Wo soll in Opperhausen bauen möglich werden?

Wenn bei einer virtuellen Ortsratssitzung zeitweise mehr als 80 Teilnehmer online dabei sind, zeigt das zweierlei: Es muss ein Thema geben, das viele Menschen im Ort interessiert. In Opperhausen war das jetzt die Ausweisung von neuen Bauplätzen. Und vermutlich hätten sich diese 80 Besucher nicht auf den Weg in einen Sitzungssaal gemacht, um persönlich an dem Treffen teilzunehmen. Der bequeme Zugang vom heimischen Küchentisch oder Sofa aus via Datenleitung hat mehrere Bewohner dazu veranlasst, einige haben das am Ende auch eingeräumt und die technische Möglichkeit gelobt. Was durchaus zu weiteren Überlegungen führen müsste, ob nicht auch nach Corona-Einschränkungen ein leichterer Zugang zu kommunalpolitischen Gremien, zum Beispiel über Live-Streams, machbar sein sollte.

Westlich des Sportplatzes am Ortsrand liegt das geplante neue Baugebiet „Im Sieke“. Abbildung: Stadt Einbeck

Das Thema, das in Opperhausen die Bewohner des östlichsten Einbecker Ortsteils förmlich elektrisierte, war ein mögliches neues Baugebiet. Vor allem dessen Lage im Ort interessierte die meisten Menschen: Wird es vor meinem eigenen Grundstück sein? Inklusive Veränderung der Nachbarschaft und des Ausblicks aus dem eigenen Garten? Müssen Straßen verbreitert werden? Werde ich zu Kosten herangezogen, Stichwort Straßenausbaubeiträge? Der Ortsrat votierte nach dreistündiger Sitzung am Ende einstimmig für die vorgeschlagene Variante „Im Sieke“ westlich des Sportplatzes. Dieses geplante Baugebiet mit acht zwischen rund 600 und 900 Quadratmeter großen Baugrundstücken habe eine vertretbare Dimension und einen geringen Erschließungsaufwand. Für diese Lage am nordwestlichen Ortsrand habe es auch schon konkrete Nachfragen gegeben. Aktuell seien ihr unabhängig von der Lage des Baugebiets zwischen acht und zehn Interessenten für Bauplätze bekannt, sagte Ortsbürgermeisterin Beatrix Tappe-Rostalski, darunter auch so genannte Rückkehrer als Familiengründer. Wobei man immer abwarten müsse, wie belastbar das Interesse in einigen Monaten weiterhin sei.

Ortsbürgermeisterin Beatrix Tappe-Rostalski trat dem Eindruck vehement entgegen, dass Informationen zum neuen Baugebiet unter der Decke gehalten werden sollten. Bereits seit 2018 gebe es einen transparenten, öffentlichen und für alle nachlesbaren Prozess im gesamten Einbecker Stadtgebiet, bei dem zunächst vorhandene Baulücken und Leerstände recherchiert wurden. Und konkrete Infos, belastbare Aussagen und Fakten zu konkreten Standorten möglicher neuer Baugebiete in Opperhausen – die könne man nun mal erst jetzt öffentlich machen, wo wenigstens ein paar Parameter vorab geklärt sind, sagte Tappe-Rostalski.

Sachgebietsleiter Jürgen Höper vom Planungsamt der Stadt Einbeck stellte die ersten konkreteren Pläne in der Ortsratssitzung vor und machte deutlich, dass 2022 der notwendige Bebauungsplan und vielleicht auch schon die Erschließung realisiert werden könnten, erste Häuser frühestens 2023. Und dass während des ausführlichen Planungsprozesses noch mehrmals die Gelegenheit sei, Bedenken zu äußern und sich in die Planungen einzubringen. Im Mai soll das geplante Baugebiet auf der Tagesordnung des Stadtentwicklungsausschusses stehen.

Eine mangelhafte Informationspolitik im Ort hatten im Vorfeld einige Anlieger bemängelt, zur Sitzungsteilnahme geradezu aufgerufen und auch schon Unterschriften gegen den Standort „Im Sieke“ gesammelt – und am Ortsrat vorbei direkt an die Stadtverwaltung geschickt. Einige von ihnen favorisieren eher Bauplätze im Ortsteil Osterbruch.

