FDP-Vorsitzender und Bundesfinanzminister Christian Lindner in Einbeck im Landtagswahlkampf

Den wohl prominentesten Bundespolitiker im aktuellen Landtagswahlkampf hat in Einbeck die FDP aufgeboten: Bundesfinanzminister Christian Lindner sprach bei einer Kundgebung der Freien Demokraten auf dem Hallenplan. Mit dabei war auch FDP-Spitzenkandidat Stefan Birkner, der gemeinsam mit dem niedersächsischen FDP-Generalsekretär Konstantin Kuhle die örtlichen FDP-Landtagskandidaten Christian Grascha und Kornelia Ilsemann unterstützte. Natürlich ging es in der gut halbstündigen Rede des FDP-Bundesvorsitzenden um die aktuelle Energiekrise und Möglichkeiten, den Preissteigerungen zu begegnen oder diese für die Bürger zu dämpfen.

Lächeln in die Kameras (v.l.): Christian Grascha, Stefan Birkner, Christian Lindner.

Nahezu ebenso lange wie Lindner zu den Menschen sprach nahm er sich anschließend Zeit für den persönlichen Kontakt zu interessierten Besuchern auf dem Hallenplan. Da waren kurze Gespräche ebenso möglich wie Fotos oder Selfies mit dem FDP-Mann, was viele vor allem jüngere Menschen intensiv nutzten.

Natürlich beschäftigte sich Christian Lindner mit den verschiedenen Bremsen, über die aktuell so intensiv diskutiert wird: Gaspreisbremse, Strompreisbremse, Schuldenbremse. Den Bundesfinanzminister ärgerte aber auch, dass Deutschland nur und erst in der Krise schneller werde beispielsweise bei Planungsprozessen. Bei LNG-Terminals gehe es mit einem Mal zügig. Das könne ja gerne dazu führen, die Bürokratie auf den Prüfstand zu stellen und aus der Krise wenigstens noch etwas zu lernen. „Das neue Urmeter der deutschen Verwaltung sollte nicht mehr Tempo BER-Flughafen Berlin sein, sondern Tempo LNG“, forderte Lindner.

Klimaschutz sollte in Deutschland nicht mit Verboten und Verzicht betrieben werden, wünschte sich der FDP-Chef, „sondern mit mehr Freude am Erfinden als am Verbieten“. Bei der wegen der Erderwärmung schneller notwendigen Dekarbonisierung der Industrie werde eine Menge Know-how gefordert sein, und dieses Ingenieurwissen sei in Deutschland doch verhanden, es müsse nur gehoben werden, dann könne man als Land davon sogar noch wirtschaftlich profitieren.

Einem einzelnen Störer, der ein AfD-Plakat „Zusammenhalt statt Spaltung“ hochhielt und zu Beginn skandierte, entgegnete Lindner: „Das ist der Unterschied zwischen uns und Euch: Wir arbeiten jeden Tag daran, die Krise zu bewältigen, Ihr wollt von der Krise profitieren.“ Eine Partei, die aus der Krise politisches Kapital schlagen wolle, habe im niedersächsischen Landtag nichts zu suchen. Ursache für die aktuellen wirtschaftlichen Probleme sei Putins Angriffskrieg auf die Ukraine und nicht die Wirtschaftspolitik oder die wirtschaftlichen Sanktionen gegen Russland. Im Übrigen dürfe hier bei einer Veranstaltung mit dem FDP-Vorsitzenden jeder demonstrieren, in Moskau gegen Putin dürfe das niemand.

FDP-Vorsitzender und Bundesfinanzminister Christian Lindner auf den Hallenplan.
Besucher auf dem Hallenplan bei der FDP-Veranstaltung.
Auch FDP-Ratsfrau Marlies Grascha nutzte die Chance für ein Foto zusammen mit Christian Lindner.

CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann unterstützt Landtagskandidat

Gut eine Stunde quer durch den Themengarten der Bundes- und Landespolitik streifte gestern CDU-Spitzenkandidat und Landesvorsitzender Bernd Althusmann auf dem Einbecker Wochenmarkt. Mit seiner Marktplatz-Tour ist der Christdemokrat zurzeit im Landtagswahlkampf in Niedersachsen unterwegs, nach Einbeck standen gestern noch Osterode und Hann. Münden auf dem Terminkalender Althusmanns. Den silbernen Airstream-Anhänger hatten Althusmanns Leute am Übergang von Langer Brücke und Marktplatz gegenüber einer Drogeriekette geparkt.

Mit Landtagskandidat Dr. Andreas Kroll (r.) machte CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann auf dem Marktplatz Wahlkampf. CDU-Vize Helmar Breuker überreichte einen Sechserträger alkoholfreies Bier.

Bernd Althusmann berührte bei seiner Rede „in der schönsten Stadt Niedersachsens“ (Althusmann über Althusmann augenzwinkernd: Das sage ich auf jeder Station) fast jedes politische Thema, ging auf die Fragen von Bürgerinnen und Bürgern ein, die den direkten Kontakt mit ihm auf dem Wochenmarkt-Zugang nutzten. Da ging es vor allem um die wirtschaftlichen Folgen des russischen Krieges in der Ukraine für Deutschland, um Gaspreis-Bremse, bezahlbare Energiekosten und Entlastungen für die Bürger. Aber auch um klügeren ÖPNV und eine bessere Unterrichtsversorgung in Niedersachsen drehte sich die Diskussion. Natürlich war die Marktplatz-Tour auch eine Unterstützung für den Wahlkampf des örtlichen CDU-Landtagskandidaten Dr. Andreas Kroll und für die Mobilisierung der Wähler gedacht.

Zum Abschluss überreichte der stellvertretende Vorsitzende der Einbecker CDU, Helmar Breuker, einen Sechserträger Einbecker Bier, angesichts der frühen Uhrzeit die alkoholfreie Variante, an den Christdemokraten aus Hannover, Bernd Althusmann, der am 9. Oktober nächster Ministerpräsident werden will.

Wahlkampf-Unterstützung aus Hannover: CDU-Kandidat, Vorstandsmitglieder und CDU-Kreisvorsitzender mit Bernd Althusmann (Mitte).

Landtagswahlkampf: Althusmann und Lindner nacheinander am 24. September in Einbeck

Seinen vorläufigen Höhepunkt erlebt der Landtagswahlkampf am 24. September in Einbeck: Nacheinander sind an dem Sonnabend auf dem Marktplatz und auf dem Hallenplan die Spitzenkandidaten der CDU und FDP zu Besuch, außerdem Bundesfinanzminister Christian Lindner.

Die Kreis-CDU kündigte heute einen Besuch von CDU-Wirtschaftsminister und Spitzenkandidat Bernd Althusmann am 24. September in Einbeck an. Er macht bei seiner niedersachsenweiten „Marktplatz-Tour“ um 10 Uhr auf dem Einbecker Marktplatz Station. Mit dabei dürften die CDU-Spitzenleute sein, darunter CDU-Landtagskandidat Dr. med. Andreas Kroll.

Ebenfalls am 24. September findet ab 13.30 Uhr eine Großveranstaltung des FDP-Bezirksverbandes Südniedersachsen mit Bundesfinanzminister und FDP-Bundesvorsitzenden Christian Lindner sowie dem niedersächsischen FDP-Spitzenkandidaten bei der Landtagswahl, Stefan Birkner, auf dem Hallenplan statt. „Als örtlicher Abgeordneter freue ich mich, dass Christian Lindner nach Einbeck kommt und uns im Wahlkampf unterstützt“, sagt FDP-Landtagsabgeordneter Christian Grascha.

Bernd Althusmann (CDU) und Christian Lindner (FDP). Fotos: CDU/FDP
Bernd Althusmann (CDU) und Christian Lindner (FDP). Fotos: CDU/FDP

Mit dem FDP-General am Wahlkampfstand

Der Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai, hat im Landtagswahlkampf vier Wochen vor dem Wahltermin Christian Grascha in Einbeck unterstützt. Am Sonnabend Vormittag stellte er sich am Stand der Freien Demokraten auf dem Marktplatz den Fragen der Bürgerinnen und Bürger, bevor er zu weiteren Partei-Terminen in Bovenden und Bad Sachsa weiter fuhr. Bijan Djir-Sarai bekommt eine allgemeine Verunsicherung bei den Menschen zu spüren, wie er sagt: „Wie geht es weiter? Wie gehen wir mit der Inflation um?“ Viele fragen den Bundestagsabgeordneten aus Grevenbroich natürlich auch nach den Energiepreisen und den aktuellen Entlastungspaketen der Bundesregierung.

Bijan Djir-Sarai wurde 1976 in Teheran geboren, absolvierte sein Abitur in Grevenbroich und studierte Betriebswirtschaftslehre in Köln. Erst seit April dieses Jahres ist er Generalsekretär der FDP, aber schon seit 2009 im Bundestag und nach einer Pause wieder seit 2017. Djir-Sarai warnte im Pressegespräch vor seiner Zeit am Einbecker Wahlkampfstand von Christian Grascha davor, allzu sehr in parteipolitischen Schubladen zu denken. Alle eine doch ein Ziel: das Land gut durch diese schwierige Zeit zu bringen.

Die Ampel-Regierung in Berlin erlebt der FDP-General als „kommunikationsintensiv“, wie er die vielen Diskussionen der jüngsten Wochen in der Regierungskoalition diplomatisch umschreibt. Das Bündnis aus SPD, Grünen und FDP allerdings „könnte unterschiedlicher nicht sein“, und doch sei man zur Diskussion fähig – „und jederzeit handlungsfähig“, wie Bijan Djir-Sarai sagte.

Im jüngsten „wuchtigen Entlastungspaket“ entdeckt der FDP-Generalsekretär „erkennbar die Handschrift der FDP“ und nennt dabei unter anderem die nun nachgeholten Zahlungen an alle Rentner sowie die Abschaffung der kalten Progression im Steuerrecht. Am Schutzschirm für den Mittelstand arbeite man noch, täglich bekomme er die Ängste und Sorgen der Menschen und Betriebe vor den steigenden Energiepreisen mit. Den von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) vorgeschlagenen Notbetrieb von zwei von drei Atomkraftwerken, sobald deren Laufzeit Ende des Jahres ende, lehnt der FDP-Politiker ab. Deutschland würde sich auch in Europa unsolidarisch verhalten, wenn es die AKW abschalten würde. „Hier ist das letzte Wort noch nicht gesprochen“, sagt Bijan Djir-Sarai. Die energiepolitische Abhängigkeit von Russland jedoch, das müsse auch festgehalten werden, habe die CDU in ihrer 16-jährigen Regierungszeit zu verantworten.

FDP-Landtagsabgeordneter Christian Grascha bedauert beim Thema AKW ebenso, „dass die Grünen wegen der Landtagswahl auf der Bremse stehen“. Notwendig sei, für eine Versorgungssicherheit und eine nicht aus dem Ruder laufende Energiepreisentwicklung alle Register zu ziehen. Grascha schlägt vor, ernsthaft zu prüfen, das Ende vergangenen Jahres vom Netz gegangene Atomkraftwerk im nahen Grohnde wieder hochzufahren. Es gehe dabei nicht um einen Wiedereinstieg in die Kernenergie, betont FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai. Sondern um die Versorgungssicherheit in den nächsten Monaten.

Mit Christian Grascha am Wahlkampfstand der FDP auf dem Einbecker Marktplatz: der Generalsekretär der FDP, Bijan Djir-Sarai.

Straßenlandtagswahlkampf in Einbeck: Weils Rosen „mit Grüßen von der SPD“

Weil Wahlkampf ihm Spaß macht, ist Stephan Weil beim Verteilen von 200 Rosen in der Einbecker Innenstadt kaum zu bremsen. Da erhalten dann in den Straßencafés rund um den Marktplatz auch viele Menschen die mehrfarbigen Blumen „mit Grüßen von der SPD“ überreicht, die als Touristen nicht in Niedersachsen wählen dürfen oder vermutlich am 9. Oktober eher nicht SPD wählen werden. Ein bisschen Streuverlust ist immer. Obwohl… und weil man ja nie weiß, wo die Frauen und Männer in der Wahlkabine ihr Kreuz machen, gibt Weil die Rosen gerne in fremde Hände.

Markttag in Einbeck: Rosen gab’s auch für den Obst- und Gemüse-Händler.

Der Ministerpräsident war am Mittwoch auf Südniedersachsen-Tour, besuchte als SPD-Landesvorsitzender und Wahlkämpfer dabei auch Einbeck. Die Menschen seien sehr freundlich zu ihm, resümiert Weil später. Nirgends sei der Kontakt zu den Bürgerinnen und Bürgern direkter als im Straßenwahlkampf. Immer an seiner Seite: der Mann, der Nachfolger von Uwe Schwarz als Landtagsabgeordneter im Wahlkreis 18 werden will und für die SPD kandidiert – René Kopka. „Er ist verankert vor Ort, das habe ich jetzt gerade hier wieder gesehen. René Kopka kennt sich gut in den Themen aus, wird die Interessen seiner Heimat in Hannover gut vertreten“, sagt Stephan Weil beim anschließenden Pressegespräch. „Der in den Ruhestand gehende langjährige MdL Uwe Schwarz hat für einen gelungenen Generationswechsel gesorgt.“

Richtig unfreundlich sei ihm bislang noch niemand im Wahlkampf begegnet, sagt Stephan Weil. Aber viele nutzen die Gelegenheit, ihn direkt mit ihren Sorgen anzusprechen, und da werde aktuell schon sehr und manchmal auch emotional deutlich, was viele Menschen umtreibe, sagt der Ministerpräsident: Die kletternden Preise, die noch nicht absehbar ansteigenden Energiepreise. „Wir müssen den Menschen finanziell helfen, die es nötig haben. Es geht dabei auch um den gesellschaftlichen Zusammenhalt und die Demokratie.“

Die vergangenen zwei Jahre seien auch für ihn persönlich die unangenehmsten Jahre seines Lebens gewesen, blickt der Ministerpräsident auf die Corona-Zeit zurück. Nun seien weitere Krisen hinzu gekommen, aber durch diese extreme Erfahrung wisse er ja mittlerweile, auf was er sich einlasse – und übernehme gerne Verantwortung fürs Land – auch in Zukunft, wenn der Wähler und die Wählerin das wolle.

Keine Berühungsängste: Stephan Weil und René Kopka mit FDP-Ratsfrau Marlies Grascha (l.) und FDP-Landtagskandidatin Kornelia Ilsemann.

Vor der „Mittagspause“ in Einbeck, die Stephan Weil mit einem schnellen Espresso vor dem Blumen verteilen begann und sich dann Vitello Tonnato schmecken ließ, war der Wahlkämpfer in Bad Gandersheim vor allem als Landesvater gefragt. Der Ministerpräsident ließ sich eine knappe Stunde lang einen Teil des Geländes für die Landesgartenschau 2023 zeigen. „Es war segensreich, die Laga um ein Jahr verschoben zu haben, nach einem Besuch auf dem Gelände bekommt man den Eindruck, dass es jetzt so richtig reift“, sagte Stephan Weil. „Das, was ich gesehen habe, war wirklich schön und hat Gesicht. Es freut mich auch für Bürgermeisterin Franziska Schwarz, die lange für die Landesgartenschau in ihrer Stadt gekämpft hat.“

Laga-Prokurist Kai Schönberger (l.) erläutert Ministerpräsident Stephan Weil den Stand der Arbeiten auf dem Gelände der Landesgartenschau 2023 in Bad Gandersheim.
Heinz-Erhardt-Fan Marco Strohmeier aus Holtershausen (l.) nutzte die Chance und zeigte Stephan Weil und René Kopka, wo 1958 der Film „Vater, Mutter und neun Kinder“ gedreht wurde.
SPD-Urgestein Paul Traupe begrüßt Ministerpräsident Stephan Weil auf dem Marktplatz.

