
Für einen normalerweise eher nüchternen Banker waren das durchaus deutliche Worte an die Adresse der Politik: Bei der Fusions-Vertreterversammlung der Volksbank Einbeck gestern Abend nutzte Vorstand Andreas Wobst (45) die Gelegenheit, die Regulierungsflut vernehmlich zu kritisieren. Sie ist einer der entscheidenden Gründe, warum die Volksbank Einbeck ihre Zukunft in einer größeren Einheit sucht und mit der Volksbank Seesen fusioniert. „Wir warten nicht darauf, dass irgendetwas geschieht. Menschen, die in Genossenschaften zusammen kommen, sorgen selbst dafür, dass etwas geschieht“, erklärte der Bankvorstand.
Lobenswert sei, so Wobst, wenn wie erlebt die SPD die Genossenschaften in ihrem Regierungsprogramm lobe. „Diesen lobenden Worten müssen Taten folgen“, forderte der Volksbanker. „Unser erfolgreiches genossenschaftliches Modell wird von der politischen Regulierungswut bedroht. Anzahl und Umfang der auf uns niederprasselnden regulatorischen Vorgaben sind enorm und eine ganz konkrete Belastung, die wir hier bei der Volksbank Einbeck jeden Tag spüren. Etwa durch Berge von Formularen, die es auszufüllen gilt. Kunden gehen aber nicht in die Bank, um mit Tüten voller Papier nach Hause zu gehen. Und Berater wollen beraten, mit ihrem Gegenüber sprechen – und nicht noch mehr Formulare ausfüllen.“ Noch in den 1990-er Jahren seien die Eigenkapital-Regeln, die ein Vorstand beherrschen müsse, 24 Seiten umfassend gewesen. 15 Jahre später seien es 250 Seiten, und heute habe „Basel III“ als nur eines der vielen neuen Regelwerke über 2500 Seiten ohne zugehörige Verordnungen und Kommentare.
Die Politik müsse dafür Sorge tragen, dass das erfolgreiche genossenschaftliche Geschäftsmodell, das im Gegensatz zu Privatbanken noch nicht eine einzige Insolvenz erlebt habe, nicht kaputt reguliert werde, sagte Andreas Wobst vor 153 Vertretern der Volksbank Einbeck im BBS-Forum. Denn wenn das mit dem zunehmenden Beauftragtenunwesen ungebremst so weiter gehe, „dann bekommen auch die bisher krisenfesten Volksbanken und Raiffeisenbanken Probleme“, so Wobst. „Wir benötigen Regulierung mit Augenmaß und wir brauchen dringend eine Regulierungspause.“
Bei allem Respekt vor der Gründerleistung der Urväter des Genossenschaftswesens: „Manchmal frage ich mich, würde es unter diesen Bedingungen ein Hermann Schulze-Delitzsch oder ein Friedrich Wilhelm Raiffeisen heute noch schaffen, eine Genossenschaftsbank neu zu gründen?“ Er habe da so seine Zweifel… Andreas Wobst: „Die Bankenaufsicht würde von ihnen verlangen, für alles und jedes Sonderbeauftragte zu beschäftigen. Egal, wie klein das Institut am Anfang noch ist.“