Am 12. September sind Kommunalwahlen. Bis zum Wahltermin schreibe ich hier in einem Tagebuch jeden Tag alles auf, was mir im Zusammenhang mit den Kommunalwahlen an Besonderheiten auffällt, informiere über Termine, ordne Themen ein, kommentiere Vorgänge.
Natürlich ist auch das alles bestimmende Thema der vergangenen Monate ein wichtiges Thema bei den Kommunalwahlen. Die Corona-Pandemie hat bereits die Vorbereitungen der Wahlen in den Parteien und Wählergemeinschaften erschwert, weil Gespräche und Sitzungen schwierig zu organisieren oder nur online möglich waren, weil keine unbeschwerten Aufstellungsversammlungen stattfinden konnten, sondern immer ein Hygienekonzept bereit liegen musste und einige die notwendigen Vorkehrungen und Auflagen nicht auf sich nehmen konnten oder wollten und zuhause blieben. Warum auch sollten Wahlen eine Sonderrolle im gesellschaftlichen Leben spielen?
Ja, aber… ich höre schon die ersten laut aufstöhnen, dass ja Wahlen eine wichtige Funktion in einer Demokratie haben. Imgrunde die wichtigste, die politikstiftende Funktion in einem demokratischen Staat. Das ist natürlich alles richtig und wichtig. Das weiß aber das Corona-Virus nicht! Und so gab es schon in mehreren der umfänglichen Corona-Landesverordnungen in den vergangenen Pandemie-Monaten jeweils eigene Abschnitte oder Paragrafen, die sich mit Sitzungen von Parlamenten und Stadträten, mit Versammlungen von Parteien befassten. Und schon hier konnte man sich manchmal fragen, ob denn das Corona-Virus weiß, dass das dort gerade eine Versammlung einer Partei oder Wählergemeinschaft ist und es deshalb dort die engen Reihen und schlecht gelüfteten Räume meiden muss. Immun sind Politiker nicht per Verfassung.
Im Landkreis Northeim liegt die Sieben-Tage-Inzidenz heute den dritten Tag über dem Schwellenwert 10, was zu neuen Regeln ab Montag führt. Es gibt wieder Änderungen in den Kontaktbeschränkungen. Erlaubt sind dann Treffen von maximal zehn Personen aus verschiedenen Haushalten im privaten und öffentlichen Raum, es sei denn es sind geschlossene Gesellschaften mit Hygienekonzept in der Gastronomie, die nur geimpfte, genesene oder getestete in den Raum lassen.
Und dann gibt es da wieder diesen Extraabsatz in den Regularien: „Die Kontaktbeschränkungen und das Abstandsgebot gelten nicht für Kontakte im Wahlkampf oder bei der Wahlwerbung im Rahmen der Vorbereitung und Durchführung öffentlicher Wahlen.“
Man muss kein Prophet sein, um in einer pandemiemüden Gesellschaft zu erahnen, dass eine solche Extrawurst das sprichwörtliche Wasser auf die Mühlen von Corona-Kritikern ist. Denn auch hier stellt sich wieder die Frage, ob das Corona-Virus weiß, dass es nicht überspringen darf, wenn sich ein wahlkämpfender Politiker einem Bürger nähert? Und umgekehrt. Niemand muss sich wundern, dass die Akzeptanz von Regeln sinkt, wenn jeder eine Extrarolle beansprucht, weil er – in diesem Falle – für Wahlen wirbt oder anderweitig wichtig ist.
Es schadet also nichts, wenn die wahlkämpfenden Kommunalpolitiker schon im eigenem Interesse und auch als Dienst an der Demokratie trotz der gewährten Sonderregel eine gesunde Vorsicht walten lassen im Nahkontakt mit den potenziellen Wählern. Natürlich erschwert das einen Wahlkampf. Es hilft aber niemandem, wenn am Wahlsonntag alle im Krankenhaus liegen müssen.