Gesundheitsministerin besucht Johanniter und Lukas-Werk in Einbeck

Sie ist die Ministerin mit der wahrscheinlich stärksten Aufmerksamkeit zurzeit in Niedersachsen: Daniela Behrens, seit März Gesundheitsministerin in Hannover und damit vor allem für die Corona-Pandemie zuständige Ressortchefin in der Regierung von Stephan Weil, informierte sich in Einbeck bei den Johannitern und beim Lukas-Werk. Die 53-jährige SPD-Politikerin unterstützte mit ihrem Besuch die SPD-Bundestagskandidatin Frauke Heiligenstadt im Wahlkampf. Beide kennen sich noch aus Hannover, wo Behrens bis 2017 Staatssekretärin bei Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) war, als Heiligenstadt dort Kultusministerin war.

Wahlkampf mit Spaß: Ministerin Daniela Behrens und Bundestagskandidatin Frauke Heiligenstadt.

Behrens ließ sich bei den Johannitern vor allem den Hilfseinsatz in den Flutgebieten Ahrweiler schildern. 25.000 Einsatzstunden war der Ortsverband Einbeck in Rheinland-Pfalz bei der Bewältigung der Hochwasser-Folgen aktiv. Man habe gut helfen können, nach dem Einsatz gelte es nun aber auch, emotionslos Schwachstellen zu erkennen und strukturiert nachzusteuern. Denn es sei nicht alles reibungslos gelaufen, und er habe manchmal schon gedacht, dass er sich einige chaotische Zustände für Deutschland nicht habe vorstellen können, berichtete Thorsten Ernst, Bereichsleiter Einsatzdienste beim Johanniter-Landesverband. Ministerin Behrens dankte für „ein hartes Stück Arbeit“ und bat, ihren Dank allen Beteiligten zu übermitteln. Die Überprüfung der Strukturen könne auch abseits von Katastrophenlagen helfen, beispielsweise bei der Corona-Pandemie.

Gruppenbild mit Ministerin bei den Johannitern in Einbeck.

Die Dienststelle Einbeck der Johanniter fährt pro Jahr mit seiner Rettungswache an der Bismarckstraße 6000 Einsätze. 50 hauptamtliche Mitarbeiter und 120 Ehrenamtliche seien im Ortsverband aktiv, berichtete Dienststellenleiter Marc Küchemann. Hinzu komme eine Rettungshundestaffel mit zehn Flächensuchhunden. Anfang kommenden Jahres wird die zurzeit beengte Rettungswache in neue Räume an der Hullerser Landstraße umziehen.

Marc Küchemann informierte über die Johanniter in Einbeck.

Auch bei ihrem Besuch beim Lukas-Werk in den neuen Räumen an der Beverstraße in Einbeck war Gesundheitsministerin Daniela Behrens vor allem daran interessiert, „Leute aus der Praxis kennenzulernen, abseits von Aktenvermerken“, wie sie sagte. Leiter Stefan Warnecke und Berater Stefan Jagonak schilderten der Ministerin dann auch die aktuelle Situation der Suchtberatung mit der Erfahrungen der vergangenen Pandemie-Monate. Beide fürchten, dass eine Verschärfung der Sucht-Situation durch die Pandemie mit ihren Beschränkungen für das häusliche Umfeld sich zeitverzögert noch stärker niederschlagen werde in der Beratungsarbeit. Warnecke und Jagonak sind bei allen mittlerweile zwar vorhandenen Video- und Online-Beratungsmöglichkeiten froh, dass inzwischen wieder eine persönliche Betreuung der von Sucht betroffenen Menschen erfolgen kann. Frisch bezogen sind Hinterhof-Räumlichkeiten der Außenstelle Einbeck, die einen diskreten Zugang zur Beratung erlauben. Das Lukas-Werk betreut pro Jahr rund 450 Klienten mit 1000 Kontakten.

Bei der Suchtprävention ist mittlerweile wieder verstärkt das HaLT-Projekt nachgefragt, berichtete Stefan Jagonak. Sobald dies wieder möglich gewesen sei, habe man eine große Nachfrage in den Schulen gespürt. Etwa 100 Veranstaltungen pro Jahr leistet das Lukas-Werk bei diesem vom Landkreis finanzierten Projekt.

Stefan Jagonak, Stefan Warnecke, Frauke Heiligenstadt, Daniela Behrens, Uwe Schwarz, Astrid Klinkert-Kittel.

AKK ist noch nicht fertig

Sie weiß um ihre Stärke. Und versucht diese optimal im Wahlkampf auszuspielen. Astrid Klinkert-Kittel setzt auf persönliche Begegnungen, auf direkte Gespräche mit den Menschen im Landkreis Northeim. Dafür nimmt sie sich viel Zeit, zieht mit ihrem Kaffee-Bollerwagen durch die Dörfer, ist für einen Plausch nahbar. Hier kann die 57-Jährige die Menschen durch ihre offene, interessierte Art schnell für sich einnehmen. Die polternde politische Rede – die Landrätin wäre nicht sie selbst, wenn sie lautsprecherisch durch die Medien ziehen würde. Astrid Klinkert-Kittel, die seit fünf Jahren Chefin der Kreisverwaltung des Landkreises Northeim ist und dies auch die nächsten fünf Jahre bleiben möchte, nennt ihre Art einen „sanften Wahlkampf“, leise sei der, sie wolle viel zuhören.

Direkte Gespräche in Hullersen: Landrätin Astrid Klinkert-Kittel (Mitte) mit SPD-Bundestagskandidatin Frauke Heiligenstadt (l.), Ortsbürgermeisterin Eunice Schenitzki.

Den Vorwurf, sie würde gar keinen Wahlkampf machen, kann sie nicht ernst nehmen. Sie macht ihn anders. Astrid Klinkert-Kittel hat sich bewusst entschieden, doppelgleisig vor dem Wahltermin zu fahren. Die 57-Jährige hat sich keinen langen Urlaub vom Kreishaus genommen, um sich komplett auf die Wahlauseinandersetzung zu konzentrieren. Die Landrätin möchte auch in diesen Tagen ihren Job zu 100 Prozent leisten. Wahlkampf-Aktionen sind dann nur noch etwas für die knappe Freizeit einer Hauptverwaltungsbeamtin und Chefin von knapp 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, für den Feierabend und das Wochenende. Die Termine organisiert sie mit ihrer Familie selbst, Politisches bespricht sie im Viererkreis mit der ebenfalls gerade bundestagswahlkämpfenden Frauke Heiligenstadt, der SPD-Chefin im Landkreis, sowie mit den beiden starken Männern der SPD-Kreistagsfraktion, Uwe Schwarz und Peter Traupe. Prominente Unterstützer mit klingenden Namen aus der Partei, in die sie 2018 eingetreten ist, hätte sie sich einladen können. Auch hier hat sich Astrid Klinkert-Kittel dagegen entschieden. Plakate gibt es von ihr eher um der grundsätzlichen Aufmerksamkeit für den Wahltermin am 12. September willen, wie sie sagt.

Was macht eigentlich ein Landrat oder eine Landrätin? Astrid Klinkert-Kittel sieht bei der Antwort auf diese Frage bei vielen einen großen Nachholbedarf. In den Schulen und an anderen Stellen müsse viel intensiver aufgeklärt werden über die Aufgaben und Arbeitsweisen der demokratischen Institutionen und Ämter vor Ort. Nur so könne das Interesse für lokale Politik früh geweckt und aufrechterhalten werden. Diese politische Bildung könnte eine der Aufgaben eines „Demokratie-Zentrums“ sein, das Astrid Klinkert-Kittel für Südniedersachsen vorschwebt. Auch einen Debattierclub könnte sie sich dort gut vorstellen – diskutieren, das wolle schließlich gelernt sein, sagt sie.

Auch bei einem weiteren Herzensthema ihres persönlichen Politikprogramms setzt Astrid Klinkert-Kittel auf frühe Prägungen. Die Landrätin möchte gerne den öffentlichen Personenverkehr für Kinder und Jugendliche kostenlos anbieten. In der Hoffnung, dass die jungen Menschen dann auch im fortgeschritteneren Alter dabei bleiben, zum Sport-Training mit dem Bus fahren, dass dieses für sie normal ist. Selbstverständlich muss dabei das Angebot flexibler werden, beispielsweise mit kleineren Bussen, weiß Klinkert-Kittel. Für das einstige Eco-Bus-Projekt des intelligenten Anrufbusses wünscht sie sich eine längere Testphase.

Alternative Wohnformen möchte Astrid Klinkert-Kittel gerne austesten. Die 57-Jährige schwärmt geradezu vom Ko-Dorf, einem Projekt mit kleinen Wohnhäusern, bei denen das Gemeinschaftsleben in Café, Kita oder Hofladen gemeinsam stattfindet. Ein Beispiel ist das brandenburgische Wiesenburg. Gerne würde die Landrätin erstmal kleiner starten, hat dafür auch schon passende kreiseigene Grundstücke im Auge. Bevor sie die zwei Standorte nennen könne, müssten noch Gespräche geführt werden, bittet Klinkert-Kittel um Verständnis. Es geht ihr auch vorrangiger um die Idee. Denn viele Menschen leben heute allein in großen Häusern, haben große Grundstücke. Hier die Gärten und vielleicht noch eine große Küche gemeinsam zu nutzen, wäre schon mal ein Anfang.

Die Entscheidung, noch einmal anzutreten, hat die Landrätin im vergangenen Sommer getroffen, im Familienkreis. Da lagen die belastenden Monate der ersten Corona-Phase gerade hinter AKK, wie viele sie kurz nennen. Vieles galt es für die Menschen im Landkreis zu organisieren, als das Leben aller von 100 auf 0 gebremst wurde.

Astrid Klinkert-Kittel hat sich entschlossen, sich am 12. September noch einmal einer demokratischen Entscheidung zu stellen. „Ich liebe meinen Job, nehme meine Verantwortung sehr ernst“, sagt sie. Vieles sei noch im Werden, was sie angestoßen habe, das Frauenhaus beispielsweise. Manche andere Themen möchte sie sehr gerne weiter mitgestalten, sagt Klinkert-Kittel. „Ich bin noch nicht fertig.“

Sie hat den Kaffee mitgebracht: Landrätin Astrid Klinkert-Kittel (Mitte) in Hullersen, hier mit Ortsbürgermeisterin Eunice Schenitzki (l.) und SPD-Bundestagskandidatin Frauke Heiligenstadt (r.)
Im Hullersen-Archiv von Ortsheimatpfleger Wilhelm Hatopp: Astrid Klinkert-Kittel und Frauke Heiligenstadt.

Die Brückenbauer, die Erfolge anders feiern

So sperrig wie Einbeck – so sei auch die Wählergemeinschaft mit dem sperrigen Namen BlGfE, die am 12. September erstmals gemeinsam zur Wahl antritt, schreibt sie selbst in einer Pressemitteilung, die auch so ganz anders ist als andere. Die GfE („Gemeinsam für Einbeck“) gibt es seit zehn Jahren im Rat, nach der Fusion mit Kreiensen kam die Bürgerliste hinzu, bislang separat, nun fusioniert und damit erstmals zur Stadtratswahl gemeinsam tritt die Wählergemeinschaft an.

„Seit über 100 Tagen existiert die Bürgerliste Gemeinsam für Einbeck, eine neue Gemeinschaft – mit sperrigen Namen“, schreibt Vorsitzender Dirk Strohmeyer in seiner Mitteilung. „Die Schonfrist ist vorbei, Zeit, den gemeinsamen Start zu reflektieren, Zeit, zu schauen, was haben wir gut gemacht, was haben wir in den letzten Jahren zusammen gemacht, was zeichnet uns aus.“ Und dann zählt die BlGfE die Themen auf.

„Doch, wo viel Licht, da ist auch Schatten“, räumt die BlGfE bemerkenswert offen in ihrer Pressemitteilung ein. „Unserer besteht in der Kommunikation nach Außen. Ehrenamtliche Tätigkeit in der Politik muss nachhaltig kommuniziert werden.“ Aber Wahlkampfreden wie in der Sondersitzung des Stadtrates am 11. August beim Thema Strabs-Abschaffung seien nicht der Stil der BlGfE. „Uns ging es auch hier nur um die gemeinsame Sache. Faires Verhalten für Hauseigentümer und eine nachhaltige Stadtentwicklung.“

Die Bürgerliste „Gemeinsam für Einbeck“ habe lange zu dem Thema geschwiegen, weil sie keine Alternative gesehen habe, heißt es in der Mitteilung. „Nun haben wir sie gefunden und in der schnellstmöglichen Zeit beschlossen. Konsequent und sachlich. Wir feiern Erfolge jedoch anders, weil wir wissen, dass Politik keine Alleinunterhaltungsbranche ist. Wir sind Brückenbauer. Wir reden mit allen im Rat und mit der Verwaltung. Wir wollen überzeugen und freuen uns über das Ergebnis – unabhängig davon, wer die politischen Lorbeeren einstreicht. Propaganda und Lautstärke bringen die Stadt nicht voran.“

Festhalten möchte die BlGfE in aller Bescheidenheit aber, dass Ratsherr Frank-Dieter Pfefferkorn in der Ratssitzung die sachorientierte Lösung präsentiert habe, die er als Vorsitzender des entscheidenden Gremiums Finanzausschuss mit erarbeitet habe.

„Wir wollen auch zukünftig weiterhin gute, sachorientierte Politik in Einbeck machen – durch gemeinsame
Kommunikation, gemeinsamen Austausch von Ideen und von Argumenten“, schreibt die BlGfE. „Wir wollen künftig regelmäßig mit der Verwaltung und den Fraktionsvorsitzenden einen informellen Austausch haben. Neue Ideen entstehen am Besten beim Kaffeetrinken.“

Übrigens weigere sich die BlGfE ganz bewusst, mit Wahlplakaten die Stadt vollzuhängen, teilte Vorsitzender Dirk Strohmeyer. Und das Wahlprogramm, das habe man inzwischen natürlich auch auf der Website aktualisiert.

Kandidatinnen und Kandidaten der Bürgerliste „Gemeinsam für Einbeck“. Foto: BlGfE

McAllister gibt Grascha Rückendeckung

Der Ort der Veranstaltung lädt zu allerlei Wortspielen ein: Ein ehemaliger Ministerpräsdent auf einem Segelflugplatz zum Start der heißen Phase des Landratswahlkampfs beim Herausforderer der Amtsinhaberin. Doch es regnete nach einigen Sommertagen mit heißer Luft. Und David McAllister war nicht abgehoben oder über den Wolken, sondern eher launig landete er mit seiner knapp halbstündige Rede bei den Zuhörern.

Im Hangar: David McAllister sprach eine knappe halbe Stunde zu den Gästen.

Er erinnerte sich an die alten Zeiten in Hannover vor 2013, als dort noch er mit der CDU und der FDP regierte. Seine Botschaft war freilich in die Zukunft gerichtet: Der heutige CDU-Europaabgeordnete aus Bad Bederkesa wünschte den Menschen in Südniedersachsen mehr Selbstbewusstsein und Optimismus. Und für Christian Grascha, den von der CDU unterstützten FDP-Landratskandidaten, der einen Neustart proklamiert? „Ich wünsche Dir von Herzen, dass Du am 12. September Erfolg hast.“ Etwas anderes als diese guten Wünsche hatte freilich auch niemand der Besucher wirklich erwartet.

„Es ist alles drin“, diagnostizierte McAllister bei seinem Besuch in Northeim. Der frühere Regierungschef macht zurzeit Urlaub im Kommunalwahlkampf in Niedersachsen, wie er selbst sagte. Aus persönlicher Verbundenheit zu Christian Grascha sei er nach Northeim gekommen, und aus tiefster Überzeugung, wie der 50-Jährige sagte. „Ich mache das freiwillig, ich will nichts mehr werden.“ Grascha aus seiner „Zweitlieblingspartei“ FDP kenne er aus Hannover, wo sich dieser nach seinem Landtagseinzug 2008 schnell einen Namen gemacht habe, als haushaltspolitischer Sprecher und als Parlamentarischer Geschäftsführer. Grascha sei absolut verlässlich und integer, kenne das politische Geschäft, sagte CDU-Politiker McAllister.

