Hoffnung auf Rotkäppchen

Zweimal gelb: Nur noch Metronom-Fahrkartenautomaten gibt es am Bahnhof in Kreiensen (Foto) und in Salzderhelden.
Zweimal gelb: Nur noch Metronom-Fahrkartenautomaten gibt es am Bahnhof in Kreiensen (Foto) und in Salzderhelden.

Das kleine Gebäude direkt am Gleis ist verwaist, nur noch leere Schreibtische sind von außen durch die großen Glasscheiben zu erkennen. Hier hatten früher die Mitarbeiter des Service-Personals der Deutschen Bahn AG ihren Platz, wenn sie nicht gerade auf dem Bahnhof in Kreiensen unterwegs waren, um Auskunft zu geben und Bahnreisenden zu helfen. Seit Monaten schon gibt es keine Rotkäppchen mehr am Bahnhof im Einbecker Ortsteil Kreiensen, so werden die Service-Mitarbeiter der Bahn mit der markanten roten Kappe liebevoll genannt.

Ein bisschen Hoffnung gibt es aber noch. Wie mir Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek auf meine Frage sagte, soll es nach einem von der SPD-Ratsfraktion angeschobenen Gesprächstermin mit Vertretern der Schienenverkehrsbetreibern und der Politik Ende August nun Mitte Dezember auf Einladung der Landesnahverkehrsgesellschaft (LNVG) ein Gespräch mit der DB Netz geben. Die Bahn hatte immer argumentiert, dass es das Service-Personal grundsätzlich nur noch auf Bahnhöfen mit einer gewissen Größe (Fahrgastzahlen) gebe. In Kreiensen sind laut Bahn täglich rund 3000 Fahrgäste unterwegs.

Unterdessen finden Bahnreisende seit einigen Wochen keinen Fahrkarten-Automaten der Deutschen Bahn AG mehr am Bahnhof in Kreiensen. Auch in Einbeck-Salzderhelden stehen nur noch zwei gelbe Geräte des Unternehmens Metronom im Bahnhofsgebäude. Die Veränderung ist Teil eines neuen Vertriebsmodells, erklärte Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis auf meine Anfrage. Die LNVG habe den stationären Fahrkartenverkauf vollständig einem einzigen Eisenbahnverkehrsunternehmen (EVU) übertragen. Durch das daraus resultierende Fahrkarten-Vertriebsverbot für andere EVU rund um den Bahnhof mussten die DB-Automaten abgebaut werden. Im Bahnhofsgebäude in Kreiensen gebe es aber unverändert eine Agentur mit DB-Lizenz, in der alle Fahrkarten der Deutschen Bahn während der Öffnungszeiten erworben werden können. Da im Nahverkehr der Niedersachsentarif gilt, können in den Metronom-Automaten beispielsweise auch Tickets für Fahrten mit dem Regionalexpress der Deutschen Bahn von Kreiensen nach Bad Harzburg gekauft werden. Meyer-Lovis: „Alle vorhanden Nahverkehrsangebote im Automaten haben auf der gewählten Relation in den Nahverkehrszügen Gültigkeit.“

Ein wenig mysteriös ist in diesem Zusammenhang, dass in Northeim am Bahnhof noch DB-Automaten stehen und die Bahn das damit erklärt, dass in Northeim Fernreisezüge halten. Das tun diese zwar auch in Kreiensen (Intercity). Aber das klärt sich sicher bald…

Nachtrag 27.11.2015: Heute hat sich der FDP-Landtagsabgeordnete Christian Grascha (Einbeck-Salzderhelden) zum Abbau der DB-Fahrkartenautomaten an den Bahnhöfen Kreiensen und Einbeck-Salzderhelden geäußert und eine Anfrage an die Landesregierung (Grascha_Anfrage DB Fahrkartenautomaten-26112015130928) gestellt. Der Freidemokrat möchte wissen, ob die Landesregierung vorab in Kenntnis gesetzt worden ist, dass die Automaten abgebaut wurden, und ob es Gespräche gab den Abbau der Automaten zu verhindern und welche Maßnahmen die Landesregierung plant, um den betroffenen Bürgern den Verkauf in Bahnhofsnähe zu jeder Tages- und Nachtzeit wieder zu ermöglichen. Anders als von Grascha jedoch in seiner Pressemitteilung (2015-11-16 Anfrage DB Fahrkartenautomat Grascha FDP) behauptet, sind Nahverkehrskarten für DB-Verbindungen (z.B. von Kreiensen nach Goslar zum Weihnachtsmarkt) auch in den verbliebenen Metronom-Automaten erhältlich, das habe ich persönlich ausprobiert. Anders verhält es sich mit Fernverkehrskarten für den IC. „Ein unkomplizierter Zugang zu Fahrkarten des öffentlichen Nah- und Fernverkehrs ist ein wichtiger Standortvorteil für den ländlichen Raum. Insbesondere Pendler trifft die Einschränkung erheblich“, kritisiert Grascha. Hoffentlich ist der Fakt, dass auf dem Northeimer Bahnhof noch DB-Automaten stehen (mit Hinweis auf die dortig haltenden Fernverbindungen) kein Hinweis darauf, dass IC-Verbindungen oder -Halte in Kreiensen in Zukunft gestrichen werden könnten…

Nachtrag 27.12.2015: Der Fahrgastverband „Pro Bahn“ Südniedersachsen hat sich der Angelegenheit noch einmal angenommen und in einer Pressemitteilung (2015_12_23_PIRV_Fahrkartenautomaten) kritisiert. Es könnten an den Stationen der Leinetal-Strecke wie in Kreiensen an den dortigen Metronom-Automaten keine Fahrscheine für den Fernverkehr der Deutschen Bahn und erst Recht keine Sparpreise mehr erworben werden. Nicht einmal das Lösen eines „Antrittsfahrscheins“, der die Fahrgäste zum Kauf der „richtigen“ Karte im Zuge ermächtigt, sei möglich, kritisiert „Pro Bahn“. „Dies ist sehr ärgerlich, weil damit der Übergang vom Nah- zum Fernverkehr – zum Beispiel von Nörten-Hardenberg nach Bremen oder von Northeim über Göttingen nach Frankfurt – deutlich erschwert wird. Den durchgängigen Fahrschein gibt es nur noch am Schalter, im Internet oder dort, wo DB-Automaten stehen.“

Nachtrag 06.01.2016: Hier gibt’s einen interessanten Forum-Beitrag zu der Thematik: Drehscheibe-Online.de. Inzwischen hat auch der FDP-Landtagsabgeordnete Christian Grascha eine Antwort der Landesregierung (Antw zu 4682) auf seine Anfrage vorliegen, hierzu auch seine aktuelle Pressemitteilung (Grascha 2016-01-04 Fahrkartenautomaten). Laut Landesregierung werde es auf absehbare Zeit an den Bahnhöfen in Einbeck-Salzderhelden und in Kreiensen keine Fahrkarten mehr für den Fernverkehr geben. Die Regierung weise in ihrer Antwort darauf hin, dass in Einbeck-Salzderhelden gar keine und in Kreiensen nur sehr wenig Fernverkehrszüge bedient würden. „Diese Antwort lässt vor allem für Kreiensen Böses ahnen. Offensichtlich steht mal wieder der IC-Halt auf der Kippe. Anders ist es ja nicht zu erklären, warum in Northeim, bei ähnlich Frequentierung, die DB-Automaten stehen geblieben sind“, meint Christian Grascha.