Christian Rohner wird neuer Kämmerer in Einbeck

Christian Rohner wird neuer Kämmerer bei der Stadt Einbeck. Der Stadtrat stimmte seiner Berufung mit der Verabschiedung des zweiten Nachtragshaushalts 2020 zu. Der 38-Jährige wird zum 1. November im Neuen Rathaus starten und dann dort die Nachfolge von Brigitte Hankel antreten, die im Sommer zum Landkreis Göttingen an ihren Wohnsitz Osterode gewechselt war. „Ich bin froh, dass sie sich für uns entschieden haben“, hieß Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek den neuen Kämmerer in der Sitzung des Stadtrates willkommen.

Christian Rohner ist seit 2014 Kämmerer der Gemeinde Bodenfelde und dort auch Vertreter des Bürgermeisters. Zuvor war er als Stadtoberinspektor bei der Stadt Uslar beschäftigt. Von 2004 bis 2006 hatte Rohner sich zum Bankkaufmann ausbilden lassen und anschließend als Kreisinspektor seine Behördenlaufbahn begonnen.

Der Stadtrat hat dem zweiten Nachtragshaushalt 2020 einstimmig zugestimmt. Einziger Inhalt ist der veränderte Stellenplan, der für Christian Rohner statt einer A12 eine nach Besoldungsgruppe A13 dotierte Stelle vorsieht.

Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek begrüßte Christian Rohner als neuen Kämmerer in Einbeck. Der 38-Jährige arbeitet bislang in Bodenfelde.

Kämmerin-Nachfolge gesucht

Die Stadt Einbeck sucht eine neue Leitung des Sachgebiets Finanzen. Kämmerin Brigitte Hankel wird die Stadtverwaltung im Sommer verlassen, sie wird eine Leitungsposition in einer Kommune in der Region antreten, die nichts mit Finanzen zu tun hat und näher zu ihrem Wohnort im Vorharz liegt. Damit möglichst keine oder nur eine kurze Vakanz bei dieser wichtigen Position in einem Rathaus entsteht, hat die Stadt Einbeck die Stelle bereits am Montag Abend öffentlich ausgeschrieben. Da hatte die 46-Jährige gerade ihrem Arbeitgeber eröffnet, dass sie gehen werde.

Brigitte Hankel. Archivfoto
Brigitte Hankel. Archivfoto

Brigitte Hankel war seit November 2016 Leiterin des Sachgebiets Finanzen. Davor war sie Kämmerin der Gemeinde Katlenburg-Lindau. Zuvor war die Diplom-Verwaltungswirtin und Diplom-Verwaltungsbetriebswirtin beim Landkreis Göttingen sowie der Stadt Osterode am Harz beschäftigt. Die Sachgebietsleiterin hat mit ihrem Team die schwierige Aufgabe, den Haushalt der Stadt aufzustellen und hatte es dabei in der Vergangenheit durchaus mit Gegenwind aus der Politik zu tun. Zuletzt war es Brigitte Hankels Aufgabe, die wegfallenden Steuereinnahen in der Corona-Krise zu erläutern und eine Haushaltssperre anzukündigen.

Vor wenigen Tagen war auch die Stelle der Leitung des Stadtmuseum neu ausgeschrieben worden. Stelleninhaberin Dr. Elke Heege (65) geht zum Jahresende in den Ruhestand.

Nachtrag 24.06.2020: Kämmerin Brigitte Hankel hat sich im Stadtrat heute Abend verabschiedet und für die gute Zusammenarbeit gedankt. Sie wechselt zum Landkreis Göttingen an ihren Wohnort Osterode, wie sie sagte. Da sei der Wechsel verständlich, bedauerte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek den Weggang aus der Stadtverwaltung Einbeck und dankte Hankel für ihre Arbeit. Da die nächste Finanzausschuss-Sitzung im Juli ausfällt, dürfte die Wortmeldung im Stadtrat die letzte öffentliche von Brigitte Hankel in Einbeck gewesen sein. Die Kämmerin sagte Adé mit einem positiven Signal und „eventuell Licht am Ende des Tunnels“, wie sie sagte: Die Verteilung der Summen des kommunalen Rettungsschirmes in der Corona-Pandemie seien noch nicht abschließend bekannt, aber es könnte sein, dass die Steuerausfälle in Höhe von rund fünf Millionen Euro damit kompensiert werden könnten. Von einer bevorstehenden Haushaltssperre war heute jedenfalls nicht mehr die Rede.

Letzter Redebeitrag im Stadtrat: Kämmerin Brigitte Hankel verabschiedete sich.

Wie groß wird das Corona-Loch im Haushalt?

Wie sich die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie im Haushalt der Stadt Einbeck niederschlagen, hat Kämmerin Brigitte Hankel in der jüngsten Sitzung des Finanzausschusses geschildert. Die Fachausschuss-Sitzung in der Rathaushalle war die erste öffentliche Gremiensitzung, bei der die Abstandregelungen eingehalten werden mussten. Die Ausschussmitglieder saßen mit Abstand an den Tischen im Viereck, ebenso waren wenige (aber ausreichend) Stühle für Besucher auf Abstand in der Halle verteilt.

Die mit Abstand stattgefundene Finanzausschuss-Sitzung in der Rathaushalle.

Die Stadt Einbeck erwartet nach den Worten von Kämmerin Brigitte Hankel in diesem Jahr rund fünf Millionen Euro weniger Steuereinnahmen als geplant. Diese Summe setzt sich aus rund 3,5 Millionen Euro weniger Gewerbesteuer und rund 1,5 Millionen Euro weniger Anteil an Einkommens- und Umsatzsteuer zusammen. Allein bei der Gewerbesteuer, der wichtigsten einer Kommune, werden am Ende voraussichtlich statt im Haushalt 2020 eingeplanten 12,6 Millionen Euro nur rund neun Millionen Euro zu Buche schlagen. Es gebe allerdings auch schon eine Gewerbesteuernachzahlung aus den Vorjahren in Höhe von einer Million Euro zu verbuchen, berichtete Hankel. Wegen hoher Rücklagen und einer sehr hohen Liquidität sieht die Finanzchefin im Rathaus für Einbeck in der Corona-Krise noch relativ gute Rahmenbedingungen. Natürlich sei sie keine Hellseherin, sagte Hankel, aber voraussichtlich habe Einbeck die dramatischsten Einbrüche bei den Steuereinnahmen hinter sich, vorausgesetzt, dass sich die Corona-Situation weiter entspanne. Einige Unternehmen hätten außerdem bereits signalisiert, dass sie wieder volle Steuerzahlungen leisten würden, sobald sie nach durchstandener Corona-Krise die Gewinnzone erreichen. Trotzdem bereite Einbeck wegen des Rückgangs auf der Einnahmeseite eine teilweise Haushaltssperre vor, sagte die Kämmerin. Welche Projekte davon betroffen sind, wird noch geprüft. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek hatte nach dem jüngsten Verwaltungsausschuss noch keine Notwendigkeit für eine Haushaltssperre gesehen.

„Ich sehe das nicht ganz so entspannt“, erneuerte Marcus Seidel (SPD) im Finanzausschuss die Kritik seiner Fraktion. Die Steuerrückgänge seien signifikant und ernst zu nehmen. Im vergangenen Jahr habe es wegen einer deutlich geringeren Summe eine teilweise Haushaltssperre gegeben.

Zuschauer-Bestuhlung mit Abstand in der Rathaushalle.

Strabs mit 80 Prozent

Die angeblich so notwendige Sondersitzung des Finanzausschusses und des Bauausschusses war heute nach noch nicht einmal 30 Minuten erledigt. Dann war der politische Kompromiss bei der Straßenausbaubeitragssatzung gefunden und begründet, hatten die beiden Fachausschüsse mit deutlicher Mehrheit dem am Mittwoch tagenden Stadtrat empfohlen, die Strabs zu ändern und die Beitragsgrundlage auf 80 Prozent zu senken. Mögliche Zuschüsse sollen vorher abgezogen werden können. Nur FDP und Grüne kämpften weiter wacker gegen die Strabs, stimmten gegen den Konsensbeschluss und betonten einmal mehr, dass sie eine komplette Abschaffung besser gefunden hätten. Kämmerin Brigitte Hankel gab vor der Abstimmung zu Protokoll, dass mit der Absenkung von 100 auf 80 Prozent für den städtischen Haushalt ein Risiko entsteht, das möglicherweise dazu führen könnte, dass auf Jahre keine Straße mehr grundsaniert werde und das Problem auf die nächste Generation verschoben werde. Wer sich die Beispielrechnung für die ja gar nicht mehr aktuell auf der Tagesordnung stehende Tiedexer Straße ansieht mit den verschiedenen Varianten (zwischen 95 und 65 Prozent), die die Verwaltung ausgerechnet hatte, der sieht, dass mit dem Konsens die Anlieger rund 135.000 Euro sparen (und insgesamt immer noch 540.000 Euro aufbringen müssten). Es hätten durchaus auch 235.000 Euro sein können (bei 65 Prozent), die die Anlieger sparen könnten. Aber dazu konnte sich die Mehrheit nicht durchringen, sondern votierte für den Mittelweg. Immer im Hinterkopf, dass bei einer stärkeren Absenkung das fehlende Geld im städtischen Haushalt an anderer Stelle eingespart werden müsste.

Nachtrag 12.03.2020: Der Stadtrat hat die Empfehlung der Fachausschüsse nahezu mit dem gleichen Abstimmungsergebnis bestätigt, damit ist die Strabs abschließend wie oben ausgeführt geändert. Gegen die Änderung stimmten Dietmar Bartels und Manfred Helmke (beide Grüne) sowie Dr. Marion Villmar-Doebeling (FDP) und Udo Harenkamp (AfD), es gab zwei Enthaltungen (Dr. Reinhard Binder, FDP, und Heinz-Hermann Wolper, CDU). SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki räumte ein, dass der gefundene Kompromiss nicht allen Wünschen gerecht werden könne. Gerechtigkeit sei bei Gebühren und Beiträgen sowieso nahezu unmöglich. Drei Viertel der Bevölkerung werde nie Anliegerbeiträge nach der Strabs zahlen müssen. Populistisch aber seien Forderungen nach Abschaffung der Strabs, denn dadurch würden die Probleme einer Finanzierung ja nicht beseitigt. Ohne Strabs müssten die Steuern oder würden die Schulden steigen. Er schließe sich den Ausführungen zur Begründung der Satzungsänderung dem SPD-Fraktionschef an, sagte CDU-Fraktionsvorsitzender Dirk Ebrecht in seltener Einigkeit. Man habe nach langer Debatte und mit hohem Beratungsaufwand das erreicht, was im Moment möglich sei. Eine Abschaffung der Strabs wie in Northeim sei ein „Irrweg“, sagte Ebrecht, denn dort steige jetzt zum Ausgleich unter anderem die Hundesteuer. Als „Wahlgeschenke einer ganz großen Koalition“ bezeichnete Dietmar Bartels (Grüne) die Strabs-Änderung, die mehr als 500.000 Euro koste, „Geld, das wir nicht haben.“ Die Ungerechtigkeiten würden nicht beseitigt. Die Vorschläge der Grünen nach wiederkehrenden Beiträgen als Ersatz seien kaputt geredet worden. „Wir sollten uns nicht kaputt sparen“, warnte Bartels. Steuern anheben oder Neuverschuldung seien Möglichkeiten, um doch noch Straßenerneuerung zu finanzieren. Der Kompromiss sei ein Entgegenkommen, eine gerechte Strabs könne es nicht geben, sagte Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste/GfE). „Leisten können wir es uns nicht.“ Im Gegenzug für eine Strabs-Abschaffung die Grundsteuer zu erhöhen wäre aktuell fahrlässig, sagte Pfefferkorn, stehe doch die Bemessung dieser Steuer gerade noch auf dem Prüfstand vor dem Bundesverfassungsgericht. Er habe sich durch die Landesgesetzänderung mehr Entlastung durch das Land erhofft, eine echte Erleichterung sei aber ausgeblieben. Udo Harenkamp (AfD) kritisierte, dass das Land die Kommunen mit den Problemen allein lasse, er stimme deswegen dagegen, um ein Zeichen nach Hannover zu senden. Die beschlossene Änderung nehme nur die Spitzen für die betroffenen Anlieger, kritisierte Dr. Marion Villmar-Doebeling (FDP). Das Geld für die Strabs fehle den Hauseigentümern zur Sanierung ihrer Häuser. Keine Strabs zu haben wie in Northeim oder Bad Gandersheim werde jetzt zum Standortvorteil für diese Kommunen, Einbeck habe das Nachsehen, meinte die Freidemokratin.

Bauhof bewirtschaftet Stadion

Das August-Wenzel-Stadion in Einbeck, umrahmt von alten Bäumen.

Es könnte durchaus auch Waldstadion heißen, das Stadion in Einbeck. Viele alte Bäumen stehen um das Rasenrund und geben der weitläufigen Sportanlage an der Schützenstraße fast einen parkähnlichen Charakter. Der gepflegt werden soll. Und damit fangen die Probleme an. Denn das kostet natürlich Geld, rund 140.000 Euro pro Jahr sind kalkuliert. Viel Geld. Das meinte angesichts der geringeren Kosten, die für die Pflege von Dorfsportplätzen anfallen, in der jüngsten Sportausschuss-Sitzung Karsten Armbrecht (CDU). Da müsse sich doch noch Geld einsparen lassen.

Zwischenzeitlich gab es ein Angebot der SVG Einbeck, das August-Wenzel-Stadion weiter zu bewirtschaften. Doch im Sommer folgte der Rückzieher des Fußballvereins. Wohl aus finanziellen Gründen und weil „eine Neuordnung der finanziellen Situation des Vereins“ angestrebt werde, heißt es dazu aus dem Rathaus. Die SVG kümmert sich jetzt nur noch um die für den unmittelbaren Spielbetrieb notwendigen Arbeiten (Abkreiden, Tore, Eckfahnen etc.).

Dadurch war der Kommunale Bauhof der Stadt Einbeck wieder im Spiel. Nach dem Abspringen der SVG, die bislang die Anlage im Auftrag pflegte, hat der Verwaltungsausschuss im Januar die Arbeiten kommissarisch an den Bauhof vergeben. Private Unternehmen darf die Stadt laut einem Grundsatzbeschluss, die Leistungen vom Bauhof abzufordern, nicht fragen. Der Bauhof führt die Pflege der Stadionanlage bislang mit dem vorhandenen Personal und den Gerätschaften des Bauhofes im Rahmen seiner Möglichkeiten durch und stößt dabei an die Grenzen seiner Kapazitäten. Für mehr Personal und Maschinen benötigt der Bauhof eine langfristige Perspektive und Planungssicherheit. Die hat der Sportausschuss nach einer Sitzungsunterbrechung einvernehmlich geboten: Bis 2024 wird dem Bauhof die Stadionpflege übertragen, in diesen fünf Jahren soll es im VA quartalsweise Budget-Übersichten und Berichte geben, um gegebenenfalls frühzeitig reagieren zu können und die Kosten besser steuern zu können. Kämmerin Brigitte Hankel hatte in der Debatte davor gewarnt, pauschale Summen von den 140.000 Euro zu streichen, nur um weniger in den Haushalt einplanen zu müssen. Das vom Bauhof kalkulierte Angebot müsse man schon ernst nehmen, der Betrieb solle außerdem ja wirtschaftlich arbeiten.

Die Verwaltung ist außerdem aufgefordert, noch einmal mit dem Landkreis Northeim zu sprechen, welchen finanziellen Beitrag er denn leisten möchte, weil Schulen die Anlage im Sportunterricht nutzen. Der Landkreis hatte sich bislang einen schlanken Fuß gemacht und wollte sozusagen in Naturalien zahlen: mit seinem Bauhof einige Arbeiten erledigen. Welches Signal das in Zeiten des Klimawandels wäre, wenn nicht nur sprichwörtlich aus Northeim der Rasenmäher anreist, hat sich wahrscheinlich niemand so richtig gemacht. „Es kann sich nicht jeder die Rosinen herauspicken“, warnte Marcus Seidel (SPD) im Sportausschuss und warb für die Bauhof-Offerte – und das nicht nur, weil er Vorsitzender des Bauhof-Betriebsausschusses ist, zu recht.

Vielleicht sollte man doch einen Teil des Stadions – zumindest haushalterisch – zum öffentlichen Grün zuschlagen, denn der parkähnliche Altbestand von Bäumen prägt schließlich auch das Viertel um Schützenstraße, Ivenstraße und Carl-Diem-Weg. Das würde jedenfalls zu vergleichbareren Summen für die Bewirtschaftung von Sportplätzen in den Ortschaften und in der Kernstadt führen.

Neustädter Kirchplatz: Warten auf die Trafostation

Neustädter Kirchplatz. Archivfoto März 2019

Die für die Umgestaltung des Neustädter Kirchplatzes notwendige neue Trafostation wird erst im Januar 2020 geliefert und aufgebaut werden und die bisher unterirdische Station ersetzen können. Es gebe sehr lange Lieferzeiten, teilte Sachgebietsleiter Thomas Kreykenbohm gestern im Bauausschuss mit. Mit den Abbrucharbeiten auf dem Platz soll aber noch in diesem Jahr begonnen werden, einen genauen Termin nannte er nicht. Zuletzt war von Oktober die Rede, ursprünglich sollte es schon vor dem Sommer losgehen. Die Umgestaltung beginnt dann 2020 mit den umliegenden Straßen; Parkplätze sollen im Zuge der Bauarbeiten so lange wie möglich erhalten bleiben. Im Haushalt 2020 ff. sind insgesamt 2,6 Millionen Euro für den Umbau veranschlagt, davon 1,1 Million als Zuschuss. In welcher Höhe und wie die Anlieger nach der gültigen Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) der Stadt Einbeck herangezogen werden, soll für die Stadt Einbeck Fachanwalt Dr. Christian von Waldthausen aus Hannover klären, sagte Bauamtsleiter Joachim Mertens. Der Verwaltungsjurist und Strabs-Fachmann erhalte heute den Auftrag dafür, in der komplexen Materie aufzuschlüsseln, wer nach Sach- und Rechtslage als Anlieger gilt und beitragspflichtig werden wird. Noch in diesem Jahr soll es eine Anliegerversammlung mit genauen Infos geben, kündigte Mertens an. Erst dann könne man auch eine konkrete Summe in den Haushaltsplan einsetzen, sagte Kämmerin Brigitte Hankel; derzeit steht für Anliegerbeiträge nur ein Platzhalter von 100.000 Euro im Zahlenwerk. Von Waldthausen hatte im Juni den Bau- und den Finanzausschuss in gemeinsamer Sitzung informiert und dabei unter anderem so einfach wie logisch ausgeführt, dass sich Kosten nicht auflösen. Die Frage sei immer nur, wer die Kosten trage. Die Anlieger über die Beiträge oder der Steuerzahler allgemein.

Waisenhaus-Sanierung abgeschlossen

Seltenes Leiterfachwerk: die Fassade des sanierten ehemaligen Waisenhauses in der Baustraße nach den zwei Jahre dauernden Bauarbeiten.

Nach zwei Jahren Bauzeit ist die Sanierung des ehemaligen Waisenhauses in der Baustraße in Einbeck abgeschlossen. Lediglich wenige Restarbeiten sind noch zu erledigen, bis die ersten Mieter voraussichtlich zum Jahresende einziehen können. Und der Stadtrat muss nächsten Mittwoch in nicht-öffentlicher Sitzung zunächst noch die Mietpreis-Höhe festlegen. Das 1712 erbaute Haus mit dem in Einbeck einzigartigen Leiterfachwerk gehört den Einbecker Hospitalstiftungen, die ihre Objekte (insgesamt 130 Wohnungen, 150 Garagen) lediglich an Bedürftige vermieten darf, weil sie laut Satzung mildtätigen und gemeinnützigen Zwecken verpflichtet ist, wie Kämmerin Brigitte Hankel sagte, in deren Fachbereich die ursprünglich aus dem Mittelalter stammenden Stiftungen fallen. Die Aufgabe werde jetzt sein, neben der nachzuweisenden Bedürftigkeit Mieter zu gewinnen, die das Wohnen hier schätzen, sagte EWG-Geschäftsführerin Birgit Rosenbauer. Die Einbecker Wohnungsbaugesellschaft soll wie bei den anderen Hospitalstiftungen-Objekten die Verwaltung übernehmen. Abzuwarten bleibt auch noch, ob die CDU mit ihrem jüngst vorgelegten Antrag noch vor einer ersten Vermietung durchdringen wird, nach dem im einstigen Waisenhaus generationenübergreifendes Wohnen und eine Alten-WG entstehen soll. Auch darüber diskutiert der Stadtrat am Mittwoch bzw. dann in einer der nächsten Fachausschusssitzungen.

