Sie weiß um ihre Stärke. Und versucht diese optimal im Wahlkampf auszuspielen. Astrid Klinkert-Kittel setzt auf persönliche Begegnungen, auf direkte Gespräche mit den Menschen im Landkreis Northeim. Dafür nimmt sie sich viel Zeit, zieht mit ihrem Kaffee-Bollerwagen durch die Dörfer, ist für einen Plausch nahbar. Hier kann die 57-Jährige die Menschen durch ihre offene, interessierte Art schnell für sich einnehmen. Die polternde politische Rede – die Landrätin wäre nicht sie selbst, wenn sie lautsprecherisch durch die Medien ziehen würde. Astrid Klinkert-Kittel, die seit fünf Jahren Chefin der Kreisverwaltung des Landkreises Northeim ist und dies auch die nächsten fünf Jahre bleiben möchte, nennt ihre Art einen „sanften Wahlkampf“, leise sei der, sie wolle viel zuhören.

Den Vorwurf, sie würde gar keinen Wahlkampf machen, kann sie nicht ernst nehmen. Sie macht ihn anders. Astrid Klinkert-Kittel hat sich bewusst entschieden, doppelgleisig vor dem Wahltermin zu fahren. Die 57-Jährige hat sich keinen langen Urlaub vom Kreishaus genommen, um sich komplett auf die Wahlauseinandersetzung zu konzentrieren. Die Landrätin möchte auch in diesen Tagen ihren Job zu 100 Prozent leisten. Wahlkampf-Aktionen sind dann nur noch etwas für die knappe Freizeit einer Hauptverwaltungsbeamtin und Chefin von knapp 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, für den Feierabend und das Wochenende. Die Termine organisiert sie mit ihrer Familie selbst, Politisches bespricht sie im Viererkreis mit der ebenfalls gerade bundestagswahlkämpfenden Frauke Heiligenstadt, der SPD-Chefin im Landkreis, sowie mit den beiden starken Männern der SPD-Kreistagsfraktion, Uwe Schwarz und Peter Traupe. Prominente Unterstützer mit klingenden Namen aus der Partei, in die sie 2018 eingetreten ist, hätte sie sich einladen können. Auch hier hat sich Astrid Klinkert-Kittel dagegen entschieden. Plakate gibt es von ihr eher um der grundsätzlichen Aufmerksamkeit für den Wahltermin am 12. September willen, wie sie sagt.
Was macht eigentlich ein Landrat oder eine Landrätin? Astrid Klinkert-Kittel sieht bei der Antwort auf diese Frage bei vielen einen großen Nachholbedarf. In den Schulen und an anderen Stellen müsse viel intensiver aufgeklärt werden über die Aufgaben und Arbeitsweisen der demokratischen Institutionen und Ämter vor Ort. Nur so könne das Interesse für lokale Politik früh geweckt und aufrechterhalten werden. Diese politische Bildung könnte eine der Aufgaben eines „Demokratie-Zentrums“ sein, das Astrid Klinkert-Kittel für Südniedersachsen vorschwebt. Auch einen Debattierclub könnte sie sich dort gut vorstellen – diskutieren, das wolle schließlich gelernt sein, sagt sie.
Auch bei einem weiteren Herzensthema ihres persönlichen Politikprogramms setzt Astrid Klinkert-Kittel auf frühe Prägungen. Die Landrätin möchte gerne den öffentlichen Personenverkehr für Kinder und Jugendliche kostenlos anbieten. In der Hoffnung, dass die jungen Menschen dann auch im fortgeschritteneren Alter dabei bleiben, zum Sport-Training mit dem Bus fahren, dass dieses für sie normal ist. Selbstverständlich muss dabei das Angebot flexibler werden, beispielsweise mit kleineren Bussen, weiß Klinkert-Kittel. Für das einstige Eco-Bus-Projekt des intelligenten Anrufbusses wünscht sie sich eine längere Testphase.