An den Landkreis Northeim habe er nur gute Erinnerungen: Einbecker Bierorden, Reitturnier in Nörten-Hardenberg, Wilhelm-Busch-Museum in Lüthorst, zählte der frühere Ministerpräsident grinsend auf. Und offenkundig gebe es hier jetzt den parteiübergreifenden Wunsch nach Veränderungen, wenn neben der FDP und der CDU auch verschiedene Wählergemeinschaften den Kandidaten unterstützen. „Nach 44 Jahren SPD im Kreishaus ist jetzt der Zeitpunkt, einmal durchzulüften und etwas anderes und neues auszuprobieren“, meint David McAllister. Schon beim letzten Mal mit Dr. Bernd von Garmissen als CDU-Kandidaten sei es ja ganz knapp gewesen.

Erinnerung an alte Zeiten: David McAllister begrüßt Ex-Staatssekretär Dr. Christian Eberl, hier mit Dr. Roy Kühne und Christian Grascha.
Gastgeschenk: Christian Grascha überreichte David McAllister regionale Spezialitäten.
Der Regenguss war nur vor Tür des Segelflieger-Hangars: David McAlllister bei seiner Rede.
Wiedersehen auf dem Flugplatz: David McAllister mit der zurückgetretenen CDU-Kreisvorsitzenden Kerstin Lorentsen.
David McAllister mit FDP-Kandidaten.
David McAllister mit Einbecker CDU-Kandidaten.

Die Präsenz der Amtsinhaberin

Am 12. September ist bekanntlich Landratswahl. Wo ist die Landrätin, die Amtsinhaberin, die Titelverteidigerin? Warum berichte ich in diesem Blog so selten über ihren Wahlkampf? Das werde ich in den vergangenen Tagen häufiger gefragt, einige unterstellen mir dabei sogar eine gewisse Parteilichkeit. An mir freilich liegt das nicht, dass die Landrätin im Zuge der bevorstehenden Landratswahl hier bislang seltener vorkam als ihr Herausforderer. Nach meiner Beobachtung gibt es bislang einfach schlicht und ergreifend keinen Wahlkampf von ihr.

Die Landrätin hat mit der Schwierigkeit jedes Amtsinhabers zu kämpfen. Aus einem öffentlichen Amt heraus Wahlkampf zu machen, ist nicht einfach. Einige Termine und damit Gelegenheit zur Darstellung der eigenen Person und Ideen haben Amtsinhaber qua Amt. Automatisch. Als Amtsinhaber haben sie allerdings neutral zu sein.

Und dennoch möchten die Menschen wissen, warum die Landrätin eine solche bleiben möchte. Ihr Wahlprogramm hat sie allerdings (bislang jedenfalls) nicht persönlich vorgestellt, es ist auf Ihrer (Partei-)Website zu finden. Auf der sind auch erste Fotos von Wahlkampfterminen zu finden, von „Coffee to go“-Runden durch einige Dörfer. Einladungen an Medienvertreter, mal selbst bei solchen Terminen dabei zu sein, gibt es nicht. Hinterher kommt allenfalls eine Pressemitteilung mit Foto. Ihr Wahlprogramm, ihre inhaltlichen Ziele, könnte die Landrätin problemlos mal bei einem Pressegespräch vorstellen. Das haben andere Hauptverwaltungsbeamte, die aus ihrem Amt heraus Wahlkampf machen mussten, ja auch geschafft.

Apropos Fotos. Niemand kann behaupten, dass die Landrätin in den vergangenen Wochen nicht öffentlich sichtbar sei. Ich rede nicht von den Wahlplakaten und -wänden, die inzwischen an den Laternen und Straßen hängen und stehen. Ihre beruflichen Termine verbreitet das Kreishaus in einer Schlagzahl, die durchaus bemerkenswert ist. Meine Diaschau mit solchen Fotos zeigt dabei nur eine Auswahl, ohne Anspruch auf Vollständigkeit, und auch nur Bilder seit Ende Juni. Wie gesagt ist das aber Amtsausübung und kein Wahlkampf.

Der Herausforderer legt los

Da will jemand „endlich loslegen“, wie es auch auf den Großflächenplakaten steht: Christian Grascha, der Herausforderer bei der Landratswahl am 12. September, legt nach der eigenen Urlaubspause jetzt richtig los, gibt Gas in der heißen Phase des Wahlkampfs. Da stehen nicht nur 40 große Plakate mit diesem Slogan im gesamten Kreisgebiet. Der von der CDU und von mittlerweile fünf Wählergemeinschaften unterstützte FDP-Kandidat hat einen vollen Terminkalender in den verbleibenden Wochen: 101 Termine sind dort bereits notiert. 13 Mal kommt „Grascha frei Haus“, bringt die Getränke zur kleinen Gartendiskussionsrunde bei einladenden Menschen zuhause mit. Wer’s lieber technisch mag, kann den Kandidaten direkt bei WhatsApp erreichen über eine spezielle Nummer und bekommt auch persönlich von Grascha die Antwort auf seine Frage.

Will endlich loslegen – im Wahlkampf und auch sonst: Landratskandidat Christian Grascha.

Überall wird Grascha in den nächsten Tagen sein Programm durchbuchstabieren: Der Landkreis braucht politische Führung, nicht allein Verwaltung. Selbst aktiv werden in verschiedenen Politikfeldern und Themen anschieben, nicht abwarten, bis sich etwas ergibt. Herausforderungen eher als Chance sehen und nicht als Risiko oder Gefahr. Neustart nach 44 Jahren SPD im Kreishaus, fordert der 42-Jährige.

Auf den ersten Blick sah es ungewöhnlich aus, dass die Junge Union der CDU einen FDP-Mann mit einem Stopp während deren Sommertour in Einbeck unterstützt. Zumal Christian Grascha und JU-Niedersachsenchef Christian Fühner zwar im Landtag in Hannover Kollegen sind, aber auf unterschiedlichen Seiten sitzen: Grascha in der Opposition, Fühner auf Regierungsseite. „Aber schwarz und gelb sind nahe beinander“, lächelte der CDU-Landtagsabgeordnete und Junge Unionist. Vom Emsland lernen könne der Landkreis Northeim ohnehin, meinte Christian Fühner über seine Heimat. Der Landrat des Emslandes sei öfter auf den Fluren des Landtages zu sehen, die Northeimer Landrätin selten.

JU-Niedersachsen-Chef Christian Fühner (3.v.r.) mit Unterstützern bei FDP/CDU-Landratskandidat Christian Grascha auf dem Einbecker Marktplatz.

Ein weiterer, ein prominenter Christdemokrat wird Christian Grascha in seinem Wahlkampf zum Auftakt der heißen Phase unterstützen: Der ehemalige Ministerpräsident und heutige Europaabgeordnete David McAllister kommt am 16. August ab 17 Uhr nach Northeim auf den dortigen Segelflugplatz. Wie der CDU-Mann anreisen wird, ist nicht bekannt. Die Begrüßung wird ein weiterer Christdemokrat übernehmen, der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne.

Aber auch FDP-Prominenz ist geplant, zumindest ehemalige: Am 30. August ist Ex-Gesundheitsminister Philipp Rösler im Landkreis mit Christian Grascha unterwegs. Bereits am 15. August kommt Ex-FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg ab 16 Uhr auf die Pepper‘s Ranch nach Uslar- Ahlbershausen.

Strabs bremst den Busbahnhof

Die Zeit für Wahlgeschenke ist gekommen. Vier Monate vor der Stadtratswahl möchte offensichtlich keine Fraktion in Einbeck mehr an der umstrittenen Straßenausbaubeitragssatzung, kurz Strabs, auf Dauer festhalten. An der Strabs, die in Einbeck erst im vergangenen Jahr nach heftigsten Diskussionen geändert und abgesenkt worden war. Schon damals forderten einige die komplette Abschaffung, allen voran Grüne und FDP. CDU und SPD wollten davon noch nichts wissen. Doch je ungemütlicher die Debatten bei nahezu jedem Infrastrukturprojekt der Stadtentwicklung werden, desto weniger verspüren die großen Fraktionen offenbar die Neigung, mit diesem Gegenwind in den Wahlkampf zu gehen.

Deutlich wird: Wer am 12. September gewählt werden will, wird die Strabs zumindest mittelfristig abschaffen müssen, und das ist spätestens demjenigen klar geworden, der gestern an der Fortsetzung der technisch bedingt unterbrochenen Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses teilgenommen hat. Wer am 12. September gewählt werden will – und diese Konsequenz vergessen die meisten leider – muss dann aber bitte auch noch vor dem Wahltag sagen, woher das öffentliche Steuergeld denn kommen soll, wenn bei Baumaßnahmen die Strabs-Spritze der Anlieger wegfällt. Welche Projekte kann sich die Stadt Einbeck dadurch deutlich später oder gar nicht mehr leisten? Auf diese Frage ist eine ehrliche Antwort gefragt. Denn Bauprojekte wie der Neustädter Kirchplatz oder der ZOB-Umbau werden ja nicht billiger, wenn es keine Strabs mehr gibt. Das Geld kommt dann nur aus einer anderen Kasse mit Steuergeld. Und es kommt auch keine gute Fee von irgendwo, die das fehlende Geld herbei zaubert. Wenn es dadurch über kurz oder lang zur Erhöhung beispielsweise der Grundsteuer kommen sollte, ist das eine klassische Umverteilung. Das kann man machen. Aber dann sollte das der Wähler auch rechtzeitig wissen.

Der Stadtentwicklungsausschuss hat gestern auch beim vierten Anlauf außer vollmundigen, positiven (einige sagen gerne zukunftsorientierten) Absichtserklärungen keine abschließende Entscheidung zum Umbau des ZOB und des Bahnhofsvorplatzes getroffen. Das Gremium hat lediglich einen technischen Beschluss gefasst, welcher dem Stadtrat empfiehlt, das Projekt im „Integrierten Entwicklungs- und Handlungskonzeptes (IEK) des Netzwerkes der Stadt Einbeck“ fortzuschreiben, was später einmal für Förderanträge wichtig ist.

Das eigentliche Projekt jedoch liegt auf Eis, weil inzwischen erkennbar alle Fraktionen keine Mit-Finanzierung mehr über die Strabs wünschen. Die Verwaltung ist nun einstimmig beauftragt worden, den ZOB-Umbau neu ohne Strabs-Bestandteile zu rechnen. Dem Finanzausschuss soll außerdem eine Abschaffung der Strabs vorgelegt werden. Dafür müssten Auswirkungen auf den Haushalt errechnet werden. Ob dies bereits bis zur nächsten Sitzung am kommenden Dienstag geschehen kann, ist zunächst offen und eher unwahrscheinlich. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek erteilte dem ob der wenigen Tage Vorlauf bereits eine dezente Absage, der parteilose Ratsherr Udo Harenkamp schob indes wenige Minuten nach Sitzungsende einen Dringlichkeitsantrag für den Finanzausschuss am 18. Mai nach, der die sofortige Abschaffung der Straßenausbaubeiträge in Einbeck fordert.

Zur gestrigen Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses hatte die Verwaltung der Politik eine veränderte Kostenrechnung für das 2,5-Millionen-Euro-Projekt präsentiert. War bislang das Teilstück der Beverstraße ohne Strabs-Beteiligung gerechnet worden, soll es nun doch Strabs-pflichtig werden. Rund 222.000 Euro sollen für die anliegenden Grundstücke fällig werden. Die Stadtverwaltung hatte für die Neuberechnung einmal mehr die Expertise des Fachanwalts und Strabs-Experten Dr. Christian von Waldthausen (Hannover) eingeholt. Unter dem Strich sollen die Projektteile ZOB und Bahnhofsvorplatz über eine Sondersatzung später abgerechnet werden. Im besten Juristendeutsch heißt es in der Vorlage, dass die öffentlichen Einrichtungen ZOB und Bahnhofsvorplatz einen „atypischen Fall“ darstellen, „bei dem die Einrichtungen in einem stärkeren Maß von der Allgemeinheit in Anspruch genommen werden als von den Anliegern“. Wer hätte das bei einem Busbahnhof ahnen können…

„Das kann niemand draußen mehr nachvollziehen“, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki. „Das Ergebnis ist untragbar, nicht vermittelbar und nicht umsetzbar.“

Rolf Hojnatzki (SPD).

„Die Anwendung der Satzung hat den Verständnishorizont der Bürger verlassen“, kritisierte Dr. Marion Villmar-Doebeling (FDP). Die Strabs sei ein „Bürokratiemonster“, das im Rathaus offenbar ohne einen Fachanwalt gar nicht mehr aufklärbar sei.

„Die Strabs verhindert die Weiterentwicklung der Stadt“, sagte Grünen-Fraktionschef Dietmar Bartels. „Wir ecken an allen Enden an.“

Dietmar Bartels (Grüne).

Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek und Sachgebietsleiter Thomas Kreykenbohm machten in der Sitzung deutlich, dass ohne Beschlüsse auch bis Ende Mai nicht wie geplant die notwendigen Förderanträge gestellt werden könnten. Das werde das Projekt um mindestens ein Jahr verschieben. Michalek an die Ausschussmitglieder: „Das muss Ihnen klar sein.“ Förderanträge könne die Stadt nur auf der Grundlage geltenden Rechts stellen, und aktuell sei die Maßnahme nun mal strabspflichtig.

Eine Verschiebung des Projekts sah Rolf Hojnatzki (SPD) nicht als problematisch an. „Wir haben ja einen ZOB.“

Bahnhofsvorplatz in Einbeck an der Beverstraße (links).

SPD: Kaum möglicher Wahlkampf verhinderte Erfolg

Ein kaum möglicher Wahlkampf mit erschwerten Bedingungen in der Corona-Pandemie und das anhaltende bundespolitische Meinungstief der SPD haben nach Auffassung der Einbecker Kernstadt-SPD einen Erfolg bei der Bürgermeisterwahl in Einbeck verhindert. Das schreiben die beiden Vorsitzenden Rita Moos und Peter Traupe in ihrem Weihnachtsbrief an die Mitglieder.

Vor diesem Hintergrund sei das Ergebnis von Dirk Heitmüller von mehr als 43 Prozent in der Bürgermeister-Stichwahl durchaus positiv zu bewerten, schreiben die Sozialdemokraten. Es stelle eine gute Ausgangslage für die Kommunalwahl am 12. September 2021 dar. „Viele Menschen in Einbeck bekennen sich zu unserer Partei und unseren Ideen. Sie werden wir nicht enttäuschen.“

Mit Dirk Heitmüller habe die SPD „einen sehr sympathischen und im Umgang mit den Menschen gewinnenden Kandidaten gehabt“, schreiben Traupe und Moos. „Wir hätten uns keine andere Person für diese Kandidatur vorstellen können, die so offen und ehrlich mit den Menschen in unserer Stadt umgeht.“ Es habe gute Gründe für einen Wechsel im Rathaus gegeben, das Ziel aber habe die SPD nicht erreicht.

Die Vorsitzenden bedanken sich bei Dirk Heitmüller und allen Mitgliedern, die sich auf unterschiedliche Art und Weise und entsprechend ihrer Fähigkeiten in die Wahlkampagne zur Bürgermeisterwahl eingebracht haben. Einen Wahlkampf in der üblichen Form habe es wegen Corona nicht geben können, schreiben die Vorsitzenden. Großveranstaltungen seien ebenso wenig möglich gewesen wie ein intensiver Kontakt mit den Wählerinnen und Wählern bei Begehungen, Info-Ständen und anderen möglichen Aktivitäten.

2021 ist nicht nur das Jahr der Kommunalwahl, die Kernstadt-SPD wird auch ihre Doppelspitze verlieren. Künftig soll Rita Moos durch eine Veränderung in der Führungsstruktur allein die Abteilung führen, kündigen die Sozialdemokraten an. Peter Traupe soll neuer stellvertretender SPD-Ortsvereinsvorsitzender werden, neben dem Vorsitzenden Marcus Seidel. Bei der dafür notwendigen Versammlung sollen auch die Ehrungen für langjährige Mitgliedschaft durchgeführt werden, die im ablaufenden Jahr wegen der Pandemie verschoben werden mussten.

