Hohe COPD-Fallzahlen: Erklärbar oder nicht?

Dr. med Andreas Kroll. Foto: Einbecker Bürgerspital

Der Einbecker Lungenfacharzt Dr. Andreas Kroll, Chefarzt am Einbecker Bürgerspital, hat für die hohe Fallzahlen von COPD-Kranken in Südniedersachsen eine Erklärung. Auslöser für die Lungenkrankheit COPD, auch chronische Bronchitis genannt, sei an erster Stelle mit 90 Prozent das Rauchen, erklärte Kroll in einer Pressemitteilung. Die übrigen zehn Prozent der COPD-Patienten haben nach Auffassung des Lungenexperten entweder andere Stäube oder Schadstoffe inhaliert, insbesondere Bergbauarbeiter und Menschen in Werkhallen mit Metall, Holz und Steinstäuben. Es wundere ihn deshalb nicht, dass im Bereich um Osterode besonders viele COPD-Betroffene lebten: bis vor Kurzem sei hier aktiver Bergbau betrieben worden, erläuterte Kroll.

Die SPD-Kreistagsfraktion war erschrocken über die hohe Zahl von COPD-Erkrankungen in Südniedersachsen, die im Versorgungsatlas (www.versorgungsatlas.de) beschrieben wird, einem Angebot des Zentralinstituts für die kassenärztliche Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland. Wie Fraktionsgeschäftsführer Peter Traupe auf meine Anfrage mitteilte, halte die SPD die Erklärungen von Dr. Andreas Kroll nicht für schlüssig. Es sei in Osterode nicht erst bis vor Kurzem Bergbau gewesen, außerdem seien in den Gebieten mit Tagebergbau in den neuen Bundesländern oder auch im Ruhrgebiet die Zahlen nicht ansatzweise so hoch. Die SPD-Kreistagsfraktion kann sich auch nicht vorstellen, dass leichtfertig im großen Stil von den Fach- und Hausärzten der falsche ICD-Schlüssel codiert werde. Dass Rauchen eine der Hauptursachen für die Lungenerkrankungen, insbesondere Lungenkrebs sei, werde nicht bestritten, erklärte Traupe. Im Gegenteil, als Fachsprecher der SPD-Landtagsfraktion setze sich Uwe Schwarz seit Jahrzehnten für weitreichende Rauchverbote ein, insbesondere dort, wo Menschen unfreiwillig mitrauchen müssen (Passivrauchen). Allerdings könne sich die SPD nicht vorstellen, dass das Rauchverhalten in Südniedersachsen derart untypisch von anderen Teilen der Bundesrepublik abweiche.

Die SPD-Kreistagsfraktion möchte die Ursachensuche weiter betreiben und hat das Thema auf die Tagesordnung des zuständigen Kreistag-Fachausschusses für Soziales setzen lassen. Auch im Landkreis Göttingen würden die Zahlen im Kreistag von den Sozialdemokraten hinterfragt. Uwe Schwarz und Fraktionsgeschäftsführer Peter Traupe wundern sich besonders, dass das Gesundheitsamt des Landkreises Northeim die Zahlen nicht kenne, wie aus einer ersten Antwort des Ersten Kreisrates Jörg Richert auf ihre Anfrage hervorgeht. Die festgestellte Häufigkeit liege am ehesten an der guten lungenfachärztlichen Versorgung, schreibt Richert. Auch das bezweifeln die Sozialdemokraten und möchten weiter recherchieren.