Bei allen Neubaugebieten am Ortsrand müssen der Ortskern und dessen Stärkung im Auge behalten werden, seine heutigen und möglicherweise künftigen Leerstände sowie Baulücken in integrierter Lage, wie Planer das gerne nennen. Sonst entstehen die berühmten Donuts, von denen hier und hier schon öfter die Rede war: Am Rande ist alles schick, im Kern fällt alles zusammen. Dieses städtebauliche Süßgebäck zu vermeiden, ist Ziel des so genannten klimagerechten Flächenmanagements, bei dem seit 2018 in allen Ortschaften der Stadt Einbeck die Baulücken und Leerstände innerhalb der 46 Ortschaften recherchiert wurden. Nach Gesprächen mit Grundstücks- und Hauseigentümern waren dabei in der so genannten Phase A drei verwertbare Lücken in Opperhausen herausgekommen. Dass sowas immer nur eine Momentaufnahme sein kann und sich dynamisch weiterentwickelt und kontinuierlich im Auge behalten werden muss, liegt auf der Hand.

Der Ortsrat Opperhausen votierte in seiner Online-Sitzung am 7. April einstimmig für ein neues Baugebiet „Im Sieke“. Screenshot

Südlink: Ortsbürgermeister sind sauer aufs Rathaus

Die Ortsbürgermeister und Ortsvorsteher der Einbecker Ortschaften Billerbeck, Kreiensen, Greene, Erzhausen, Bruchhof, Beulshausen, Garlebsen, Ippensen und Olxheim sind sauer aufs Rathaus. Sie haben massive Bedenken gegen die kurzfristig aufgetauchte Trassen-Alternative 434 der Stromleitung Südlink, die von Freden kommend im Leinetal und östlich von Einbeck verlaufen könnte. „Wir möchten, dass unsere Bedenken aufgenommen und abgewogen werden“, sagt Greenes Ortsbürgermeister Frank-Dieter Pfefferkorn und weiß sich mit seinen Kollegen einig.

Ortsbürgermeister und Ortsvorsteher fühlen sich schlecht über die Südlink informiert (v.l.): Frank-Dieter Pfefferkorn (Greene), Michael Becke und Petra Bohnsack (Erzhausen), Hans-Jörg Kelpe (Garlebsen, Ippensen, Olxheim), Reinhold Rieger (Beulshausen), Reinhard Brinckmann (Billerbeck) und Axel Ambrosy (Kreiensen).

Sie appellieren an alle Bürger, sich zu informieren und bei der Bundesnetzagentur bis 6. November Einwendungen einzureichen. Vom Einbecker Rathaus fühlen sich die ehrenamtlich tätigen Ortschefs allein gelassen und nicht ausreichend unterstützt, dort sehe man offenbar die Betroffenheit für die Bevölkerung nicht. Jede Ortschaft werde deshalb ihre Stellungnahme nicht nur an die Stadtverwaltung schicken, damit sie in die allgemeine Einwendung der Stadt Einbeck einfließen kann, die der Verwaltungsausschuss am 4. November beschließen will. Ihre Unterlagen gehen auch direkt an die Bundesnetzagentur, damit dort auch wirklich alle Themen ankommen, kündigte Frank-Dieter Pfefferkorn an.

Die Ortsbürgermeister und Ortsvorsteher ärgern sich, dass die Bevölkerung von der Einbecker Stadtverwaltung über die neu vorgesehene Erdkabel-Trassenvariante des Südlink nicht ausführlich informiert werde. Warum trotz der knappen Fristen nicht wie in Freden eine Bürgerversammlung stattgefunden habe, können sie nicht verstehen. Ausreichend große Räume hätte es auch in Corona-Zeiten gegeben, wenn man gewollt hätte, kritisieren die Ortschefs. Sie informieren deshalb jeweils einzeln für ihre Dörfer die Menschen und sensibilieren sie, dass sie mit der Trassenvariante 434 massiv betroffen sein könnten.