Endspurt vor der Bürgermeisterwahl

Am Sonntag ist Wahltag. Dann findet in Einbeck die Bürgermeisterwahl statt. Bis zuletzt sind die drei Kandidaten Dr. Sabine Michalek, Dirk Heitmüller und Dr. Claudius Weisensee unermüdlich im Einsatz, für sich und ihre Ansichten zu werben. Fleißig sind alle drei, besonders in den letzten Tagen trudelten fast im Stundentakt Pressemitteilungen über Besuche und Gespräche in den Redaktionen ein, die kaum alle zu verarbeiten sind. Eine letzte Momentaufnahme vor der Bürgermeisterwahl 2020.

Am Freitag Vormittag ist das Trio noch einmal auf dem Marktplatz zu erleben, da stehen die drei Kandidaten auf dem Wochenmarkt an ihren Ständen für kurze Gespräche zur Verfügung. Der Mund-Nase-Schutz ist dabei natürlich obligatorisch und der Abstand wird gewahrt. Der klassische Sonnabend-Termin vor einer Wahl fällt diesmal aus, weil Sonnabend mit dem Reformationstag ein Feiertag ist und die Geschäfte geschlossen sind. Auf dem Marktplatz werden die drei Kandidaten am Freitag neben Infomaterial und Kugelschreibern auch wieder ihre Rosen bereit halten: Rot ist die von Dirk Heitmüller, rosa die von Sabine Michalek, gelb die von Claudius Weisensee.

3000 Schritte im Endspurt des Wahlkampfes mit Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek.

Die Fülle von Gesprächen und Terminen, die alle drei in den vergangenen Tagen absolviert haben, ist beeindruckend. Amtsinhaberin Dr. Sabine Michalek nahm heute am 3000-Schritte-Treffen teil und marschierte mit den Senioren die große Runde um die Stadt. Ansonsten hat sie unter anderem ihre „Auf einen Kaffee mit Sabine“-Gesprächsreihe fortgesetzt und sich mit dem innenstadtbegeisterten Hauseigentümer und Bauingenieur Mathias Cortnum zum Kaffee getroffen. Seine Leidenschaft sei das Sanieren denkmalgeschützter Häuser, bekannte dieser. Nicht der Denkmalschutz insgesamt oder ein denkmalgeschützter Keller sei das Hauptproblem in der Einbecker Innenstadt, meinte Cortnum in dem Gespräch. „Vielmehr ist es wichtig, zwischen Hausbesitzer, Architekten, Handwerkern, Bauamt und Denkmalschutzbehörde eine gemeinsame Gesprächsebene zu finden“, sagte er. Daran mangele es oftmals, und dies sei auch der eigentliche Grund, warum manche Sanierung sich in die Länge ziehe oder sogar scheitere. Mathias Cortnum schlug Dr. Sabine Michalek während des Treffens deshalb vor, einen Unparteiischen oder Moderator zu etablieren, die die einzelnen Parteien an einen Tisch bringe und die durchaus unterschiedlichen Interessen der beteiligten Akteure bündele.

Viele Gespräche beim Besuch des Landtages: Dirk Heitmüller. Fotos: SPD

SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller berichtete von seinem guten Draht zur Landesregierung und von seinem jüngsten Besuch im Landtag in Hannover, wo er die Gelegenheit für Gespräche genutzt habe. Mit Innenminister Boris Pistorius sprach Heitmüller über die Änderung des Niedersächsischen Kommunalverfassungsgesetzes (NKomVG) und die Erleichterungen für die Kommunen, natürlich auch für Einbeck. Mit Umweltminister Olaf Lies über die Förderkulissen der Landesebene für die Umsetzung kommunaler Klimaschutzpläne und mit der SPD-Fraktionsvorsitzenden Johanne Modder über Corona-Bedingungen von Kleinunternehmen und die daraus folgenden Schwierigkeiten für die lokale Wirtschaft. Schließlich traf Heitmüller Ministerpräsident Stephan Weil, der sich sofort an seinen Besuch und auch an das gute Gespräch mit Dehoga-Kreischef Alexander Pohl im August in Einbeck erinnert habe, berichtete der SPD-Kandidat. Digital traf sich Heitmüller mit der Bürgermeisterin von Pattensen und plauderte bei Instagram mit Ramona Schumann (SPD) über die Straßenausbaubeiträge, die nicht so einfach abzuschaffen seien.

Hausbesuch: Dr. Claudius Weisensee trifft sich mit BI-Sprecherin Anja Linneweber. Foto: FDP

Intensiv on tour war auch Dr. Claudius Weisensee. Er besuchte Firmen wie Oppermann, Murer und Wenzel, lud zur frühen Morgenstunde im Bahnhofskiosk in Salzderhelden zum Bürgergespräch, informierte sich über die noch nicht gebaute Toilette auf dem Bahnhof in Kreiensen oder unterstützte die Forderung nach einem Tierheim in Einbeck. Mit der Bürgerinitiative Tiedexer Straße war Weisensee schnell auf einer Wellenlänge, schließlich unterstützt er die Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen in Einbeck. Die Beiträge seien für viele Eigentümer eine riesige Belastung, Instandhaltungs- und Sanierungskosten der denkmalgeschützten Häuser seien kaum zu leisten. Vor allem für Ältere entstehen häufig soziale Härten, weil sie keine Kredite mehr erhalten, begründete Weisensee im Gespräch mit BI-Sprecherin Anja Linneweber seine Position. Straßenausbaubeiträge dürften nicht zum Wettbewerbsnachteil bei der Gewinnung von neuen Mitbürgern, jungen Familien und Rückkehrern werden, fordert Weisensee.

Am 1. November sind 25.624 Wahlberechtigte zur Stimmabgabe aufgerufen. Laut Gemeindewahlleitung sind in 62 Wahllokalen und zwei Briefwahlvorständen 384 Wahlhelfer im Einsatz. Die Wähler sind verpflichtet, eine Mund-Nasen-Bedeckung während des Aufenthalts im Wahlraum, dessen Zuwegungen innerhalb des Gebäudes sowie in Warteschlangen zu tragen und das Abstandsgebot von 1,50 Metern sowohl im als auch außerhalb des Wahlraumes einzuhalten. Alle Wähler werden gebeten, möglichst einen eigenen Stift mitzubringen (schwarz oder blauer Kugelschreiber), damit die Stifte nicht desinfiziert werden müssen.

Wahlplakate der drei Bürgermeisterkandidaten in Einbeck.

Analyse: Interviewsendung EIN-Wahl mit den drei Bürgermeisterkandidaten

Einbeck hat am 1. November die Wahl. Deshalb gab es EIN-Wahl, eine am Sonnabend Abend zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr live im Internet übertragene Interviewsendung, die sich vorrangig an junge Menschen wenden wollte, bei der aber vermutlich auch einige ältere Zuschauer dabei gewesen sein dürften. Denn in der Multifunktionhalle am Haus der Jugend trafen das einzige Mal vor der Bürgermeisterwahl 2020 die drei Kandidaten direkt und persönlich aufeinander. Wegen Corona-Auflagen ohne Publikum und auf Abstand und mit nur wenigen Menschen hinter der Kamera. Weshalb auch ich nicht direkt während der Live-Sendung dabei sein konnte, sondern ich meine hier niedergeschriebenen Beobachtungen auf Grundlage des Youtube-Live-Streams und der Aufzeichung sowie weiterer Recherchen gemacht habe.

Sie kandidieren (v.l.): Claudius Weisensee, Sabine Michalek und Dirk Heitmüller. Foto: Spieker Fotografie

Gut zwei Stunden sprachen Amtsinhaberin Dr. Sabine Michalek und ihre zwei Herausforderer Dirk Heitmüller und Dr. Claudius Weisensee mit Moderator Micha Meißner in sieben Themenschwerpunkten, die das EIN-Wahl-Team für das ehrenamtliche Projekt in viel Vorarbeit herausgefiltert hat, aus zahlreichen vorab eingegangenen Fragen und den Wahlprogrammen der drei Kandidaten. Das war eine Menge Inhalt. Die Themenblöcke wurden jeweils mit einem kleinen von Jendrik Bühring gesprochenen Videoclip eingeleitet, meistens gab’s zusätzlich eine externe Stimme: „Friday for future“-Vertreter Hinrich Borchardt, Sch(l)aufenster-Vorsitzender Hans-Jürgen Kettler und Diakonie-Sozialarbeiter Marco Spindler sowie ein Mann, der anonym bleiben wollte. Auch ich durfte beim Thema „Attraktivität der Stadt“ zwei Sätze sagen. Vor der Diskussion gab’s von den Kandidaten selbst gedrehte, einminütige Vorstellungsfilme, die bereits einige Tage vor der Sendung über die sozialen Netzwerke von den Kandidierenden selbst gepostet wurden (und dort auch weiterhin zu sehen sind).

Die Themen

Falls die Reihenfolge eine Priorität darstellen sollte, dann wäre Klima- und Umweltschutz das wichtigste Thema, denn das setzten die EIN-Wahl-Macher an den Beginn. Es folgten ein paar „Klassiker“, bei denen die Kandidaten ihre Positionen austauschen konnten. Wer die Kandidaten schon öfter gehört hat und verfolgt, kannte da einige Textbausteine schon. Manchmal spürte man leider, dass zu wenig Einbeck und zu viel große Politik in einigen Köpfen der Organisatoren und Fragesteller zur Kommunalpolitik zu gehören scheint. Auch ein häufiges Springen zum nächsten Thema, ohne dass jeder Kandidat etwas zum Thema sagen konnte, war angesichts der Zeitvorgaben zwar nachvollziehbar, aber ärgerlich, weil damit die Kandidaten nicht überall vergleichbar wurden.  Besonders spannend, weil bislang bei diesen Themen zwischen den Kandidaten noch keine Debatte stattgefunden hatte (oder allenfalls eine Ferndebatte via Pressemitteilungen): die Themen Rechtsextremismus in Einbeck (ab 1:38 Stunde) sowie Migration und Integration (ab 1:54 Stunde). Ich hoffe nicht, dass es die Straßenmusik auf Hallenplan und Marktplatz ausschließlich deshalb gab und gibt, damit nicht so leicht Nazi- und andere Demonstrationen auf diesen Plätzen angemeldet werden können. So klang das leider für mich. Ob mit Bußgeldbescheiden für falsch getrennten Müll Neonazis aus der Stadt verdrängt werden können, wie das Claudius Weisensee andeutete, möchte ich bezweifeln. Rechtsextremismus ist dann woanders, aber nicht in der Gesellschaft insgesamt zurück gedrängt. Bei der politischen Integration von Menschen mit Migrationshintergrund kam ausgerechnet der SPD-Kandidat ins Schwimmen, beim Versprecher (vermutlich aus Lampenfieber) über das farbige Ortsratsmitglied, das „obwohl seiner dunklen Hautfarbe“ viele Stimmen bekommen habe, hätte der Moderator klärend nachhaken müssen. Wahrscheinlich ärgern sich die Beteiligten aber heute selbst am Meisten darüber. Beim Schlussstatement schien überraschenderweise Sabine Michalek am Unsichersten, sie las teilweise vom Blatt ab und nutzte ihre 60 Sekunden nicht komplett aus. Die beiden anderen bekamen ihren Wahlaufruf deutlich direkter in die Kamera. Wobei Michalek und Heitmüller wieder in die Sie-Anrede rutschten, Weisensee blieb beim Du.

Die Kandidaten  

Vielleicht haben einige Zuschauer das live gar nicht gemerkt: Außer den eigenen Vorstellungsfilmen gab es keine Vorstellungen der Kandidierenden durch den Moderator. Es ging sofort in die Themen. Und nur ein Kandidat, Dirk Heitmüller, hat selbst gesagt, dass er der Bewerber der SPD ist. Bei den beiden anderen spielten die Parteien keine Rolle, sie wurden von ihnen selbst nicht erwähnt. Und auch das EIN-Wahl-Team fand es offenbar nicht wichtig, diese Hintergründe der sich zur Wahl stellenden Menschen aufzuklären. Das kann man als Fehler sehen, oder aber als Beweis dafür, dass Parteien bei Persönlichkeitswahlen wie Bürgermeisterdirektwahlen keine wesentliche Bedeutung haben. Es ist in jedem Fall schade, dass nur wenig deutlich wurde, dass ein Bürgermeister ja nicht als Alleinherrscher im Rathaus bestimmen kann, sondern dass er nur eine Stimme im Stadtrat ist, welcher das eigentliche Politik-Beschlussgremium ist. Dirk Heitmüller hat das Claudius Weisensee an einer Stelle schön deutlich gemacht: Weisensee werde ja von einer Vielzahl von Parteien unterstützt, das seien momentan aber nur 8 von 45 im Stadtrat (korrekt wäre übrigens 10 von 44). Seine Mehrheit müsse er sich da noch besorgen. Bemerkenswert war außerdem, dass es mehrere Wortgefechte zwischen den Kandidaten gab. Sabine Michalek nahm Claudius Weisensee gleich mehrmals ins Visier: Beim Thema Windenergie habe dieser ja „vielleicht in Karlsruhe nicht so richtig mitbekommen“, dass Einbeck Vorranggebiete ausgewiesen habe, worauf dieser konterte, die Stadt habe sich erst auf Druck der Bürgerinitiative bewegt. Und beim Thema Straßenausbaubeiträge, deren Abschaffung von den drei Kandidaten allein Weisensee fordert, nahm Michalek ihn besonders heftig ins Gebet: „Du hast mir nie gesagt, wie wir die 800.000 Euro gegenfinanzieren sollen“. Neue Schulden zulasten der nächsten Generation lehnte Michalek ab. Und auch Dirk Heitmüller schoss verbal gegen Weisensee, fragte ihn, ob er trotzdem zurück nach Einbeck kommen würde, auch wenn er nicht Bürgermeister würde. Heitmüller hatte den Eindruck, dass Weisensee „den Weihnachtsmann spielen möchte“, der Wahlgeschenke mache und der ja erst seit acht Wochen Politik in Einbeck mache, da könne er nicht alle Themen draufhaben. Zwischen Michalek und Heitmüller hingegen gab’s solchen Streit während der gesamten Debatte nicht. Bemerkenswert.

EIN-Wahl (v.l.): Claudius Weisensee, Sabine Michalek, Moderator Micha Meißner und Dirk Heitmüller. Foto: Spieker Fotografie

Der Moderator

Micha Meißner, in der Musikszene auch als Sänger „Mister ME“ bekannt, hat seine Sache sehr gut gemacht. „Ich habe noch nie etwas moderiert“, sagte der gebürtige Einbecker und Wahl-Berliner zu Beginn, aber dem Musiker merkte man seine Bühnen- und Kameraerfahrung sofort an. Nach wenigen Minuten fühlte sich der Zuschauer in eine Talkshow versetzt, wie er sie aus dem Fernsehen kennt – mit Moderator und gelabelten Moderationskarten. Wegen der anvisierten Zielgruppe nachvollziehbar war das konsequente Duzen der Akteure. Gewöhnungsbedürftig finde ich immer noch das gesprochene Gendern. Bei Micha Meißner klang das aber geübt und wie selbstverständlich. Kleines Bonmot aus der Einladungsmail zu dem Event: „ein Interview der Bürgermeister*innenkandidierenden“.

Das Format

EIN-Wahl verstand sich als Show (jedenfalls laut Ankündigung in Social Media), als Interview der drei Kandidierenden. Es war eher eine professionell gemachte Talkshow. Mit Einspielern und Kamerafahrten durchs große Studio. Die Macher haben der Versuchung gut widerstanden, zu viele technische Spielereien einzubauen. Wie weit die Kandidaten (corona-bedingt) voneinander entfernt saßen, war gut zu sehen. Vielleicht sollten es beim nächsten Mal etwas bequemere Sitzmöglichkeiten sein. Die genutzten Hocker sehen zwar stylisch aus, scheinen aber auf Dauer nicht für jeden angenehm gewesen zu sein. Die Youtube-Sendung (hier weiterhin abrufbar, die Sendung beginnt nach Minute 15) fand in Kooperation von Stadtjugendpflege Einbeck, Multifunktionshalle und evangelisch-lutherischer Jugendkirche „marie“ statt, organisiert von einer Gruppe aus ehrenamtlich und beruflich Tätigen der Jugendarbeit in Einbeck. Wie viele das unter dem Strich waren, sieht man gut im Abspann. Dass einige der Macher damit ihre aktuelle Dienstherrin (die Bürgermeisterin) oder ihren künftigen obersten Chef (Bürgermeister) vor Kamera und Mikro hatten, hat man nicht gemerkt. EIN-Wahl war eine unabhängige Veranstaltung zur Bürgermeisterwahl.

