
Es ist zutiefst menschlich. Zu Schulzeiten haben manche auch erst einen Tag vor der Prüfung gelernt oder die Hausaufgaben unmittelbar vor Unterrichtsbeginn erledigt. Als Saisonarbeiter sind einige gut durchs Schulleben gekommen. Der städtische Zuschuss für die Mendelssohn-Musikschule (MMS) von jährlich 70.000 Euro läuft Ende Juli 2016 aus. Das ist bereits im Zukunftsvertrag vor der Fusion mit Kreiensen 2012 so beschlossen worden. Vor gut drei Jahren. Es war also wahrlich ausreichend lange Zeit, sich auf diese Tatsache einzustellen, Gespräche zu führen, nach Lösungswegen zu suchen, wie die von einem Trägerverein organisierte Musikschule in der Stukenbrok-Villa überleben kann, wenn sie denn soll. Im Kulturausschuss hatte es bei den Haushaltsberatungen für 2016 jedoch gestern den Anschein, als sei es völlig überraschend und neu, dass dann vielleicht die MMS ihre Pforten wird schließen müssen, wenn das Geld aus dem Rathaus ausbleibt. Und: 2016, ist das nicht noch lange hin? Nein, das ist nächstes Jahr, das in drei Monaten beginnt! Die CDU wollte gar einfach mal so eine weitere finanzielle Unterstützung der Mendelssohn-Musikschule in den nächsten Jahren in die Finanzplanung hinein schreiben. „Dieses einfach so zu beschließen wird nicht gehen“, machte Finanz-Fachbereichsleiterin Christa Dammes dann auch schnell deutlich. Schon damals mit Beschluss des Zukunftsvertrages sei klar gewesen, „dass es schmerzhafte Einschnitte geben wird“. Wenn man jetzt weiter Geld geben wolle, müsse man schon sehr gute Argumente in Gesprächen mit Land und Landkreis haben, was heute anders sei als damals, als man den Zukunftsvertrag abgeschlossen habe. Einvernehmlich hat sich der Kulturausschuss gestern verständigt, in einem Arbeitskreis bis Ende des Jahres nach Möglichkeiten zu suchen, wie die MMS erhalten werden kann. Diese Gesprächsrunde ist löblich, aber sie kommt zu spät und kaschiert imgrunde nur ein Ja oder Nein. Ist es Flucht vor der Verantwortung? Wenn ich nicht mehr weiter weiß… Die Vorsitzende des MMS-Trägervereins, Christina Heise, hat gestern im Kulturausschuss noch einmal deutlich gemacht, dass ohne den Zuschuss die Politik die Verantwortung dafür trage, wenn die Musikschule schließen müsse. Und sie machte klar, dass sich der Verein ein Stück weit auch allein gelassen gefühlt habe in seinen Bemühungen, eine Zukunftslösung ohne den Stadt-Zuschuss zu erarbeiten. Schade ist indes, das zwischen den Musikschulen in Einbeck keine Kooperation denkbar scheint.
Politik ist dafür gewählt, Verantwortung zu übernehmen. Ja, das kann unbequem sein. Ja, dafür bekommt man nicht nur Lob. Und ja, das kann auch Wählerstimmen kosten. Die Kulturpolitiker haben in Einbeck noch keine wirklich unpopuläre Entscheidung treffen müssen, in Einbeck gibt es trotz Sparzwangs noch (gottseidank!) Museum, Archiv, Bibliothek als freiwillige Leistungen. Wie das ist, in der Kritik zu stehen, können Kulturpolitiker von ihren Kollegen Schulpolitikern lernen. Mit ihnen können sie sich austauschen, die haben Erfahrung und sich bereits mehrfach dem öffentlichen Sperrfeuer gestellt, wenn sie Schulen schließen mussten, weil keine Kinder oder kein Geld oder beides nicht mehr vorhanden war.