Zu den bereits bekannten Trassenführungen, beispielsweise der Trasse 60 westlich von Einbeck, seien Einwendungen bereits erfolgt. Damit am Ende aber eine faire Abwägung aller Möglichkeiten des Leitungsverlaufs stattfinden könne, müsse auch Variante 434 mit ihren Problematiken ausführlich zu Papier gebracht werden. Wenn letztlich 434 zum Zuge komme, dann sei das so, sagen die Ortschefs, aber man fordere wenigstens eine Chancengleichheit bei der Abwägung, wo die Leitung am wenigsten belastend sei.

Die Ortsbürgermeister und Ortsvorsteher haben eine Fülle von Details in aufwändiger ehrenamtlicher Arbeit aus dem vom Vorhabenträger Transnet BW GmbH zur Verfügung gestellten Material mit der Realität und ihren Ortskenntnissen abgeglichen. Dabei sind ihnen zahlreiche Ungereimtheiten aufgefallen, die jede Ortschaft für sich zusammengestellt und in Einwohnerversammlungen vorgestellt hat. Zum Beispiel schrumpfe der eigentlich ein Kilometer breite Korridor im Bereich Erzhausen durch das Unterbecken des Pumpspeicherwerks sowie die Leineaue zu einem nahezu alternativlosen Streckenverlauf. Schleierhaft sei ihnen auch, wie die zahlreichen Leitungen, die durch das Leinetal führen, mit der Variante 434 unterquert werden sollen, sagen die Ortschefs.

Die Landwirtschaft sei durch die Variante 434 stark betroffen, sagt Erzhausens Ortsbürgermeisterin Petra Bohnsack. Im ohnehin engen Leinetal könnte bei einem verlaufenden Erdkabel mit seinem Kabelkanal die Traditionsfrucht Zuckerrübe als Tiefwurzler nicht mehr angebaut werden.    

Jeder kann sich über die Höchstspannungsleitung Südlink, die als Erdkabel verlegt werden soll, informieren und zur Trassenvariante 434 bis spätestens zum 6. November auch Einwendungen bei der Bundesnetzagentur zu Protokoll geben. Erst Anfang September habe man Kenntnis von der Variante 434 erlangt, bis 16. Oktober sollten die Stellungnahmen der Ortsräte im Rathaus eingehen – ein Unding für die Ehrenamtler, sich in die komplexe Materie einzuarbeiten. Eine Verlängerung der knappen Frist war abgelehnt worden. Das umfangreiche Material mit den unterschiedlichen Trassenverläufen und Varianten ist einsehbar unter www.netzausbau.de oder auch gut auf der Seite der Gemeinde Freden www.freden.de unter „Rathaus/Aktuelles“.

Die orangefarbene Südlink-Trassenvariante 434 wird neben der Trasse 60 westlich von Einbeck (blau) und der östlich von Kreiensen (schwarz) diskutiert.

Nachtrag 20.10.2020: Die Stadtverwaltung Einbeck hat sich heute mit einer ausführlichen Pressemitteilung zu dem Thema zu Wort gemeldet und verweist auf die jetzt (!) auf ihrer Website aufrufbaren Unterlagen.

Nachtrag 05.11.2020: Der Verwaltungsausschuss hat die umfängliche Stellungnahme der Stadt Einbeck inklusive aller Mitteilungen, Einwänden und Anregungen aus den Ortsräten und von den Ortsvorstehern abgesegnet; das umfängliche Paket ist der Bundesnetzagentur fristgerecht zugeleitet worden, sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek nach dem VA auf Anfrage.

