Smart City? Was ist das denn eigentlich? Das Musterhaus „Denk!Mal“ jedenfalls ist Kernstück des Projekts, das Einbeck auf dem Weg in die Zukunft und Digitalisierung voranbringen will – auch finanziell: Rund 35 Prozent der Projektmittel von insgesamt 4,6 Millionen Euro für Smart City entfallen auf die beiden denkmalgeschützten Häuser in der Knochenhauerstraße 2-4. Dort soll bei einer denkmalkonformen Sanierung vor allem auch gezeigt werden, was heutzutage technisch möglich ist, was innovativ oder experimentell ist, gerade bei der technischen Gebäudeausstattung. Deswegen ist es ja ein Musterhaus, bei dem schon während der Planungs- und Bauphase, aber auch später alles transparent geschieht und gezeigt und dokumentiert wird. Diese Transparenz führte im jüngsten Ausschuss für Tourismus und Wirtschaftsförderung ein wenig zu Diskussionen, die es immer wieder dann gibt, sobald fachlich mehrere Ausschüsse des Rates für ein Thema zuständig sind oder sich zuständig fühlen.

Smart City ist fachlich an die Wirtschaftsförderung angekoppelt, deshalb auch die Präsentation der Planungen und Pläne im zuständigen Fachausschuss. Doch während Architektin Barbara Müller aus Duderstadt und Nachhaltigkeitsmanagerin Alena Ronnenberg von der Einbecker Stadtverwaltung so ihre Entwürfe präsentierten, von modernen Eisspeichern für die Energieversorgung und von den Problemen berichteten, die Türabsätze und Schwellen für die Räume in den Obergeschossen in punkto Barrierefreiheit und Deckenhöhe ergeben, wurde der Konflikt der Politik immer greifbarer: Ein öffentlich gefördertes Gebäude, in dem Büros der Stadt und Wohnungen entstehen sollen, das nicht beispielsweise über einen Fahrstuhl barrierefrei erreichbar sein wird – darf es so etwas geben? Beatrix Tappe-Rostalski (CDU) war „entsetzt“, wie sie sagte, sie habe eine „riesengroßes Problem damit, wenn es keine Barrierefreiheit gibt“. Arbeitsplätze der öffentlichen Verwaltung müssten doch für jeden zu erreichen sein. Und auch Alexander Kloss (parteilos) war mulmig dabei, welches Vorbild die Stadt Einbeck gebe, wenn sie Musterwohnungen schaffe, die nicht für jeden mustergültig erreichbar seien.
Architektin Barbara Müller verteidigte ihre Pläne, die Räume in den beiden Gebäuden würden es einfach nicht hergeben, die Schieflagen der Flächen, die Schwellen auszugleichen, weil die Raumhöhe darunter extrem leiden würde. Über einen Fahrstuhl habe man lange nachgedacht, ihn letztlich verworfen, er könnte aber im Innenhof an die Fassade gebaut werden.
Ausschussvorsitzender Dirk Heitmüller (SPD) machte das Dilemma deutlich: Am Alten Rathaus baue die Stadt einen Fahrstuhl, was einige kritisierten, hier baue man jetzt keinen Fahrstuhl, was offenbar nun auch wieder nicht richtig sei. Um die Fragen des Bauens solle sich ohnehin der Fachausschuss für Bauen und Stadtentwicklung kümmern. Der wird sich letztlich die Frage stellen und beantworten müssen: Wird jedes alte Haus überall für jeden erschlossen werden können? Nicht technisch, sondern wirtschaftlich vertretbar. Und: Kann öffentliche Verwaltung in solche Häuser einziehen, wenn die Antwort auf die erste Frage Nein lautet? Und schließlich: Darf Smart City mit seinem Musterhaus Vorbild werden, Inspirationen geben? Keine andere geförderte Smarty-City-Kommune hat ein solches Beispielhaus, in dem auch mal verwegene Gedanken gedacht werden dürfen müssen. Sonst kann man es gleich lassen.


Guten Abend,
trotz aller Diskrepanz um die Einholung von Beschlussempfehlungen infolge ambivalenter Beratungsformen in verschiedenen Ausschüssen ist doch geregelt, welches Organ nach Herstellung des Benehmens mit dem Seniorenrat die Letztentscheidungskompetenz besitzt. Dieses sollte Wert darauf legen, dass nun einmal keine Limitierung für Bevölkerungsteile erfolgen darf, denen – aus welchen Gründen auch immer – die Nutzung öffentlicher Einrichtungen erschwert ist. Bekanntlich bedeutet Barrierefreiheit insbesondere, dass Personen mit sensorischen Einschränkungen sowie Menschen, die vor den „Baby-Boomer-Zeiten“ geboren wurden, in der Lage sind, die gleichen Möglichkeiten und Vorteile wie ihre (jüngeren) Zeitgenossen, die noch ohne Einschränkungen ihr Dasein fristen, zu haben.
Inwieweit Befreiungsmöglichkeiten bestehen, um gesetzliche Verordnungen in den Hintergrund schieben zu dürfen, welche die Betreiber der öffentlichen Einrichtungen dazu verpflichten, Barrierefreiheit zu gewährleisten, sollte das Entscheidungsgremium prüfen lassen. Man beachte aber z. B. die UN-Behindertenrechtskonvention. Verwaltungen haben jüngst sich verstärkt der Kundenorientierung verschrieben. Auch in Einbeck gab es dazu vor Jahren eine Befragung. Können Kunden ohne Schwierigkeiten städtische Liegenschaften betreten, um die angebotenen Dienstleistungen zu nutzen, führt dies zweifelsfrei zu einer positiven Wahrnehmung der kommunalen Einrichtung. Barrierefreiheit im Bürogebäude erhöht auch die Zufriedenheit der dort Beschäftigten. Wenn Bedienstete ohne Hindernisse arbeiten können, fühlen sie sich geschätzt und respektiert. Dies kann sich positiv auf die Arbeitsleistung und das Engagement der Bediensteten auswirken.
Man muss sich also nicht darüber wundern, dass Zweifel an der Vorbildwirkung der im Bauwesen tätigen öffentlichen Stellen bestehen, wenn die Merkmale des aktuellen Projekts betrachtet werden.
Beste Grüße
U. Aßmann