Denkmalpflegerin Krimhild Fricke zeigte den Politikern, was unter der Giebelfassade zum Vorschein kam (und dort aus Witterungsgründen wieder versteckt worden ist).

Am Ende dürfte die Sanierung rund 1,6 Millionen Euro gekostet haben, 53 Prozent davon werden über den Städtebaulichen Denkmalschutz im Programm der Städebauförderung finanziert. „Ein Glücksfall.“ – Ursprünglich war knapp eine Million Euro kalkuliert worden, ursprünglich war allerdings auch befürchtet worden, die Sanierung werde doppelt so teuer, was sich jetzt doch nicht ganz ergeben habe, berichtete Projektleiter Gunnar Groneweg bei einem Ortstermin den Kommunalpolitikern. Die Kostensteigerung war vor allem entstanden, weil Pilzbefall und der braune Kellerschwamm eine ausführlichere Sanierung notwendig machten. Auch 28 Deckenbalken des Fachwerks mussten auf einer Länge von 1,50 Meter ins Gebäude erneuert und mit den verbleibenden verblattet werden, um die Statik wieder herzustellen. Die von der Restauratorin Anja Stadler gesicherten Befunde an der Giebelseite sind aus Witterungsgründen auch wieder hinter einem Behang verschwunden, ihre Farbbefunde waren für die neue Farbgebung ausschlaggebend. Die 2013 begonnene Diskussion über eine Sanierung des ehemaligen Waisenhauses ende nun mit einem Denkmal mit Strahlkraft in die Umgebung, hieß es.

Ein Laubengang wurde vor die Nordseite gestellt, er erschließt die oberen Wohnungen.

Entstanden sind sechs zwischen 42 und 92 Quadratmeter große Wohnungen auf einer Gesamtfläche von rund 462 Quadratmetern. Die Wohnungen im oberen Geschoss werden über einen vorgesetzten Laubengang erschlossen. Die unteren Wohnungen sind barrierearm. Entfernt worden sind die Dachgauben, das Dachgeschoss wird nicht genutzt, ebenso wenig der Gewölbekeller. Zu jeder Wohnung gehört auf dem Hof ein Abstellraum. Für Erstaunen sorgte die vor allem von Grünen-Politikern vorgebrachte Nachfrage, warum keine Auto-Stellplätze vorgesehen worden seien. Man müsse in der historischen Stadt der Zukunft Mobilität ganz neu denken, sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek.

Auf dem Laubengang können die Bewohner vor ihren Wohnungen auf der Hofseite wie auf einem großen Balkon sitzen.

Nachtrag 05.09.2019: Der Ausschuss für Jugend, Familie und Soziales wird sich in einer seiner nächsten Sitzungen nach dem Votum des Stadtrates mit dem CDU-Antrag „Selbstbestimmt leben – alternative Wohn- und Lebensformen ermöglichen“ beschäftigen. Die Zahl der Menschen, die im Alter auf Unterstützung und Hilfe angewiesen seien (und damit sei nicht Pflege gemeint), steige weiter an, begründete Ratsmitglied Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) den Antrag. Es gehe um geteilte Verantwortung auf Augenhöhe in einem Quartier. Im restaurierten Waisenhaus biete sich eine gute Chance, eine Alters-WG als alternative Wohnform zu etablieren, aber auch das benachbarte Haus Nummer 21 in der Baustraße, das saniert werde, sei möglicherweise passend. Offen blieb, warum für die zweifellos Zeit in Anspruch nehmende Diskussion über ein Projekt einer Alters-WG nicht die zwei Jahre währende Sanierungsphase des Waisenhauses schon genutzt wurde. Wenn die Wohnungen erst wieder alle vermietet sind, wird es schwerer zu argumentieren sein.

Förderbescheid gibt Startschuss für Wissensquartier

Förderbescheid für den ersten Bauabschnitt im Wissensquartier: den Neubau anstelle der heutigen 45 Jahre alten Kita Münstermauer. Bau-Staatssekretär Frank Doods überreicht das Papier an Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek im Kreise ihrer Mitarbeiter.

Der erste Bauabschnitt des Millionen-Projektes „Wissensquartier“ kann beginnen: Bau-Staatssekretär Frank Doods (SPD) hat heute den Förderbescheid für den Neubau einer Kindertagesstätte an der Stelle des aus dem Jahr 1973 stammenden Gebäudes an Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek überreicht. Im Programm „Investitionspakt Soziale Integration im Quartier“ wird der Kita-Neubau mit 2,24 Millionen Euro gefördert, das sind 90 Prozent der Baukosten. Das Geld kommt zu 75 Prozent vom Land Niedersachsen, zu 15 Prozent aus der Kasse des Bundes. In Niedersachsen werden insgesamt 20 Maßnahmen über dieses Land-Bund-Programm mit einem Volumen von zusammen 22,5 Millionen Euro gefördert. Doods, der auch Mitglied des Einbecker Stadtrates und dessen Vorsitzender ist, sagte, er könne sich völlig unverfänglich heute über den von ihm überbrachten Förderbescheid mitfreuen, denn die Entscheidung im Ministerium habe nicht bei ihm, sondern bei der stellvertretenden Abteilungsleiterin Dr. Frohmute Burgdorf gelegen, die vor einem Jahr in Einbeck vor Ort war. „Auf dem Sofa haben wir sie geknackt“, scherzte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek heute auf dem gleichen Sofa im Barocksaal des Stadtmuseums bei Kaffee und Kuchen mit Staatssekretär Frank Doods und Museumsleiterin Dr. Elke Heege sitzend. Doods überreichte noch zwei weitere Förderbescheide über insgesamt 1,3 Millionen Euro an die Stadt Einbeck, bei denen es um Städtebauförderung in den zwei Programmen „Kleine Städte und Gemeinden“ und „Städtebaulicher Denkmalschutz“ geht.

„Wir haben viel Arbeit in den Förderantrag gesteckt und sind ganz, ganz glücklich, dass wir zum Zuge gekommen sind“, dankte die Bürgermeisterin auch ihrem Team im Rathaus aus den verschiedenen Fachbereichen für das gemeinsame Engagement. Das neu entstehende Kita-Gebäude wird künftig eine weitere Gruppe aufnehmen können und dann auch Krippe sein, außerdem Räume für Sprachförderung haben. Projektleiter Christian Fricke stellte die Pläne vor, die nach seinen Worten eine optimale Positionierung des Gebäudes auf der zur Verfügung stehenden Fläche und eine Erschließung von der Stadtgrabenstraße aus vorsehen. Neben einem Gründach werde es eine Farbverlauf-Fassade geben, die auf die historische Stadtmauer Bezug nehmen werde, sagte Fricke. Das den Bau unterstützende Förderprogramm für soziale Integration im Quartier klinge, als wäre es dafür geschrieben worden und passe gut auf die Situation, freute sich Doods. In zentraler, etablierter Lage werde ein neues Gebäude entstehen für eine Kita, die sich zu einem Schmelztiegel verschiedenster Kulturen und Nationalitäten entwickelt habe. Die Kita Münstermauer nimmt nach Ministeriumsangaben seit 2016 am Bundesprogramm „Sprach-Kitas – Weil Sprache der Schlüssel zur Welt ist“ teil. Der Neubau könne den Förderangeboten noch stärker Rechnung tragen.

Für den nächsten Bauabschnitt des „Wissensquartiers“ wird es einen Architektenwettbewerb geben. Diese frische Entscheidung vom Vormittag teilte Museumsleiterin Dr. Elke Heege heute mit. Der begleitende Architekt habe ihnen Mut gemacht für diesen Schritt, sagte sie. „Er hat uns den Geist geöffnet“, sagte auch Bau-Fachbereichsleiter Joachim Mertens. Es seien spannende städtebauliche Lösungen für die vorgesehene Kombination von Museum, Archiv und Bibliothek am Standort Auf dem Steinwege zu erwarten, sagte er. Bei der Konzeption im Zentrum stehe ein „niedrigschwelliger Eingang“, was nicht nur räumlich barrierefrei zu verstehen sei, sondern vor allem eine offene Empfangssituation bedeute, die keine Hemmschwelle zur vermeintlichen Hochkultur mehr aufbauen solle. Das als Veranstaltungsraum nutzbare Foyer solle der zentrale Raum werden, in dem sich Besucher dafür entscheiden könnten, ob sie das Museum besuchen, in der Bibliothek ein Buch lesen oder im Stadtarchiv recherchieren wollen, sagte Heege.

Diese Vision des nächsten Bauabschnitts sei bei der Entscheidung der aktuellen Förderung des ersten Abschnitts bereits mitgedacht worden, sagte Bau-Staatssekretär Frank Doods. Das mache den Unterschied, allein ein Kita-Neubau wäre nicht gefördert worden. Die Zentralisierung von Museum, Bibliothek und Archiv an einem Ort sei auch aus Finanzsicht hilfreich für eine Stadt, um Synergien zu nutzen, sagte Kämmerin Brigitte Hankel.

Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek erläutert Staatssekretär Frank Doods die weiteren Pläne im Wissensquartier auf der Rückseite von Museum, Archiv und ehemaligem Hort. Links im Bild die Münsterkirche St. Alexandri.

Netto vier Minuten

Zugegeben, ich habe auf die Uhr gesehen. Weil die Kürze der Sitzung ja zu erwarten war. Netto waren es am Ende vier (!) Minuten. Dann hatte der Finanzausschuss die kurze Tagesordnung bereits abgearbeitet, hatte der Ausschussvorsitzende Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste) alle Tagesordnungspunkt in Ruhe aufgerufen, war auch Punkt 4 abgehandelt, der Anfragen möglich gemacht hätte. Wortmeldungen von den Kommunalpolitikern in der Runde gab es aber keine. Und so nahm die meiste Zeit der am Ende insgesamt viertelstündigen öffentlichen Finanzausschuss-Sitzung die Einwohnerfragestunde ein, bei der der Ausschussvorsitzende die Geschäftsordnung sehr weit dehnte und von einem Bürger und Fragesteller („Wir haben ja Zeit“) am Ende sechs Fragen zuließ. Immerhin gab es dadurch die Antwort von Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, dass der Controllingbericht deshalb nicht-öffentlich behandelt und öffentlich lediglich zur Kenntnis genommen werde, weil das Zahlenwerk in Aufsichtsräten der städtischen Beteiligungsgesellschaften ebenso vertraulich gehandhabt werde. Und Bürgermeisterin-Vertreter Dr. Florian Schröder antwortete gemeinsam mit Kämmerin Brigitte Hankel auf entsprechende Bürgerfrage, dass die stille Beteiligung der Stadt am durch die Insolvenz gegangenen Einbecker Bürgerspital im Jahresbericht 2018 abgeschrieben werde. Wie hoch der Verlust für den Steuerzahler durch die stille 2,5 Millionen-Euro-Beteiligung am Ende sei, könne man noch nicht beziffern, weil die Gläubiger-Quote noch nicht abschließend feststehe. Außerdem habe es bereits eine teilweise Rückzahlung des gewährten Darlehens gegeben. Die Notwendigkeit der Sitzung hat sich mir trotz dieser interessanten Infos bis dato unverändert nicht erschlossen. Zumindest aus dem öffentlichen Sitzungsteil war sie nicht erkennbar.

Wenn es Shakespeare in den Finanzausschuss schafft…

Die Fakten waren schnell ausgetauscht. Zwei Stunden Sitzungsdauer wären dafür nicht notwendig gewesen. Und ein Extratreffen imgrunde auch nicht. Denn ebenso schnell wurde in der Sondersitzung des Finanzausschusses zu der Ende Januar erlassenen teilweisen Haushaltssperre überdeutlich, dass es eine unterschiedliche Interpretation von Haushaltsplanung in Einbeck gibt. Die Trennlinie läuft haarscharf dabei zwischen der SPD-Fraktion auf der einen Seite und den Jamaika-Plus-Fraktionen (CDU, FDP, Grüne, GfE/Bürgerliste) sowie der Verwaltung im Rathaus auf der anderen Seite. Ganz neu freilich ist diese Trennlinie in der Einbecker Kommunalpolitik nicht: Bei der Debatte über die Zukunftsstrategie der Stadt Einbeck war sie schon einmal sichtbar geworden, hatte sich die SPD monatelang isoliert und war erst ganz zum Schluss mit mühsam gewahrtem Gesicht und viel Diplomatie gerade noch eingeschert. Mehrmals wurde die Stategie am Donnerstag im Finanzausschuss auch zitiert: von SPD-Ratsmitgliedern, sobald es darum ging zu kritisieren, zu spät oder gar nicht an Informationen aus dem Rathaus zu kommen, das sei nicht die in der Strategie immer so propagierte Wertschätzung. Dabei mischt sich immer öfter und kaum noch versteckt ein Unterton bei führenden Sozialdemokraten in die Wortbeiträge, es sowieso besser zu können, jede Haushaltszahl nachts auswendig parat und das Haushaltrecht quasi inhaliert zu haben. Als Einziger.

Das war der Hintergrund, vor dem die Debatte in der Sondersitzung des Finanzausschusses stattfand. Die Rathaus-Spitze mit Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, Kämmerin Brigitte Hankel und Finanz-Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder verteidigten ihre erlassene Teil-Haushaltssperre. Die Kämmerin schilderte die Situation heute und Ende Januar, es gehe „das ganze Jahr rauf und runter“ bei der Steuerplanung von Einnahmen. Etwa 1000 Messbescheide erhalte die Stadt Einbeck pro Jahr, und auch wenn man mit den Firmen, dem Finanzamt und den Steuerberatern der Firmen, vor allem denen der Top Ten der Gewerbesteuerzahler, in regelmäßigem Kontakt sei, erhalte man zeitweise unterschiedliche Angaben, was die Planung von Steuereinnahmen nicht gerade erleichtere. Dem Zwei-Millionen-Euro-Einbruch bei der Gewerbesteuer, der die Notbremse ausgelöst hat, stehen laut Hankel inzwischen erwartete Mehrerträge gegenüber, die das ausgleichen könnten. Ob es letztlich so komme, könne man freilich heute Anfang März noch nicht sagen, sagte die Kämmerin. Der wegen einer mehrere Monate nicht besetzten Personalstelle beim Landkreis noch nicht genehmigte Haushalt 2019 werde indes voraussichtlich nächste Woche genehmigt sein.

Das wollte Rolf Hojnatzki (SPD) so alles nicht durchgehen lassen. Er sagte, er habe ein Angebot zum Gespräch aus dem Rathaus erwartet, als die Haushaltssperre erlassen worden sei. Das habe es leider nicht gegeben, erst zur von der SPD beantragten Sondersitzung habe es „erstmals vollumfängliche Informationen“ gegeben, Ende Januar sei das nur rudimentär gewesen, und ohne den finanziellen Hintergrund zu erläutern. Die Haushaltssperre sei zweifellos ein von der Verwaltung nutzbares Instrument. „Aber wer darf mitreden, wie es weitergehen soll“, fragte Hojnatzki. Die Bürger erwarteten eine Aussage darüber, wie die Politik bei dem Thema denke und handeln wolle. Die SPD habe bewusst den Anstoß gegeben und eine faktische Lösung des Problems vorgeschlagen. Der Antrag der Sozialdemokraten allerdings, einen Nachtragshaushalt zu beschließen, wurde mit 6:5-Stimmen im Finanzausschuss abgelehnt.

In seltener Einigkeit unterstützte Marcus Seidel (SPD) die Kritik von AfD-Ratsherr Udo Harenkamp ausdrücklich, der in der Sitzung noch einmal bemängelte, dass Finanzausschussmitglieder aus den Medien von der Haushaltssperre hätten erfahren müssen, wenn sie keinen Fraktionsvorsitzenden haben (wie bei der AfD, die nur noch zwei Einzel-Ratsherren hat). Die Einladung zum Verwaltungsausschuss mit entsprechenden Informationen, die Bürgermeisterin-Stellvertreter Dr. Florian Schröder zur Verteidigung als gegebene ausreichende Information angeführt hatte, ließ Seidel nicht gelten. Das sei ein „interessanter Ansatz“, dass gewählte Ratsmitglieder in solchen Fällen Informationen erfragen müssten, eine schlichte Einladung reiche ihm nicht aus. Seidel ärgerte sich zudem darüber, dass offenbar unterschiedliche Informationen an die Presse und an die Ratsmitglieder gegeben worden seien und Irritationen ausgelöst hätten.

Dirk Ebrecht (CDU) konterte seinem Fraktionsvorsitzenden-Kollegen, alle anderen hätten sich bei der Verwaltung informiert, als die Fraktionsvorsitzendenrunde über die Haushaltssperre informiert worden war, und hätten auch die E-Mail an die eigenen Fraktionsmitglieder weitergeleitet. Rolf Hojnatzki hätte ja mal in der Verwaltung anrufen können, wenn er Informationsbedarf habe, es habe aber keine direkte Reaktion auf die Entscheidung gegeben, auch nicht von der SPD. „Die künstliche Aufregung ist nicht zu verstehen“, sagte Ebrecht zum Agieren der SPD in den vergangenen Tagen, es wirke eher „wie ein aufgescheuchter Hühnerhaufen“, das sei aber nicht die Aufgabe von Politik, er bitte doch zur Sachlichkeit zurückzukehren.

Eine Nachfrage von Dr. Marion Villmar-Doebeling (FDP) machte eine Diskrepanz deutlich zwischen der Information, wie sie die Verwaltung für die Sondersitzung vorgelegt habe und der Pressemitteilung über die Teil-Haushaltssperre Ende Januar, sagte Villmar-Doebeling. Denn wie man jetzt erfahre, könne die Umgestaltung des Neustädter Kirchplatzes ja doch weiter geplant und fortgesetzt werden, in der Mitteilung aus dem Rathaus zur Haushaltssperre habe das noch anders geklungen und sei mindestens missverständlich formuliert gewesen, sagte die FDP-Politikerin. Kämmerin Brigitte Hankel hatte zuvor erklärt, die Planung für den Neustädter Kirchplatz laufe weiter, der Abriss des ehemaligen Gemeindehauses und die archäologischen Grabungen könnten 2019 stattfinden, allein die Straßenbaumaßnahmen würden durch die Auswirkungen der Sperre erst 2020 stattfinden. Dass das alles so einfach haushalterisch gehe und auch mit den Fördermitteln in Einklang zu bringen sei, zweifelte Rolf Hojnatzki (SPD) an und erneuerte die Kritik der SPD an der zuletzt mit Jamaika-Plus-Mehrheit im Haushalt beschlossenen großen Lösung: „Sie fangen mit einer Maßnahme an, die nicht ausfinanziert ist.“

Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek hatte ihren Shakespeare parat, sogar zunächst im Original: „Much Ado About Nothing“, auf Deutsch: Viel Lärm um nichts. Das veranstalte die SPD hier. Die Verwaltung habe im Januar reagieren müssen, als das Gewerbesteueraufkommen einbrach, „das ist meine verdammte Pflicht und Schuldigkeit“, sagte Michalek unmissverständlich. Es sei aber vieles im Fluss seit Ende Januar. Das Instrument der Haushaltssperre habe man bewusst gewählt, um nicht möglicherweise mehrere aufwändige und teure Nachtragshaushalte erarbeiten zu müssen. Sie habe informiert sobald verlässliche Informationen vorgelegen hatten. Vorzeitig und rechtzeitig seien die Fraktionschefs in Kenntnis gesetzt worden. Dabei habe sie nicht den Eindruck gehabt, dass bei jenen noch Fragen offen geblieben seien: „Jeder, der fragt, bekommt eine Antwort.“ Und wo sie früher vielleicht in diesem Moment tief durchgeatmet hat, scheint Sabine Michalek in letzter Zeit zunehmend Gefallen zu finden an der politisch-pointierten Positionierung und auch an einer kontroversen Auseinandersetzung. In Wahrheit gehe es der SPD doch um etwas anderes, platzte es aus der Bürgermeisterin geradezu heraus. Seit sechs Jahren schon diskutiere man quasi eine Sache „auf der Meta-Ebene“ immer mit: das mangelnde Vertrauen einiger im Stadtrat gegenüber der Verwaltung. Sie habe sich inzwischen damit abgefunden, das im Rest der Legislaturperiode nicht mehr ändern zu können, sagte Michalek und nahm SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki und seine Fraktionsmitglieder direkt ins Visier: „Ich weiß, dass sie sich jemanden anderen hier wünschen.“ Die Bürger hätten aber nun mal sie zur Bürgermeisterin gewählt.