Baugebiete: Ortskenntnisse sollen für Übersicht helfen

Ein Bagger räumt die Fläche am Deinerlindenweg frei. Archivfoto

Es geht um einen klassischen Zielkonflikt der Kommunalpolitik: Neue Baugebiete teuer erschließen oder bestehende Bebauung verdichten, wie das die Fachleute nennen, also Baulücken nutzen und bei Nachfrage diese bebauen? Seit Jahren debattiert auch die Einbecker Politik über das Thema. Unter dem Stichwort „Klimagerechtes Flächenmanagement“ war eine Diskussion entstanden. In der Kernstadt gibt es das jetzt erweiterte Baugebiet Weinberg (in dem wieder mehrere Bauplätze frei sind, nachdem anfangs die Nachfrage überzeichnet war) sowie bald innenstadtnahe Bauplätze am Deinerlindenweg. Heute wird bekannt, dass es vor einer Woche ein Treffen der Ortsbürgermeister, Ortsvorsteher und Ortsbeauftragten zum Thema gegeben hat. Die Verwaltung hatte nach Beschluss durch die Politik eine Strategie entwickelt, wie in den Ortschaften Baulücken aktiviert und leerstehender Wohnraum registriert werden kann: Die Dorfchefs sollen aktiv werden, Eigentümer ansprechen und mit ihren Ortskenntnissen Vorschläge zu möglichen Baulücken und tatsächlich nutzbaren Leerständen zusammentragen. Baudirektor Joachim Mertens hatte mir im Dezember gesagt, dass er beispielsweise in Dassensen damit schon gute Erfahrungen gemacht habe. Geplant ist, bis Herbst 2020 für die jeweiligen Ortschaften möglichst einen differenzierten Überblick über die Entwicklungspotenziale im Bestand zu erhalten. „Mit dem Instrument der Bauvoranfrage können Eigentümer belastbare Aussagen über die bauliche Nutzbarkeit von Baulücken erhalten“, gab Mertens heute per Pressemitteilung einen Hinweis zum Vorgehen. Kostenintensiv neue Bauflächen auszuweisen und zu erschließen soll laut Baudirektor möglichst vermieden werden.

Künftiges Baugebiet am Deinerlindenweg, die Fläche ist jetzt freigeräumt.

August Kahle aus Dassensen 70 Jahre in der SPD

August Kahle mit seinem ersten Mitgliedsbuch.

Als August Kahle in die SPD eingetreten ist, war die Bundesrepublik Deutschland gerade einmal ein gutes halbes Jahr alt, der Zweite Weltkrieg erst seit fünf Jahren beendet. Deutschland musste wieder aufgebaut, die Gesellschaft neu organisiert werden. Der Bundeskanzler hieß im Januar 1950 Konrad Adenauer, und der Vorsitzende der SPD war Kurt Schumacher. Dies alles klinge wie ein Märchen aus weit entfernter Zeit, sagte der Vorsitzende der SPD-Abteilung Dassensen/Ilmetal, Christian Grave. Umso schöner sei es, dass es wahr sei und eben kein Märchen: August Kahle aus Dassensen ist seit 70 Jahren Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Dafür wurde der 91-Jährige im Dassenser Pfarrsaal am Sonnabend Nachmittag geehrt. „Ich habe mich nie in den Vordergrund gestellt“, bedankte sich Kahle bescheiden. An diesem Tag musste er da durch, im Mittelpunkt zu stehen.

Dieter Nagel (verdeckt), Christian Grave, Frauke Heiligenstadt, Wolfgang Jüttner, August Kahle, Marcus Seidel.

70 Jahre, das sei fast die Hälfte der gerade gefeierten 150 Jahre SPD in Einbeck, eine unglaubliche Zahl, sagte der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins, Marcus Seidel. Und vor allem, wo der Jubilar fit und ein hochsympathischer Mensch sei und aktiv am Leben teilnehme. Alle Genossen zwischen Bodenfelde und Kalefeld, zwischen Gillersheim und Nörten-Hardenberg gratulierten zu diesem seltenen Jubiläum, sagte die SPD-Unterbezirksvorsitzende Frauke Heiligenstadt. August Kahle, der mit 21 Jahren in die SPD eingetreten ist, gelernter Maurer und Jahrzehnte bei der Straßenmeisterei beschäftigt, war 1956 erstmals in den Gemeinderat der damals noch selbstständigen Gemeinde Dassensen gewählt worden, von 1974 war Kahle 22 Jahre lang Ortsbürgermeister, saß in dieser Zeit auch im Einbecker Stadtrat. Was ihn besonders stolz mache? Dass Dassensen seit seiner Zeit bis heute weiter ununterbrochen einen Ortsbürgermeister habe, der der SPD angehöre.

August Kahle bedankt sich für die Ehrung, seine Familie filmt mit dem Handy mit.

