Änderungen bis zuletzt am Last-Minute-Haushalt

Dass der Haushalt 2023 der Stadt Einbeck am Ende von der Entwurfsversion, die die Bürgermeisterin im September vorgelegt hatte, abweichen wird, ist nicht nur üblich, sondern war imgrunde jedem Beobachter der kompakten Haushaltsberatungswoche der Fachausschüsse des Stadtrates mit teilweise zwei Sitzungen am Tag und mehreren kostspieligen Nachmeldungen klar (unter anderem Kita Deinerlinde). Dass der städtische Etat aber in diesem Haushaltsherbst offenbar so dermaßen mit aktueller Nadel gestrickt wird und der abschließende Finanzausschuss in seiner Haushaltssitzung jetzt noch nicht eine Endfassung empfohlen hat, sondern imgrunde nur einen Status Quo, ist dann doch ungewöhnlich. Bis zu Dezember-Sitzung des Stadtrates wird am Zahlenwerk geschraubt. Und zwar nicht nur in Nuancen.

Stand jetzt, erhöht sich das Haushaltsdefizit gegenüber dem ersten Entwurf um knapp eine Million auf 6,1 Millionen Euro. Die Rücklagen aus den Vorjahren können das Defizit zwar noch ausgleichen, aber wegen der veranschlagten Ausgaben und Investitionen in Höhe von aktuell knapp 12 Millionen Euro rechnet Kämmerer Christian Rohner damit, nach mehreren guten Jahren in 2023 erstmals wieder neue Kredite aufnehmen zu müssen. „Der Haushalt macht keinen Spaß in diesem Jahr“, seufzte der Kämmerer.

Einige der Unwägbarkeiten sind der politischen Großwetterlage mit ihren (steuerlichen) Auswirkungen bis hinunter auf die kommunale Ebene geschuldet. Energiepreise steigen auch für eine Stadt ebenso wie die allgemeinen Preise, hinzu kommen niedrigere Steuererwartungen. In diesem Jahr komme noch hinzu, sagte Kämmerer Christian Rohner, dass bis deutlich ins neue Jahr hinein keine verlässlichen Einkommenssteuerzahlen vorliegen werden, weil anders als sonst die steuerliche Bundesgesetzgebung noch nicht Gesetzeskraft hat. Kalkuliert wird konservativ.

Anderes jedoch bemängelten sowohl Finanzausschuss-Vorsitzender Frank-Dieter Pfefferkorn (BlGfE) als auch SPD-Haushaltsexperte Marcus Seidel als quasi von der Verwaltung  selbstverschuldet. Seidel nannte den Etat 2023 dann auch passend „Last-Minute-Haushalt“. Über den Stellenplan 2023 beispielsweise habe bislang noch kein demokratisch legitimiertes Gremium befunden, monierte Seidel, die Personalübersicht war im Finanzausschuss kein Thema (und wurde dementsprechend auch noch nicht beschlossen). Wohl aber legte Kämmerer Christian Rohner in seiner „Tischvorlage“ zur Ausschusssitzung neben anderen aktuellen Zahlen eine Personalerhöhung um drei halbe Stellen vor, insgesamt 236.000 Euro. Mit der Verdoppelung der bereits eingepreisten dreiprozentigen Tariferhöhung auf nun sechs Prozent sind das Mitarbeiter-Mehrkosten von rund 636.000 Euro. Im kommenden Jahr solle das mit dem Stellenplan anders werden, versprach Bürgermeisterin-Stellvertreter Dr. Florian Schröder. Besonders kritisiert wurde bei den drei neuen halben Stellen diejenige für Öffentlichkeitsarbeit (33.800 Euro). Schröder rechtfertigte die Ausweitung mit der Vielzahl von Kanälen, die gebündelt werden sollten, außerdem solle die Öffentlichkeitsarbeit nicht mehr wie heute dezentral organisiert werden. Pfefferkorn zeigte sich darüber wie auch Dirk Heitmüller (SPD) überrascht, er habe die gebildete Stabsstelle PBR (Public and Business Relations) als „PR-Ministerium im Hause“ verstanden und gedacht, dass mit dem heutigen Personalbestand die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt zu leisten sei, sagte Pfefferkorn. Viele der aktuellen neuen Gesichter seien dem Fördermittel-finanzierten Smart-City-Projekt geschuldet, informierte Schröder. Er sagte zu, dass in einer der nächsten Sitzungen des Finanzausschusses die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt noch einmal inhaltlich aufgeschlüsselt werden solle, wer was mache und welche Kosten dafür entstehen.

„Weniger mit Pathos, mehr mit Fakten“ an den Haushalt heranzugehen, werde für die ehrenamtlichen Ratspolitiker immer schwieriger, kritisierte Frank-Dieter Pfefferkorn (BlGfE). Zuvor hatte schon Marcus Seidel (SPD) bemängelt, dass es viele Änderungen auf den letzten Drücker gebe, ohne dass die Fraktionen sie vorberaten könnten. Der mehr als sieben Millionen Euro kostende Kita-Ersatzneubau Deinerlinde habe nicht im Bürgermeisterin-Entwurf gestanden, obwohl er für die Verwaltung als dringend notwendig hätte absehbar gewesen sein müssen. Erst im Fachausschuss sei man damit um die Ecke gekommen. Bis zum finalen Verwaltungsausschuss und Stadtrat rechnet Marcus Seidel beim Gesamthaushalt noch mit Veränderungen in sechsstelliger Größenordnung. Das sei für die Öffentlichkeit alles nur noch schwer nachvollziehbar und mache den Eindruck, vieles sei nicht bis zu Ende durchkalkuliert. Ihm sei bei dieser Besorgnis erregenden Entwicklung nicht an allen Stellen wohl dabei. Seidel prophezeite, man werde wohl bei einigen Projekten mit Nachtragshaushalten arbeiten müssen. Der Finanzausschuss beschloss dazu einstimmig bei Enthaltung von Alexander Kloss (parteilos), für den Abriss eines Feuerwehrgebäudes in Vogelbeck und Neubau eines Einstellplatzes mit Photovoltaikanlage zunächst nur 60.000 Euro Planungskosten vorzusehen, die eigentlich einzuplanenden 750.000 Euro aber auf einen ebensolchen Nachtragsetat zu verschieben. Der Gesamthaushalt als aktuell vorliegendes Zahlenwerk wurde vom Finanzausschuss am Ende einstimmig empfohlen, bei einer Enthaltung von Alexander Kloss (parteilos) für die FDP/Kloss-Ratsgruppe.

(Aktualisiert 10.11.2022, 07:45 Uhr.)

Versehentlich war in einer ersten Version jeweils von Gegenstimmen von Alexander Kloss die Rede, das war falsch, es waren Enthaltungen. Ich bitte um Entschuldigung.