Rolf Hojantzki wollte die Anwürfe nicht komplett auf sich sitzen lassen, auch „wenn ich auf ihre Vorhaltungen nicht tiefer eingehen will“, wie er der Rathauschefin entgegnete. „Informationspolitik ist nicht die Stärke dieser Verwaltungsspitze“, sagte der SPD-Fraktionschef. Der Wahlkampf für die nächste Bürgermeisterwahl 2021 – er scheint immer schneller näher zu kommen.

Haushaltssperre: SPD spricht von 3,5 Millionen Euro

Ist alles noch viel schlimmer? Fast zwei Wochen lang war es überraschend politisch ruhig nach der Mitteilung aus dem Rathaus, man habe eine teilweise Haushaltssperre erlassen müssen, weil die Gewerbesteuereinnahmen einbrechen werden. Einzig AfD-Ratsherr Udo Harenkamp (Opperhausen) hatte sich darüber geärgert, davon aus den Medien erfahren zu müssen, und seinen Antrag auf Verkauf des Stadtwaldes wieder ins Spiel gebracht, er habe den damals im Herbst nicht ohne Grund gestellt, sondern um der Stadt wieder ein wenig finanziell Luft zu verschaffen, erklärte er; SPD und CDU hatten die Idee bislang kategorisch abgelehnt. Vergangene Woche im wie üblich nicht-öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss waren die Probleme natürlich Thema. Es habe Nachfragen zu einer Mitteilungsvorlage gegeben, hieß es anschließend lapidar, Beschlüsse zur erlassenen Teil-Haushaltssperre, die vor allem das seit Jahren debattierte Projekt Neustädter Kirchplatz trifft, wurden keine gefasst. Heute hat sich erstmals seit der teilweisen Haushaltssperre die größte Stadtratsfraktion öffentlich zu dem Thema eingelassen – und brachte dabei eine Summe ins Spiel, die in dieser Höhe und Deutlichkeit bislang aus dem Rathaus nicht zu hören war. „Auch für eine Stadt wie Einbeck sind 3,5 Millionen Euro keine Kleinigkeit“, betonte der finanzpolitische Sprecher der SPD und stellvertretende Bürgermeister, Marcus Seidel, in der Presseinformation der Sozialdemokraten. Die SPD fordert eine öffentliche Debatte über den bekannt gewordenen Ausfall von Gewerbesteuer in Millionenhöhe. „Es muss schnell und ohne Tabus über eine Lösung für das Haushaltsproblem gesprochen werden“, erklärte Fraktionsvorsitzender Rolf Hojnatzki. Das „Prinzip Hoffnung“ werde dem Ernst der Lage nicht gerecht. Deshalb habe die SPD eine außerordentliche Sitzung des Ausschusses für Finanzen und Rechnungsprüfung beantragt, regulär ist eine Sitzung erst am 26. März terminiert. „Nur so können rechtzeitig bis zur nächsten Ratssitzung die erforderlichen Schritte beraten werden“, machte Hojnatzki deutlich. Der Stadtrat tagt regulär das nächste Mal am 3. April – es ist die erste Sitzung in diesem Jahr. Es sei schade, dass die stillgelegten Maßnahmen und Projekte nur verkündet, nicht aber mit dem Rat abgestimmt wurden, kritisierte Marcus Seidel. Formal sei das zwar nicht nötig. „Aber nach dem aus der Strategiedebatte bekundeten Ziel einer offenen und vertrauensvollen Zusammenarbeit sieht das hier nicht aus“, erklärte Seidel. Erst auf Nachfrage der SPD sei überhaupt die vollständige Liste der Maßnahmen im Bürgerinformationssystem Allris veröffentlicht worden, hieß es (Haushaltssperre_Massnahmen_). Unklar sei, nach welchen Kriterien hier verfahren worden sei und was dies nun konkret für den Neustädter Kirchplatz bedeute. „Weder an dieser Stelle noch bei den Brandschutzmaßnahmen in den Schulen können wir uns einen Stillstand leisten, bekräftigten die stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Eunice Schenitzki und Klaus-Reiner Schütte in der heute veröffentlichten Pressemitteilung der SPD. Die Öffentlichkeit habe einen Anspruch darauf zu erfahren, wie es weitergehen soll und darauf, dass Auswege aus dem Stillstand gesucht werden.

Nachtrag 16.02.2019: Die SPD-Stadtratsfaktion hat zu der beantragten Sondersitzung des Finanzausschusses bereits einen umfangreichen Fragenkatalog vorgelegt (PM SPD fragt beim Thema Finanzen nach 19-02-15). Einen Termin für die Sitzung gibt es bis dato nicht. Unter anderem wollen die Sozialdemokraten detailliert wissen, wie die Sperrliste zustande gekommen ist. „Es ist völlig unklar, wie die Bürgermeisterin die zu sperrenden Maßnahmen ausgewählt hat“, erklärte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki. Der Rat habe die Möglichkeit, mit der Verabschiedung eines Nachtragshaushaltsplanes die Konsequenzen zu ziehen und die Finanzierung wieder herzustellen und damit den Stillstand abzuwenden und die Schwerpunkte neu zu setzen. Die SPD fragt außerdem, wie sich die Kosten bei den laufenden anderen Projekten entwickeln. „Bestehen weitere Haushaltsrisiken?“, fragen die Sozialdemokraten in ihren sechs Fragen: „Wir haben immer vor dem Risiko der dramatischen Kostensteigerung bei Bauprojekten gewarnt. Die aktuelle Haushaltsplanung enthält keine Reserven. Jede kleine Kostensteigerung oder ein Einnahmeausfall stellt die Finanzierung in Frage. Deshalb muss jetzt die Einschätzung der Kämmerei ohne Einschränkungen offengelegt werden“, fordert Hojnatzki. Eine Antwort aus dem Rathaus steht noch aus.

Nachtrag 19.02.2019: Die von der SPD beantragte Finanzausschuss-Sondersitzung findet am Donnerstag, 7. März, um 17 Uhr im Neuen Rathaus statt. Auf diesen Termin sei die Fraktion bei der Routineterminrecherche im Ratsinformationssystem gestoßen, erklärte heute Fraktionschef Rolf Hojnatzki. Ungewöhnlich sei, dass die Bürgermeisterin den Antragsteller nicht über den Termin informiert habe, sobald dieser feststehe. „Nachdem auf unseren Antrag hin keine Reaktion kam, hatte ich die Bürgermeisterin mit der Übersendung des Fragenkatalogs am 13.02.2019 darum gebeten, aber bis heute keine Antwort erhalten“, erklärte Hojnatzki. Deshalb habe sich die SPD-Fraktion auf Nachfrage der Presse aufgerufen gesehen, sich selbst zu informieren.

Nachtrag 22.02.2019: Zusammen mit der Tagesordnung für die Finanzausschuss-Sondersitzung am 7. März hat die Stadtverwaltung erste Antworten auf die SPD-Fragen veröffentlicht (Vorlage Finanzausschuss Antworten der Verwaltung auf SPD-Fragen). Interessant ist dabei die Antwort auf die Frage nach dem Haushaltsrisiko: „Die laufend vorzunehmenden Anpassungen von Vorausleistungen sowie die laufend vorzunehmenden Abrechnungen bei den Gewerbesteuern sind ein ständiges Haushaltsrisiko.“ Deutlich wird das unter anderem dadurch, dass – wie die Haushaltsexperten im Rathaus schreiben – der im Januar 2019 festgestellte Ausfall von Gewerbesteuervorausleistungen in Höhe von rund zwei Millionen Euro durch zu erwartende Netto-Mehrerträge im Finanzausgleich nach aktuellem Stand innerhalb der mittelfristigen Finanzplanung vollständig ausgeglichen werden kann, gleichzeitig aber werde mit einem größeren Ausfall im niedrigen siebenstelligen Bereich in Folge von zu erwartenden Abrechnungen gerechnet, das sei die Differenz zwischen den genannten zwei Millionen Euro und der „bereits öffentlich diskutierten Zahl 3,5 Millionen Euro“. Mit anderen Worten: Fest stehen die Zahlen erst, wenn der Haushalt mit dem Jahresabschluss abgerechnet wird. Weitere Auskünfte soll es in der Finanzausschuss-Sondersitzung geben. Im Zusammenhang mit der Sitzung verweisen die Rathausexperten in einer Mitteilungsvorlage übrigens auf die Rechtslage beim Steuergeheimnis. Wie bereits hier geschrieben, dürfte es damit als sicher gelten, dass es zumindest aus dem Rathaus keinerlei offizielle Informationen über die betroffenen Steuerzahler-Unternehmen geben wird. Ob Politik darüber spekulieren wird, bleibt abzuwarten.

Nachtrag 03.03.2019: Erneut hat die Tagesordnung der Finanzausschuss-Sondersitzung eine Aktualisierung erfahren. Das Rathaus hat auf einen am 27. Februar eingereichten SPD-Antrag (AntragSPD-Fraktion 19-02-27), als Konsequenz auf den Gewerbesteuereinbruch einen Nachtragshaushalt zu beschließen, ausführlich geantwortet. Die Verwaltung lehnt einen Nachtragshaushalt ab. Die Haushaltssperre wirke, einen Nachtragsetat sieht das Rathaus zurzeit nicht als notwendig an, zumal bereits in wenigen Wochen die Planungen für das Haushaltsjahr 2020 beginnen, für das dann die Politik im Rahmen der Etathoheit wieder entsprechende Vorgaben machen könne. Im Übrigen, so verdeutlicht die Verwaltung in ihrer Stellungnahme zum SPD-Antrag, sei durch die Haushaltssperre kein „Stillstand“ eingetreten, wie ihn die Sozialdemokraten sehen, da nur Maßnahmen gesperrt worden seien, die wegen personeller Engpässe ohnehin nicht hätten begonnen werden können oder die aus baufachlicher Sicht einen Aufschub erlauben. Auch beim Projekt Neustädter Kirchplatz sei durch die Sperre kein „Stillstand“ eingetreten, da lediglich ein Teil Geldes für 2019 gesperrt worden sei und ohnehin noch aus 2018 ein so genannter Haushaltsrest in Höhe von 500.000 Euro zusätzlich zur Verfügung stehe. Aktuell werden nach Angaben aus dem Rathaus die begonnenen Planungen (Anpassung der Ausführungsplanung an die mit der Haushaltsplanung 2019 beschlossenen Maßnahmen) weitergeführt, mit den ersten baulichen Maßnahmen (z.B. Abriss der Gebäude) könne begonnen werden, heißt es. Dadurch sei auch die Förderung der Maßnahme nicht gefährdet. Besonders diese letzten Aussagen dürften noch für eine muntere Debatte sorgen, klingen sie doch mit einem mal gänzlich anders als in der ursprünglichen Nachricht aus dem Rathaus zur Teil-Haushaltssperre, nach der „insbesondere die geplante Neugestaltung des Neustädter Kirchplatzes“ betroffen sei. Mindestens erklärungsbedürftig ist ferner zumindest für Haushaltslaien, warum denn 573.000 Euro im Haushalt gesperrt werden, wenn 500.000 Euro „Haushaltsrest“ doch vorhanden sind.

Die Haushaltsmehrheit steht

Die Haushaltsmehrheit steht. Und der Einbecker Stadtrat wird den Etat 2019 nicht einstimmig beschließen. Das scheint nach der heutigen Haushalts-Sitzung des Finanzausschusses sicher und dürfte sich auch im Verwaltungsausschuss bis zur Dezember-Ratssitzung nicht mehr ändern. Mit Jamaika-Plus-Mehrheit (CDU, FDP, Grüne, GfE/Bürgerliste) gegen die Stimmen der SPD hat der Finanzausschuss nach den Haushaltsberatungen mit ihren Änderungen für den Entwurf gestimmt. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick:

  • Überraschend hat die Haushaltsmehrheit gegen die SPD-Stimmen für 2020 in die mittelfristige Finanzplanung wieder den Ausbau der Tiedexer Straße eingefügt. Im Bauausschuss vor wenigen Wochen hatte es noch einen einstimmigen Beschluss gegeben, das für die heftig vor allem bei den Anliegern umstrittene Umgestaltung vorgesehene Geld nicht in den Haushalt 2019 und auch nicht für die folgenden Jahre einzuplanen. Bei 2019 bleibt es dabei, jedoch ab 2020 möchte die Haushaltsmehrheit den Ausbau wie zuletzt kalkuliert mit rund 1,4 Millionen Euro angehen, etwa die Hälfte soll über Anliegerbeiträge finanziert werden. Ein wenig spekuliert die Mehrheit durch diese Verschiebung um ein Jahr aber offenkundig auf die aktuelle landesweite Debatte über die komplette Streichung der Straßenausbaubeiträge. Die SPD wirkte von dem Vorstoß komplett überrascht. Dieser Sinneswandel sei „keine ehrliche Auseinandersetzung mit den Anliegern“, kritisierte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki.
  • Statt die Grundsteuer zu erhöhen, will die Haushaltsmehrheit die Vergnügungssteuer von 15 auf 20 Prozent anheben, etwa 150.000 Euro Mehreinnahmen soll das bringen, etwa ebenso viel wie eine Grundsteuererhöhung gebracht hätte, rechnete Udo Mattern (GfE) vor. Bei der Anhebung der Gewerbesteuer soll es dagegen unverändert bleiben.
  • Beim Thema Neustädter Kirchplatz trafen wie erwartet die jüngsten beiden Vorschläge der Haushaltsmehrheit und der SPD aufeinander – unversöhnlich, wie sich am Ende herausstellte. Mit CDU/FDP/Grüne/GfE/Bürgerliste-Mehrheit beschlossen hat der Finanzausschuss, in den Haushalt 2019 für einen ersten Teil der Umgestaltung des Platzes 1,3 Millionen Euro einzuplanen, für 2020 weitere 1,52 Millionen. Die damit insgesamt 2,82 Millionen Euro würden damit weit unter den zuletzt vorgelegten Kostenschätzungen der Planer in Höhe von rund vier Millionen Euro liegen. Zunächst nicht bauen möchte die Haushaltsmehrheit einen neuen Pavillon. Ob ein Brunnen, wie im Vorentwurf vorgesehen, auf dem Neustädter Kirchplatz entstehen soll, blieb zunächst offen. Ebenso, wie und wo denn von dem Entwurf abgespeckt werden kann und soll, um auf die niedrigere Summe zu kommen. Kämmerin Brigitte Hankel sagte außerdem, die Stadt Einbeck müsse aufpassen, die Fördermittelgeber für das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz nicht zu verprellen. Man sei nicht frei zu sagen, man wolle den Umbau nun anders als geplant vornehmen, aber trotzdem die Fördermittel wie selbstverständlich einzuplanen. Die SPD machte deutlich, dass sie Steuererhöhung und Neuverschuldung für den Neustädter Kirchplatz ablehnt. Mit neuen Schulden zu versuchen, an die Fördermittel für den Platz-Umbau zu kommen, grenze an eine Verschwendung von Steuergeldern, sagte Hojnatzki. Diesen Vorwurf wies Albert Eggers (CDU) zurück. Dass nach jetzigem Stand auch beim Neustädter Kirchplatz für die Anlieger Straßenausbaubeiträge berechnet werden müssten, bejahte die Rathausspitze.
  • Finanzausschuss-Vorsitzender Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste) brachte für die Finanzplanung der nächsten Jahre für viele überraschend eine Idee ins Spiel, sich die Gewinnrücklagen der städtischen Beteiligungen mal genauer anzusehen. Vielleicht bestehe die Chance, die Beteiligungen etwa an der Einbecker Wohnungsbaugesellschaft (EWG) oder den Stadtwerken dafür zu nutzen, um mehr Finanzmittel für den unterfinanzierten städtischen Haushalt abzuschöpfen. Im Rahmen der Finanzstrategie sich dieses einmal anzuschauen, sei legitim, sagte Kämmerin Brigitte Hankel. SPD-Fraktionschef Rolf Hojatzki war schockiert von dem Ansinnen. Das wäre ein Bruch und eine völlige Abkehr von einem jahrzehntelang geltenden Konsens im Rat. Beispielsweise die Energiepreise oder die Eintrittspreise fürs Schwimmbad zu erhöhen, um den Stadtwerken höhere Abführungen an den Stadthaushalt zu ermöglichen, habe man immer abgelehnt. Angesichts von aktuell rund 17 Millionen Euro Gewinnrücklagen bei den Stadtwerken sei diese Überlegung doch überzogen, widersprach Pfefferkorn. Auch Albert Eggers (CDU) wandte sich dagegen, „ein Phantasie-Szenario an die Wand zu malen“.

Nachtrag 08.11.2018: Den bislang noch schwebenden und nicht entschiedenen Antrag der FDP-Ratsfraktion, für die Umgestaltung der Tiedexer Straße einen weiteren Förderantrag zu stellen, hat der Verwaltungsausschuss gestern mehrheitlich abgelehnt, berichtete Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek heute. Das Rathaus wird demnach jetzt keine weitere Förderung beantragen.

Mut zu Schulden und Steuererhöhung?

Es gibt ja den geflügelten Satz, dass kein Gesetz aus einem Parlament so herauskommt wie es hinein geht. Ohne Veränderungen wird nichts beschlossen. Nun ist der Einbecker Stadtrat kein Parlament und der Haushaltsplan kein Gesetz, aber auf den Etat 2019 der Stadt Einbeck dürfte der Spruch trotzdem anwendbar sein. Es würde jeden Beobachter schon arg verwundern, wenn die Ratsmitglieder alle Vorschläge so mitgehen würden, die ihnen aus dem Rathaus jetzt auf den Tisch gelegt worden sind. Denn die Stadt Einbeck will im kommenden Jahr deutlich mehr Geld ausgeben als sie einnimmt. Für kalkulierte Investitionen in Höhe von rund 6,3 Millionen Euro reichen die Einnahmen nicht aus. Und das, obwohl eine Erhöhung der Grundsteuer B und der Gewerbesteuer bereits einberechnet worden ist. Das geht aus dem 466-seitigen Haushaltsentwurf hervor, den Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek gestern im Stadtrat in die politische Beratung eingebracht hat. Wenn die Politik bei ihrem einhelligen Nein bleibt, die Steuern nicht anheben zu wollen, ist das frische Zahlenwerk ganz schnell Makulatur, es würden mit einem Schlag 750.000 Euro in der Rechnung fehlen. Ihr sei bewusst, dass sie von ihrem Grundsatz, keine neuen Schulden zu machen, jetzt im zweiten Jahr abweiche, sagte die Rathauschefin am Mittwoch im Stadtrat. Michalek geht aber erneut davon aus, dass der Haushalt vom Landkreis Northeim genehmigt würde, denn mittelfristig in den Haushaltsjahren 2021 und 2022 sieht die Bürgermeisterin wieder eine deutliche Entschuldung. Für 2020 ist aktuell eine Neuverschuldung in Höhe von 427.000 Euro eingepreist. Spannend zu beobachten wird sein, ob die Bürgermeisterin beim ersten (politischen) Gegenwind gegen ihre Pläne standhaft bleibt. Auch dann, wenn ihr einige vorwerfen, 2021 und 2022 liege ja jenseits ihrer aktuellen Amtszeit.

Das vom Team um Kämmerin Brigitte Hankel erstellte Zahlenwerk 2019 mit einem Haushaltsvolumen von rund 53 Millionen Euro wird in den nächsten Wochen in den Fachausschüssen besprochen und soll im Dezember vom Stadtrat beschlossen werden. Um wie geplant rund 6,3 Millionen Euro investieren zu können, benötigt die Stadt eine Kreditermächtigung in Höhe von rund vier Millionen Euro, was zu einer Neuverschuldung von etwa 2,7 Millionen Euro führen würde.

Die Bürgermeisterin appellierte an den Stadtrat, den Mut auch zu unbequemen Entscheidungen zu haben. Natürlich seien Steuererhöhungen unbeliebt. Sehr vieles habe sich jedoch auf dem Zettel angesammelt, was umgesetzt werden müsse, listete Michalek eine Vielzahl von kleinen und größeren Maßnahmen auf. Da sind Sanierungen von Abwasserkanälen der Feuerwache und der Stukenbrok-Villa ebenso dabei wie die schrittweise Einführung einer dritten Fachkraft in den Kinderkrippen, eine neue Tourismus-Internetseite oder die barrierefreie Erschließung des Altes Rathauses, der letzte Baubschnitt in der Hullerser Landstraße und die Sanierung des Bürgerhauses Kreiensen.