Die Jubilarehrung mit Urkunde und Anstecknadel nahm Wolfgang Jüttner vor, der ehemalige niedersächsische Umweltminister und Landtagsfraktionsvorsitzende aus Hannover. Kurzfristig musste er für den stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Bundestagsfraktion, Matthias Miersch,  einspringen, der als Redner in Berlin bei der „Wir haben es satt“-Demo unabkömmlich war. Jüttner schlug in seiner Rede den ganz großen Bogen von den Anfängen der Sozialdemokratie bis heute. Er selbst sei vor genau 50 Jahren, kurz nach Willy Brandts Regierungserklärung „Mehr Demokratie wagen“, in die SPD eingetreten. Sozialdemokratie bedeute nicht, die alten Lieder zu singen und von früher zu erzählen. Die SPD dürfe auf die Fragen von heute nicht alte Antworten geben. Bei der aktuellen Schwäche der Sozialdemokraten müsse Ziel sein, sich in den kommunalen Gremien zu revitalisieren, neu aufzubauen. Wenn dort vor Ort, authentische Persönlichkeiten um die beste Lösung ringen würden, hinhören auch am Biertisch, Glaubwürdigkeit verbreiten, Vertrauen schaffen und ihre Politik auch noch gut erklären könnten, könne es wieder bergauf gehen – wenn auch nicht sehr schnell, befürchtete Jüttner. „Mehr Ehrlichkeit ist schon die halbe Miete“, sagte der SPD-Politiker und zitierte Gründungsvater Ferdinand Lasalle: Sagen, was ist.

Wolfgang Jüttner sprach über die Herausforderungen der SPD in aktueller Zeit.

Vier Themen seien heute für die SPD wichtig, um wieder mit ihren bewährten Werten an Boden zu gewinnen, sagte Jüttner. Das seien Frage des Friedens und wie man diesen bewahren könne ebenso wie die gerechte Verteilung von Arbeit, Einkünften und Vermögen sowie die Gleichheit von Startchancen. Vor allem aber sei die Klimapolitik eine Herausforderung, die sich momentan oft noch nur in symbolischer Politik erschöpfe, der Frage nach der richtigen Zahnpastasorte. Wirkungsvolle Klimapolitik werde aber ein großer Eingriff in den industriellen Prozess bedeuten, inklusive sozialer Kontroversen. Und schließlich, und das habe er vor fünf Jahren noch nicht gedacht, sagte Jüttner, stehe die Verteidigung der Demokratie ganz oben auf der Tagesordnung. Die sei durch Wahlergebnisse rechter Parteien und autoritäre Regime schwer unter Druck. Da sei es Aufgabe der SPD, Meinungspluralismus zu verteidigen. Zu Zeiten August Bebels habe man für freie Meinungsäußerung im Gefängnis gesessen. Wolfgang Jüttner: „Sozialdemokraten haben gelitten, dass sie ihre Meinung öffentlich vertreten haben.“ Dazu dürfe es nie wieder kommen.

Christian Grave, Frauke Heiligenstadt, Wolfgang Jüttner, August Kahle, Marcus Seidel.

Ortsrat Kreiensen frustriert über Fenster-Verzögerung

Das Bürgerhaus in Kreiensen. Archivfoto.

Bis Bürgermeisterin-Stellvertreter Dr. Florian Schröder höchstpersönlich in den Ortsrat Kreiensen eilt, muss vermutlich schon Einiges passiert sein. Das Fass scheint nun auch überzulaufen – oder besser gesagt: Durch die Fenster zieht es immer deutlicher vernehmbar. Neu ist das Thema beileibe nicht, immer wieder sind Forderungen laut geworden und Zusagen gemacht worden. Der Ortsrat der Einbecker Ortschaft Kreiensen ist mittlerweile frustriert, weil sich die Sanierung der Fenster im Bürgerhaus Kreiensen erneut verzögert. Die rund 140.000 Euro teure Maßnahme ist nicht im Entwurf des Haushaltsplans 2020 enthalten. Das Gremium war sich in seiner jüngsten Sitzung laut Protokoll einig, dass die Menschen jetzt das Gefühl hätten, zugunsten von Maßnahmen in der Kernstadt oder den Alt-Einbecker Ortschaften nicht berücksichtigt zu werden. Eine gefährliche Frust-Mischung, spätestens im nächsten (Bürgermeister-)Wahlkampf.

