
Während der heutigen Sitzung des Einbecker Schulausschusses ging mir ein Gedanke nicht aus dem Kopf, als sich die Ratspolitiker (mal wieder) in fein ziselierten Änderungsanträgen ergingen und die um den neuen Schulentwicklungsplan sich drehende Sitzung dehnte: Kapiert das, was hier heute beschlossen oder besser gesagt für den Stadtrat am 18. September empfohlen wird, eigentlich ein normaler Bürger? Ich blicke in die Runde, in den Zuhörerraum. Ich sehe viele Frauen und mehrere Männer, aber keinen „normalen“ Bürger. Niemanden, der nicht in irgend einer Weise täglich oder öfter mit Schule und mit Schulpolitik zu tun hat, ob als Lehrer, Elternvertreter oder Ortsbürgermeister…
Um das etwaigen Kritikern gleich klar zu sagen: Ich persönlich konnte der Debatte durchaus folgen. Aber ich beschäftige mich ja auch mit der Materie seit Monaten, seit Jahren! Und das auch beruflich! Wer aber bislang nur durch die Zeitungslektüre bzw. die Online-Medien die Schuldebatte in Einbeck verfolgt hat und dann einmal eine solche Schulausschuss-Sitzung wie die heutige besuchen sollte, muss sich schon sehr intensiv und genau vorbereiten (und das sozusagen ehrenamtlich), Nachhilfe in Begriffen wie offene oder gebundene Ganztagsschule nehmen, um der Aussprache der Ratsherren und Ratsfrauen auch nur annährend inhaltlich folgen zu können. Ist das bürgerfreundlich? Ist das transparent, wenn durchaus komplexe Änderungsanträge nur mündlich vorgetragen werden, wenn sich Beschlussvorlagen quasi dynamisch bis zur Sitzung aktualisieren? Meine Antwort ist: Nein.
Und bevor jetzt gleich wieder die eine politische Seite auf die andere mit dem Finger zeigt, dass die ja Schuld sei – und wenn nicht der politische Mitbewerber, dann wahlweise die Bürgermeisterin oder die Verwaltung oder alle beide: Darum geht es nicht. Diese politischen Scharmützel, so unterhaltsam sie für manche sein mögen, bringen die Stadt nicht voran. Es wird nicht besser, wenn man beispielsweise bei jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit meint, noch einmal einfließen lassen zu müssen, wer denn vermeintlich in zwei Jahren Arbeitskreis Schulpolitik nichts auf die Reihe bekommen hat. Auch die Retourkutsche geht einem allmählich auf den Geist: Wer denn bis Januar Bürgermeister gewesen sei, der sei auch nicht unschuldig. Das alles nervt nur noch. Vielleicht sehen das ja viele Bürger genauso. Und bleiben bei solchen Ausschusssitzungen gleich zuhause oder sitzen vor dem Rathaus lieber in der Abendsonne.
Die SPD hat sich bei den verschiedenen Abstimmungen heute zusammen mit den Elternvertreter-Stimmen durchgesetzt, dass ab 1. August 2014 ein Ganztagsangebot in allen Einbecker Kernstadtgrundschulen angestrebt werden soll. Und dass die Kinder aus den südlichen Dörfern die Grundschulen Drüber oder Vogelbeck besuchen sollen. (Nachtrag: Die Abstimmungen waren nicht gültig, es gab keine Mehrheit, eine Elternvertreterin hätte nicht mit abstimmen dürfen.)
Die CDU ist mit ihrem Vorstoß, die Grundschule Drüber zum Schuljahr 2014/15 zu schließen, gescheitert. Vorerst. Sie brachte die FDP, die Grünen und die GfE hinter sich, aber es fehlte eine Stimme für eine Mehrheit, den Grundschulstandort Drüber zum Schuljahr 2014/15 zu kippen, wo der Landkreis seine Förderschule abziehen wird. In der beschließenden Ratssitzung am 18. September sind die Stimmenverhältnisse andere, da fehlen nämlich die Eltern- und Lehrervertreter, die sich heute enthielten oder mit der SPD dagegen votierten. Für den Erhalt der Grundschule Drüber ist das eine Schonfrist, mehr nicht. (Nachtrag: Die Abstimmungen waren nicht gültig, es gab keine Mehrheit, eine Elternvertreterin hätte nicht mit abstimmen dürfen.)
Das Schulentwicklungskonzept in Gänze fand dagegen die heute fest gefügt scheinende 8:7-Mehrheit bei zwei Enthaltungen. Und in dem ist als eine Handlungsempfehlung eben auch vermerkt, dass der Schulstandort Drüber keine Zukunft habe. (Nachtrag: Die Abstimmungen waren nicht gültig, es gab keine Mehrheit, eine Elternvertreterin hätte nicht mit abstimmen dürfen.)
Bemerkenswert fand ich heute noch eine Ausführung von Marcus Seidel (SPD). Nachdem er vor allem der GfE CDU eine glaubhafte Politik abgesprochen hatte (ohne freilich die GfE namentlich zu nennen) und es einen schweren Fehler nannte, schon zwölf Wochen nach dem Beschluss, einzügige Grundschulen zu erhalten, dieses mit Drüber alles wieder kippen zu wollen, berichtete Seidel ein wenig aus dem nicht-öffentlich tagenden Verwaltungsausschuss (VA). In dem habe die SPD-Fraktionsvorsitzende Margrit Cludius-Brandt mehrfach bei der Bürgermeisterin angemahnt und nachgefasst, dass diese mit dem Landkreis und dem Landrat wegen der Modalitäten bei der Grundschule Drüber im dem Landkreis gehörenden Schulgebäude in Drüber verhandeln solle (die Verhandlungen hatten offenbar Erfolg, wie Schulfachbereichsleiter Albert Deike anfangs der Sitzung mitteilte, der Landrat habe um 15.000 Euro günstigere Konditionen angeboten). Ich dachte bislang eigentlich, dass die Inhalte der VA-Sitzungen vertraulich seien und ausschließlich Beschlussergebnisse öffentlich mitgeteilt werden dürfen. Vom Hauptverwaltungsbeamten, also dem Bürgermeister. Aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren. Erst recht nach einer Sitzung des Schulausschusses.
(Zweite Aktualisierung: 29.08.2013, 22:34 Uhr)
(Aktualisiert: 29.08.2013, 09:39 Uhr. Im letzten Absatz war mir ein Fehler unterlaufen, gemeint sein bei „glaubhafter Politik abgesprochen“ kann eigentlich nur die GfE, die ihre Haltung offenbar geändert hat, stimmte sie im Mai mit der SPD für Einzügigkeit, jetzt mit der CDU für Schließung von Drüber.)