Der Ort

Die noch nicht offiziell in Betrieb genommene neue Multifunktionshalle am Haus der Jugend bot genügend Raum, die Abstandsregeln einhalten zu können. Wenn dann die letzten Baufehler beseitigt sind, kann die Halle auch offiziell abgenommen und eingeweiht werden. Sie wird künftig ein guter Ort sein, auch solche Veranstaltungen durchzuführen, das hat EIN-Wahl ideal gezeigt.

Social Media

Die Macher haben ihr Event intensiv über die sozialen Netzwerke Facebook, Instagram und Twitter beworben. Kein Wunder, waren doch vor allem junge Menschen das Zielpublikum von EIN-Wahl, und das ist nun einmal eher dort als in der Zeitung unterwegs. Auch die Kandidaten haben auf diesen Kanälen die Veranstaltung angekündigt, sich wie Dirk Heitmüller und Claudius Weisensee vor der Live-Sendung in der Maske und im Studio präsentiert, aber nur Sabine Michalek hat während der Sendung bei Instagram Inhaltliches gepostet (bzw. posten lassen). Hier hatte ich mehr von den jeweiligen Teams der Kandidaten erwartet. Denn es wäre die Möglichkeit gewesen, Aussagen „ihrer“ Kandidaten nochmal zu verstärken und auch kleine Fehltritte zu korrigieren. Und einzig die FDP versuchte direkt im Anschluss an die Sendung, dieser einen Spin mitzugeben, eine Interpretation. Der Post kam aber auch von einem Berufspolitiker, der sowas aus dem Landtagswahlkampf natürlich kennt.

Fehler passieren

Gab’s keine Pannen? Doch, natürlich. Das wäre auch unheimlich gewesen, wäre bei einer solchen Premiere alles glatt gelaufen. Zwei Mal versagte die Kamera, einmal als die Bürgermeisterin etwas sagte und ein paar Sekunden nicht im Bild gezeigt werden konnte. Und zum Schluss einmal bei Claudius Weisensee, da war es besonders ärgerlich, denn beim Schlussstatement schaute er zunächst in eine falsche Kamera. Doch das wurde schnell korrigiert. In einem der Videoclips war von „so genannter Corona-Pandemie“ die Rede – warum, wird das Geheimnis der Macher bleiben.

Rund 350 User waren bei der Sendung in Spitzenzeiten live dabei, inzwischen ist die Aufzeichnung aber mehr als 2000 Mal als Aufzeichnung abgerufen worden.

Die Fotos zu diesem Blogbeitrag stammen von Florian Spieker (www.spieker-fotografie.de). Vielen Dank!

Anmerkung: Der Betreiber dieses Blogs hat am 13. Oktober 2020 via Zoom-Meeting eine Diskussion mit den drei Kandidaten moderiert. Diese durfte jedoch leider nicht aufgezeichnet werden.

Das Studio von EIN-Wahl in der Multifunktionshalle. Foto: Spieker Fotografie

(Aktualisiert 28.10.2020, 18:30 Uhr)

In einer ersten Version dieses Textes wurde behauptet, die Einspieler wurden Tom Astein gesprochen. Das ist falsch. Richtig ist, dass sie von Jendrik Bühring gesprochen worden sind. Entschuldigung.

Nachtrag 28.10.2020: Heute hat sich das EIN-Wahl-Team auf meine bereits direkt nach der Live-Sendung gestellten Antworten gemeldet und außerdem noch einige Anmerkungen zu meinem Text gemacht, die ich nachfolgend gerne veröffentliche. Das EIN-Wahl-Team ist mit dem Ablauf und Inhalt der Sendung sehr zufrieden. Es seien durchgehend 350 zugeschaltete Geräte gewesen, der Peak lag bei 354. „Das Fazit ist durchweg positiv und auch die Rückmeldungen sind es“, heißt es in der Antwort. „Eine Weiterführung des Formates können wir uns prinzipiell vorstellen, auch wenn ein hoher zeitlicher Aufwand von Nöten war und auch für Folgeformate nötig sein wird.“ Die Blicke in die falsche Kamera von FDP-Kandidat Weisensee seien ein Resultat eines Kommunikationsproblems gewesen, kein Fehler der Kameraoperatoren. Zum Thema „so genannte Corona-Pandemie” heißt es in der Antwort: „Wir haben in der Redaktion darüber gesprochen, dass der Erreger „SARS-CoV-2“ heißt und somit nur ein Virus aus der Familie der Coronaviren ist. Des Weiteren bezeichnet Covid-19 die durch das Virus verursachte Krankheit und wäre somit – aus unserer Sicht – der richtige Terminus. Um auf die umgangssprachlichen Verwendung des Wortes „Corona-Pandemie“ hinzuweisen, fügten wir hier das Wort „sogenannte“ ein. In der Wirkung nach außen – da stimmen wir Ihnen zu – vielleicht nicht geschickt gewählt. Damit es nicht zu weiteren Verwirrungen kommt: Die Covid-19 Pandemie ist real.“ Zur Aussage von Dirk Heitmüller (SPD) heißt es: „Wir sind uns bewusst, dass zu einer journalistischen Tätigkeit auch die Demaskierung von Alltagsrassismus gehört und ärgern uns darüber, hier nicht direkt Stellung bezogen zu haben. Danke für den Hinweis. Wir möchten direkt Besserung geloben und darauf hinweisen dass auch „farbig“ in diesem Fall ein rassistischer Terminus ist.“ Zum Thema Gendern teilt das EIN-Wahl-Team mit: „Das gesprochene Gendern mag gewöhnungsbedürftig wirken, aber Sprache ist beweglich und wir möchten alle Geschlechter mit meinen und nicht ausschließen. Wir stehen hinter einer sprachlichen Vielfalt, die jedes Geschlecht einbezieht. Der geschlechterbewusste Sprachgebrauch ist in unserer heutigen Gesellschaft wichtig, um Weltbilder zu ändern und Gleichberechtigung zu ermöglichen.“

Umweltminister ist ein Fan kommunaler Stadtwerke

Olaf Lies ist ein Fan kommunaler Stadtwerke. Das bekannte der niedersächsische Umweltminister bei einem Besuch der Stadtwerke Einbeck. Der SPD-Landespolitiker war im Rahmen der Wahlkampf-Tour von Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller (SPD) auf Stippvisite beim örtlichen Energieversorger. Im Gespräch mit Mitgliedern des Aufsichtsrates des Stadt-Tochter Stadtwerke und weiterer Gäste aus der Politik ging es unter anderem um Energiewende, Windenergie, Fotovoltaikanlagen und Elektromobilität.

SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller (r.) war mit Umweltminister Olaf Lies (SPD) bei den Stadtwerken Einbeck zu Besuch, Geschäftsführer Bernd Cranen (Mitte) stellte das Unternehmen vor.

Umweltminister Olaf Lies (SPD) nannte Stadtwerke wie die in Einbeck wichtige Unternehmen der öffentlichen Daseinsvorsorge. Er sei ein bekennender Fan kommunaler Versorgungsstrukturen, sagte Lies. „Die Freude über die erneuerbaren Energien soll nicht nur im fünften Stock in Hannover stattfinden, wo man sich über grünen Strom freut“, sagte der Minister über die Möglichkeiten kommunaler Beteiligung an der Windenergie eben auch in ländlicheren Regionen: 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde bringe zwischen 10.000 und 20.000 Euro pro Jahr pro Windrad. Bei drei bis fünf Windkraftanlagen könnten Kommunen über die Jahre nennenwerte Einnahmen generieren. Im Entwurf des neuen Landesraumordnungsprogrammes seien Waldstandorte für Windräder erlaubt – aber nicht willkürlich, sondern mit klaren Kriterien in einem vernünftigen Maße. Den Stadtwerken komme bei der notwendigen Energiewende hin zu erneuerbaren Energien eine große Bedeutung zu, findet Olaf Lies. Und wenn es dann noch gelinge, mit der Energieerzeugung einen finanziellen Mehrwert für die Region zu erreichen, sei man nicht nur abhängig von den vier großen Energieversorgern. Auch vor Ort dürfe ruhig verdient werden.

Stadtwerke-Geschäftsführer Bernd Cranen hatte das Unternehmen vorgestellt. Mit 93 Mitarbeitern (davon zehn Azubis), davon zwölf im Schwimmbad, erwirtschaften die Stadtwerke Einbeck einen Jahresumsatz von rund 45 Millionen Euro. Die Stadtwerke betreiben außer Schwimmbad und Parkhaus fünf Windkraftanlagen, fünf Blockheizkraftwerke und vier Fotovoltaikanlagen. Das Unternehmen ist mit 60 Prozent an der Einbecker Wohnungsbaugesellschaft (EWG) und zu 49 Prozent an der Stadtwerke Leine-Solling GmbH (Moringen) beteiligt.

Bei der E-Mobilität analysieren die Stadtwerke jeden Monat, wie viel Strom an den verschiedenen Ladestellen getankt wird. „Im Moment ist es sehr sehr mau“, sagte Cranen. Es gebe in jedem Fall genügend Ladepunkte. E-Mobilität werde allerdings die Zukunft sein, „und wir wollen der Dienstleister zum Tanken sein“, erläuterte Cranen dem Minister und den anderen Besuchern. Wobei die Stadtwerke in der ländlichen Gegend eher davon ausgehen, dass zunächst die meisten Nutzer zuhause tanken werden. Als das Laden von Strom an der Säule am PS-Speicher noch kostenlos war, wurden noch 15.000 Kilowattstunden pro Jahr abgenommen. Heute müsse bezahlt werden, und es seien nur noch 2000 Kilowattstunden pro Jahr, berichtete Cranen.

Die Stadtwerke würden sich zwar 2023 um die Übernahme des bestehenden Erdgasnetzes im Bereich Kreiensen bewerben und lege auch heute noch in Neubaugebieten Gasleitungen, obwohl diese sehr selten noch nachgefragt würden, sagte Cranen. Diese Leitungen seien aber auch schon für Wasserstoff ausgelegt. Die Abkehr vom Gas ist für den Umweltminister verständlich, denn in einigen Jahren werde es schließlich keine fossilen Energien mehr geben. Mit erneuerbarem Strom könnten heute schon gut Wärmepumpen angetrieben werden – oder gar die lange verpönten Stromdirektheizungen. „Nachtspeicheröfen kommen wieder“, waren sich Lies und Cranen einig.

Auf dem Stadtwerke-Hof (v.l.): Uwe Schwarz MdL, Olaf Lies, Ulrich Minkner, Dirk Heitmüller, Bernd Cranen, Albert Thormann, Rolf Hojnatzki.

Bürgermeisterwahl: Das Rennen nimmt Fahrt auf

Rund drei Wochen vor der Bürgermeisterwahl in Einbeck am 1. November nimmt das Rennen um den Chefsessel im Rathaus an Fahrt auf. Die Zahl der Mitteilungen, die die drei Kandidierenden produzieren und in die Redaktionen schicken, nimmt jedenfalls deutlich zu, ebenso wie die Terminankündigungen, die Kandidaten persönlich bei ihren Touren zu treffen. Von den Aktivitäten der drei auf den Social-Media-Kanälen ganz zu schweigen. Da wird über den Gartenzaun gesprochen, beim Kaffee die Meinung gesagt oder Gulaschsuppe gegessen. Und Plakate sind nun auch von allen drei Bewerbern im Stadtbild zu sehen. Eine Momentaufnahme.

„Schnack mit Sabine“: Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek stellte bei einer CDU-Versammlung ihr Programm vor. Links Vorsitzende Beatrix Tappe-Rostalski.

Richtig große Veranstaltung gibt es Corona-bedingt eigentlich keine in diesem Wahlkampf vor der Bürgermeisterwahl, allenfalls wenige mittelgroße. Sabine Michalek hatte zum Schnack bei einer Gulaschsuppe im Saal des „Panorama“ geladen, Dirk Heitmüller sorgte auf dem Salinenplatz in Sülbeck für Musik und hatte Umweltminister Olaf Lies zur Diskussion im „Landhaus Greene“ zu Gast. Das war’s dann bislang auch schon. Auffällig ist, dass die Amtsinhaberin auf Ministergrößen aus ihrer politischen Heimat CDU zur Unterstützung bislang verzichtet. Dirk Heitmüller hatte bereits den Ministerpräsidenten, den Bundestagsvizepräsidenten und nun noch den Umweltminister bei sich zu Gast. Auch Claudius Weisensee bietet bislang keinen großen Namen seiner Partei. Er verzichtet ebenso auf die strapaziöse Tour durch alle 46 Ortsteile, wissend, dass das als spät eingestiegener Kandidat terminlich ohnehin kaum noch sinnvoll leistbar wäre. In vielen Dörfern ist er dennoch präsent, nur halt nicht in allen.

Dirk Heitmüller (l.) spricht auf dem Salinenplatz in Sülbeck, da war noch Sommer. Neben ihm begrüßt Abteilungsvorsitzender Andreas Filipps die Gäste.

Statt großer „Kundgebungen“ können die Wählerinnen und Wähler wie selten zuvor direkt und persönlich mit den drei Kandidaten sprechen. Dirk Heitmüller hat die Gartenzaun-Plauderei seiner Parteifreundin, der Bad Gandersheimer Bürgermeisterin Franziska Schwarz, für gut befunden und adaptiert, zieht mit anderen Sozialdemokraten und Dackel Rudi durch die Straßen der Kernstadt und die Ortschaften und führt „Gespräche über den Gartenzaun“. Auf solche persönlichen Begegnungen setzt auch Sabine Michalek, die sich nach ihrer Radtour durch die Dörfer und die Kernstadtviertel nun auf einen Kaffee mit einigen Menschen verabredete. Zum Auftakt saß sie mit Rebecca Siemoneit-Barum zusammen, und es dürfte kein Zufall sein, dass die Schauspielerin und Zirkus-Tochter in diesem Gespräch mitteilte, sie komme zurück nach Einbeck. Das ist eigentlich die Karte, die Claudius Weisensee spielen will: Einer, der auszog, um zurückzukehren.

Das plakatiert Weisensee jedenfalls medienwirksam auf seine Werbewände und erzählt dieses „Narrativ“, wie das im Politiksprech neuerdings immer so unschön heißt. Er war bei den Plakaten zweiter Sieger, denn Herausforderer Dirk Heitmüller von der SPD hatte da längst seine Wahlposter überall an den Laternen platziert. Die Bürgermeisterin war lange zurückhaltend in der Plakatfrage, erst am vergangenen Wochenende waren die ersten brombeerfarbenen Großflächen-Transparente von ihr zu sehen. Mit einem interessanten Detail übrigens: Die Einzelbewerberin firmiert auf den Bannern als „Kandidatin der CDU“ – eine Zuschreibung, die sie eigentlich bislang konsequent vermieden hatte.

Seit dieser Woche ist auch die Briefwahl gestartet, die ersten Stimmen sind im Neuen Rathaus schon eingeworfen in die Urne – mit Abstand und Mund-Nase-Schutz. Unterlagen kann jeder Stimmberechtigte hier online beantragen. Aktuell sind insgesamt 25.839 Wahlberechtigte im Wählerverzeichnis gelistet.

Wahlplakate der drei Bürgermeister-Kandidaten Dirk Heitmüller, Dr. Sabine Michalek und Dr. Claudius Weisensee in drei verschiedenen Größen.

Im Video: Fragen an die drei Bürgermeisterkandidaten

Drei Kandidaten stellen sich zur Wahl bei der Bürgermeisterwahl in Einbeck am 1. November. Im Video antworten sie auf meine Fragen. Die Filme sind sortiert in der Reihenfolge, wie die Kandidaten auf dem Wahlzettel stehen.