„Lassen Sie uns beginnen“, sagte Michalek. Aus vielen Gesprächen mit Bürgern wisse sie, dass sich viele in jüngster Zeit über die langen Diskussionen und dann doch wieder verschobenen Entscheidungen ärgerten. „Wir haben einen erheblichen Stau.“ Den will die Bürgermeisterin jetzt auflösen. Mit Geld. Michalek legte dem Stadtrat ans Herz, mit der Umgestaltung des Neustädter Kirchplatzes endlich ebenso zu beginnen wie mit dem Umbau der Tiedexer Straße. „Es ist mir ein wichtiges Anliegen, diesen öffentlichen Raum attraktiv, zeitgemäß und zukunftsfest zu gestalten“, sagte die Verwaltungschefin über die seit Jahren diskutierte Sanierung des Innenstadtplatzes nahe der Brauerei. In Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege soll es hier eine kostenreduzierte Version des vorliegenden Entwurfs geben. Das sei städtebaulich wichtig auf Jahrzehnte hinaus. Für die nächste Sitzung des Bauauschusses am 27. September kündigte Michalek für die Tiedexer Straße einen Satzungsentwurf an, der die Beteiligung der Anlieger bei den bislang stark kritisierten Umbaukosten spürbar reduzieren soll. Die Bürgermeisterin bekräftigte ihre Haltung beim Thema Förderanträge für die Tiedexer Straße: Der von der FDP geforderte neue Förderantrag sei nicht zielführend, aus Hannover habe man eine ganz eindeutige Antwort erhalten, dass Straßenausbau in der Tourismusförderrichtlinie ausgeschlossen sei. FDP-Ratsfrau Dr. Marion Villmar-Doebeling hatte im Stadtrat noch einmal ausführlich erläutert, dass ihre Fraktion aus den Antworten an ihren Parteifreund Christian Grascha MdL etwas anderes herauslese. Über den FDP-Antrag wird jetzt der Verwaltungsausschuss befinden, hat der Stadtrat entschieden.

Als weiteres Großprojekt, über das öffentlich bislang nahezu nichts bekannt ist, kündigte die Bürgermeisterin den Start in eine ebenfalls mit erheblichen Fördermitteln bezuschusste mehrjährige Investition an: ein „Wissensquartier“, die über mehrere Jahre verteilt insgesamt 13 Millionen Euro teure Zusammenfassung von Museum, Archiv, Bibliothek und der Kindertagesstätte Münstermauer auf dem Gelände rund um das Stadtmuseum am Steinweg. Unter anderem für die Unterstützung dieses Projektes hatte die Stadt Einbeck am 23. August Besuch aus Hannover vom Bauministerium, Ziel sind Fördermittel aus dem Investitionspakt Soziale Integration zu erhalten.

Nachtrag 19.09.2018: Wie ich heute erfahre, war das „Wissensquartier“ in der Mai-Kulturausschuss-Sitzung bereits kurz einmal öffentlich Thema, an der ich leider nicht komplett teilnehmen konnte. Allerdings versteckte sich das Thema auch im so genannten Masterplan Museum. In diesem 25-Seiten-Papier wird mit ersten Ideen die „Bündelung kulturaffiner Institutionen“ am Standort Auf dem Steinwege am Museum/Archiv vorgeschlagen – vor allem, um den heutigen Standort von Stadtmuseum/ Archiv wahrnehmbarer zu bekommen, so der Gutachter. Mehr als eine Idee ist das „Wissensquartier“ in dem Masterplan jedoch noch nicht, genauere Pläne (vor allem solche mit Finanzauswirkungen) fehlten dort noch.

Gebühren rauf, Steuern lieber nicht

In seiner nächsten Sitzung (5. September) wird sich der Einbecker Stadtrat vor allem mit Geld beschäftigen. Was in einer Sitzung, in der traditionell der Haushalt des kommenden Jahres von der Bürgermeisterin eingebracht, also vorgestellt wird, nicht gänzlich ungewöhnlich ist. Aber auch fast alle anderen Tagesordnungspunkte der öffentlichen Sitzung (und vermutlich auch einige des nicht-öffentlichen Teils) drehen sich um Finanzen. Angefangen vom Hochwasser-Katastrophenfonds, den AfD-Ratsherr Udo Harenkamp fordert, um die Folgen von Hochwasser für die Bürger abfedern zu können, geht es in der Tagesordnung weiter mit einem FDP-Antrag, der zu Förderanträgen für die Tiedexer Straße auffordert. Dabei wird es spannend zu beobachten sein, wie die offenkundig unterschiedlichen Lesarten oder gar Antworten aus Hannover auf eine Frage des FDP-Landtagsabgeordneten Christian Grascha zu sehen sein werden. Denn während Grascha nach der ihm vorliegenden Antwort Fördermöglichkeiten sieht, hat die Stadt Einbeck in parallelen Fragen in Hannover als Auskunft erhalten, dass es keine Möglichkeiten gibt.

Viel spannender jedoch dürften die Diskussion über Steuererhöhungen und Gebührenerhöhungen sein. Während der zuständige Bauausschuss bereits einstimmig die drastische Erhöhung von Straßenreinigungsgebühren empfohlen hat, vor allem die in der Fußgängerzone, und zwar ohne groß inhaltlich zu debattieren und beispielsweise den Sinn oder Unsinn von fünfmaliger Reinigung zu hinterfragen, weil gesetzliche Vorschriften zur Erhöhung zwingen, hat der Finanzausschuss einstimmig nicht empfohlen, die Steuern zu erhöhen, wie das Kämmerin Brigitte Hankel der Politik dringend angeraten hatte, wolle Einbeck noch seine Aufgaben erfüllen und nach Ende des Zukunftsvertrages nicht wieder dort stehen, wo es vor dem Zukunftsvertrag stand – ohne Geld und weiterhin mit drückenden Schulden. Sie wisse selbst natürlich, dass Steuererhöhungen niemals gut ankommen und politisch schwer zu verkaufen seien. „Ich bin gespannt auf unsere Haushaltsberatungen“, sagte Hankel im jüngsten Finanzausschuss nach der Ablehnung der Erhöhung durch die Politik. Denn das Geld sei nicht einfach dadurch einzusparen, eine Investition zu streichen. Eine nicht erfolgende Erhöhung von Grundsteuer B und Gewerbesteuer habe Auswirkungen auf vieles. Die Grundsteuer B soll nach Vorschlag des Rathauses erstmals seit 2009 um 10 Prozentpunkte erhöht werden, die Gewerbesteuer erstmals seit 1993 (!) um 20 Prozentpunkte. Insgesamt könnte man mit rund 700.000 Euro Mehreinnahmen dadurch rechnen.

Man müsse sich genau anschauen, was eine Steuererhöhung bringe und was sie koste, beispielsweise die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Einbeck, erklärte Dirk Ebrecht (CDU), der dafür plädierte, sich gemeinsam nochmal lieber die Ausgabeseite anzuschauen. Eine Erhöhung zum aktuellen Zeitpunkt sei falsch, sagte Rolf Hojnatzki (SPD), der das Thema als Teil der künftigen Finanzstrategie sieht. Und auch Grüne (Manfred Helmke: „In der Hochkonjunktur die Steuern erhöhen? Nein.“) und GfE (Udo Mattern: „Wir wollen den Druck weiter zu sparen“) lehnten die Steuererhöhung im Finanzausschuss ab.

Es soll nun aber nicht alles teurer werden oder so bleiben wie es ist, der Stadtrat wird sich in nächster Sitzung auch mit einer Preissenkung beschäftigen. Es soll die „Satzung über die Höhe der Ausgleichsbeiträge für nicht herzustellende Kraftfahrzeugeinstellplätze (Ablösesatzung)“ angepasst werden – und zwar nach unten! Wenn für ein Bauvorhaben die notwendigen Pkw-Stellplätze nicht hergestellt werden können, kann man sich als Bauherr freikaufen. 2000 Euro kostet das bislang pro Stellplatz. In Zukunft sollen in der City 1850 Euro fällig werden, 1500 Euro in der restlichen Kernstadt und 1250 Euro auf dem Dorf. Mit deutlichen Mindereinnahmen rechnet das Rathaus nicht und bleibt bei einem Haushaltsansatz von 10.000 Euro. Die Ablösebeträge seien in den vergangenen Jahren äußerst selten vorgekommen.

Nachtrag 06.09.2018: Der Hochwasserschutz-Antrag von AfD-Ratsherr Udo Harenkamp wurde von der Tagesordnung der Sitzung genommen, da der Ratsherr gestern entschuldigt nicht anwesend war und daher keine Erklärung seines Katastrophenfonds-Vorstoßes durch ihn selbst erfolgen konnte. Auch der Versuch einer Erläuterung der Antragsabsicht durch Dr. Reinhard Binder (FDP) konnte eine Absetzung nicht verhindern.

Beschlossen hat der Stadtrat die Erhöhung der Winterdienst- und Straßenreinigungsgebühren in der Höhe wie vorgeschlagen. Auf eine Anregung von Dr. Reinhard Binder (FDP) zu überlegen, ob eine private Reinigungsfirma nicht preisgünstiger als der Bauhof sein könnte, erläuterte Bauhof-Chef Dirk Löwe die der Erhöhung zugrunde liegende Kalkulation und Wirtschaftlichkeitsberechnung. Marcus Seidel (SPD), der Vorsitzende des Bauhof-Ausschusses, fühlte sich durch den Binder-Vorschlag dazu veranlasst zu betonen, dass die Erhöhung gesetzliche Notwendigkeit habe und man die Gebühren nicht gedankenlos erhöhe. Seidel bezweifelte auch, dass eine Privatfirma günstiger wäre, denn diese müsse u.a. einen höheren Mehrwertsteuersatz berechnen und die Reinigungsleistung müsse teuer europaweit ausgeschrieben werden. Es sei eben nicht immer, auch wenn das gerne von vielen behauptet werde, der Bauhof schuld.

Die geplante Erhöhung von Grundsteuer B und Gewerbesteuer wurde einstimmig vertagt. Darüber dürfe man nicht losgelöst diskutieren, sondern müsse sorgsam und zurückhaltend vorgehen, habe doch eine Erhöhung eine Wirkung nach außen, sagte Rolf Hojnatzki (SPD) – und fand dafür lobende Worte von Dirk Ebrecht (CDU). Man werde darüber in den Haushaltsberatungen diskutieren.

Bei drei Gegenstimmen und zwei Enthaltungen beschlossen wurde die neue Ablösesatzung für Kfz-Stellplätze. Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) gab zu Protokoll, sie könne die Senkung nicht mittragen, wenn gleichzeitig die Grundsteuer erhöht werden solle. Das habe nichts miteinander zu tun, sagte Rolf Hojnatzki (SPD), man sei hier gesetzlich gezwungen, anzupassen. Dr. Reinhard Binder (FDP) schlug vor, das Thema auch zu vertagen wie die Steuererhöhung, was sich nicht durchsetzte.

Diskussionen an der Pinwand

Dr. Reinhard Binder (FDP), Arnd Severidt (Fachbereichsleiter), Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU), Dr. Marion Villmar-Doebeling (FDP), Frithjof Look (Fachbereichsleiter bis 1. August), Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, Strategie-Berater Ralf Günther (Berlin), Joachim Dörge (CDU), Albert Thormann (GfE), Ulrich Vollmer (CDU), Kämmerin Brigitte Hankel, Dr. Florian Schröder (Fachbereichsleiter), Thomas Eggers (Sachgebietsleiter).

Viele Anregungen, ein größeres Bürger-Interesse als erwartet und auch mal intensive Diskussionen an den Pinnwänden: Das ist im Rathaus die Bilanz des dreiteiligen Dialogs mit der Öffentlichkeit über den Entwurf der Einbeck-Strategie. „Die Grundrichtung stimmt, wir marschieren in die richtige Richtung“, sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek nach der Bürgerbeteiligung zufrieden. Der diskutierte Strategie-Entwurf enthalte die richtigen Handlungsfelder und Oberziele, das habe man signalisiert bekommen. Anregungen seien nur zu Inhalten gekommen. Es habe keine Kritik am System gegeben, sagte Kämmerin Brigitte Hankel. Vielmehr habe sie gehört, dass Bürger es gut finden, dass die Stadt Einbeck eine solche Strategie entwickle, sagte die Bürgermeisterin. Viele Wünsche und Kritikpunkte haben die Rathausmitarbeiter und Ratsmitglieder an den aufgestellten Pinnwänden notiert, 138 Punkte sind allein am Sonnabend Vormittag in der Sparkassen-Passage zu Protokoll gegeben worden. Die wenigsten übrigens zum Handlungsfeld Finanzen, dem bislang politisch umstrittendsten. Die meisten zur Stadtentwicklung und zu Kultur, Freizeit und Tourismus. Beim Austausch über die Stärken-Schwächen-Analysen sei es durchaus auch mal kontrovers an der Pinnwand zugegangen, berichtete die Bürgermeisterin: Als einige Bürger ein fehlendes Wir-Gefühl in Einbeck monieren wollten, entgegneten andere Bürger sofort, dass man als Bürger fürs Wir-Gefühl ja selber zuständig sei.

Als wertvoll und qualifiziert hat Kämmerin Brigitte Hankel die separate zweistündige Diskussion mit so genannten Stakeholdern, also Entscheidungsträgern, empfunden. Die etwa 15 Vertreter aus der Wirtschaft hätten Ansichten beigesteuert, die Verwaltung und Politik so bisher noch nicht berücksichtigt hatten, berichtete Hankel. Dafür sei ja die öffentliche Beteiligung auch vorgesehen, für den Blick von außen. Bei der Verwaltungsmodernisierung beispielsweise solle man noch deutlicher machen, dass diese kein Selbstzweck sei, sondern dass mit ihr Bürgerfreundlichkeit erreicht werden solle, hat Hankel notiert. Alle Anregungen werden jetzt in den Strategie-Entwurf eingearbeitet, der am 5. September im Stadtrat verabschiedet werden soll. Möglicherweise werden im Entwurf auch die bislang vor allem von der SPD als Privatisierungsstrategie kritisierten Aussagen vom Schuldenabbau bei städtischen Beteiligungen wie Stadtwerken, Stadtentwässerung oder Einbecker Wohnungsbaugesellschaft in Zukunft deutlicher dargestellt, dass Privatierung damit nicht gemeint sei – auch das ein Ergebnis des Stakeholder-Dialogs.

Beim Ortsrats-Dialog waren mehr Ortschaftsvertreter dabei als sich ursprünglich angemeldet hatten, etwa 20. Leider habe die Kritik am Strategie-Prozess viel Zeit eingenommen, bedauerten Bürgermeisterin und Kämmerin. Deutlich sei aber der Wunsch geworden, dass die Dörfer nicht aus dem Blick verloren werden dürften, Einbeck müsse sich immer als eine Einheit mit 47 Ortschaften inklusive Kernstadt begreifen. Während beim Dialog mit Ortsratsvertretern auch einige der SPD dabei waren, nahmen SPD-Ratsmitglieder am Bürger-Dialog in der Sparkassen-Passage nicht teil. Begleitet hat die Bürgerdialog-Veranstaltungen der von der Stadt beauftragte Berater Ralf Günther (Berlin). Noch einmal von der Stadt Wuppertal „ausgeliehen“ hatte sich die Stadt Einbeck den bereits dorthin gewechselten bisherigen Fachbereichsleiter für Bauen und Stadtentwicklung, Frithjof Look, der damit ein wichtiges Thema der letzten Monate seiner Amtszeit noch abschließen konnte.

Bürgermeisterin-Stellvertreter Dr. Florian Schröder twitterte fleißig von den Bürgerbeteiligung-Veranstaltungen:

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Dicke Luft im Finanzausschuss

Das reinigende Gewitter mit Donner, Blitz und Regen fand vor dem Rathaus statt. Es sorgte für frische Luft. Im Rathaus gab es auch ein Donnerwetter, doch die Luft blieb stickig. Ob diese Sonderstunde im Finanzausschuss, von der SPD beantragt, einen großen Erkenntnisgewinn gebracht hat? „Gut, dass wir uns mal ausgesprochen haben“, sagte fast am Ende Ulrich Vollmer (CDU). Das klang ein wenig, als wäre im Strategie-Streit eine Therapiestunde im Rathaus angesetzt gewesen. Im Finanzausschuss trafen Befürworter und Gegner der erarbeiteten Gesamtstrategie aufeinander. Und warfen sich dabei allerlei an den Kopf. Zeitweise hatte auch der meist souveräne Ausschussvorsitzende Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste) die Sitzungsleitung nicht mehr so straff in der Hand wie sonst, fiel SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki doch Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek mehrfach ins Wort, bevor Pfefferkorn die Zügel wieder straffer zog. Das kann man eine engagierte Diskussion nennen. Oder einfach unverschämt. Denn Hojnatzki meinte es nicht nur besser zu wissen und das allen sagen zu müssen, er reizte vor allem Kämmerin Brigitte Hankel dermaßen, dass diese auch fast die Beherrschung zu verlieren schien. „Sie haben sich in Dinge festgebissen“, entgegnete die Bürgermeisterin Hojnatzki. Und das offenbar vor allem aus Unkenntnis, weil die SPD ja beim Entstehungsprozess der Gesamtstrategie gar nicht mehr dabei gewesen sei.

Das Ergebnis der Sondersitzung des Finanzausschusses ist nicht allein dürftig. Es ist vor allem widersprüchlich. Denn der Ausschuss einigte sich mehrheitlich darauf, die Vorschläge der SPD zu einer finanzpolitischen Gesamtstrategie noch einmal in der nächsten Finanzausschuss-Sitzung am 27. August zu behandeln (obwohl bis dahin nur rudimentär neue Erkenntnisse dazu vorliegen werden und das auch allen klar sein müsste). Das Ansinnen der SPD, einen Nachtragshaushalt aufzustellen und eine Zwischenbilanz zu erstellen, lehnte der Ausschuss ab, merkwürdigerweise mit einer vergleichbaren Begründung: weil bis dahin keine neuen Zahlen-Erkenntnisse, die für eine Beurteilung notwendig wären, vorliegen werden.

Man habe ja diesen frühen Termin und eine Sondersitzung beantragt, um bei dem Verfahren überhaupt erstmals eine Öffentlichkeit nach der Abgeschlossenheit der Arbeitsgruppe herzustellen, erklärte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki. Abgesehen davon, dass die Besucherzahl überschaubar war und das Thema ohnehin keines ist, das Massen bewegt, war ja bei dem Thema Strategie bereits am 20. Juni Öffentlichkeit hergestellt worden: Als der Stadtrat die Ergebnisse vorgestellt bekam und darüber hätte diskutieren können, bevor er sie im September beschließt. Damals hatte die SPD-Fraktion jedoch den Saal verlassen und wollte nicht mitdiskutieren, sondern schmollen. Jetzt dann wie gestern geschehen von Rolf Hojnatzki mit Kreide in der Stimme zu erklären, man wolle und brauche ja eine gemeinsame Strategie und nach dem Schlagabtausch wolle man zum Konstruktiven zurückkehren, klang angesichts der kurz zuvor und wenig später offenbar werdenden Dissonanzen reichlich merkwürdig. Denn Rolf Hojnatzi und Marcus Seidel hatten für die SPD (erneut) von einem Strategieprozess gesprochen, den man übergestülpt bekommen habe, der eine nur lachhafte Bürgerbeteiligung vorsehe und der hinter verschlossenen Türen inkompetent und undemokratisch und nicht im Sinne der Bürger zustande gekommen sei. Diese Wortwahl erzürnte nicht nur Beatrix Tappe-Rostalski (CDU): „Wie sie unsere Arbeit hier hinstellen ist eine Frechheit, das verbitte ich mir.“ Gerne hätte man ja von der Kompetenz der SPD in der Arbeitsgruppe profitiert. Auch Dr. Reinhard Binder (FDP) fand deutliche Worte in Richtung SPD: „Sie haben nicht verstanden, worum es geht, stellen falsche Behauptungen auf, haben sich entzogen und wollen uns jetzt sagen, was richtig ist.“

Am Ende der Sitzung wurde die Luft immer dicker, so oberschlau gerierten sich die Spitzengenossen in Finanzausschuss: SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki wollte ein Nein von Kämmerin Brigitte Hankel nicht akzeptieren und bot sich an, er könne ihr sagen und zeigen, wie in der Finanzsoftware die gewünschten Zahlen zu ermitteln seien. 25 Jahre beschäftige er sich mit öffentlichen Finanzen. Hankel hatte – wie schon in der Verwaltungsvorlage – darauf hingewiesen, dass der SPD-Antrag, eine Zwischenbilanz aller Projekte von 2016 bis 2018 über 100.000 Euro aufzustellen, ein sehr hoher Verwaltungsaufwand sei und keinesfalls in der mitten in den Vorbereitungen für den 2019-er Haushalt steckenden Kämmerei so nebenbei bis 27. August erledigt werden könne. „Das muss machbar sein“, legte Marcus Seidel (SPD) nach und erhöhte den Druck noch einmal. Sie habe seit Antragsstellung bereits einen Vorlauf gehabt, oder wisse die Kämmerei etwa nicht, wo die Projekte finanziell stehen. Pfefferkorn versuchte, noch eine Brücke zu bauen: Die Zahlen lägen ja sicher zu den 2019-er Haushaltsberatungen dann vor, was ja genüge. Aber da reichte es der Kämmerin: Die SPD wolle doch belastbare Zahlen, jetzt mal in zwei Wochen schnell schnell irgendwelche Zahlen zusammenzustellen wäre unseriös, sagte Hankel. „Und so arbeite ich nicht.“

Aufruf, sich am Dialog zu beteiligen

Laden zum Dialog am 17./18. August auf verschiedenen Wegen ein: Kämmerin Brigitte Hankel, Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek und ihr Stellvertreter Dr. Florian Schröder.