Ortsbürgermeister Axel Ambrosy hat in der Ortsratssitzung darauf hingewiesen, dass die für den guten Zustand des Bürgerhauses engagierten sechs Vereine schon sehr lange auf eine Sanierung hoffen. Fast das komplette kulturelle Leben Kreiensens für alle Generationen spiele sich im Bürgerhaus ab. Ambrosy erinnerte an die den Kreiensern im jüngsten Kommunalwahlkampf gemachten Versprechen. Der ständige, offenbar ergebnislose Einsatz für die Sanierung sei mittlerweile für alle Beteiligten ermüdend und auch eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit, sagte der Ortsbürgermeister. Ortsratsmitglied Hans-Henning Eggert ergänzte, dass mit jeder weiteren Verzögerung Energiekosten verschwendet werden.

Rathaus-Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder erläuterte in der Ortsratssitzung, dass die Stadt einen bereits gestellten Förderantrag über 74.000 Euro Landesförderung wieder zurück gezogen habe, weil das Förderprogramm überzeichnet war. Er solle in der neuen Förderperiode erneut gestellt werden, um bessere Chancen zu haben. Die Stadt mit ihren 46 Ortschaften könne eine Sanierung ihrer umfangreichen Infrastruktur nicht komplett aus dem städtischen Haushalt finanzieren. Würde zunächst nur der kommunale Anteil ausgeführt, würde sich die Gesamtmaßnahme verteuern, da bei geringeren Kosten auch andere Konditionen gelten und eine teilweise Sanierung der Fenster auch energetisch keinen Sinn machen würde, sagte Schröder. Er könne die Enttäuschung des Ortsrates verstehen. Über Jahrzehnte hinweg sei zu wenig investiert worden, den Stau gerade in energetischer Hinsicht könne die Stadt Einbeck mit angepannter Haushaltslage aber nur im Laufe der Zeit nach und nach beseitigen.

Der Ortsrat hat außerdem den Sitzverlust des Ortsratsmitgliedes Roland Heimann (CDU) offiziell festgestellt. Heimann hatte im Juni aus persönlichen Gründen auf sein Mandat im Ortsrat Kreiensen verzichtet. Da es für den frei werdenden Sitz auf der CDU-Liste keine Bewerber mehr gibt, kann dieser nicht nachbesetzt werden; der Ortsrat Kreiensen hat jetzt nur noch sechs Mitglieder.

Nachtrag 04.10.2019: Die CDU-Stadtratsfraktion kündigt nach einem Ortstermin der Fraktion mit dem Ortsbürgermeister eine neuerliche politische Initiative an, die Sanierung des Bürgerhauses umgehend auch ohne Fördermittel umzusetzen. Man wolle und werde nicht noch länger auf eventuelle Fördergelder warten, hier müsse endlich gehandelt werden, schreibt die CDU in einer Pressemitteilung und hofft auf die Unterstützung der anderen Fraktionen bei den laufenden Haushaltsberatungen. CDU-Fraktionsvorsitzender Dirk Ebrecht: „Die Fördergeldpraxis führt langsam zu Irrsinn. Das dauernde Stellen und Zurückziehen von Anträgen auf mögliche Förderungen macht die Situation am Bürgerhaus nicht besser. Wir heizen zum Fenster heraus. Damit muss jetzt Schluss sein.“

Strategie-Streit erreicht Ortsräte

Das sind die Handlungsfelder, über die zurzeit diskutiert wird. Jeder Bürger kann übrigens am 18. August von 10 bis 13 Uhr in der Sparkassenpassage seine Meinung zum Entwurf der Gesamtstrategie sagen und zu Protokoll geben. Foto: Stadt Einbeck