Dr. Sabine Michalek (53), Bürgermeisterin, ist Einzelbewerberin, wird von der CDU unterstützt.

Dr. Sabine Michalek.

Dirk Heitmüller (51), Mediaberater, ist der Kandidat der SPD.

Dirk Heitmüller.

Dr. Claudius Weisensee (40), Oberregierungsrat, ist der Kandidat der FDP, der von Bündnis 90/Die Grünen, „Gemeinsam für Einbeck“ (GfE) und Bürgerliste Kreiensen unterstützt wird.

Dr. Claudius Weisensee.

Wieder mal unterschiedliche Haushaltswahrheiten

Wenn’s im Stadtrat ums Geld geht, prallen die unterschiedlichen Auffassungen von Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit immer besonders deutlich aufeinander. Und wenn dann noch eine Bürgermeisterwahl bevorsteht, können Beobachter die Wiederauflage einer schon mehrfach gezeigten Inszenierung sehen: Wer hat eigentlich am meisten Ahnung, wie ein kommunaler Haushalt zu führen ist?

Die September-Sitzung des Stadtrates wäre eigentlich der übliche Zeitpunkt gewesen, den Haushaltsentwurf für das kommende Jahr zur Beratung vorzulegen. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek erläuterte, warum sie in diesem Jahr davon abweicht. Den Etat 2021 jetzt einzubringen, wo es keine belastbaren Grundlagen für die Einnahmen gebe, bezeichnete sie als unverantwortlich. Viele Kommunen würden das ähnlich sehen und die Haushaltsplanentwürfe später vorlegen, nachdem die neuesten Steuerschätzungen nach Sonderterminen vorliegen. Sie werde den Entwurf im Dezember einbringen, nach den Beratungen in den politischen Gremien könnte der Haushalt dann im März 2021 beschlossen werden. „Die Corona-Pandemie wird sich in erheblichem Umfang auswirken, deutlich sinkende Einnahmen aus Gewerbesteuer und kommunalen Anteilen an Einkommens- und Umsatzsteuer sind schon 2020 bittere Realität“, sagte Michalek. „Wie es in den kommenden Jahren aussehen wird, wird erst nach und nach sichtbar werden.“

Für die SPD ist das ein Wegducken der Bürgermeisterin. Den zeitlichen Verzug, der dadurch entstehe und sich auf Projekte erheblich auswirken werde, habe die Bürgermeisterin zu verantworten, machte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki deutlich: „Wir könnten, wenn Sie wollten, aber Sie wollen nicht, also können wir nicht.“ Man könnte das als Wahlkampf bezeichnen, den Haushaltsentwurf auf einen Zeitpunkt nach dem Wahltermin zu verschieben. Unabhängig von Corona hätte ein Haushalt eingebracht und dann später nach den Steuerschätzungen aktualisiert werden können. Alles andere sei Unfug. Wenn man immer bis zur nächsten Steuerschätzung warten wolle, könne man ja nie einen Etat verabschieden.

Die SPD hätte in den letztlich einstimmig verabschiedeten zweiten Nachtragshaushalt 2020 auch noch gerne Mittel für die neuen Fenster im Bürgerhaus Kreiensen einkalkuliert. CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht verstand das nicht: „Es läuft doch“. Die Mittel seien doch im Haushalt. „Ich verstehe die Panik nicht“, sagte Ebrecht, oder sei das etwa Wahlkampf? Finanzen-Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder bestätigte, dass das Geld für die Fenster bereits im Haushaltsplan stehe. „Wir brauchen keinen politischen Beschluss.“ SPD-Fraktionschef Rolf Hojantzki sah das anders: Der nun anders verwandte, eigentlich für den Endausbau Baugebiet Dreilinden vorgesehene Betrag (60.000 Euro) müsse als überplanmäßige Ausgabe vom Rat beschlossen werden. Wohin welche Mittel gehen, das sei Aufgabe des Stadtrates und nicht der Verwaltung. Und die Bürgermeisterin habe eine entsprechende Beschlussvorlage im Juni-Stadtrat ja auch angekündigt. Auf die warte man allerdings leider vergeblich.

Auch SPD-Bürgermeisterkandidat und Ratsherr Dirk Heitmüller schaltete sich kurz in die Debatte ein. „Am Finanzmanagement muss dringend gearbeitet werden“, sagte er. Es lägen keine Controllingberichte und Jahresabschlüsse vor, von der angekündigten Haushaltssperre sei auch keine Rede mehr. Das heutige Sachgebiet Haushalt müsse man wegen seiner Bedeutung zu einem eigenen Fachbereich machen, forderte Heitmüller. Das, entgegnete Finanzen-Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder, könne man nicht mit einem Nachtragshaushalt erledigen, die Organisation sei Aufgabe der Bürgermeisterin, „die ja noch eine Bürgermeisterin ist“.

Wann es denn beim Bürgerhaus Kreiensen auch endlich wie versprochen losgehe, wollte unter anderem Dieter Henze (Marinekameradschaft Admiral von Hipper, einer der Nutzer des Bürgerhauses) in der Einwohnerfragestunde wissen. „Es ist geplant, mit den baulichen Maßnahmen noch in diesem Jahr zu beginnen“, hatte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek etwas wolkig gesagt. Baudirektor Joachim Mertens räumte eine Verzögerung seit der Juni-Ratssitzung ein, weil viele andere Projekte abzuarbeiten gewesen seien. Nun aber gebe es Termine im September mit Heizungsbauer und Dachdecker. Für die 90 Jahre alten Fenster habe es keine Pläne mehr gegeben, diese müssten jetzt vor der Erneuerung erst noch gezeichnet werden, um sie ersetzen zu können.

Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste) brachte es auf den Punkt: Dem Bürger sei egal, aus welchem Topf das Geld beispielsweise für die Fenster im Bürgerhaus Kreiensen komme. Entscheidend sei, dass die Sanierung auch tatsächlich wie versprochen geschehe. Er sei im Übrigen aber schon dafür, dass wenigstens der Finanzausschuss zur städtischen Finanzlage bald tage, sagte der Vorsitzende dieses Fachausschusses. Durch den Weggang der Kämmerin im Sommer seien weitere Baustellen im Finanzbereich aufgelaufen, da müsse wenigstens der Finanzausschuss über die aktuellen Zahlen und die Schätzungen von Steuerausfällen ins Bild gesetzt werden.

Der Stadtrat tagte wieder in der Stadionsporthalle mit Abstand – und saß diesmal auch nach Fraktionen sortiert. Ganz hinten saß der jetzt fraktionslose Ratsherr Alexander Kloss (r.).

Sie hat Lust auf Zukunft

Jetzt ist auch die Titelverteidigerin ins Rennen um die Spitzenposition im Einbecker Rathaus eingestiegen, hat gestern ihr Wahlprogramm offiziell vorgestellt. Wobei sich die Bürgermeisterin selbst lieber als „Erste unter Gleichen“ sieht. „Ich hab‘ Lust auf Zukunft“, lautet der Slogan von Dr. Sabine Michalek für die Wahl am 1. November. Ihre Website, die sie als zentral für ihren Wahlkampf sieht, ist ganz im Brombeer-Ton gehalten. Vieles habe sie seit 2013 gemeinsam mit vielen Menschen anschieben können, positive Veränderungen seien sichtbar. „Wir sind auf dem richtigen Weg, ich kann auf Erfolge zurück greifen und habe gezeigt, dass ich’s kann.“ Dr. Sabine Michalek bewirbt sich voller Überzeugung bei der Bürgermeisterwahl am 1. November um eine weitere Amtszeit im Einbecker Rathaus. Sie sagt aber auch heute bereits: 2026 werde sie dann definitiv nicht ein weiteres Mal antreten.

„Sabine on tour“: Mit dem Fahrrad ist die Bürgermeisterin unterwegs in den 46 Ortschaften.

Dr. Sabine Michalek kandidiert bewusst wieder wie schon vor acht Jahren als Einzelbewerberin. „Bürgermeister ist kein parteipolitisches Amt“, sagt die 53-Jährige. Die CDU bleibe ihre politische Heimat und unterstütze auch ihre Kandidatur. Mit den Grünen habe sie ebenso Unterstützungsgespräche geführt, genauso wie mit der GfE, die Mitglieder von „Gemeinsam für Einbeck“ entscheiden am 22. September darüber, ob sie einen Kandidaten unterstützen wollen. Die Grünen werden sich in den nächsten Tagen äußern.

Wahlkampf unter Corona-Bedingungen ist nicht einfach, aber so gut es geht möchte Dr. Sabine Michalek mit den Menschen vor Ort ins persönliche Gespräch kommen. Online-Talks etwa via Skype oder bei Instagram hat sie bislang nicht geplant, telefonisch steht sie jeden Montag zwischen 20 und 21 Uhr unter einer speziellen Telefonnummer zum Gespräch bereit. Sie will lieber in persönlichen Gesprächen erläutern, was sich seit ihrem Amtsantritt vor inzwischen sieben Jahren bewegt hat und welche Pläne sie für die nächsten fünf Jahre im Bürgermeisteramt hat. Seit einer Woche ist die 53-Jährige an den Wochenenden außerhalb der Dienstzeit unterwegs, „Sabine on tour“: Die passionierte Radfahrerin besucht die 46 Einbecker Ortschaften. Im Anhänger dabei hat sie alkoholfreie Erfrischungen aus der Bierstadt, corona-konform in verschlossenen Flaschen und mit Info-Anhängern versehen. Für jeden dieser abgegebenen Anhänger spendet Michalek 1 Euro für den Wiederaufbau des Salzderheldener Salinen-Förderturms und die Aktion „Alarmstufe Rot“ des Vereins Stadtpartie.

Erster Stopp der zweiten Tour am kommenden Sonntag, 6. September, ist Holtershausen. Dort wird sich Sabine Michalek von 10.45 bis 11.30 Uhr am Holzkreuz, Auf der Mönchelieth, aufhalten. Den nächsten Stopp wird sie von 12 bis 12.30 Uhr vor der Fahrzeughalle der Feuerwehr in Naensen machen. In Stroit wird sie sich von 12.45 bis 13.15 Uhr vor der ehemaligen Bäckerei Mataika aufhalten. An der „Einheitseiche“ in Brunsen hält sie von 13.30 bis 14 Uhr. In Voldagsen wird sie von 14.15 bis 14.45 Uhr am Ortsausgang Richtung Hallensen, pausieren. Dann geht es weiter nach Hallensen, wo ein Stopp von 15 bis 15.30 Uhr auf dem Hof Hermann Kass, Hallensen 17, geplant ist. Von da geht es weiter nach Wenzen zum „Dorfplatz“ Hillebach / B 64. Dort wird Sabine Michalek von 15.45 bis 16.15 anhalten. Die letzte Station der zweiten Tour ist in Bartshausen auf dem Hof Jörg Buschbohm-Helmke, Birkenfeld 1, von 16.45 bis 17.15 Uhr geplant.

Persönliche Gespräche, wenn auch corona-konform mit Abstand: Darauf setzt die passionierte Radfahrerin bei ihrer „Sabine on tour“, hier in Ahlshausen.

Zwei weitere Gesprächsformate hat Dr. Sabine Michalek in Planung, neben Infoständen auf dem Marktplatz in kleiner Besetzung im Oktober. Die Bürgermeisterin bietet den Bürgern an, sich individuell mit ihr zum Kaffee zu verabreden, jeweils bei den Menschen vor Ort. Als einzige „Großveranstaltung“ mit maximal 50 erlaubten Teilnehmern gibt es am 21. September „Auf nen Schnack mit Sabine“ Informationen und Gulaschsuppe im Hotel Panorama.

Auf ihrer neuen Website präsentiert sich Sabine Michalek persönlich, ohne privat zu werden. Die 53-Jährige beschreibt sich abseits der Politik als Kulturbegeisterte, Gartenfreundin und Familienmensch, der den ehrlichen Austausch im Freundeskreis schätzt. Besucher der Seite können erfahren, dass Gartenarbeit für die promovierte Gartenbauwissenschaftlerin Ausgleich zum Bürgermeisterin-Job ist, der zwar bereichernd, aber auch fordernd und anstrengend sein kann. Und dass Musik mit ihrer Violine Sabine Michalek gleichermaßen ermöglicht, vom Alltag abzuschalten und Kontakte zu knüpfen. Das Titelfoto der Rubrik „Familienmensch“ zeigt schön, dass Ehemann Wolfgang und die Söhne Lorenz und Kilian sie zwar tragen und unterhaken, dass sie aber selbst nicht gerne im Vordergrund stehen.

Inhaltlich hat Sabine Michalek sieben Standpunkte in ihrem Wahlprogramm auf ihrer Website formuliert und jeweils aufgelistet, was sie erreicht und was sie vor hat. Aus der Fülle der Themen von Wirtschaft über Familie und Bildung bis zur Infrastruktur hier mal nur ein paar Beispiele: Die Wirtschaftsförderung und Einbeck Marketing möchte Michalek noch besser verzahnen und für das dringliche Thema Leerstandmanagement in der Innenstadt die Position eines City-Managers schaffen. Nach Ende des Zukunftsvertrages 2021 will die Bürgermeisterin auch wieder mehr in die Bereiche Tourismus und Kultur investieren, die bislang unter den Sparzwängen litten. Sie möchte weiter mehr Krippenplätze schaffen, um die steigende Nachfrage befriedigen zu können. Auch weitere Kita-Gebäude müssten modernisiert werden. Mit dem Projekt „Pimp your town“ möchte Michalek Jugendliche stärker für Kommunalpolitik interessieren. Michalek räumt selbstkritisch ein, bei der Reaktivierung der Bahnstrecke anfänglich skeptisch gewesen zu sein. Heute könne man sagen, dass die Bahnstrecke sich lohne, die Fahrgastzahlen liegen deutlich über den Erwartungen. Deshalb müssten in Zukunft auch Züge bis zum PS-Speicher/BBS durchfahren. Michalek möchte stärker auf die Wasserstofftechnologie als Antriebstechnik setzen, den geplanten ZOB zur Mobilitätszentrale weiterentwickeln, an der nicht nur Züge und Busse halten, sondern jeder auch beispielsweise E-Bikes leihen kann. Die neuen Eigentümer des Einbecker Bürgerspitals möchte Michalek unterstützen, für einen Neubau Fördermittel zusammen zu tragen. „Ich bin sehr zuver­sichtlich, dass wir mittel­fristig auch hier erfolg­reich sein werden“, sagt die Bürgermeisterin als Kandidatin. Bürgerschaftliches Engagement liege ihr am Herzen, möchte sie weiter fördern, ihre Idee eines Bürgerpreises möchte sie weiter verfolgen. Nicht nur aktuell gelte es dabei, die Freiwilligen Feuerwehren zu unterstützen. Michalek: „Das, was sie leisten, ist mit Geld nicht zu bezahlen, aber mit Anerkennung und dem zur Verfügung gestellten ausreichenden Material.“

Kandidiert wieder bei der Bürgermeisterwahl in Einbeck am 1. November: Dr. Sabine Michalek, hier vor der Skulptur „Mobilität“ von Hans-Werner Kalkmann am PS-Speicher.

Das Rennen beginnt

Mit der Ankündigung der FDP-Kandidatur von Claudius Weisensee (40) als bislang dritten Bewerber ist Bewegung in den noch weitgehend in den Startlöchern stehenden Bürgermeisterwahlkampf gekommen. Nach Ende der Sommerferien startet das Rennen um den Chefsessel im Einbecker Rathaus. SPD-Herausforderer Dirk Heitmüller (51) tourt bereits seit einigen Tagen durch die Dörfer. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek (CDU) lädt für Sonnabend zu einer ersten Radtour ein und möchte kommende Woche auch ihre Pläne vorstellen. Wer bis 2026 an der Einbecker Spitze steht, entscheiden die Wähler am 1. November.