Alternative Wohnformen möchte Astrid Klinkert-Kittel gerne austesten. Die 57-Jährige schwärmt geradezu vom Ko-Dorf, einem Projekt mit kleinen Wohnhäusern, bei denen das Gemeinschaftsleben in Café, Kita oder Hofladen gemeinsam stattfindet. Ein Beispiel ist das brandenburgische Wiesenburg. Gerne würde die Landrätin erstmal kleiner starten, hat dafür auch schon passende kreiseigene Grundstücke im Auge. Bevor sie die zwei Standorte nennen könne, müssten noch Gespräche geführt werden, bittet Klinkert-Kittel um Verständnis. Es geht ihr auch vorrangiger um die Idee. Denn viele Menschen leben heute allein in großen Häusern, haben große Grundstücke. Hier die Gärten und vielleicht noch eine große Küche gemeinsam zu nutzen, wäre schon mal ein Anfang.
Die Entscheidung, noch einmal anzutreten, hat die Landrätin im vergangenen Sommer getroffen, im Familienkreis. Da lagen die belastenden Monate der ersten Corona-Phase gerade hinter AKK, wie viele sie kurz nennen. Vieles galt es für die Menschen im Landkreis zu organisieren, als das Leben aller von 100 auf 0 gebremst wurde.
Astrid Klinkert-Kittel hat sich entschlossen, sich am 12. September noch einmal einer demokratischen Entscheidung zu stellen. „Ich liebe meinen Job, nehme meine Verantwortung sehr ernst“, sagt sie. Vieles sei noch im Werden, was sie angestoßen habe, das Frauenhaus beispielsweise. Manche andere Themen möchte sie sehr gerne weiter mitgestalten, sagt Klinkert-Kittel. „Ich bin noch nicht fertig.“


Wie schön wirkt doch dieses Bild der harmonischen Dreieinigkeit der sozialdemokratischen Damen! Doch wir Wählerinnen und Wähler sollten uns keinen Sand in die Augen streuen lassen: Während die Landrätin als fachkundige und solide Arbeiterin sich vor ihrem politisch leichtgewichtigen Herausforderer wahrlich nicht zu fürchten braucht – auch wenn dieser offiziell der gemeinsame Kandidat von CDU und der FDP für das Amt ist – sehe ich geradezu unlösbare Probleme für die Kandidatin Frauke Heiligenstadt: Sie muss gegen einen populären, aufgeschlossenen und sehr aktiven CDU Abgeordneten antreten. Was für ein deutlicher Unterschied zu früheren SPD MdBs in Berlin!
Für viele unvergessen bleiben Heiligenstadts Jahre als ständig überforderte Kultusministerin in Hannover, in denen es ihr „erfolgreich“ gelungen ist, sich in allerkürzester Zeit zeitgleich mit allen Eltern- und Schülervertretern und obendrein auch noch zwei Lehrergewerkschaften anzulegen. Nach dem von ihr mit verschuldeten Ende von Rot-Grün in Hannover und deren Ersatz durch die Große Koalition unter dem MP Stephan Weil hat sie freiwillig darauf verzichtet, dem Land weiterhin als Ministerin zu dienen. Mutmaßungen über die Freiwilligkeit dieser Entscheidung sollen hier nicht angestellt werden.
Warum die SPD aber gerade die heftig vorbelastete Frauke Heiligenstadt ins Rennen gegen Dr. Roy Kühne glaubt schicken zu können, erschließt sich mir nicht. Ist es die Lust am Untergang? Meine Stimme bekommt sie jedenfalls nicht.
Eunice Schenitzky ist in den Einbecker Medien wegen „diesem und jenem“ so gut wie omnipräsent. Wenn meine wenigen Informationen hierzu zutreffen, dann soll sie maßgeblich und mit anderen daran beteiligt gewesen sein, einen mittlerweile als hoch motivierten Einzelkämpfer arbeitenden Ratsherren aus der SPD-Ratsfraktion hinaus gedrängt zu haben. Solche Aktionen kennt man eigentlich eher von der AfD, wobei mich deren Grabenkämpfe kalt lassen. Aber mir kommt es so vor, als ob die Einbecker SPD seit langem lieber ihre besten und aktivsten Stimmenfänger über Bord wirft als ihre eingefahrenen Rituale und Strukturen zu analysieren. Sie verdient eine deutliche Quittung dafür.