Mit einem energischen Aufruf an Politik und Öffentlichkeit, sich am Dialog über den erarbeiteten Entwurf der Strategischen Gesamtsteuerung der Stadt Einbeck zu beteiligen, hat sich heute die Rathausspitze mit Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, ihrem Stellvertreter Dr. Florian Schröder und Kämmerin Brigitte Hankel in einem Pressgespräch an die Öffentlichkeit gewandt. Möglichst viele sollten an dem als echten Dialog ausgelegten Austausch teilnehmen, wünschten sie sich. Die Beteiligungsform habe man bewusst so gewählt, wie die Stadt das auch schon einmal beim Mobilitätskonzept erfolgreich praktiziert habe, sagte Michalek. Als das Thema Gesamtsteuerung und Zukunftsstrategie Ende 2017 aufs politische Tapet gebracht wurde, seien sich auch alle Fraktionschefs einig gewesen, dass es eine Strategie für Einbecks Zukunft geben solle, sagte Kämmerin Brigitte Hankel. Seit der Doppik-Einführung sei klar, dass sich die Steuerung ändern werde. Gefragt sei ein langfristiges Denken über Wahlperioden hinaus, die Umstellung setze sich ohnehin erst nach und nach durch. Aber man müsse irgendwann einmal anfangen, sagte Hankel. Im Übrigen sei die Stategie, wenn sie dann im September vom Stadtrat verabschiedet worden sei, „nicht in Stein gemeißelt“, sagte die Bürgermeisterin. Regelmäßige Updates und ein Nachsteuern sei obligatorisch. Der Rat gebe auch nichts ab, er gewinne jedoch viel.

Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek wehrte sich dagegen, immer nur in Risiken zu denken und nicht die Chancen zu sehen. Einbeck dürfe nicht immer nur darüber diskutieren, was gerade nicht funktioniere, sondern sollte lieber öfter darüber sprechen, was alles funktioniere. Das sei nämlich eine ganze Menge. Und die SPD solle doch bitte ihren eigenen Anteil an der Bewältigung der Probleme nicht kleinreden. Die Bürgermeisterin machte jedoch auch deutlich: „Wir werden uns das nicht kaputtreden lassen.“ Was die SPD mache, den Strategie-Entwurf abzuqualifizieren als inhaltsleer und undemokratisch, sei anmaßend. „Diese Blockadehaltung fördert die Politikverdrossenheit in Einbeck“, sagte Michalek. Die Blockade schade allen 33.000 Einwohnern und Einbeck. Sie sei es ja inzwischen gewohnt, dass gerade die SPD kein Vertrauen habe, der Verwaltung Eigeninteresse unterstelle und immer meine, über den Tisch gezogen zu werden. Das Vorgehen bei der Strategie-Diskussion sei nicht undemokratisch, eher gebe es ein falsches demokratisches Verständnis bei einigen, sagte Dr. Florian Schröder. Die SPD-Anträge zum Sonder-Finanzausschuss atmeten eher eine Denkweise aus den 1980-er Jahren.

Die so genannte Zukunftswerkstatt zum Strategie-Entwurf setzt sich aus drei Teilen zusammen, bei jedem seien die Veranstaltungen keine reinen Informationen, sondern auf Dialog ausgelegte Treffen, betonte die Rathausspitze. Am 17. August treffen sich zum einen die so genannten „Stakeholder„, wichtige Entscheidungsträger in Einbeck, um ihre Ideen und Wünsche auszutauschen und einzubringen. Außerdem lädt die Stadtverwaltung am 17. August die Ortsräte zu einem Dialog-Treffen ein. Sie habe sich gewundert, wie mit dem Offenen E-Mailbrief von Salzderheldens Ortsbürgermeister Dirk Heitmüller und den auf diesen folgenden Antworten der Verteiler der Stadt dazu genutzt und damit begonnen worden sei, Fronten aufzubauen, sagte die Bürgermeisterin. Das sei bedauerlich, denn das gewählte Format lebe vom Dialog, sei gerade nicht ausschließliche Information und sei bewusst Ortsrat übergreifend ausgelegt, damit sich Einbeck als Gesamtstadt begreife. Nicht jeder Ortsrat solle für sich diskutieren über die Strategie, sondern aus allen Ortschaften sollten die besten Ideen gebündelt gemeinsam diskutiert werden. Bei jedem Rotes-Band-Durchschneiden gelinge es doch den Ortsbürgermeistern auch immer, den eigenen Ort bei Veranstaltungen zu vertreten, sagte Michalek. Und bei dem Dialog-Café solle eben auch jeder Ort vertreten sein.

Letztlich kann jeder Einbecker und auch jeder andere, dem Einbeck am Herzen liegt, am 18. August von 10 bis 13 Uhr in der Sparkassenpassage seine Meinung zu dem Thema sagen. An verschiedenen Stellwänden werden Informationen über die Handlungsfelder, die Prioritätenliste sowie die Analysen zu sehen sein; bei jeder Infowand stehen zwei Ansprechpartner, einer aus der Politik, einer aus der Verwaltung – um Auskunft geben zu können und um Anregungen aufzunehmen. Wer an dem Sonnabend Vormittag keine Zeit hat, aber dennoch seine Gedanken beisteuern möchte, oder auch wem später noch etwas einfällt, kann das per E-Mail schriftlich tun: Bis 20. August sollten Ideen, Kritik und Anregungen dann im Rathaus eintreffen (unter stadtverwaltung@einbeck.de), damit anschließend über alles noch einmal vor der September-Ratssitzung die Arbeitsgruppe diskutieren kann.

Außer Spesen nichts gewesen

Diese Sondersitzung des Finanzausschusses heute war unnötig. An der Prioritätenliste für Investitionen, wegen der es überhaupt zu der weiteren Zusammenkunft kam, hat der Ausschuss nur in Nuancen etwas verändert. Diese Kosmetik wäre auch locker schon beim regulären Treffen möglich gewesen. Und den auf die Tagesordnung der Sondersitzung nachgeschobenen Jahresabschluss 2016, den das Gremium heute zur Beschlussfassung einstimmig dem Stadtrat empfohlen hat, hätte man auch zu einem späteren Zeitpunkt während der nächsten regulären Sitzung verabschieden können. Man ist ohnehin spät dran damit, da kommt’s dann auch nicht mehr drauf an. Außer Spesen nichts gewesen also heute, wobei: Was kostet eigentlich eine Ausschusssitzung? Ich meine dabei nicht ausschließlich die Sitzungsgelder. Welchen Aufwand könnte man eigentlich in Rechnung stellen dafür, dass wie heute sechs (!) Verwaltungsmitarbeiter mehr als eine zusätzliche Arbeitsstunde geleistet haben? Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Wenn es notwendig ist, muss Politik selbstverständlich ohne falsch verstandene Rücksichtnahmen auf solche Dinge zusätzliche Sitzungen vereinbaren können. Wenn es notwendig ist. Und etwas dabei heraus kommt. Dann ist das gut angelegtes Geld. Das war hier heute aber nicht der Fall, vordergründig jedenfalls. Denn mehr als dass sich bei den Ratsmitgliedern allmählich die Erkenntnis durchzusetzen scheint, die schon häufig gescholtene Prioritätenliste lediglich als eine von Kämmerin Brigitte Hankel und ihrem Team gewünschte Planungshilfe der Verwaltung zu sehen (und nicht als Angriff auf die politische Entscheidungshoheit), habe ich als Ergebnis nicht erkennen können.

Doch halt: Manchmal gelingt ja nur die allmähliche Verfertigung der Gedanken beim Reden, wie es Heinrich von Kleist mal formuliert hat. Anders gesagt: Gut, dass wir mal darüber gesprochen haben. Denn der Finanzausschuss-Vorsitzende Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste) brachte eine Erkenntnis auf den Punkt, die einem nach den jüngsten Debatten über Neustädter Kirchplatz, Tiedexer Straße, ZOB, Altes Rathaus, Hullerser Landstraße oder Marktstraße allmählich kommen muss: „Die Projekte laufen uns alle kostenmäßig aus dem Ruder“, sagte Pfefferkorn und fragte, ohne Antwort zu bekommen: „Wo stehen wir überhaupt, haben wir noch finanzielle Spielräume? Wir stochern im Trüben, der rote Faden fehlt.“ Ein Kassensturz wäre schön. Den gibt’s zum Haushalt 2019. Und die Politik muss sich spätestens dann Gedanken machen, was in welcher Reihenfolge umgesetzt werden soll und kann. Wie die Hullerser Landstraße in mehreren Bauabschnitten nach und nach realisiert wird, könnte das doch auch beim Neustädter Kirchplatz, beim Alten Rathaus, beim ZOB, beim… Schritt für Schritt möglich sein. Oder?

Zurzeit bekomme ich jedenfalls immer stärker das Gefühl, dass es in Einbeck so ist wie bei einem kleinen Kind in seinem Zimmer, das alles Spielzeug gleichzeitig auf einmal aus dem Schrank räumt, mal kurz mit der Puppe, mal kurz mit dem Kaufmannsladen spielt, nichts jedoch mit Durchhaltevermögen und Konzentration tut und auch mal etwas bis zum Ende bringt. Ganz neu freilich ist diese Erkenntnis nicht: Einbeck hat ein Umsetzungsproblem. Oft schon habe ich das kritisiert hier. Unternehmen in der freien Wirtschaft, die so agieren würden, nur planen, aber nichts zum Abschluss bringen, wären wahrscheinlich schon pleite. Wenn nur das alles der Zugewinn des heutigen Treffens ist, dann war die Sitzung doch jeden Cent wert.

Abschied von der Tiedexer Straße

Anlieger der Tiedexer Straße protestierten beim Finanzausschuss, unter anderem mit einem Bertolt-Brecht-Zitat.

Die Politik ist den nächsten Schritt gegangen, sich nach und nach und möglichst gesichtswahrend vom geplanten Ausbau der Tiedexer Straße zu verabschieden. Der Finanzausschuss hat einstimmig beschlossen, die bestehende Haushaltssperre für weitere Planungsmittel für die Tiedexer Straße nur in soweit aufzuheben, dass die noch offenen Schlussrechnungen der bereits fertiggestellten Entwurfsplanung bezahlt werden können. Eine hohe sechsstellige Summe, die für eine Weiterplanung gedacht war, bleibt von der Haushaltssperre weiterhin belegt, Geld für weitere Planung ist also zunächst nicht da. Nach ausführlicher Debatte im Ausschuss haben die Grünen ihren Antrag zurück gezogen, einen wiederkehrenden Straßenausbaubeitrag einführen zu wollen. Angesichts der rechtlichen Bedenken und des finanziellen Aufwandes sei man überzeugt worden, dass dieses Vorhaben derzeit zu früh sei, sagte Fraktionsvorsitzender Dietmar Bartels nach einer zehnminütigen Sitzungsunterbrechung. Nach Vorstellung der Grünen wären wie bei einer Versicherung in unterschiedlichen Bezirken regelmäßige Umlagen erhoben worden, um kostspielige Schäden abwenden zu können. Erwartet wird nun, dass die SPD ihren schon mehrfach gemachten Vorschlag, eine vierte Kategorie in der Straßenausbau-Beitragssatzung für touristisch relevante Altstadtstraßen einzuführen, in einen Antrag verwandelt.

Anlieger der Tiedexer Straße nutzten die Finanzausschuss-Sitzung, um noch einmal auf die ihrer Ansicht nach deutlich zu hohen Anliegerbeiträge für einen Ausbau der Fachwerkstraße aufmerksam zu machen. Zunächst sachlich, mit fortschreitender Zeit immer emotionaler und applausheischend wie in einer Theatervorstellung. Nach knapp 45 Minuten Einwohnerfragestunde gab Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek zu Protokoll: „Ich glaube die Stimmung kippt.“ Ein paar Minuten lang wurde es dann auch wieder nüchterner, bis der Finanzausschuss-Vorsitzende Frank-Dieter Pfefferkorn die Fragestunde beendete und zur Tagesordnung leitete. Es schien auch alles gesagt. Wenn auch vielleicht noch nicht von jedem.

In der Debatte des Finanzausschusses über die Grünen-Pläne, einen regelmäßigen Straßenausbaubeitrag einzuführen und dafür verschiedene Abrechnungsgebiete einzuführen, wurde mit fortschreitender Zeit immer deutlicher, wie komplex und unsicher ein solches Unterfangen wäre. Für sie als Kämmerin hätten wiederkehrende, als feste Größe kalkulierbare Beträge natürlich zunächst einmal Charme, sagte Brigitte Hankel. Um diese Beiträge jedoch zu erhalten, wären Vorbereitungen notwendig, die kostspielig und zeitaufwändig und zudem noch rechtlich unsicher wären. Hankel stimmte Aussagen von Marcus Seidel (SPD) zu, dass ein System, das funktioniert, ersetzt würde durch eines, was nicht funktioniere. Und auch das neue System hätte Gewinner und Verlierer und nur eine gefühlte Gerechtigkeit, meinte Hankel. Schließlich würde es für beispielsweise die Kernstadt und Hullersen oder Hallensen gebietsbezogen unterschiedliche Beiträge geben.

Zunächst war die SPD nach Seidels Worten ebenso wie auch die CDU nach Worten von Albert Eggers bereit, den Grünen-Vorschlag mitzutragen, weil durch ihn Informationen zusammengetragen würden. Mit Verlauf der Diskussion wurde aber immer deutlicher, dass man letztlich bei einem unerprobten System von Abrechnungsgebieten „ein bisschen im Dunkeln tappen“ würde in einem rechtsfreien Raum als Pilotkommune, wie Eggers es ausdrückte. Denn ein solches neues System gibt es bislang in keiner anderen Kommune. „Wir müssen ja nicht unbedingt hierbei die Ersten sein“, meinte Ulrich Vollmer (CDU), der lieber von anderen Städten lernen möchte. Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste/GfE) brachte es auf den Punkt: „Ich bin nicht bereit, auch nur einen Euro für etwas auszugeben, was ich nicht gebrauchen kann.“ Denn unerlässliche Eckdaten, welche Straßen im gesamten Stadtgebiet denn wann wie erneuert werden müssten und was das dann kosten würde, seien noch gar nicht bekannt, seien aber für eine belastbare Berechnung von wiederkehrenden Beiträgen unerlässlich zu ermitteln.

Eine ganz eigene Bewertung der jüngsten, zugegeben emotionsgeladenen Debatten über die Tiedexer Straße hat die Rathausspitze mit dem aktuellen von Justiziar Dr. Florian Schröder verantworteten E-Paper Nummer 9 von „Rathaus intern“ vorgelegt. Ist’s Satire? Oder wenigstens ironisch gemeint? Das bleibt zu hoffen. Beim Trump-Vergleich ebenso wie bei der Aussage am Ende des E-Papers, bei einer nach Meinung des Betroffenen nicht so treffenden Berichterstattung über einen Vortrag diese Berichterstatter-Funktion dann im Rathaus künftig gleich besser selbst übernehmen zu wollen.

Das Prioritäten-Déjà-vu

Wie entsteht ein kommunaler Haushalt? Keine Angst, hier kommt jetzt nicht zu viel Theorie. Nur ein bisschen: Damit der Stadtrat am Ende über den von der Verwaltung aufgestellten Etat für ein Haushaltsjahr beraten und beschließen kann, müssen viele Zahlen zusammen getragen werden, unter anderem die von Investitionen. Es gibt immer mehr Wünsche als Geld. Immer. Deshalb muss die Politik am Ende entscheiden, welche Projekte sie in einem Haushaltsjahr bezahlen kann und will – und welche nicht. Immer. Die Verwaltung jedoch muss vor dem Beschluss viel rechnen und möchte gerne rechtzeitig wissen, bei welchen Projekten sich intensives Rechnen lohnt, weil das Projekt Aussicht hat, im Haushalt zu bleiben und in absehbarer Zeit realisiert zu werden. Weil es dringlich ist, weil es notwendig ist, weil es finanzierbar ist. Unnützes Rechnen kostet nicht nur Zeit, sondern bindet in der Stadtverwaltung auch Personal, das in dieser Arbeitszeit auch das ausrechnen kann, das nicht für den Papierkorb ist.

Aus diesen Gründen führt das Rathaus eine Prioritätenliste. Im Finanzausschuss stand diese am Dienstag auf der Tagesordnung, damit der Haushalt 2019 rechtzeitig von Kämmerin Brigitte Hankel und ihrem Team ausgerechnet werden kann. Der Ausschuss erkannte nahezu unisono die Prioritätenliste aber nicht als Planungsinstrument, sondern empfand sie fast als Angriff auf ihre politische Entscheidungshoheit. Und das nicht zum ersten Mal. „Ich habe ein Déjà-vu“, sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek. Dieses Gefühl, eine Situation so schon einmal erlebt zu haben, hatte sie nicht exklusiv. Die Diskussion über die Liste habe man doch vergangenes Jahr schon einmal geführt, wunderte sich die Rathauschefin. Einzig der Finanzausschuss-Vorsitzende Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste/GfE), von Beruf Steuerberater, identifizierte die Prioritätenliste als „zusätzliche Information“, die nichts politisch festschreibe, sondern eine reine Beratungsvorlage sei. Ein „strategisches Instrument zur Haushaltsplanung“, wie es Kämmerin Brigitte Hankel formulierte. Die Ausschussmehrheit aber brauchte mehr Beratungszeit und hatte die Unterlagen vor der Sitzung offenkundig nicht gelesen und sich nicht ausreichend vorbereitet. Und vertagte den Beschluss der Liste kurzerhand auf eine Extra-Sitzung des Finanzausschusses am 5. Juni um 17 Uhr im Neuen Rathaus, rechtzeitig vor dem beschließenden Stadtrat, damit vor dem Sommer die Haushaltsplanung beginnen kann, die Kämmerei möglichst effizient nur für diejenigen Dinge rechnen muss, die auch politisch gewünscht sind, und schließlich die Bürgermeisterin im Herbst den Haushalt 2019 einbringen kann in die politische Beratung.

Für die Öffentlichkeit waren in der Tat einige Projekte in der Prioritätenliste neu (beispielsweise ein Wissensquartier aus Museum, Archiv, Kindergarten und Bibliothek). Dass sich jedoch Ausschussmitglieder ahnungslos gaben, wie hier insbesondere Ulrich Vollmer und Albert Eggers (beide CDU), obwohl erste Infos zu dem Projekt laut Bürgermeisterin den Fraktionsspitzen vorliegen, kann dann nur damit erklärt werden, dass offenbar die interne Kommunikation in manchen Fraktionen verbessert werden muss. Inhaltlich beschäftigt hat sich der Ausschuss mit der Projekte-Reihenfolge in der Liste am Dienstag noch nicht, sondern hat eher (wieder) die Systemfrage gestellt. Marcus Seidel (SPD), der noch nie ein Freund der zugegeben kompliziert erscheinenden Prioritätenmatrix war, reklamierte mehr Diskussionsbedarf. Und wünschte sich eine andere Reihenfolge der priorisierten Projekte. Und finanzielle Dimensionen bei den einzelnen Projekten angegeben, über die sage die Liste nämlich nichts aus. Die Kämmerin warb noch einmal dafür, es anders herum zu verstehen, mit der Liste Prioritäten zu setzen, nach denen die Verwaltung dann konkreter anfange zu rechnen. Ob sie überzeugend genug war, kann jeder im nächsten Finanzausschuss erleben. Ich freilich schließe ein erneutes Déjà-vu nicht aus.