Dass die FDP ihren Kandidaten Dr. Claudius Weisensee am Sonnabend ausgerechnet in Salzderhelden offiziell vorstellen will, dürfte kein Zufall sein. Ist doch SPD-Kandidat Dirk Heitmüller Ortsbürgermeister von Salzderhelden. Der Ort des Geschehens im Naturgebiet Dohrenberg könnte aber auch ein weiterer Hinweis darauf sein, wie sich die anderen Parteien bis zum Ende der Bewerbungsfrist am 14. September verhalten.

Im eigenen Video auf seiner Facebook-Seite erklärt Bürgermeisterkandidat Dr. Claudius Weisensee, warum er von der FDP zur SPD und wieder zurück wechselt.

Die GfE („Gemeinsam für Einbeck“) wird nach den Worten ihres Vorsitzenden Georg Folttmann wohl keinen eigenen Kandidaten aufstellen und die Frage einer möglichen Unterstützung eines der anderen Kandidaten bei einer Mitgliederversammlung entscheiden.

Die mit der GfE im Stadtrat verbundene Bürgerliste Kreiensen will das ebenfalls in Absprache mit der GfE in einer Mitgliederversammlung entscheiden, in der sich alle Kandidaten vorstellen sollen. Ob es eine offizielle Unterstützung geben werde, sei aber noch offen, erklärte Frank-Dieter Pfefferkorn für die Bürgerliste.

Die Grünen wollen bei einer Ortsverbandsversammlung am 31. August entscheiden, wie sie sich verhalten wollen, teilte Dietmar Bartels für seine Partei mit.

Dr. Sabine Michalek. Foto: privat

Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek (CDU), die als Einzelbewerberin antritt, kündigte heute unter dem Motto „Sabine on Tour“ an, an den kommenden Wochenenden mit dem Fahrrad durch das gesamte Stadtgebiet zu fahren. Die erste Radtour soll gleichzeitig der Startschuss für ihren Wahlkampf sein. „Ich möchte in den kommenden zwei Monaten möglichst alle Ortsteile erreichen, um dort mit den Bürgerinnen und Bürgern ins Gespräch zu kommen. Natürlich unter strenger Einhaltung aller Hygiene- und Abstandsregeln, die uns die Corona-Pandemie im Moment auferlegt“, erklärte die 53-Jährige per Pressemitteilung.

Die erste Radtour führt in die Ortschaften Vogelbeck, Ahlshausen, Opperhausen, Rittierode und Salzderhelden. Den ersten Stopp wird Sabine Michalek von 13 bis 13.30 Uhr vor der Sporthalle in Vogelbeck machen. In Ahlshausen wird sie sich von 14 bis 14.30 Uhr am „Schwalbenhaus“, Ahlshäuser Lieth, aufhalten. Vor dem Gasthaus Tappe in Opperhausen, Schulstraße , hält sie von 15 bis 15.30 Uhr. In Rittierode wird sie von 16 bis 16.30 Uhr am Feuerwehrhaus, pausieren. Der letzte Halt der ersten Tour ist in Salzderhelden auf dem Hof Anne und Heinz-Hermann Wolper, Einbecker Straße 50, von 17 bis 17.30 Uhr geplant. 

Bei Cappuccino und Einbecker Brauwasser

Morgens um 10 in Einbeck: Über den Marktplatz schlendert ein gut gelaunter Stephan Weil, winkt Leuten zu, die ihn erkennen. Der Ministerpräsident und SPD-Landesvorsitzende ist an diesem Vormittag auf Stippvisite in Einbeck, um den Bürgermeisterkandidaten seiner Partei im Wahlkampf für den 1. November zu unterstützen. Ein paar Tipps als ehemaliger Oberbürgermeister von Hannover hat er dann auch noch im Gepäck. Bei Cappuccino und Einbecker Brauwasser plaudert Weil mit Dirk Heitmüller und anderen SPD-Politikern in der Einbecker Kaffeerösterei von Alexander Pohl.

SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller (r.) mit Ministerpräsident Stephan Weil.

Doch die Gespräche drehen sich schnell um die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Wirtschaft, auf Einzelhandel und Gastronomie in Einbeck. Dirk Heitmüller hatte den Ort der Begegnung vorgeschlagen, weil Kaffeeröster Alexander Pohl auch Kreisvorsitzender der Dehoga ist, des Hotel- und Gaststättenverbandes. Pohl registriert inzwischen wieder eine stärkere Frequenz, die „heißeste Phase des Jahrhunderts“ habe man durchlebt, als junges, knapp vier Jahre altes Unternehmen sei das schon haarig gewesen, sagt Pohl. Inzwischen schätzten aber viele Einbecker den Qualitätskaffee. Pohls Partner im Kaffee-Geiste, Andreas Berndt aus Hannover, kennt Stephan Weil schon seit dessen Zeit beim Einbecker Brauhaus und jetzt aus Hannover. Beim Brauhaus war Pohl auch vor seiner Kaffee-Selbstständigkeit beschäftigt. Das sei offenbar eine gute Wertschöpfungskette, erst Bier, dann Kaffee, scherzt der Ministerpräsident.

Dirk Heitmüller schildert Stephan Weil, wie Einbecker Einzelhändler in Zeiten von Corona gut zusammen gehalten haben. Beruflich als Mediaberater habe er bei den Aktionen ein starkes Gemeinschaftsgefühl erlebt, sagt der Bürgermeisterkandidat. Der Einzelhandel in Zukunft müsse stationären und Internet-Handel verbinden, sind sich Heitmüller, Pohl und Weil schnell einig. Corona habe Online-Shops von stationären Einzelhändlern durchaus beschleunigt, berichtet Heitmüller. Online dürfe die Ladenlokale jedoch nicht killen, das sei seine Sorge, sagt Stephan Weil. Touristisch habe der PS-Speicher Einbeck belebt, das merke man auf dem Marktplatz, aber auch in Hotellerie und Gastronomie ingesamt, sagt Alexander Pohl.

Einmal noch dieses Jahr werde er nach Einbeck kommen, verrät der Ministerpräsident, das habe er Karl-Heinz Rehkopf versprochen, bei einer der Depot-Eröffnungen des PS-Speichers dabei zu sein. Weil: „Ich bin ein echter Fans von ihm.“

Fotostopp vor dem Historischen Rathaus in Einbeck (v.l.): SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller, Ortsverein-Vorsitzender Marcus Seidel, Ministerpräsident Stephan Weil und SPD-Pressesprecher Peter Traupe.
Im Gespräch mit Alexander Pohl (Einbecker Kaffeerösterei, vorne): SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller, Ministerpräsident Stephan Weil und SPD-Ortsverein-Vorsitzender Marcus Seidel (v.r.)
Durch die Gasse zum Pfänderwinkel kam Ministerpräsident Stephan Weil mit SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller auf den Einbecker Marktplatz.

Burgenliebhaber Bürgermeisterkandidat

SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller hat seine Tour fortgesetzt und bei den Ortschaftsbereisungen auch Greene besucht. Dabei war eine Visite auf der Burg selbstverständlich. Zumal der Bürgermeisterkandidat Burgenliebhaber ist. In seinem Heimatort Salzderhelden bekleidet der 50-Jährige nicht nur das Amt des Ortsbürgermeisters, sondern ist auch Vorsitzender des Fördervereins Heldenburg. Mittelalterliche Geschichte gehört zu den Interessen des Kandidaten der Sozialdemokraten für die Wahl am 1. November.

(c) Frank Bertram
Blick auf Greene: SPD-Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller.

Auf der Greener Burg traf sich Dirk Heitmüller mit Ortsbürgermeister Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste) und dem Vorsitzenden des Förderverein Greener Burg, Ernst Müller. Als Burgenfreund sind Heitmüller Dinge wie Instandhaltungskosten und der große Aufwand für die alten Gemäuer gut bekannt. Während die Heldenburg im Landesbesitz ist, gehört die Greener Burg der Stadt Einbeck. Dementsprechend ist die Stadtverwaltung auch erster Ansprechpartner gemeinsam mit dem Ortsrat und dem Förderverein, um die Liegenschaft für Besucher erlebbar zu halten. Die Herren konnten sich über Pflegearbeiten einer so großen Burganlage unterhalten und sich ebenso über Probleme durch Vandalismus austauschen. „Der Ausblick von der Burg hat mich wieder mal begeistert“, sagte Dirk Heitmüller nach einem Gang die Treppen hinauf auf den Turm.

Ob der SPD-Bürgermeisterkandidat bei seiner Tour auch die dritte Burg(ruine) im Stadtgebiet, Grubenhagen bei Rotenkirchen, besuchen wird, ist bislang noch nicht bekannt. Auf dem ausführlichen Besuchsprogramm in Greene standen Stopps bei den Unternehmen Agravis und Murer, Visiten im Amtspark am Kindergarten und an der historischen Lehmmauer sowie im Baugebiet am Löberfeld.

Wandschränke aus dem Jahr 1953 der damaligen Bundesländer für Petitionen des Verbandes der Heimkehrer und Kriegsgefangenen
Aussicht vom Turm (v.l.): Ratsherr Klaus-Reiner Schütte, Ortsbürgermeister Frank-Dieter Pfefferkorn, Bürgermeisterkandidat Dirk Heitmüller und Ernst Müller, Vorsitzender des Fördervereins Greener Burg.

Agenda 2020

Die regelmäßigen, treuen Leser dieses Blogs kennen das schon, einige warten sogar sehnsüchtig darauf, sobald sich das Jahr dem Ende neigt. Und so ist für einige schon heute Bescherung. Anderen ist für die Feiertage, an denen der kommunalpolitische Betrieb ruht und das Neue Rathaus geschlossen ist, ein wenig Diskussionsstoff für die Gespräche nach Gans, Glühwein und Geschenken im Kreise der Familie und Freunde mit auf den Weg gegeben. Hier kommt also die Agenda 2020, die Tagesordnung für das kommende Jahr aus meiner Sicht:

Dieses Thema wird die politische Agenda in Einbeck im Jahr 2020 bestimmen, zweifellos: Denn am 13. September wird der Chefposten im Rathaus besetzt, die achtjährige Amtszeit der Bürgermeisterin läuft aus. Ob neu besetzt, wird sich zeigen. Viel mehr als der Termin der Bürgermeisterwahl steht zum Jahreswechsel noch nicht fest. Einzig die Amtsinhaberin hat schon ihre Kandidatur angemeldet. Nach Gesprächen in der Familie und mit Freunden habe sie sich entschieden, erneut anzutreten, wieder als Einzelbewerberin, sagte Dr. Sabine Michalek in November bei ihrem „Ja, ich kandidiere“ während einer CDU-Versammlung. Die Christdemokraten, ihre politische Heimat, werden die 52-Jährige wieder unterstützen, das ist sicher. Doch wer noch? 2013 standen auch die GfE und die FDP hinter ihr. Sie werde um Unterstützer werben, sagte Michalek. Die Umworbenen zieren sich bis dato noch mit öffentlichen Aussagen dazu. Zu früh, winken einige ab. Erstmal schauen, wer bei der SPD antritt, sagen andere. Da werden wir also noch warten müssen, bis die Ausgangslage klar ist und Erfolgschancen eingeschätzt werden können. Klar ist, dass niemand sich als Bürgermeister innerhalb von acht Jahren ausschließlich Freunde gemacht haben kann. Es gibt Enttäuschte. Wie viele, wird sich zeigen. Spannend wird zu beobachten sein, mit welchen politischen Aussagen Michalek ins Rennen gehen wird, mit welchem Programm. Allein ein „weiter so, weil vieles gut war“ wird nicht genügen. Ziele sind gefragt, echte Ziele. Und wer kandidiert bei der SPD, der größten Fraktion im Einbecker Stadtrat? Die Sozialdemokraten haben ihre Mitglieder in den Tagen vor Weihnachten zu Bewerbungen aufgerufen. Bis Mitte Januar kann sich melden, wer sich berufen fühlt zu kandidieren. Nach Ende dieser Frist wird es ein parteiinternes Auswahlverfahren geben, am Ende steht eine Kandidatenwahl am 19. März. Gehandelt werden derzeit verschiedene Namen, bislang ausschließlich Ratsherren. Traut sich eine Frau? Gibt es aussichtsreiche Bewerbungen aus dem Mitgliederkreis? Auf diese Fragen wie auf viele andere wird das kommende Jahr eine Antwort geben, ganz sicher. Und vielleicht gibt es ja sogar eine weitere Einzelbewerbung ohne Parteibuch, wer weiß. Auffällig ist jedenfalls seit ein paar Wochen, dass einige potenzielle Bewerber deutlich stärker bei Facebook, Instagram & Co. aktiv sind bzw. sich dort neue Accounts eingerichtet haben. Und auch die Bürgermeisterin, das ist jedenfalls mein Eindruck, beginnt wieder, eigene Beiträge zu posten und nicht mehr allein die anderer Nutzer zu teilen.

Der Neustädter Kirchplatz wird 2020 das große kommunalpolitische Thema bleiben, selbst wenn mit viel Verzögerung jetzt endlich die ersten Bagger dort zu sehen sind und erste Abrissarbeiten stattfinden. Die Platzneugestaltung wird auch, neben dem auf Eis gelegten Ausbau Tiedexer Straße und den jetzt an Externe vergebenen Planungen für den ZOB, zu einem der großen Wahlkampfschlager werden, siehe oben. Vielleicht eröffnet sich beim Dauerbrenner Strabs (Straßenausbaubeitragssatzung) ja noch Anfang des Jahres eine Lösung, die den Konflikt befrieden kann. Ausschließen will ich das nicht. Beschlossen ist das aber auch noch nicht. Es wird ohnehin einige Kontrahenten im Bürgermeisterwahlkampf nicht davon abhalten, die Kirchplatz-Platte wieder und wieder aufzulegen: Zu teuer, zu falsch geplant. Und falls sich lange Zeit auf der Baustelle Neustädter Kirchplatz nichts sichtbar tut, ist das Wasser auf die Mühlen der Kritiker, selbst wenn es Gründe geben sollte. Selbst Gutmeinende haben beim jüngst auf der Baustelle platzierten Trafohäuschen das Grübeln begonnen, ob da die Entscheidenden wissen, was sie tun und es vor allem auch richtig kommunizieren. Wir werden im kommenden Jahr sehen, ob die Planungen für den Neustädter Kirchplatz noch einmal so verändert werden, dass von dem Gewinnerentwurf des Architektenwettbewerbs nicht mehr viel Substanz übrig bleibt. Das wäre ein fatales Signal für künftige Ausschreibungen dieser Art. Man könnte sie sich gleich sparen und das Geld sinnvoller verwenden, wenn man sowieso jeden fachlichen Ratschlag ignoriert, weil man es besser zu wissen glaubt.   

Das mit dem besser wissen wird auch auf der Tagesordnung 2020 stehen. Ist das Porzellan, das zerschlagen wurde, noch zu kitten? Gibt es noch eine Vertrauensbasis, ohne die eine Zusammenarbeit imgrunde schlechterdings nicht denkbar ist? Ich meine den Mega-Zoff um die 380-kV-Klage der Stadt Einbeck, der erst vor wenigen Tagen im Stadtrat eskaliert ist. Ich habe in mehr als 20 Jahren kommunalpolitischer Berichterstattung noch nie eine so poltrige, unharmonische Vorweihnachtssitzung erlebt und prohezeihe eher, dass die SPD dieses Thema und die „Causa Schröder“ noch befeuern wird, vor allem im Bürgermeisterwahlkampf. Fehler zuzugeben ist ja ohnehin in der Politik selten. Auf der anderen Seite sollte sich vermutlich auch Dr. Florian Schröder künftig mäßigen, wenn mit ihm mal wieder verbal die ironischen Pferde durchzugehen drohen. Ironie versteht nicht jeder. Leider.