Der Streit über die künftige Strategie der Stadt Einbeck zwischen SPD und allen anderen Stadtratsfraktionen hat eine neue Ebene erreicht: Eine Einladung aus dem Rathaus zu dem am 17. August stattfindenden „Ortschaftsdialog im Rahmen der Zukunftswerkstatt ‚Strategie Einbeck'“ heute hat Salzderheldens Ortsbürgermeister Dirk Heitmüller (SPD) mit einer als offenen Brief gekennzeichneten E-Mail an die Bürgermeisterin, alle anderen Ortsbürgermeister und die Medien beantwortet. Eine Antwort ließ nicht lange auf sich warten: Opperhausens Ortsbürgermeisterin Beatrix Tappe-Rostalski (CDU), wie Heitmüller auch Mitglied des Stadtrates, drückte bei der E-Mail auf „Allen antworten“ an den großen Ortsratsverteiler. Dirk Heitmüller möchte das Thema Strategie in jedem Ortsrat behandelt sehen, nicht in einer separaten Veranstaltung für alle Ortsräte. „Zu Themen wie Leitbild und Nachtabschaltung hat es jeweils eine Beteiligung der Ortsräte gegeben. Wenn eine Strategie für die Stadt Einbeck auf den Weg gebracht wird, dann kann das nicht ohne die 46 Ortsräte erfolgen.“ (Heitmüller meint sicherlich 46 Ortschaften, es gibt 25 Ortsräte) Für Salzderhelden soll das am 27. August in der nächsten Ortsratssitzung im Flecken erfolgen, für die Sitzung beantragte Heitmüller einen eigenen Tagesordnungspunkt „zu der von der Verwaltung und den mehrheitlichen Ratsfraktionen als sehr wichtig eingestuften Strategie“. Die SPD ist bekanntlich gegen die bisherige Art und Weise des Strategieprozesses und möchte unter anderem die Thematik in den gewählten Gremien der Stadt behandelt sehen. „Für einen der größten Ortsräte aus dem Stadtgebiet möchte ich abgebildet haben, in wieweit die Ortsteile der Stadt Einbeck in der Strategie Beachtung finden? Welche Auswirkungen hat eine Verabschiedung der Strategie in der September-Ratssitzung für die Ortsräte? Welche Vorteile sind zu erwarten? Finden Themen wie Daseinsvorsorge, Bevölkerungsverlust, Mobilität genügend Beachtung?“, schreibt der Salzderheldener Ortsbürgermeister in seiner offenen E-Mail an die Bürgermeisterin und zählt außerdem weitere wichtige Zukunftsaufgaben in den Dörfern auf. „Ich denke, auch für die anderen Ortsräte zu sprechen, wenn ich diese Art der demokratischen Mitgestaltung wünsche.“ Das ärgerte Beatrix Tappe-Rostalski, wie sie in ihrer Antwort deutlich erkennen lässt. „Der Ortsrat Opperhausen spricht immer noch für sich! Wir werden in den Dialog einsteigen…denn das ist genau die demokratische Mitgestaltung, die wir uns wünschen.“ Was Heitmüller schreibe, sei vermessen. Viele der von Heitmüller aufgezählten Punkte seien in den strategischen Oberzielen schon abgebildet. Der Termin am 17. August sei keine Infoveranstaltung, sondern eine Dialog-Veranstaltung, also Rede und Gegenrede, der Austausch von Fragen und Antworten, eine wechselseitige Kommunikation. Im Übrigen sei im laufenden Strategieprozess nichts in Stein gemeißelt. Tappe-Rostalski: „Strategische Steuerung ist ein fortlaufender Prozess…“ Von der mit dem offenen E-Mail-Brief angesprochenen Bürgermeisterin ist heute nur eine indirekte Reaktion auf die Heitmüller-Mail und die Antwort Tappe-Rostalskis bekannt geworden: sie hat die Medien zu einem Pressegespräch zum Thema „Strategie Einbeck“ eingeladen.

Bürgerhaus Kreiensen: Ortsrat will’s wissen

Das Bürgerhaus in Kreiensen. Archivfoto.

Wann und wie soll das Bürgerhaus in Kreiensen saniert werden? Welche Förderanträge hat die Stadt Einbeck dafür gestellt? Diese Fragen möchte der Ortsrat Kreiensen von der Verwaltung beantwortet haben. Das Gremium hat in seiner jüngsten Sitzung darüber diskutiert, dass eine Sanierung dringend und längst notwendig sei. Ortsbürgermeister Hans-Henning Eggert erklärte, der Ortsrat erwarte, dass jetzt von der Stadtverwaltung geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Die Enttäuschung der Kreienser darüber, dass die Sanierung vor allem der Fenster immer weiter hinausgeschoben werde, sei mittlerweile groß. Ortsratsmitglied Axel Ambrosy sagte, dass die Fenster schon seit 15 Jahren saniert werden sollen. Er hat in der Ortsratssitzung darauf hingewiesen, dass Förderanträge im Rahmen der ZIELE-Förderung bis 15. September 2018 gestellt sein müssen, um für 2019 berücksichtigt zu werden. Der Ortsrat bemühe sich schon seit 2013 um die Erneuerung im Bürgerhaus, ergänzte Ortsratsmitglied Marina Goslar. Ortsratsmitglied Roland Heimann möchte, dass sich der Ortsrat mit 15.000 Euro an der Dachgeschoss-Dämmung beteiligt – jedoch nur, wenn es eine Zusicherung der Stadt über die übrige Sanierung gebe.

