Es kam jetzt nicht überraschend und hatte sich nach den beiden Sitzungen des Finanzausschusses sowie nach folgenden Äußerungen bereits abgezeichnet. Die SPD-Spitze, das wurde im Stadtrat in dieser Woche überdeutlich, meint besser rechnen zu können als die Kämmerei im Rathaus. Und manchmal, und in letzter Zeit immer häufiger, wird man als Beobachter das Gefühl nicht los, dass es in der Debatte zu häufig um verbale Knietritte gegen die Rathausspitze geht. Wobei auch das so neu nicht und vielleicht eine Art Rückspiel ist, gab es doch in Einbeck Jahre, in denen eine Jamaika-Koalition von CDU, FDP und Grünen keine Gelegenheit ausgelassen hat, dem damaligen SPD-Bürgermeister Ulrich Minkner wortreich gegen das Schienbein zu treten.
Gegen die Stimmen der SPD-Fraktion, aber mit breiter Mehrheit der übrigen Fraktionen hat der Stadtrat in Einbeck dem Haushalt 2018 zugestimmt. Die Sozialdemokraten haben ihr Nein damit begründet, dass sie der dort einkalkulierten Neuverschuldung nicht zustimmen wollten. Einbeck verliere mit einer Neuverschuldung in den Jahren 2018 und 2019 und einem unterlassenen Schuldenabbau von insgesamt rund 1,4 Millionen Euro das Ziel der Haushaltskonsolidierung völlig aus den Augen, kritisierte SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Hojnatzki. „Stattdessen setzen Verwaltung und Haushaltsmehrheit auf das Prinzip Hoffnung.“ Vorschläge, wie es anders gehe, habe die SPD gemacht, auch Einsparvorschläge. Die mittelfristige Finanzplanung täusche vor, die 1,4 Millionen Euro in den Jahren 2020 und 2021 wieder einzusparen. Hojnatzki: „Das ist keine solide Haushaltspolitik.“
Das sah CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht anders: „Ein guter Haushalt liegt vor uns.“ Die 181.000 Euro Neuverschuldung in 2018 seien „ein bisschen ein Luxusproblem“ angesichts der Projekte und Investitionen, die dieser Etat im kommenden Jahr stemme. Ebrecht: „Wir hatten schon schwierigere Haushaltslagen zu meistern.“
Einem Nachtragshaushalt für 2017 hat die SPD hingegen zusammen mit allen anderen Fraktionen zugestimmt. Mit dem 1,2 Millionen Euro umfassenden Etat soll ein bislang nicht in diesem Jahr einkalkulierter, aber notwendiger Neubau des Kindergartens in der Ortschaft Vogelbeck finanziert werden. Gedeckt werden diese Kosten im Wesentlichen durch unerwartete Mehrerträge in Höhe von 1,1 Million Euro bei Verzinsungen für Steuernachforderungen, die sich aufgrund von Betriebsprüfungen des Finanzamtes bei Unternehmen ergeben haben. Hinzu kommen Vergnügungssteuer-Mehreinnahmen in Höhe von 100.000 Euro, mit denen die Stadt nicht gerechnet hatte.
Es sei schade, dass die Verwaltung bei dem Nachtragshaushalt nur das Allernötigste an Mehreinnahmen berücksichtigt habe, offenbar um keine Begehrlichkeiten zu wecken, kritisierte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki. „Wir Ratsmitglieder der SPD lassen uns aber nicht wie kleine Kinder am Katzentisch mit blumigen Geschichten über Ziele und Kennzahlen abfrühstücken.“ Als einzige Fraktion habe man konkrete Vorschläge vorgelegt, wie eine Neuverschuldung im Folgejahr ausgeschlossen werden könnte. Es sei „eine bewusste Missachtung des Rates“, diesem und der Öffentlichkeit deutliche Steuermehreinnahmen bewusst zu verschweigen und dann großzügig in Aussicht zu stellen, dass das Jahresergebnis 2017 vermutlich so gut ausfallen werde, dass Einbeck keine Kredite im nächsten Jahr aufnehmen müsse. Hojnatzki: „Wir, nicht die Verwaltung, entscheiden über den Haushalt und Sie haben uns dafür unaufgefordert alle entscheidungsrelevanten Informationen zur Verfügung zu stellen.“
Auch Frank-Dieter Pfefferkorn (GfE/Bürgerliste) vermisste ein komplettes Bild, wie der Vorsitzende des Finanzausschusses sagte, leider würden zu erwartende Mehreinnahmen nicht oder erst auf Nachfrage offengelegt. „Das ist nicht der richtige Umgang.“
Kämmerin Brigitte Hankel riet bei erst jüngst bekannt gewordener zurück gehender Schlüsselzuweisung und unerwarteten Mehrerträgen bei der Gewerbesteuer zur Vorsicht und bat die Politik um Geduld. Sie rechne mit zusätzlichen Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von zurückhaltend kalkulierten rund 3,5 Millionen Euro. Das Jahr sei aber noch nicht zuende, da könne sich immer noch etwas ändern. Hankel: „Geraten Sie nicht in Versuchung.“
Während Kämmerin Brigitte Hankel die Größe besaß, sich für ihren in Richtung SPD gemachten „Unseriös“-Vorwurf bei den Sozialdemokraten in öffentlicher Sitzung zu entschuldigen, blieb die SPD bei den konfrontativen Tönen. Dieses Verhalten sei „ermüdend“, sagte CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht und ging auf offenkundige Kommunikationsprobleme zwischen SPD und Rathaus ein. Wie man in den Wald hinein rufe, so schalle es heraus, bemühte Ebrecht ein altes Sprichwort. Wer die Kämmerin öffentlich des Rechtsbruchs bezichtige, wie das SPD-Fraktionschef Hojnatzki getan habe, und dafür auch noch die Kommunalaufsicht einschalte, allerdings erfolglos, der dürfe sich nicht wundern.
Zu einer „Einbeck-Koalition“ kam es ja nun beim Haushalt 2018 nicht. Diese hatte jüngst das E-Paper „Rathaus intern“ erläutert: Beschlüsse des Rates würden fast immer einstimmig getroffen, es gebe also nicht nur eine „GroKo“, sondern sogar eine „EinKo“, eine „Einbeck-Koalition“ aller Fraktionen, heißt es unerwartet meinungsstark in dem von Bürgermeisterin-Vertreter Dr. Florian Schröder verantworteten Papier, das zuletzt Ende November erschienen war. Bisweilen gelinge die Einstimmigkeit nicht, „manchmal aus sachlichen, manchmal aus taktischen und manchmal auch aus sich nicht so recht erschließenden Gründen. Das gehört in einer Demokratie dazu und ist manchmal auch das Salz in der Suppe. Entscheidend sollte (und genau genommen: darf) aber bei allem politischem Meinungs- oder Machtkampf nur sein, dass Rat und Verwaltung dem Wohle der Stadt – und nur diesem – verpflichtet sind. Diesem wird durch eine vertrauensvolle Zusammenarbeit am besten gedient, bei der Argumente nicht nur ausgetauscht, sondern auch zum Anlass genommen werden, eigene Standpunkte zu hinterfragen und vielleicht manchmal sogar zu ändern. Es muss ja nicht gleich zum Zusammenwachsen – zur coalitio – kommen, aber manchmal hilft es sich darauf zu besinnen, dass Einbeck Einbeck ist und nicht Hannover, Berlin oder Brüssel. In einem Stadtrat geht es um konkrete, greif- und handhabbare Themen und Projekte und weniger um Weltanschauungen.“