Kindergarten im Eilverfahren

Der Fachausschuss für Jugend, Familie und Soziales kann sich kurz fassen, wenn er am nächsten Mittwoch den Tagesordnungspunkt 7 aufruft (7.3., 17 Uhr, Haus der Jugend). Denn zu entscheiden hat er über den notwendig gewordenen Kindergartenneubau in Vogelbeck, der zu einem Nachtragshaushalt 2017 geführt und für hohe politische Wellen gesorgt hatte, imgrunde nur noch pro forma. Der Finanzrahmen für das 1,5 Millionen-Euro-Projekt ist gesteckt, und damit auch die Art der Ausführung des Neubaus. Die Beratungsfolge ist ungewöhnlich. Aber es muss schnell gehen. Die Bauarbeiten sollen bald ausgeschrieben werden. Der Finanzausschuss hat sich (ebenso wie der Verwaltungsausschuss) bereits dazu entschlossen, den bislang vorgesehenen städtischen Eigenanteil bei der Sanierung des Alten Rathauses (146.700 Euro) zunächst beim Kindergarten-Neubau in Vogelbeck einzusetzen. Weil der Kindergarten 300.000 Euro teurer wird als ursprünglich mit 1,2 Millionen Euro kalkuliert. Und weil das Förderprogramm für das Alte Rathaus  höchstwahrscheinlich 2018 ohnehin nicht zum Tragen komme dürfte. Rund 180.000 Euro der Mehrkosten werden übrigens vom Land kommen, weil die aktualisierte Planung nicht mehr nur einen Kindergarten, sondern auch eine Krippe vorsieht.

Kämmerin Brigitte Hankel nannte das Vorgehen eine Art Zwischenfinanzierung. Wobei sie im Finanzausschuss sagte, dass damit das Rathaus-Sanierungsprojekt nicht gefährdet werde, da sie für 2017 mit einem guten Jahresergebnis und Steuermehreinnahmen rechne, durch die die „Zwischenfinanzierung“ wahrscheinlich gar nicht zum Zuge kommen werde. Richtig glücklich waren die Politiker im Finanzausschuss nicht. Bei mehr Transparenz der Verwaltung hätte man beim Nachtragshaushalt bereits eine andere Summe einsetzen können, wenn das Geld ohnehin aus Steuermehreinnahmen kommen werde, sagte Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste/GfE). „Im Ergebnis nicht glücklich“ war auch Albert Eggers (CDU), es sei nicht gut, dass man hier so nachbessern müsse. Kritik an der Kostensteigerung kam von Udo Harenkamp (AfD), man solle doch im ursprünglichen Budget bleiben. Angesichts aller Umstände und der aktualisierten, erweiterten Planung seien die jetzt ermittelten 1,5 Millionen Euro für den Kindergartenneubau „eigentlich eine Punktlandung“, bat Bauamtsleiter Frithjof Look um Verständnis. Keine Kritik kam von der SPD: Vogelbeck bekomme mit dem Neubau eine vollwertige, zeitgemäße Kindertagesstätte, die durch einen auch für die Dorfgemeinschaft nutzbaren Raum gleichsam eine Chance für die Ortschaft sei, sagte Rolf Hojnatzki (SPD). Abschließend entscheidet der Stadtrat am 14. März über das Projekt. Danach soll’s dann schnell losgehen.

Nachtrag 08.03.2018: Die Planungen für den Kindergarten hat Jan Albrecht vom Architektenbüro Albrecht + Weisser (Northeim) im Jugendausschuss vorgestellt; die Pläne sind hier auch online zu finden. Im Sommer 2019 soll das Gebäude für Krippe und Kindergarten stehen und bezogen sein. Der Ausschuss für Jugend, Familie und Soziales hat dem Vorgehen inklusive Dorfgemeinschaftsnutzung erwartungsgemäß ohne große Diskussion einstimmig zugestimmt.

Nachtrag 15.03.2018: Der Stadtrat hat gestern Abend bei seiner Sitzung den Planungen einstimmig bei fünf Enthaltungen zugestimmt und damit den Bau endgültig auf den Weg gebracht.

Nein und Ja zum Haushalt

Es kam jetzt nicht überraschend und hatte sich nach den beiden Sitzungen des Finanzausschusses sowie nach folgenden Äußerungen bereits abgezeichnet. Die SPD-Spitze, das wurde im Stadtrat in dieser Woche überdeutlich, meint besser rechnen zu können als die Kämmerei im Rathaus. Und manchmal, und in letzter Zeit immer häufiger, wird man als Beobachter das Gefühl nicht los, dass es in der Debatte zu häufig um verbale Knietritte gegen die Rathausspitze geht. Wobei auch das so neu nicht und vielleicht eine Art Rückspiel ist, gab es doch in Einbeck Jahre, in denen eine Jamaika-Koalition von CDU, FDP und Grünen keine Gelegenheit ausgelassen hat, dem damaligen SPD-Bürgermeister Ulrich Minkner wortreich gegen das Schienbein zu treten.

Gegen die Stimmen der SPD-Fraktion, aber mit breiter Mehrheit der übrigen Fraktionen hat der Stadtrat in Einbeck dem Haushalt 2018 zugestimmt. Die Sozialdemokraten haben ihr Nein damit begründet, dass sie der dort einkalkulierten Neuverschuldung nicht zustimmen wollten. Einbeck verliere mit einer Neuverschuldung in den Jahren 2018 und 2019 und einem unterlassenen Schuldenabbau von insgesamt rund 1,4 Millionen Euro das Ziel der Haushaltskonsolidierung völlig aus den Augen, kritisierte SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Hojnatzki. „Stattdessen setzen Verwaltung und Haushaltsmehrheit auf das Prinzip Hoffnung.“ Vorschläge, wie es anders gehe, habe die SPD gemacht, auch Einsparvorschläge. Die mittelfristige Finanzplanung täusche vor, die 1,4 Millionen Euro in den Jahren 2020 und 2021 wieder einzusparen. Hojnatzki: „Das ist keine solide Haushaltspolitik.“

Das sah CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht anders: „Ein guter Haushalt liegt vor uns.“ Die 181.000 Euro Neuverschuldung in 2018 seien „ein bisschen ein Luxusproblem“ angesichts der Projekte und Investitionen, die dieser Etat im kommenden Jahr stemme. Ebrecht: „Wir hatten schon schwierigere Haushaltslagen zu meistern.“

Einem Nachtragshaushalt für 2017 hat die SPD hingegen zusammen mit allen anderen Fraktionen zugestimmt. Mit dem 1,2 Millionen Euro umfassenden Etat soll ein bislang nicht in diesem Jahr einkalkulierter, aber notwendiger Neubau des Kindergartens in der Ortschaft Vogelbeck finanziert werden. Gedeckt werden diese Kosten im Wesentlichen durch unerwartete Mehrerträge in Höhe von 1,1 Million Euro bei Verzinsungen für Steuernachforderungen, die sich aufgrund von Betriebsprüfungen des Finanzamtes bei Unternehmen ergeben haben. Hinzu kommen Vergnügungssteuer-Mehreinnahmen in Höhe von 100.000 Euro, mit denen die Stadt nicht gerechnet hatte.

Es sei schade, dass die Verwaltung bei dem Nachtragshaushalt nur das Allernötigste an Mehreinnahmen berücksichtigt habe, offenbar um keine Begehrlichkeiten zu wecken, kritisierte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki. „Wir Ratsmitglieder der SPD lassen uns aber nicht wie kleine Kinder am Katzentisch mit blumigen Geschichten über Ziele und Kennzahlen abfrühstücken.“ Als einzige Fraktion habe man konkrete Vorschläge vorgelegt, wie eine Neuverschuldung im Folgejahr ausgeschlossen werden könnte. Es sei „eine bewusste Missachtung des Rates“, diesem und der Öffentlichkeit deutliche Steuermehreinnahmen bewusst zu verschweigen und dann großzügig in Aussicht zu stellen, dass das Jahresergebnis 2017 vermutlich so gut ausfallen werde, dass Einbeck keine Kredite im nächsten Jahr aufnehmen müsse. Hojnatzki: „Wir, nicht die Verwaltung, entscheiden über den Haushalt und Sie haben uns dafür unaufgefordert alle entscheidungsrelevanten Informationen zur Verfügung zu stellen.“

Auch Frank-Dieter Pfefferkorn (GfE/Bürgerliste) vermisste ein komplettes Bild, wie der Vorsitzende des Finanzausschusses sagte, leider würden zu erwartende Mehreinnahmen nicht oder erst auf Nachfrage offengelegt.  „Das ist nicht der richtige Umgang.“

Kämmerin Brigitte Hankel riet bei erst jüngst bekannt gewordener zurück gehender Schlüsselzuweisung und unerwarteten Mehrerträgen bei der Gewerbesteuer zur Vorsicht und bat die Politik um Geduld. Sie rechne mit zusätzlichen Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von zurückhaltend kalkulierten rund 3,5 Millionen Euro. Das Jahr sei aber noch nicht zuende, da könne sich immer noch etwas ändern. Hankel: „Geraten Sie nicht in Versuchung.“

Während Kämmerin Brigitte Hankel die Größe besaß, sich für ihren in Richtung SPD gemachten „Unseriös“-Vorwurf bei den Sozialdemokraten in öffentlicher Sitzung zu entschuldigen, blieb die SPD bei den konfrontativen Tönen. Dieses Verhalten sei „ermüdend“, sagte CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht und ging auf offenkundige Kommunikationsprobleme zwischen SPD und Rathaus ein. Wie man in den Wald hinein rufe, so schalle es heraus, bemühte Ebrecht ein altes Sprichwort. Wer die Kämmerin öffentlich des Rechtsbruchs bezichtige, wie das SPD-Fraktionschef Hojnatzki getan habe, und dafür auch noch die Kommunalaufsicht einschalte, allerdings erfolglos, der dürfe sich nicht wundern.

Zu einer „Einbeck-Koalition“ kam es ja nun beim Haushalt 2018 nicht. Diese hatte jüngst das E-Paper „Rathaus intern“ erläutert: Beschlüsse des Rates würden fast immer einstimmig getroffen, es gebe also nicht nur eine „GroKo“, sondern sogar eine „EinKo“, eine „Einbeck-Koalition“ aller Fraktionen, heißt es unerwartet meinungsstark in dem von Bürgermeisterin-Vertreter Dr. Florian Schröder verantworteten Papier, das zuletzt Ende November erschienen war. Bisweilen gelinge die Einstimmigkeit nicht, „manchmal aus sachlichen, manchmal aus taktischen und manchmal auch aus sich nicht so recht erschließenden Gründen. Das gehört in einer Demokratie dazu und ist manchmal auch das Salz in der Suppe. Entscheidend sollte (und genau genommen: darf) aber bei allem politischem Meinungs- oder Machtkampf nur sein, dass Rat und Verwaltung dem Wohle der Stadt – und nur diesem – verpflichtet sind. Diesem wird durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit am besten gedient, bei der Argumente nicht nur ausgetauscht, sondern auch zum Anlass genommen werden, eigene Standpunkte zu hinterfragen und vielleicht manchmal sogar zu ändern. Es muss ja nicht gleich zum Zusammenwachsen – zur coalitio – kommen, aber manchmal hilft es sich darauf zu besinnen, dass Einbeck Einbeck ist und nicht Hannover, Berlin oder Brüssel. In einem Stadtrat geht es um konkrete, greif- und handhabbare Themen und Projekte und weniger um Weltanschauungen.“

Waisenhaus-Sanierung wird doppelt so teuer

Baustelle Waisenhaus in der Baustraße.

Die Sanierung des ehemaligen Waisenhauses in der Baustraße in Einbeck wird doppelt so teuer wie ursprünglich geplant – mindestens. Der Finanzausschuss hat dem Haushalt 2018 der Einbecker Hospitalstiftungen, durch den die Sanierung des Fachwerkhauses finanziert wird, einstimmig zugestimmt. Grund für die gravierende Kostensteigerung sind vor allem schwerwiegende Schäden an dem 1712 gebauten Haus, die erst während der seit Sommer laufenden Sanierung sichtbar wurden. Entdeckt wurde ein so genannter Kellerschwamm. Ein Gutachten, das seit wenigen Tagen vorliegt, beziffert die Gesamtkosten auf zwei Millionen Euro. Bislang war immer von Kosten in Höhe von 980.000 Euro ausgegangen worden. Finanziert wird die Kostensteigerung vor allem über einen Kredit, den die Stiftung aufnimmt. Außerdem konnte die Förderung über das Programm Städtebaulicher Denkmalschutz erhöht werden. Die Sanierung wird nicht nur teurer, sie wird auch länger dauern. Die Einbecker Hospitalstiftungen rechnen laut Kämmerin Brigitte Hankel nicht mehr damit, schon 2018 die Wohnungen wieder vermieten zu können.

Kein gemeinsamer Nenner

Man muss keine große Leuchte in Mathematik und auch kein großer Bilanzrechnungsexperte sein, um zu wissen, was ein Nenner ist. Und dann genügt es einfach zuzuschauen und zu beobachten. Es bleibt dabei, auch nach der Sondersitzung des Finanzausschusses: Im Rathaus und in der SPD-Fraktion gibt es deutlich unterschiedliche Auffassungen darüber, wie der städtische Haushalt zu führen ist. Sie kommen auf keinen gemeinsamen Nenner. Besonders SPD-Chefhaushälter Rolf Hojnatzki und Kämmerin Brigitte Hankel haben sich gegenseitig Nettigkeiten zugeworfen: Der SPD-Mann verwahrte sich dagegen, etwas schönzurechnen. Aber wenn es offenbar Mehreinnahmen in einer solchen Größenordnung gebe (im Nachtragshaushalt werden die Kosten für den Kindergartenneubau Vogelbeck im Wesentlichen von Verzinsungen aus Steuernachforderungen aufgrund von Betriebsprüfungen bei Unternehmen in Höhe von 1,1 Million Euro gedeckt), dann sei sein Vorschlag, unterstrich Hojnatzki, mit Nettomehreinnahmen von 150.000 Euro für 2018 zu kalkulieren ein „minimaler Ansatz“. Das sei nicht unseriös. Denn es steckten doch vermutlich insgesamt Mehreinnahmen von „einer Million Euro und mehr“ dahinter, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Die Kämmerin mahnte zur Vorsicht, möchte das Geld erst ausgeben, wenn es auch da ist: „Haben sie Geduld und Vernunft, lassen sie Vorsicht walten.“ Erst wenn 2017 zuende sei, könne man klarer sehen. In der Tat gebe es einen „Sondereffekt“, wie Hankel sagte. Mit dieser „beeindruckenden Summe“, deren Höhe die Kämmerin nicht sagen mochte, möchte sie eine Rückstellung bilden. Munter spekuliert werden werden kann jetzt über die Summe, wenn die Stadt allein 1,1 Millionen Euro aus den Verzinsungen der bis ins Jahr 2004 zurück reichenden Gewerbesteuerrückzahlungen einnimmt.

Auch CDU und GfE/Bürgerliste waren verblüfft. Auf die Frage von Albert Eggers (CDU) räumte Brigitte Hankel ein, dass die Mehreinnahmen auch schon vor zwei Wochen bei der regulären Finanzausschuss-Sitzung bekannt gewesen seien. Der Verwaltung jedenfalls. Sie habe aber nicht häppchenweise informieren wollen, denn die Nachricht hätte möglicherweise Begehrlichkeiten in der Politik geweckt, begründete die Kämmerin. Womit sie nicht Unrecht haben dürfte (was man ja am neuen Rechenvorschlag der SPD sieht). Das sei nun schon die zweite Sitzung, in der man mit der Hälfte der Fakten arbeite, kritisierte Ausschuss-Vorsitzender Frank-Dieter Pfefferkorn. „Das ist schade und sehr unbefriedigend.“

Die SPD hatte in der Sitzung einen weiteren Vorschlag vorgelegt, wie es im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt ohne Neuverschuldung und mit „schwarzer Null“ im Haushalt 2018 gehen könnte. Und hatte dabei die unerwarteten Steuermehreinnahmen gleich eingepreist. Als sie mit der Änderung des Nachtragshaushalts nicht durchkam, stimmte am Ende auch die SPD im Finanzausschuss für den Nachtragshaushalt 2017 in der Verwaltungsversion. Das ist offenbar der kleinste gemeinsame Nenner. Denn den Haushalt 2018 hat der Finanzausschuss mehrheitlich dem Stadtrat im Dezember gegen die Stimmen der SPD zur Annahme empfohlen. Der Verwaltungsausschuss hat diesen Beschluss gestern bestätigt. Abschließend entscheidet der Stadtrat am 6. Dezember.

Bürgerhaus Kreiensen: Ortsrat will’s wissen

Das Bürgerhaus in Kreiensen. Archivfoto.

Wann und wie soll das Bürgerhaus in Kreiensen saniert werden? Welche Förderanträge hat die Stadt Einbeck dafür gestellt? Diese Fragen möchte der Ortsrat Kreiensen von der Verwaltung beantwortet haben. Das Gremium hat in seiner jüngsten Sitzung darüber diskutiert, dass eine Sanierung dringend und längst notwendig sei. Ortsbürgermeister Hans-Henning Eggert erklärte, der Ortsrat erwarte, dass jetzt von der Stadtverwaltung geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Die Enttäuschung der Kreienser darüber, dass die Sanierung vor allem der Fenster immer weiter hinausgeschoben werde, sei mittlerweile groß. Ortsratsmitglied Axel Ambrosy sagte, dass die Fenster schon seit 15 Jahren saniert werden sollen. Er hat in der Ortsratssitzung darauf hingewiesen, dass Förderanträge im Rahmen der ZIELE-Förderung bis 15. September 2018 gestellt sein müssen, um für 2019 berücksichtigt zu werden. Der Ortsrat bemühe sich schon seit 2013 um die Erneuerung im Bürgerhaus, ergänzte Ortsratsmitglied Marina Goslar. Ortsratsmitglied Roland Heimann möchte, dass sich der Ortsrat mit 15.000 Euro an der Dachgeschoss-Dämmung beteiligt – jedoch nur, wenn es eine Zusicherung der Stadt über die übrige Sanierung gebe.

Bereits in der jüngsten Finanzausschuss-Sitzung hatte Dieter Henze, Vorsitzender der Marinekameradschaft „Admiral von Hipper“ danach gefragt, wann es los geht mit der Sanierung. Der Verein ist seit mehr als 30 Jahren Mieter im Bürgerhaus. Dass vieles marode sei, besonders die Fenster, sei der Verwaltung längst bekannt. Angekündigt worden sei die Fenster-Erneuerung auch worden, jedoch weder in 2017 sei sie passiert noch stehe sie 2018 im Haushalt, kritisierte Henze. Einzig die Eingangstür wurde dieses Jahr überarbeitet. Fachbereichsleiter Frithjof Look antwortete, die Fenster seien für den Haushalt 2019 angemeldet, 2018 sei die Maßnahme nicht mehr finanzierbar gewesen, ergänzte Kämmerin Brigitte Hankel. Eine Förderung der Maßnahme werde geprüft, was entsprechend Vorlauf bedinge.

