Man muss keine große Leuchte in Mathematik und auch kein großer Bilanzrechnungsexperte sein, um zu wissen, was ein Nenner ist. Und dann genügt es einfach zuzuschauen und zu beobachten. Es bleibt dabei, auch nach der Sondersitzung des Finanzausschusses: Im Rathaus und in der SPD-Fraktion gibt es deutlich unterschiedliche Auffassungen darüber, wie der städtische Haushalt zu führen ist. Sie kommen auf keinen gemeinsamen Nenner. Besonders SPD-Chefhaushälter Rolf Hojnatzki und Kämmerin Brigitte Hankel haben sich gegenseitig Nettigkeiten zugeworfen: Der SPD-Mann verwahrte sich dagegen, etwas schönzurechnen. Aber wenn es offenbar Mehreinnahmen in einer solchen Größenordnung gebe (im Nachtragshaushalt werden die Kosten für den Kindergartenneubau Vogelbeck im Wesentlichen von Verzinsungen aus Steuernachforderungen aufgrund von Betriebsprüfungen bei Unternehmen in Höhe von 1,1 Million Euro gedeckt), dann sei sein Vorschlag, unterstrich Hojnatzki, mit Nettomehreinnahmen von 150.000 Euro für 2018 zu kalkulieren ein „minimaler Ansatz“. Das sei nicht unseriös. Denn es steckten doch vermutlich insgesamt Mehreinnahmen von „einer Million Euro und mehr“ dahinter, sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende. Die Kämmerin mahnte zur Vorsicht, möchte das Geld erst ausgeben, wenn es auch da ist: „Haben sie Geduld und Vernunft, lassen sie Vorsicht walten.“ Erst wenn 2017 zuende sei, könne man klarer sehen. In der Tat gebe es einen „Sondereffekt“, wie Hankel sagte. Mit dieser „beeindruckenden Summe“, deren Höhe die Kämmerin nicht sagen mochte, möchte sie eine Rückstellung bilden. Munter spekuliert werden werden kann jetzt über die Summe, wenn die Stadt allein 1,1 Millionen Euro aus den Verzinsungen der bis ins Jahr 2004 zurück reichenden Gewerbesteuerrückzahlungen einnimmt.
Auch CDU und GfE/Bürgerliste waren verblüfft. Auf die Frage von Albert Eggers (CDU) räumte Brigitte Hankel ein, dass die Mehreinnahmen auch schon vor zwei Wochen bei der regulären Finanzausschuss-Sitzung bekannt gewesen seien. Der Verwaltung jedenfalls. Sie habe aber nicht häppchenweise informieren wollen, denn die Nachricht hätte möglicherweise Begehrlichkeiten in der Politik geweckt, begründete die Kämmerin. Womit sie nicht Unrecht haben dürfte (was man ja am neuen Rechenvorschlag der SPD sieht). Das sei nun schon die zweite Sitzung, in der man mit der Hälfte der Fakten arbeite, kritisierte Ausschuss-Vorsitzender Frank-Dieter Pfefferkorn. „Das ist schade und sehr unbefriedigend.“
Die SPD hatte in der Sitzung einen weiteren Vorschlag vorgelegt, wie es im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt ohne Neuverschuldung und mit „schwarzer Null“ im Haushalt 2018 gehen könnte. Und hatte dabei die unerwarteten Steuermehreinnahmen gleich eingepreist. Als sie mit der Änderung des Nachtragshaushalts nicht durchkam, stimmte am Ende auch die SPD im Finanzausschuss für den Nachtragshaushalt 2017 in der Verwaltungsversion. Das ist offenbar der kleinste gemeinsame Nenner. Denn den Haushalt 2018 hat der Finanzausschuss mehrheitlich dem Stadtrat im Dezember gegen die Stimmen der SPD zur Annahme empfohlen. Der Verwaltungsausschuss hat diesen Beschluss gestern bestätigt. Abschließend entscheidet der Stadtrat am 6. Dezember.