Bereits in der jüngsten Finanzausschuss-Sitzung hatte Dieter Henze, Vorsitzender der Marinekameradschaft „Admiral von Hipper“ danach gefragt, wann es los geht mit der Sanierung. Der Verein ist seit mehr als 30 Jahren Mieter im Bürgerhaus. Dass vieles marode sei, besonders die Fenster, sei der Verwaltung längst bekannt. Angekündigt worden sei die Fenster-Erneuerung auch worden, jedoch weder in 2017 sei sie passiert noch stehe sie 2018 im Haushalt, kritisierte Henze. Einzig die Eingangstür wurde dieses Jahr überarbeitet. Fachbereichsleiter Frithjof Look antwortete, die Fenster seien für den Haushalt 2019 angemeldet, 2018 sei die Maßnahme nicht mehr finanzierbar gewesen, ergänzte Kämmerin Brigitte Hankel. Eine Förderung der Maßnahme werde geprüft, was entsprechend Vorlauf bedinge.

Einbecker Ortschaft

Mittendrin, statt nur dabei: der Ortsrat Ahlshausen-Sievershausen.

Mittendrin, statt nur dabei: der Ortsrat Ahlshausen-Sievershausen.

Für sie ist manches anders und neu und ungewohnt, für die acht Ortsräte der ehemaligen Gemeinde Kreiensen. Als jetzt der Ortsrat der Doppelortschaft Ahlshausen-Sievershausen zu seiner zweiten Sitzung in dieser noch jungen Wahlperiode zusammen kam, informierte Ortsbürgermeister Jürgen Hesse erst einmal über die Sitzungsgepflogenheiten, bei der Einladung und Tagesordnung habe man sich nicht etwa verschrieben, es gebe tatsächlich zwei Einwohnerfragestunden, eine am Anfang, eine am Ende. Das sei in Einbeck so…

Imgrunde sind bei so überschaubaren Ortsräten formale Sitzungsunterbrechungen für formale Einwohnerfragen ohnehin überflüssig. In Ahlshausen jedenfalls, bei Ludchen Ernst „aufm Saale“, wurden die Dinge gemeinsam mit den anwesenden Bürgern besprochen. Fragen wurden sofort gestellt, Antworten sofort gegeben. Direkter geht Demokratie nicht.

Ahlshausen feiert 2014 seine 1100-Jahr-Feier. Die Planungen laufen. Der Ortsrat sammelt zurzeit Ideen. „In den örtlichen Vereinen wird schon intensiv diskutiert“, berichtete Ortsbürgermeister Jürgen Hesse, „wir freuen uns aber auch noch über weitere Anregungen der Bürger.“ Die 1100-Jahr-Feier solle sich möglichst durch die Aktivitäten aller Vereine während des gesamten Jahres 2014 ziehen. Geplant sind unter anderem bereits eine Fotoausstellung sowie ein Foto-Kalender für das Jahr 2014 mit Bildern aus den vergangenen 100 Jahren. Auch an die 1914 groß gefeierte 1000-Jahr-Feier von Ahlshausen-Sievershausen soll im kommenden Jahr erinnert werden. Höhepunkt des Feierjahres wird ein Festakt am 3. Oktober 2014 in der Kirche in Ahlshausen sein, der Keimzelle der Ortschaft. Der traditionelle Bauernmarkt wird am 4. Oktober 2014 rund um die Kirche in einem größeren Rahmen als üblich veranstaltet.

Die Ortschaft Ahlshausen „gehörte“ übrigens im Laufe ihrer Geschichte schon einmal zu Einbeck, im Königreich Westfalen von 1807 bis 1813. Die Chronik weiß es.