SPD kippt Altes Rathaus aus dem Haushalt

Altes Rathaus am Marktplatz. Archivfoto

In den gerade begonnenen Haushaltsberatungen für 2018 hat heute die SPD ein erstes politisches Zeichen gesetzt: Sie hat das Projekt Altes Rathaus im Stadtentwicklungsausschuss aus dem Haushalt gekippt. Mit 7:4-Stimmen (SPD und FDP) ist der im Fachwerk-Fünfeck als Konzept-Immobilie bezeichnete Umbau in die mittelfristige Finanzplanung nach dem Jahr 2020 verschoben worden. 680.000 Euro waren im Etatentwurf 2018 eingeplant, 146.700 Euro als Eigenanteil der Stadt Einbeck, der Rest über Fördermittel (vor allem vom Land Niedersachsen: 453.300 Euro). Ob diese Entscheidung auch in den weiteren Haushaltsberatungen im Finanzausschuss und im Verwaltungsausschuss Bestand haben wird, bleibt indes abzuwarten. Die CDU möchte an dem geförderten Konzept-Umbau festhalten, sagte Ratsherr Joachim Dörge; bei den Christdemokraten fehlten heute zwei Ausschussmitglieder. Auch die GfE ist für das Projekt, wie Ratsherr Armin Hinkelmann erklärte. SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Hojnatzki jedenfalls machte deutlich, dass seine Fraktion keine Dringlichkeit darin sehe, ins Alte Rathaus einen Fahrstuhl und eine barrierefreie Toilette einzubauen und den Gewölbekeller auszubauen, wenn gleichzeitig das Geld fehle, um die Fassade und die Fenster zu erneuern. Denn das sei ebenso notwendig. Durch das neue Behinderten-WC in der neuen Sparkassen-Passage am Marktplatz bekomme ja außerdem die Innenstadt in Kürze ihr öffentliches WC. Einbeck habe für viele andere Projekte kein Geld, dass die Stadt Schulden machen wolle, sei ein fatales und falsches Signal, erklärte Hojnatzki. Es gelte, Prioritäten zu setzen. Die Räume im Obergeschoss seien ja außerdem in den nächsten Jahren vermietet, es gebe also keine Eile. Und beim Gewölbekeller sei man schon seit 15 Jahren auf der Suche nach einem gastronomischen Nutzer – vergeblich. Nur weil es Fördermittel gebe, müsse man nicht alles machen, sagte Dirk Heitmüller (SPD). Schließlich bleibe immer der städtische Eigenanteil aufzubringen. Außerdem sei ja wahrscheinlich nicht ohne Grund früher einmal der Keller aufgefüllt worden, wohl um die Statik zu verbessern.

Vertreter der Verwaltung äußerten sich heute äußerst irritiert über den überraschenden Sinneswandel der SPD. Warum man schon mehrmals in mehreren Gremien darüber gesprochen und im Bauausschuss beschlossen habe, die Gelder für das Alte Rathaus zu beantragen, sei dann nicht schlüssig, wunderte sich Bauamtsleiter Frithjof Look. Und wer rufe denn immer nach einer barrierefreien öffentlichen Toilette in der Innenstadt? „Ein Gebäude kann nur von Innen leben“, sagte Look. „Nur die Hülle reicht nicht.“ Selbstverständlich müsse in einem nächsten Schritt Fassade und Fenster erneuert werden. Die Fördermittel seien ja gerade dafür da, weil sich bislang niemand für die Reaktivierung des Gewölbekellers gefunden habe, durch den Umbau könne dann im Rathaus eine multifunktionale Nutzung geschaffen werden, die der Öffentlichkeit diene. Für Veranstaltungen im Rathaus, ob in Halle oder Keller, könne es doch nicht ausreichend sein, auf das öffentliche barrierefreie WC in der Sparkasse zu verweisen, sagte Look. Stadtkämmerin Brigitte Hankel warnte heute davor, die Geldgeber zu verprellen, wenn man jetzt sage, man brauche das Geld nicht, davor habe sie Sorge. Schon beim Ausbau der Hullerser Landstraße, bei dem man noch auf den letzten Drücker ins befristete Förderprogramm gekommen sei, weil man Haushaltsgelder umgeschichtet habe (unter  anderem aus dem Marktstraßenumbau-Projekt), habe man in Hannover gut argumentieren müssen. Wiederholen sollte sich sowas nicht häufiger.

Die Umbaupläne für das Alte Rathaus entwickeln sich offenbar immer stärker zur Kraftprobe zwischen SPD-Fraktion und Rathaus. Hier war es gleich nach der Präsentation der Umgestaltungsideen zum Zoff zwischen Verwaltung und SPD gekommen, die Sozialdemokraten fühlten sich nicht korrekt und vollständig informiert. Zuletzt hatte die Bürgermeisterin im Stadtrat aus der Antwort der Kommunalaufsicht zitiert, das Rathaus habe bei der Vermietung juristisch alles richtig gemacht. Verwundert schaltete sich Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder heute in die Debatte ein: Die SPD sei es doch selbst gewesen, die in ihrem Brief an die Kommunalaufsicht gewissermaßen vom Alten Rathaus als einem soziokulturellen Zentrum gesprochen habe. Und sie stoppe nun ein Konzept, das die Nutzung verbessere? „Völliger Quatsch“ sei das, sagte Hojnatzki. „Die SPD hat beschlossen, was ich gesagt habe.“ Das Schreiben an den Landkreis habe ja einen anderen Hintergrund gehabt, nämlich die Festlegung der Verwaltung, das Alte Rathaus durch die Vermietung auf fünf Jahre (jedenfalls im Obergeschoss) gewerblich zu nutzen, sagte der Fraktionschef.

Gewölbekeller Altes Rathaus. Archivfoto

Weniger kann mehr sein

Die im Rathaus verfasste Vorlage 2017/BV/2246 ist provokativ und fällt auf (und das nicht nur, weil der entscheidende Satz halbfett gesetzt ist): „Das Produkt 57101 Wirtschaftsförderung des Teilhaushaltes 9 kann hier nicht beraten werden, da hier die Politikreform der Verwaltungsreform im Zuge der Einführung des Neuen Kommunalen Rechnungswesens noch hinterherhinkt und diese Thematik noch beim Ausschuss für Kultur, Tourismus und Wirtschaftsförderung liegt.“ Mit anderen Worten: Die Themen der Ratsausschüsse sind nicht deckungsgleich mit der (vorgegebenen) Struktur des städtischen Haushalts, mehrere Fachausschüsse befassen sich mit ein und demselben Teilhaushalt; in diesem Falle wäre der Bereich Wirtschaftsförderung für das Rathaus logischer im Fachausschuss für Stadtentwicklung zu behandeln. Einbecks Stadtkämmerin Brigitte Hankel bekannte sich bei den Haushaltsberatungen in der heutigen Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses auch gleich schuldig, dass sie es bewusst provokativ formuliert habe: Aber Strukturen, die nicht harmonieren, machten nun einmal aufwändige Absprachen notwendig – und ihr sei es wichtig, Hand in Hand Diskrepanzen zu lösen. Und Wirtschaftsförderung „gehört gedanklich dort nicht hin“, sagte die Kämmerin. Dort, in den Kultur- und Tourismusausschuss.

SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki ließ sich auch nicht lange bitten, auf den verbalen Seitenhieb zu reagieren: Es sei eine Organisationsentscheidung der Bürgermeisterin gewesen, die Wirtschaftsförderung in den Fachbereich Bauen von Fachbereichsleiter Frithjof Look zu verschieben: „Wir halten das für falsch.“  Als sie noch von Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder betreut worden sei, sei die Wirtschaftsförderung richtigerweise Chefsache gewesen, weil Schröder eben der Allgemeine Vertreter von Dr. Sabine Michalek sei, argumentierte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Wegen einer falschen Organisationsentscheidung werde man aber ganz sicher nicht den Zuschnitt der Ratsausschüsse verändern, der Fachausschuss für Stadtentwicklung habe schon genügend Themen zu behandeln, die Wirtschaftsförderung sei im Kultur- und Tourismusausschuss besser aufgehoben, sie würde im Stadtentwicklungssausschuss „völlig untergehen“, meint Hojnatzki.

„Dass sie das anders sehen, ist tragisch“, sagte Fachbereichsleiter Frithjof Look. Bei seinen Unternehmensbesuchen im Rahmen der städtischen Wirtschaftsförderung merke er oft, dass es immer wieder Fragen der Erweiterungsmöglichkeiten, der Baugenehmigungen und des Brandschutzes seien, die Firmen bei der Wirtschaftsförderung nachfragten. Deshalb sei der Zuschnitt richtig. Der Stadtentwicklungsausschuss befasse sich außerdem ja regelmäßig mit Themen, die unmittelbare Auswirkungen auf die heimische Wirtschaft hätten: mit Gewerbegebieten, mit Bauland-Ausweisungen, mit B-Plänen für Firmenerweiterungen und schließlich erst jüngst mit der Fortschreibung des Einzelhandelskonzepts. Die in den Stadtentwicklungsausschuss hinzugewählten Mitglieder wie Lutz Langheim (Handel & Gewerbe Kreiensen) oder Florian Geldmacher (Einbeck Marketing GmbH) seien auch deshalb thematisch hier, weil sie Wirtschaftsvereinigungen vertreten sollen. Vor der Fusion mit Kreiensen habe die Wirtschaftsförderung zum Thema der Stadtentwicklung in dem entsprechenden Ratsausschuss gehört. Und nach der jüngsten Stadtratswahl habe die Verwaltung der Politik auch einen Vorschlag gemacht, wie die Themen optimaler in den Ratsausschüssen gebündelt werden könnten, ohne dass es wie heute 13 Ausschüsse sein müssten. Durch jetzt aber notwendige Absprachen würden nur Reibungsverluste entstehen, sagte Look.

Strukturen zu verändern, gehört wohl mit zu den schwersten Aufgaben in der Politik, zu den dicksten Brettern, die gebohrt werden müssen. Schon den Personalausschuss hat sich der Stadtrat nicht getraut wieder komplett abzuschaffen, nachdem er dessen Aufgaben gestutzt hat. Vom überflüssigen Kernstadtausschuss, der ärgerliche Doppelberatungen in Serie produziert, will ich hier nicht wieder anfangen. Ich gebe die Hoffnung noch nicht völlig auf, dass Rolf Hojnatzki mit seiner Aussage heute nicht Recht behält, wann man denn die Ausschuss-Struktur bereit ist zu verändern. 2021 hatte der SPD-Mann gesagt – und gemeint: Nach der nächsten Wahl… weniger kann mehr sein!

Ohne neue Schulden geht’s nicht

Nach Jahren der unbeschwerten Zahlen will die Stadt Einbeck im nächsten Jahr voraussichtlich wieder neue Schulden machen – wenn auch nur in verhältnismäßig geringer Höhe. Das geht jedenfalls aus dem Haushaltsentwurf hervor, den Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek im Stadtrat in die politische Beratung eingebracht hat. Das Zahlenwerk wird in den nächsten Wochen in den Fachausschüssen besprochen und soll im Dezember im Stadtrat beschlossen werden, so der Plan. Spannend wird sein, ob die Politik den Plan der Neuverschuldung mitgehen wird. Traditionell gab es dazu bei der Haushaltseinbringung noch keine Debatte im Stadtrat. Der Etat 2018 sieht zwar einen Überschuss und wieder ein positives Jahresergebnis vor. Um wie geplant im nächsten Jahr rund fünf Millionen Euro investieren zu können, benötigt die Stadt jedoch eine Kreditermächtigung in Höhe von rund 1,4 Millionen Euro, was zu einer Neuverschuldung von 27.700 Euro führen würde. Michalek geht davon aus, dass der Haushalt vom Landkreis dennoch genehmigt würde, denn mittelfristig in den Haushaltsjahren 2020 und 2021 sieht die Bürgermeisterin wieder eine Entschuldung. „Wir sind auf einem sehr guten Weg“, sagte die Rathauschefin in ihrer Haushaltrede. Den mit dem Land Niedersachsen bis 2020 geschlossenen Zukunftsvertrag will sie nicht vorzeitig beenden. Nur ein strikter Sparkurs, eine gute Konjunkturentwicklung und niedrige Zinsen habe seit 2015 zu ausgeglichenen Haushalten geführt.

Der Etat, der erste unter der Regie von Stadtkämmerin Brigitte Hankel, hat ein Volumen von rund 51 Millionen Euro. Geplant ist, den Ergebnishaushalt mit einem Überschuss von knapp 1,6 Millionen Euro abzuschließen. Einbeck plant mit Steuereinnahmen in Höhe von knapp 32 Millionen Euro, dank guter Konjunktur wieder allein je etwa 12 Millionen Euro Gewerbesteuer und Gemeindeanteil der Einkommenssteuer. Geld aufwenden muss Einbeck für die Kreisumlage (17 Millionen Euro, das ist ein Plus von 1,3 Millionen Euro), für Personal (12 Millionen Euro), für Kindertagesstätten (3,6 Millionen Euro) und zum Beispiel für die Pflege des öffentlichen Grüns (435.000 Euro), neue EDV für Grundschulen (40.000 Euro) und das Fachwerk-Fünfeck (25.000 Euro). Für die Unterhaltung der Straßen will die Stadt Einbeck 97.000 Euro zusätzlich ausgeben, kündigte die Bürgermeisterin an. Bei der Straßenbeleuchtung muss sie durch moderne LED-Technik 10.000 Euro weniger ausgeben als bislang.

Bei den Investitionen müsse man Prioritäten setzen. Ob hier das Rathaus und die Politik die gleichen Vorstellungen haben, wird spannend zu beobachten sein. „Alle Erwartungen und Bedürfnisse werden wir nicht befriedigen können“, mahnte Dr. Sabine Michalek. Als größte Posten nannte die Verwaltungschefin den Start des Ausbaus der Hullerser Landstraße, den ursprünglich bereits 2017 geplanten Bau einer Multifunktionshalle, den barrierefreien Umbau der „Magistrale“ Tiedexer Straße, den Beginn der barrierefreien Sanierung des Alten Rathauses am Marktplatz inklusive Gewölbekeller sowie den städtebaulichen Denkmalschutz, hier vor allem den Umbau des Neustädter Kirchplatzes. Für alle diese Projekte sind Eigenanteile der Stadt nötig, die Maßnahmen werden vom Land Niedersachsen gefördert, ohne dieses Geld könnten sie nicht umgesetzt werden. Mit der Aufzählung wird auch deutlich, welche Projekte es nicht geben wird, jedenfalls nicht 2018: Marktstraße-Ausbau und ZOB-Umbau, um nur mal zwei zuletzt intensiv diskutierte Beispiele zu nennen.

Deutlich wurde beim vorgelegten Haushalt, dass der politisch umstrittene Rathauskauf finanziell drückt. Dabei sollte er sich eigentlich ja selbst finanzieren, die Stadt sogar noch Geld sparen, das sie für andere Dinge ausgeben kann. „Durch die großen Investitionen der Jahre 2017 bis 2019 gelingt es in den Jahren 2018 und 2019 zwar nicht, die angestrebte Entschuldung für den Rathauskauf (450.000 Euro pro Jahr) zu erreichen“, heißt es im Haushaltsentwurf, „in der mittelfristigen Planung bis 2021 wird das Ziel jedoch erreicht.“

Quadratur des Geld-Kreises

Marktstraße-Sanierung: Das Projekt wird zunächst nicht weiter geplant. Archivfoto

Was würden Sie mit einer Million Euro machen? An diese beliebte Fragebogen-Frage fühlten sich Beobachter ein wenig erinnert, die am Dienstag die Diskussion im Finanzausschuss des Stadtrates verfolgt haben.Weil sich die Politik von den im Haushalt viel Geld bindenden Großprojekten ZOB-Umbau und Marktstraße-Sanierung auf Jahre verabschiedet hat, kann sie mit einem Mal über die frei werdenden, unverhofft aufgetauchten Mittel verfügen: 476.000 Euro aus der Marktstraße, 150.000 Euro aus dem ZOB. Das geht freilich nur, weil eine Realisierung der Vorhaben ZOB und Marktstraße auf Jahre ungewiss ist, ebenso wie die Fördermittel-Zuschüsse es sind. „Bei der Marktstraße hat uns der Fördermittelgeber ziemlich allein gelassen“, bedauerte Bauamtsleiter Frithjof Look. Da wollte die Ausschussmehrheit dann auch nicht mehr weiter planen und das Planungsgeld lieber in Konkretes geben. Und wohin nun mit dem Geld? Die SPD, schon seit langem eine Gegnerin von Konzeptionitis im Rathaus, hat sich prompt an die Spitze der Bewegung gesetzt. Nicht nur, dass sie innerhalb der Fraktion die Sache zur Chefsache erklärt hat und mit Fraktionschef Rolf Hojnatzki ihr oberster Finanzexperte statt des eigentlich dort zuständigen Finanzausschuss-Mitgliedes Marcus Seidel (der freilich gerade eher bundestagswahlkämpft) das Heft in die Hand genommen hat. Hojnatzki war es auch, der kaum vier Stunden nach Ende der Finanzauschuss-Sitzung per Pressemitteilung (Pressemitteilung SPD 17-08-08) gleich öffentlich machte, wie die Sozialdemokraten denn das Geld auszugeben gedenken: Investitionsstau beseitigen statt Planungen auf Vorrat. Der Löwenanteil geht nach dem Willen der SPD in den Feuerwehrhaushalt. Damit macht man sich immer beliebt. Und für einen Zuschuss an den Aussichtsturm-Förderverein soll dann auch noch Geld sein. Die CDU ging die Sache im Wesentlichen mit, wollte aber noch mal in der Fraktion befinden, welche Projekte denn jetzt das frei gewordene Haushaltsgeld bekommen sollen. Das auch hier die Feuerwehr wieder einmal das meiste Geld abgreifen wird, halte ich für wahrscheinlich. Die prompte Pressemeldung des Obergenossen aber zeigt: Fraktion? Die bin ich. Ein Freund der von Kämmerin Brigitte Hankel in der Ausschusssitzung noch einmal erläuterten (zugegeben komplizierten) „Prioritätenliste Investitionen“ war die SPD nie. Mir persönlich ist diese Liste auch zu politisch undurchschaubar (wer ermittelt denn den „Nutzwert“, wer legt die „Dringlichkeit“ in den Stufen 3 (besonders dringlich) bis 1 fest, das kann doch bitte nur die Haushaltshoheit habende Politik, und nicht eine Finanzsoftware, die erst bemüht werden muss, damit die Summen hinter den aufgelisteten Projekten überhaupt ermittelt werden können).

Der Zentrale Omnibus-Bahnhof (ZOB) in Einbeck heute, im Hintergrund der Bahnhof Einbeck-Mitte. Archivfoto

Zum heftigen Wortwechsel kam es im Finanzausschuss zwischen SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki und Bauamtsleiter Frithjof Look. Im Grunde sollte der Ausschuss nur eine Haushaltssperre aufheben und der Verwaltung 15.000 Euro mehr spendieren für die weitere, intensivere Planung der „Magistrale der Baukultur“, den um das Tiedexer Tor erweitererte Planungsbereich Tiedexer Straße. Was er am Ende auch einstimmig tat. Hojnatzki aber kritisierte, dass mit dem Finanzausschuss-Beschluss bereits das Konzept verändert werde, statt Natursteine sollten Betonsteine gepflastert werden, stehe in der Vorlage, über solche Fragen zu befinden sei doch wohl aber Aufgabe des Fachausschusses, des Bauausschusses. Wobei in der Vorlage nur steht, dass mit dem preiswerteren Betonpflaster eine größere Fläche gepflastern werden kann. Nicht, dass dieses auch genommen werden muss. Mit der Erweiterung um das Tiedexer Tor würden außerdem mehr Anlieger zu Beiträgen herangezogen als bislang gedacht, so Hojnatzki, das müsse man den Bürgern sagen, deshalb habe die SPD auf einem Beschluss im Finanzausschuss bestanden statt im nicht-öffentlichen Verwaltungsausschuss. „Sie ändern das Konzept“, warf Hojnatzki Look vor. „Nein.“ „Doch.“ So ging das ein wenig hin und her. Er solle sich mal entscheiden, sagte Look in Richtung Hojnatzki, mal kritisiere er, dass keine Planungen da seien, um zu wissen was etwas koste, dann wieder, dass es zu viele Konzepte seien. „Dann höre ich mir das Genöle nicht mehr an.“ Hier gehe es lediglich darum, so Look, der Verwaltung und dem Planungsbüro Geld frei zu geben, damit diese ihre Detailplanungen vorantreiben und natürlich die Anlieger mitnehmen können, damit dann mal gesagt werden kann: Das Projekt kostet Summe X in der Ausführung. Henne oder Ei: Erst das Geld-Budget, dann die inhaltliche Fachplanung? Manchmal ist eine Schleife weniger drehen im politischen Geschäft durchaus hilfreich, damit es mal vorwärts geht. Nicht, dass am Ende auch noch immer der Kernstadtausschuss beteiligt werden will. „Es ist ein verrücktes Spiel“, kommentierte der Bauamtsleiter trocken.

