen der Ursache intensiver auf den Grund zu gehen und dann vielleicht eher die Ursprungssituation einer inzwischen verfüllten natürlichen Mulde wieder herzustellen, die sogar viel größer wäre als 5000 Kubikmeter? Der Ausschuss verständigte sich darauf, dass die Verwaltung die damalige Baugenehmigung für diese einstige Mulde und die erfolgten Aufschüttungen nochmal überprüfen soll und auch alle anderen Baugenehmigungen in Vardeilsen mit Blick auf Hochwasser fördernde Bauten ansehen soll.
