Gibt es in Zukunft zwei Fraktionen der CDU im Einbecker Stadtrat? Der im vergangenen Jahr aus der CDU-Fraktion ausgeschlossene Ratsherr Helmar Breuker (CDU) kündigte am Dienstag Abend jedenfalls eine neue Gruppierung an, die er zusammen mit dem CDU-Ratsherrn Dr. Andreas Kroll bilden will: die „Christdemokratische Ratsgruppe Einbeck“ (CRE). Zu diesem Schritt habe man sich im Vorstand des CDU-Stadtverbandes entschlossen, erklärte Breuker per Pressemitteilung, Kreis- und Landespartei seien darüber informiert. Breuker ist stellvertretender CDU-Vorsitzender in Einbeck und ebenso Vize im Kreisverband. Mittlerweile hat sich allerdings herausgestellt, dass weder Stadtverband-Vorstand noch Kreisvorsitzender von dem Schritt vorab wussten.
Update 22.02.2023, 21:04 Uhr
Während Helmar Breuker auch auf Nachfrage noch beteuert, die Bekanntgabe sei mit Dr. Kroll abgestimmt und dieser sei aus Solidarität zu ihm aus der Fraktion ausgetreten, betonte Dr. Andreas Kroll am Mittwoch Abend mir gegenüber eindeutig, er sei nicht aus der CDU-Ratsfraktion ausgetreten! Die Mitteilung zu der neuen Fraktion sei von Breuker allein verfasst worden und von ihm, Dr. Kroll, „nicht freigegeben und schon gar nicht mit mir abgestimmt“ worden. Er sei sauer. Beruflich sei er momentan sehr eingespannt und habe momentan nicht die Zeit für Kommunalpolitik.
Frühere Version:
Gänzlich überraschend kommt ein solcher Schritt für Beobachter nicht. Helmar Breuker hatte im Landtagswahlkampf intensiv Wahlkampf für den damaligen CDU-Kandidaten Dr. Andreas Kroll gemacht, der von ihm geführte Stadtverband sah sich enger und häufiger an der Seite des letztlich nicht erfolgreichen Landtagskandidaten Kroll als die Fraktion, das war für jeden offensichtlich.
Dennoch sind nach der heutigen Ankündigung einige Fragen offen (und von mir bei den Beteiligten aktuell angefragt): Ist Dr. Andreas Kroll aus der CDU-Ratsfraktion ausgetreten? Oder ebenfalls ausgeschlossen worden wie Breuker? Was sagt der Kreisvorsitzende David Artschwager zu der Entwicklung in Einbeck? Ihn sah man zuletzt häufig an der Seite Breukers und Krolls. Was sagt die CDU-Ratsfraktion und ihr Vorsitzender Dirk Ebrecht zu dem Schritt? Ist die neue Fraktion CRE schon im Rathaus angemeldet worden oder erfahren es Verwaltung und Politik aus den Medien?
Update, hier die ersten Antworten: Laut CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht ist Dr. Andreas Kroll bislang nicht aus der CDU-Ratsfraktion ausgetreten, eine förmliche schriftliche Erklärung liege ihm nicht vor, und in zwei Fraktionen gleichzeitig könne niemand sein. Die neue CRE hat ihre Fraktionsgründung am Dienstag Vormittag per Mail im Rathaus angezeigt, dort geht man bislang von einer rechtmäßigen Gründung aus. CDU-Kreisvorsitzender David Artschwager war nach eigenen Angaben bislang nur allgemein über die Pläne informiert, er habe keine konkreten Angaben zu Konstellation und Zeitpunkt gehabt. In den Gesprächen sei den Beteiligten klar gemacht worden, dass die Kreis-CDU das Thema als einen „Einbeck-spezifischen“ Vorgang ansehe, der auf Institutionen und deren Konstellation in der Kreis-CDU keinen Einfluss habe, erklärte Artschwager. Er persönlich finde diesen Vorgang ziemlich beachtenswert und hoffe, dass nun in der CDU Einbeck wieder Einigkeit einkehre und der Fokus auf inhaltliche Arbeit gelegt werde. Der Kreisvorsitzende: „Dafür haben uns die Bürgerinnen und Bürger ihr Vertrauen geschenkt, dem wir uns auch alle würdig erweisen müssen. In Ausführung dessen ist für stadtverbands-/ stadtratsfraktionsinterne Grabenkämpfe kein Platz!“
Helmar Breuker hat übrigens gegen seinen Rauswurf nach der Eilentscheidung des Verwaltungsgerichts Göttingen keine weiteren juristischen Mittel eingeleitet, wie er mir gegenüber sagte. In Revision beim OVG zu gehen habe er abgelehnt, „zumal politisch Fakten geschaffen und das persönliche Verhältnis zerstört sind“, wie Breuker sagte. Leider hätten die eher allgemeinen Begründung ausgereicht, „um den Wählerwillen auszuhebeln“.
Nach einem Jahr fraktionsinternen Streit wollen sich Breuker und Kroll nach eigenen Angaben wieder Inhalten widmen. Helmar Breuker: „Wir wollen parteiintern und -extern einen neuen Arbeitsstil entwickeln. Rats- und Fraktionsarbeit, abgesehen von nicht-öffentlichen Themen, ist für uns kein geschlossenes System. Wir laden alle Interessierten ein, uns zu begleiten.“ Bewusst habe man sich mit dem Namen der Gruppierung an die Mutterpartei CDU angelehnt. Zu deren Werten bekennen sich die beiden Ratsherren ausdrücklich und setzen auch deswegen auf Eigenständigkeit, wie Breuker schreibt. Dr. Andreas Kroll wird in der Mitteilung mit den Worten zitiert: „Wir sind auf den Listen der CDU angetreten und werden die Inhalte des Wahlprogramms und den Wunsch unserer Wählerinnen und Wähler in den Rat tragen. Dem fühlen wir uns verpflichtet.“
Sich einer anderen, bestehenden Ratsgruppe anzuschließen, kam für beide nach eigener Darstellung nicht in Frage. Aber man sei bei allen politischen Gruppierungen gesprächsbereit, wenn es um die Umsetzung politischer Inhalte gehe, schreiben sie und kündigten für die nächste Stadtrat-Sitzung einen ersten Antrag zur Staffelung der Kita-Gebühren an.
(Aktualisiert 22.02.2023, 16:32 Uhr)