Geld kann bekanntlich nur einmal ausgegeben werden. Und eine Entscheidung, ob die Euro-Beträge für konkret umsetzbare Projekte oder für Planungen verwendet werden sollen, ist nicht immer leicht. Ich bin ja bekanntlich auch eher ein Anhänger von sichtbaren Dingen als von in Schubladen liegenden Plänen. Aber natürlich geht es nicht ohne Planungen im Vorfeld. Und manchmal muss man auch mal den Mut haben, zu planen ohne zu wissen, wann und ob das Projekt Realtität wird. Muss einen Plan parat haben, wenn mit einem Mal ein Förderprogramm um die Ecke kommt. „Planung ist immer ein Spiel mit Ungewissheiten“, wirbt Bauamtschef Frithjof Look um Verständnis. „Und erst bei der Abrechnung wissen wir, wie teuer es wird.“ Eine Mischung macht’s: Zu viele Planungen (für die Schublade) sind nicht gut, ganz ohne geht’s aber auch nicht, vor allem wegen langer und lange ungewisser Förderwege.

Das Problem sind am Ende oftmals nicht die Konzepte und Planungen an sich. Die sind zweifellos notwendig. Es sind am Ende oftmals die mit viel Verve und Dynamik vorgetragenen Präsentationen, die den Anschein erwecken, dass das dort vorgestellte Projekt schon bald Wirklichkeit wird. (Aber wahrscheinlich sind an dem vermittelten Eindruck ohnehin nur die Journalisten schuld). Vielleicht genügt es einfach in Zukunft, bei jeder Projektpräsentation einen halbwegs realistischen Zeit- und Finanzrahmen unmissverständlich öffentlich zu nennen und zu sagen, dass es sich lediglich um Pläne und Schätzungen handelt. Ohne Gewähr, dass sie so real werden. Ich weiß, das ist ein verrücktes Spiel.

SPD gegen Konzeptionitis

Rolf Hojnatzki (links), Marcus Seidel.

Gegen immer neue Konzepte, die dann doch nicht umgesetzt werden können, weil das Geld dafür fehlt, hat sich die SPD-Ratsfraktion ausgesprochen. Natürlich müssten auch mal Planungen vorgehalten werden für manchmal unerwartet fließendes Fördergeld. Man dürfe aber nicht den Eindruck erwecken wie das die Bürgermeisterin gerne tue, dass die Konzepte morgen schon alle umgesetzt sein könnten. „Das bringt uns in politischen Zugzwang“, ärgert sich SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki. „Man kann nicht sieben oder acht Sachen anfangen, und gar nichts wird umgesetzt“, ergänzt SPD-Vorsitzender Marcus Seidel. Das sei unsolide. Die Sozialdemokraten haben damit gleichzeitig ihre bereits in der jüngsten Haushaltsdebatte geäußerte Kritik erneuert, man hätte schon aus dem Zukunftsvertrag und seinen finanziellen Fesseln aussteigen sollen, dann hätte man auch mehr Spielraum für die Realisierung von Planungen. Heute tendiere die freie Spitze gegen Null, seien die Auflagen durch den Zukunftsvertrag unverändert erheblich. Das Zusammenspiel zwischen den Bereichen Bauen und Finanzen im Rathaus sieht die SPD in Schieflage; die Kämmerei, zu Zeiten eines Zukunftsvertrages eigentlich der wichtigste Fachbereich, sei durch die Umstrukturierung im Rathaus schon vor Monaten abgewertet worden, da helfe auch wenig die mit großem Elan gestartete patente neue Kämmerin, die nun einmal aber keine Fachbereichsleiterin mehr sei.

Der Ausbau von Tiedexer Straße und Marktstraße seien groß verkündet worden, beim verschobenen Umbau des ZOB werde es am baulich optimalen Anschluss fehlen, sobald die Bahnstrecke reaktiviert sei, kritisiert die SPD. Noch immer ist der Ärger bei den Sozialdemokraten vor allem bei den Planungen für die Umgestaltung des Alten Rathauses groß. Da mache die Verwaltung ein Konzept für das Rathaus am Marktplatz und verankere es finanziell langfristig auch bereits im 2018-er Haushalt, vermiete aber gleichzeitig langfristig die Immobilie. „Die Bürgermeisterin hat hier ohne notwendige Zustimmung der politischen Gremien gehandelt“, sagt SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki über die Vermietung, der Verwaltungsausschuss sei nicht informiert gewesen. Man habe nach der mittlerweile abgeschlossenen Akteneinsicht nur deshalb nicht die Kommunalaufsicht eingeschaltet, weil das an den geschlossenen Verträgen ohnehin nichts mehr hätte ändern können. Dass die SPD als fast letzter verbliebener Altmieter jetzt das Büro im Alten Rathaus verlasse (und im August in der Altendorfer Straße neue Räume beziehe), habe damit nichts zu tun, sondern mit der besseren Barrierefreiheit und Erreichbarkeit dort. Die Vermietung des Alten Rathauses sei nicht das erste Beispiel für eine Vermietung ohne Zustimmung, ärgert sich Marcus Seidel. Das Rathausgebäude in Kreiensen habe die Verwaltungsspitze ohne vorheriges Einverständnis gewerblich vermietet, da sei nicht nur die SPD, da seien auch andere sauer gewesen. „Das ist hart an der Grenze zur Unverschämtheit“, sagt Seidel.

Die SPD hat nach eigenem Bekunden die anderen Fraktionen dazu eingeladen, überparteilich noch vor dem nächsten Finanzausschuss im August und einem wahrscheinlichen Nachtragshaushalt daran zu arbeiten, was wie von den Planungen umgesetzt werden kann. Von einigen habe man erste positive Reaktionen darauf registriert, Hojnatzki hält eine Ratsmehrheit für herstellbar, mit wem wollte er nicht sagen. Es sei besser, an soliden Konzepten zu arbeiten, als sich über die Farbe in Klassenzimmern zu unterhalten und die Verwaltung mit immer neuen Ideen und Anträgen zu beschäftigen, die sowieso nicht finanzierbar seien. Entscheidend seien die politischen Ziele, das jüngst von der Verwaltung vorgelegte Prioritätensystem halten die Sozialdemokraten für ein untaugliches Mittel, sich über Ziele für den Haushalt der Stadt Einbeck zu verständigen, „denn Schwerpunkte zu setzen ist unsere ureigenste Aufgabe als Politiker“, sagt Hojnatzki.

Das seit kurzem vorliegende Mobilitätskonzept sei eine gute Grundlage, die SPD sei auch nicht gegen dieses Konzept. Allerdings seien 820.000 Euro zusätzliche Ausgabe pro Jahr in der nächsten Zeit nicht umsetzbar. Und weil der Gutachter gesagt habe, dass Teile aus dem Konzept nicht herausgebrochen werden könnten, weil die Module aufeinander aufbauen, „müsste man ganz neu rechnen und Prioritäten finden, etwa dass eine Buslinie nach Kreiensen wichtig sei und man dafür beispielsweise 100.000 Euro bereitstellen wolle“, erläutert Hojnatzki die Position der SPD, die nach dem Stadtentwicklungsausschuss über die Pläne gerne nochmal in den Fraktionen weiter beraten hätte. Marcus Seidel: „Wir wollten nicht einfach sagen: Verwaltung, mach mal!“

Wie die Finanzlage ist

Die finanzielle Lage der Stadt Einbeck als rosig zu beschreiben, würde vermutlich niemandem im Rathaus einfallen. Der finanzwirtschaftliche Lagebericht, den Kämmerin Brigitte Hankel dem Finanzausschuss für seine Sitzung am 25. April (17 Uhr, Neues Rathaus, Zimmer 107) vorlegt, ergibt jedoch, dass alles im grünen Bereich ist, keine Risiken zu erkennen sind und ein Nachtragshaushalt für 2017 derzeit nicht notwendig ist. Allerdings ist auch erst das erste Quartal im Blick, da fehlen noch die ohnehin erst später im Jahr fließenden Steuerzuflüsse und die erst nach der Haushaltsgenehmigung möglichen angelaufenen Investionen. Allerdings: Bei den Gewerbesteuern ist aktuell ein deutliches Plus von rund 1,5 Millionen Euro zu verzeichnen. Die Lage ist also hoffnungsvoll.

Während die Politik im Finanzausschuss die in letzter Minute vor dem Beschluss eingelegte Haushaltssperre für die Multifunktionshalle aufheben kann, weil fließende zugesagte Fördermittel ihren Bau ermöglichen (ebenso wie den ohnehin schon finanzierten Umbau des Jugendgästehauses am Kohnser Weg), muss die Bremse bei der „Magistrale der Baukultur“ und der Umgestaltung der Tiedexer Straße bleiben, weil kein Geld mehr da ist. Lediglich 30.000 Euro für Planung sollen im Etat verbleiben, damit das Projekt im nächsten Förderjahr 2018 angemeldet werden kann. Was ja nur bedeuten kann, dass in diesem Jahr kein Bagger in der Tiedexer Straße auffahren wird, sondern nur noch weiter geplant werden soll und kann. Wie bei so vielen anderen Projekten (zum Beispiel Marktstraße, Altes Rathaus, Neustädter Kirchplatz) ist die Stadt lediglich in der Lage, auf einen mehr oder weniger großen Geldsegen von Fördermittelgebern zu warten.

Den Jahresabschluss 2016 indes kann Kämmerin Brigitte Hankel den Politikern noch nicht vorlegen, weil eine Stelle in ihrem Team erst verspätet neu besetzt wurde. Die Rechnungsprüfer des Landkreises sind aber über diese kurzzeitige Verzögerung informiert, dass der Abschluss dann erst Ende April vorliegen wird.

Außerdem wird sich der Finanzausschuss erstmals mit einem neuen Steuerungsinstrument beschäftigen, das den Politikern vorgestellt werden soll. Es soll erstmals bei der Beratung für den Haushalt 2018 konkret eingesetzt und für das Haushaltsjahr 2017 schon einmal beispielhaft demonstriert werden. Das neue System, das anhand vorher definierter Ziele und Koordinaten einen Wirtschaftlichkeitsvergleich für Investitionen von erheblicher finanzieller Bedeutung ermöglicht, soll den Politikern einen konkreten Nutzwert für geplante Investitionen zeigen, nach denen sie dann die Prioritäten setzen können. Da darf man gespannt sein, welches Hilfsmittel Kämmerin Brigitte Hankel den Kommunalpolitikern an die Hand geben wird – und ob diese es handhaben können und wollen.

Sparen, aber an der richtigen Stelle

Sie weiß, was hinter den Haushaltszahlen steckt: Kämmerin Brigitte Hankel im Neuen Rathaus.

Sie weiß, was hinter den Haushaltszahlen steckt: Einbecks neue Kämmerin Brigitte Hankel im Neuen Rathaus.

Die Zahlen sind größer geworden, mit denen Brigitte Hankel jetzt hantiert. Deutlich größer als in der Gemeinde Katlenburg, in der sie noch bis Oktober die Finanzen geregelt hat. Mehr als 50 Millionen Euro bewegt die Stadt Einbeck pro Haushaltsjahr. Der neuen Kämmerin im Einbecker Rathaus, seit nunmehr gut 100 Tagen im neuen Amt, geht es aber nicht in erster Linie um Zahlen. Eine Rechenmaschine auf ihrem Schreibtisch sucht man vergebens, das Kalkulieren erledigt längst eine Finanzsoftware im Computer. Es sind die hinter den Zahlen stehenden Aufgaben einer Kommunalverwaltung, welche die 42-Jährige an ihrem Job reizen. Sie möchte sich als oberste Kassenwartin der Kommune auch nicht darauf reduzieren lassen, immer nur zu sagen, dass man ja kein Geld habe. „Es gilt, an der richtigen Stelle zu sparen“, sagt Brigitte Hankel. Und Prioritäten zu setzen bei Investitionen. Dann habe man anderswo wieder Spielraum. Das billigste Angebot sei schließlich nicht immer das nachhaltig günstigste und beste, vorher müsse man sich betriebswirtschaftlich fragen, was man mit der Ausgabe erreichen wolle.

Für ihre ersten Haushaltsberatungen hat Brigitte Hankel von allen Fraktionen des Einbecker Stadtrates viel Lob erhalten. Als sie von der Gemeinde Katlenburg-Lindau wechselte, stand unmittelbar der Etat 2017 auf der politischen Tagesordnung, aufgestellt noch von Vorgängerin Christa Dammes. Ein Sprung ins kalte Wasser. Nun ist der Haushaltsplan einstimmig verabschiedet und vom Landkreis genehmigt, eine gute Mischung aus politisch Gewolltem, fachlich Gebotenem und haushaltsrechtlich Erlaubtem, ist Brigitte Hankel zufrieden.

Doch nach dem Haushalt ist vor dem Haushalt, die ersten Arbeiten für den Etat 2018 haben in Brigitte Hankels zehnköpfigem Team im dritten Obergeschoss des Neuen Rathauses längst wieder begonnen. Bis Ende März muss außerdem der Jahresabschluss stehen, hinzu kommt der Finanzalltag im Rathaus mit Steuerverwaltung und Buchhaltung. Und ein neues Berichtswesen soll noch effektiver helfen rechtzeitig zu erkennen, ob beim aktuellen Haushalt nochmals nachgesteuert werden muss.

Das Einbecker Rathaus hat Brigitte Hankel in ihren ersten Monaten im Umbruch erlebt. Verwaltungsstrukturen sind verschlankt, die Führungsebene ist deutlich verjüngt worden. Die 42-Jährige freut sich über eine gute Führungskultur im Hause, zu der sie in ihrem Bereich gerne mit vielen Gesprächen beisteuern möchte. Und Sparen und Konzentration auf wichtige Aufgaben betreffe in einer Stadtverwaltung nicht allein die großen Projekte, sagt Brigitte Hankel. Das fange in jedem Fachbereich und bei jedem Mitarbeiter im Rathaus unmittelbar an, beispielsweise bei der Frage: Muss ich dieses Dokument jetzt wirklich ausdrucken? Den mehr als 700 Seiten starken Haushaltsplan hat die Kämmerin längst nicht mehr gedruckt auf ihrem Schreibtisch, sondern im Computer dabei. Auch mit einem digitalen Rechnungseingang könnte man noch viele Geld und auch Zeit sparen, sagt Hankel.

Privat ist der Naturfan gerne draußen unterwegs. Die 42-Jährige nutzt die Mittagspause in den nahen Grünanlagen rund ums Rathaus und hat schon erste Lieblingsplätze entdeckt. Überhaupt ist die Mutter von zwei Söhnen (17 und 18) aktiv, wandert, läuft, tanzt, fährt Ski, fährt Mountainbike und Motorrad. Mit ihrem Ehemann wohnt die Kämmerin weiterhin in Osterode, beide campen gerne mit dem eigenen Wohnwagen – oft im nahen Harz.

Knifflige Aufgaben auf dem Weg zum Haushaltsziel

Kämmerin Brigitte Hankel und Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder.

Die neue Kämmerin Brigitte Hankel und Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder.

Trotz guter Zahlen wird die Stadt Einbeck auch für das kommende Haushaltsjahr nicht beim Land Niedersachsen beantragen, aus dem Zukunftsvertrag entlassen zu werden. Das sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, als sie den Haushaltsentwurf für das Jahr 2017 im neuen Stadtrat einbrachte. Im vergangenen Sommer bereits habe sich Politik mit Verwaltung dafür entschieden noch zu warten, bis die Finanzen der Stadt auch perspektivisch gesehen stabil genug dafür ist. Einbeck sei auf einem guten Weg, die finanzielle Lage bleibe aber knifflig. „Wir dürfen jetzt nicht von unserem Kurs abkommen“, sagte die Rathauschefin. Und der heiße: Sparen. Und die Strukturen an die weiter sinkende Einwohnerzahl anpassen, um im Falle schlechterer Haushaltsbedingungen vorbereitet zu sein. „Ich bleibe dabei, das enge Korsett des Zukunftsvertrages ein weiteres Jahr zu tragen, um uns dann 2018 mit der Frage zu beschäftigen, das Land um Entlassung zu bitten.“

Das Zahlenwerk wird jetzt in den nächsten Wochen in den Fachausschüssen besprochen. Der Etat hat ein Volumen von rund 50 Millionen Euro. Geplant ist, den Ergebnishaushalt mit einem Überschuss von rund 565.000 Euro abzuschließen. Auch die mittelfristige Planung bis 2020 ist positiv. Einbeck plant nahezu unverändert zu 2016 mit Steuereinnahmen in Höhe von knapp 40 Millionen Euro, dank guter Konjunktur wieder allein je 11,5 Millionen bei Gewerbesteuer und beim Gemeindeanteil der Einkommenssteuer. Ab 2017 gelten in der gesamten Stadt die gleichen Hebesätze bei der Grundsteuer, 400 v.H. dann auch im Bereich der ehemaligen Gemeinde Kreiensen, bislang 370 v.H. Bei den Personalkosten will die Stadt künftig 65.000 Euro pro Jahr sparen, hier machten sich die Strukturveränderungen „Rathaus 2020“ bemerkbar, sagte die Bürgermeisterin. Als größte Posten bei den vorgesehenen Investitionen nannte die Verwaltungschefin die Sanierung des Alten Rathauses inklusive Gewölbekeller, den Umbau des Jugendgästehauses sowie den Bau einer Multifunktionshalle neben dem neuen Haus der Jugend am Kohnser Weg. Der Haushaltsplan sieht auch Kredite vor, um nicht durch Fördermittel gedeckte Eigentanteile zu finanzieren. Die Aufsichtsbehörde habe trotz Sparzwangs eine Genehmigung dieser Kredite nicht gänzlich ausgeschlossen, sagte Michalek. Mit 450.000 Euro jährlich muss die Stadt den Kredit für den Neun-Millionen-Euro-Erwerb des Neuen Rathauses tilgen.

Erhebliche investive Mittel sind unter anderem geplant für die Sanierung der Stützmauer an der Heldenburg in Salzderhelden und für die technische Sicherung von Bahnübergängen bei der Reaktivierung der Bahntrasse von Einbeck nach Salzderhelden. „Ich stelle die Notwendigkeit dieser Maßnahme nicht in Frage, aber ich fühle mich hier vom Land ein Stück weit im Stich gelassen“, sagte die Bürgermeisterin. Sie lese die unterzeichnete Finanzierungsvereinbarung mit der Deckelung des kommunalen Anteils so, dass der Eigenanteil der Stadt Einbeck mit der geleisteten Kapitalerhöhung (300.000 Euro) an der Ilmebahn GmbH abgedeckt gewesen sei. Michalek: „So wertvoll die Reaktivierung der Bahnstrecke für Einbeck ist, ich hoffe nicht, dass sie zu einem Fass ohne Boden für die Stadt wird.“ Denn schließlich ständen auch noch die Brücken der Trasse zur Sanierung an, und den ZOB wolle man ja in den nächsten Jahren auch noch umbauen.

Ein letztes Mal dankte die Bürgermeisterin der bisherigen Kämmerin Christa Dammes und deren Team für die Aufstellung des Haushaltsentwurfs. Und sie begrüßte die neue Kämmerin Brigitte Hankel, die zum 1. November die Nachfolge der in den Ruhestand gewechselten Christa Dammes angetreten hat. Hankel war zuvor Kämmerin bei der Gemeinde Katlenburg-Lindau.

Eine neue Frau der Haushaltszahlen

Brigitte Hankel (42) wird zum 1. November neue Frau der Haushaltszahlen als Sachgebietsleiterin Haushalt und Steuern bei der Stadtverwaltung in Einbeck. Auf diese Personalie hat sich der Verwaltungsausschuss des Einbecker Rates nach Auskunft von Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek einstimmig verständigt. Seit Ende 2013 ist Brigitte Hankel Leiterin der Kämmerei bei der Gemeindeverwaltung in Katlenburg-Lindau. Zuvor war die Diplom-Verwaltungswirtin und Diplom-Verwaltungsbetriebswirtin beim Landkreis Göttingen sowie der Stadt Osterode am Harz beschäftigt. In Einbeck tritt Brigitte Hankel die Nachfolge von Christa Dammes an, die Ende dieses Monats als Leiterin des Sachgebietes Haushalt und Steuern ihren aktiven Dienst beendet und später in den Ruhestand wechselt. „Die Stadt Einbeck freut sich, eine absolute Fachfrau gefunden zu haben“, erklärte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek. Der Haushalt 2017 wird noch die Handschrift von Christa Dammes haben, wird das Zahlenwerk doch in der konstituierenden Ratssitzung am 2. November in die Beratungen eingebracht. Diese in den neu zusammengesetzten Fachgremien wird dann schon Brigitte Hankel übernehmen.