Zum Jahresanfang startet Einbeck Marketing mit einer neuen Geschäftsführerin. Anja Barlen-Herbig will beim Neujahrsempfang am 17. Januar ihre Agenda vorlegen, dann läuft die übliche 100-Tage-Frist, vor der sich eine Bewertung ihrer Arbeit und Person nicht ziemt. Allein jedoch die Konstallation, die es ab Januar im Eicke’schen Haus geben wird, wirft Fragen auf: Die neue Stadtmarketing-Chefin Barlen-Herbig wurde (bewusst?) auch als erfahrene Touristikerin ein- und vorgestellt. Bekanntlich ist die Tourist-Information der Stadt im gleichen Gebäude zuhause. Deren Chefin Ulrike Lauerwald hat zurzeit einen Markenbildungprozess angeschoben, der vor allem touristisch für Einbeck wichtig ist. Bleibt Einbeck die Stadt der Brau- und Fachwerkkunst? Oder wird Einbeck die Stadt der Mobilität (der PS-Speicher lässt selbstbewusst grüßen), in der gutes Bier gebraut wird und übrigens auch Fachwerkhäuser stehen? Die Frage wird zu klären sein, wer in Einbeck für Tourismus zuständig ist und das Sagen hat (und wer nicht), um nicht neue Doppelstrukturen aufzubauen (wie bei der Wirtschaftsförderung). Ulrike Lauerwald und ihr Team sowie Anja Barlen-Herbig und ihr Team werden sich zusammenraufen müssen. Ob das gelingt? Auch auf diese Fragen werden wir 2020 Antworten erhalten. Das heißt nicht, dass uns diese alle gefallen müssen.

Werden denn in der großen Brandlücke an der Altendorfer Straße irgendwann doch wieder ein oder zwei Häuser gebaut oder lassen wir dort wie in der Langen Brücke lieber unsere Kinder spielen? Auch diese Frage wird 2020 eine Antwort erhalten. Zugegeben, die Frage ist etwas unfair formuliert, denn wohl niemand will an der viel befahrenen Durchgangsstraße einen Spielplatz installieren. Nicht so wie in der Langen Brücke 5. Aber Container mit Oldtimer-Werbung sind auf Dauer zu wenig. Eng verknüpft mit möglichen Bauplänen für das Quartier an der Ecke zur Backofenstraße ist die Frage nach der Zukunft der Einbecker Hospitalstiftungen, die ursprünglich schon zum Jahreswechsel aufgelöst werden sollten. Bei allem Geschichtsbewusstsein für eine Jahrhunderte alte Institution: Auch für die Hospitalstiftungen, denen einige nicht mehr taufrische Immobilien gehören, gilt der Grundsatz: Eigentum verpflichtet. Und wenn in Zeiten des Niedrigzinses eine Stiftung wie diese nicht mehr genügend eigene Mittel hat, um Sanierungen und unter Umständen Neubauten zu stemmen, sollte man sie vielleicht im millionenschweren Etat der Stadt Einbeck integrieren und damit ausreichende Finanzkraft generieren: für Wohnungsbau beispielsweise. Oder man fragt andere naheliegende Unternehmungen, die sich mit Bauen und Wohnen auskennen.

Auch diesmal ließen sich noch viele weitere Themen nennen, die Kommunalpolitik und Öffentlichkeit im kommenden Jahr beschäftigen werden. Als Stichworte seien hier nur genannt: Multifunktionshalle (wird sie rechtzeitig fertig und im Kostenplan bleiben, wird sie vom jugendlichen Zielpublikum angenommen?), „Wissensquartier“ (werden die Pläne für die Zusammenfassung von Museum, Archiv und Bibliothek an einem Standort konkreter und was bedeutet das auch personell?), Spielplatz Lange Brücke (wird das komplett spendenfinanzierte Projekt in 2020 eingeweiht?).

Besonders aber freue ich mich wieder auch auf Überraschungen, auf Unvorhergesehenes. Denn es werden erneut politische Themen auf die Tagesordnung schaffen, die heute niemand erahnt. Auch 2020 lesen Sie davon in diesem Blog.

SPD: Bewerbungen bis Mitte Januar möglich

Kurz vor der Weihnachtspause hat die Einbecker SPD alle Mitglieder per Brief darüber informiert, dass sich bis zum 15. Januar, 23:59 Uhr, Bewerberinnen und Bewerber für eine Kandidatur bei der Bürgermeisterwahl am 13. September 2020 beim Ortsvereinsvorsitzenden melden können. Alle Bewerbungen bis zu diesem Zeitpunkt würden akzeptiert. „Wir wollen die jetzige Bürgermeisterin ablösen“, schreibt Vorsitzender Marcus Seidel an seine Genossinnen und Genossen. Das werde gelingen, wenn die SPD gemeinsam ein transparentes, ehrliches und faires Nominierungsverfahren wähle. Er selbst werde nicht kandidieren, machte Marcus Seidel in dem Brief deutlich. Das bereits im vergangenen Jahr einstimmig beschlossene Verfahren sieht vor, dass dem Ortsvereinsvorstand am 16. Januar die Liste der Bewerberinnen und Bewerber vorliegt. Diese möglichen Kandidaten sollen sich dann in zwei Runden am 27. Februar und 5. März den Mitgliedern vorstellen. Die Versammlungen sollen presseöffentlich sein. Der Kandidat oder die Kandidatin der SPD wird dann am 19. März in der Stadtwahlkonferenz nominiert. Der Einbecker SPD-Vorsitzende leitet seinen dreiseitigen Mitgliederbrief mit einer Presseschelte ein. Seidel bezieht sich dabei auf die neu gewählten Bundesvorsitzenden und den Bundesvorstand der SPD. „Erwartungsgemäß schreibt die Presse mal wieder vom Ende der deutschen Sozialdemokratie. Das könnte Ihnen so passen! Stimmungsmache gegen die SPD zu machen scheint modern zu sein.“ Konkret wünscht sich der Einbecker SPD-Chef eine sachlichere Debatte über die Themen Mindestlohn und CO2-Preis. Zur Einbecker Politik schreibt der Vorsitzende nichts. Noch nichts. „Aber auch die Kommunalpolitik in Einbeck wäre so manche Zeile wert. Wir werden Euch im Neuen Jahr umfänglich informieren“, kündigt Seidel im Mitgliederbrief an.

Ortsrat Kreiensen frustriert über Fenster-Verzögerung

Das Bürgerhaus in Kreiensen. Archivfoto.

Bis Bürgermeisterin-Stellvertreter Dr. Florian Schröder höchstpersönlich in den Ortsrat Kreiensen eilt, muss vermutlich schon Einiges passiert sein. Das Fass scheint nun auch überzulaufen – oder besser gesagt: Durch die Fenster zieht es immer deutlicher vernehmbar. Neu ist das Thema beileibe nicht, immer wieder sind Forderungen laut geworden und Zusagen gemacht worden. Der Ortsrat der Einbecker Ortschaft Kreiensen ist mittlerweile frustriert, weil sich die Sanierung der Fenster im Bürgerhaus Kreiensen erneut verzögert. Die rund 140.000 Euro teure Maßnahme ist nicht im Entwurf des Haushaltsplans 2020 enthalten. Das Gremium war sich in seiner jüngsten Sitzung laut Protokoll einig, dass die Menschen jetzt das Gefühl hätten, zugunsten von Maßnahmen in der Kernstadt oder den Alt-Einbecker Ortschaften nicht berücksichtigt zu werden. Eine gefährliche Frust-Mischung, spätestens im nächsten (Bürgermeister-)Wahlkampf.

Ortsbürgermeister Axel Ambrosy hat in der Ortsratssitzung darauf hingewiesen, dass die für den guten Zustand des Bürgerhauses engagierten sechs Vereine schon sehr lange auf eine Sanierung hoffen. Fast das komplette kulturelle Leben Kreiensens für alle Generationen spiele sich im Bürgerhaus ab. Ambrosy erinnerte an die den Kreiensern im jüngsten Kommunalwahlkampf gemachten Versprechen. Der ständige, offenbar ergebnislose Einsatz für die Sanierung sei mittlerweile für alle Beteiligten ermüdend und auch eine Frage der politischen Glaubwürdigkeit, sagte der Ortsbürgermeister. Ortsratsmitglied Hans-Henning Eggert ergänzte, dass mit jeder weiteren Verzögerung Energiekosten verschwendet werden.

Rathaus-Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder erläuterte in der Ortsratssitzung, dass die Stadt einen bereits gestellten Förderantrag über 74.000 Euro Landesförderung wieder zurück gezogen habe, weil das Förderprogramm überzeichnet war. Er solle in der neuen Förderperiode erneut gestellt werden, um bessere Chancen zu haben. Die Stadt mit ihren 46 Ortschaften könne eine Sanierung ihrer umfangreichen Infrastruktur nicht komplett aus dem städtischen Haushalt finanzieren. Würde zunächst nur der kommunale Anteil ausgeführt, würde sich die Gesamtmaßnahme verteuern, da bei geringeren Kosten auch andere Konditionen gelten und eine teilweise Sanierung der Fenster auch energetisch keinen Sinn machen würde, sagte Schröder. Er könne die Enttäuschung des Ortsrates verstehen. Über Jahrzehnte hinweg sei zu wenig investiert worden, den Stau gerade in energetischer Hinsicht könne die Stadt Einbeck mit angepannter Haushaltslage aber nur im Laufe der Zeit nach und nach beseitigen.

Der Ortsrat hat außerdem den Sitzverlust des Ortsratsmitgliedes Roland Heimann (CDU) offiziell festgestellt. Heimann hatte im Juni aus persönlichen Gründen auf sein Mandat im Ortsrat Kreiensen verzichtet. Da es für den frei werdenden Sitz auf der CDU-Liste keine Bewerber mehr gibt, kann dieser nicht nachbesetzt werden; der Ortsrat Kreiensen hat jetzt nur noch sechs Mitglieder.

Nachtrag 04.10.2019: Die CDU-Stadtratsfraktion kündigt nach einem Ortstermin der Fraktion mit dem Ortsbürgermeister eine neuerliche politische Initiative an, die Sanierung des Bürgerhauses umgehend auch ohne Fördermittel umzusetzen. Man wolle und werde nicht noch länger auf eventuelle Fördergelder warten, hier müsse endlich gehandelt werden, schreibt die CDU in einer Pressemitteilung und hofft auf die Unterstützung der anderen Fraktionen bei den laufenden Haushaltsberatungen. CDU-Fraktionsvorsitzender Dirk Ebrecht: „Die Fördergeldpraxis führt langsam zu Irrsinn. Das dauernde Stellen und Zurückziehen von Anträgen auf mögliche Förderungen macht die Situation am Bürgerhaus nicht besser. Wir heizen zum Fenster heraus. Damit muss jetzt Schluss sein.“

CDU-Gartenfest mit Ehrungen

Kleines Fest im Garten: CDU-Generalsekretär Kai Seefried sprach im Garten des „Einbecker Literaturhauses“ vor Parteifreunden.

Kleines Fest im Garten des „Einbecker Literaturhauses“ mit Ehrungen langjähriger CDU-Mitglieder: Es war nicht nur nach Auffassung von Generalsekretär Kai Seefried ein perfekter Rahmen, den die Einbecker CDU da an einem Sommer-Sonnen-Sonntag Nachmittag bereitet hatte, sich für jahrzehntelange Treue zu bedanken. Beim Zwischenstopp auf seiner zehntägigen Sommerreise quer durch Niedersachsen legte der CDU-General nicht nur eine thematische Leistungsbilanz und Situationsbeschreibung vor, unternahm eine kurze Tour de raison der Großen Koalitionen in Hannover und in Berlin. Kai Seefried mahnte seine Parteifreunde angesichts schwindenden Zuspruchs zu Volksparteien bei Wahlen auch, Selbstverständlichkeiten immer wieder auf den Prüfstand zu stellen. Bei allen modernen, verführerisch einfachen Dialogmöglichkeiten in Zeiten von Facebook & Co. und einer sich verändernden Gesellschaft sei das direkte, persönliche Gespräch miteinander wichtiger denn je für den Erfolg, die CDU müsse noch stärker den unmittelbaren Kontakt zu den Menschen suchen. Und dabei die Bedenken und Themen auch der Jugend ernster nehmen. Schutz der Umwelt und Natur, Bewahrung der Schöpfung, Nachhaltigkeit – das seien doch in einer christlichen Partei alles Themen, die imgrunde zur „Kern-DNA der CDU“ gehörten und nicht anderen überlassen werden dürften. Seine Partei werde dabei jedoch stärker als andere immer auch berücksichtigen, eine starke Wirtschaft als Grundvoraussetzung nicht zu vergessen.

Kai Seefried in Einbeck.

Einbeck habe schon vieles geschafft in den vergangenen Jahren, aber bei einigen Themen benötige man in Zukunft noch Unterstützung, gab Antje Sölter als stellvertretende Bürgermeisterin dem Gast mit auf den Weg nach Hannover. Ein gutes und wichtiges Signal auch für den Schulstandort Einbeck wäre eine Verlängerung des regelmäßigen Schienenpersonennahverkehrs bis zum PS-Speicher und der BBS. Diese Schule müsse ihre gute Ausbildung im Pflege- und Sozial-Bereich leider einschränken, weil es nicht genügend Ausbilder gibt. Dieser Lehrermangel müsse beseitigt werden. Antje Sölter dachte dabei noch einen Schritt weiter, Einbeck könne Außenstelle eines Pflegestudiums in Göttingen werden. Auch dabei könne die verlängerte Bahnstrecke helfen und ein Standortfaktor sein. Es sei im Übrigen nicht Kirchturmdenken, wenn sich Einbeck immer wieder für den Erhalt des Einbecker Krankenhauses stark mache. An diesem hänge schließlich auch die stationäre medizinische Versorgung des Dasseler Bereiches. Sie bat Seefried um Unterstützung für den Erhalt der Klinik, diese müsse politisch gewollt sein und bleiben.

CDU-Vorsitzende Beatrix Tappe-Rostalski hatte in ihrer Begrüßung den nicht gerade konstruktiven Umgang der örtlichen SPD mit den Christdemokraten kritisiert. Unsachliche und unverschämte Äußerungen vor allem gegenüber der Bürgermeisterin erschwerten eine gemeinsame Arbeit für Einbeck. Die SPD habe bis heute nicht verwunden, dass Sabine Michalek von den Menschen zur Bürgermeisterin gewählt worden sei, die SPD habe damit nach wie vor ein großes Problem und eröffne schon eineinhalb Jahre vor dem nächsten Wahltermin den Wahlkampf, sagte Tappe-Rostalski. In den vergangenen Jahren seit 2013 sei aber viel bewegt worden. Das und die „starke Bürgermeisterin“ spüre man bis nach Hannover, sagte Generalsekretär Kai Seefried.

Für langjährige Treue wurden folgende CDU-Mitglieder mit Urkunde, Ehrennadel und Prosecco geehrt: Horst Nachtigall, Jürgen Vollmer, Manfred Friedrich, Christian Sussek (45 Jahre Mitgliedschaft), Friedrich-Wilhelm Wielert, Dr. Klaus Brunkhorst, Otti Heraeus, Michael Heraeus, Jürgen Nienstedt, Joachim Prochnow (40 Jahre Mitgliedschaft), Andreas Büssenschütt (25 Jahre Mitgliedschaft), Karl-Heinz Wessel, Anne Wolper, Christoph Bretschneider, Joachim Dörge, Helmar Breuker (20 Jahre Mitgliedschaft).

Ehrungen bei der CDU Einbeck, auf dem Foto die Geehrten zusammen mit Generalsekretär Kai Seefried, dem CDU-Kreisvorsitzenden Dr. Roy Kühne, der Einbecker CDU-Vorsitzenden Beatrix Tappe-Rostalski, der stellvertretenden Bürgermeisterin Antje Sölter und CDU-Ratsfraktionschef Dirk Ebrecht.

Einbecker Marcus Seidel ist Bundestagskandidat der SPD

Er ist der SPD-Kandidat: Marcus Seidel aus Einbeck.

Er ist der SPD-Bundestagskandidat: Marcus Seidel (47) aus Einbeck.

Schlechte Nachrichten für Tochter Amelie, gute Nachrichten für die SPD: Marcus Seidel heißt der Bundestagskandidat der Sozialdemokraten für die nächste Bundestagswahl am 24. September im Wahlkreis 52 Goslar-Northeim-Osterode. Der geplante Tauchurlaub im Sommer fällt aus, der Vater macht dann vor allem Politik, der 47-jährige Vorsitzende der Einbecker SPD steckt in den nächsten Wochen und Monaten als Bundestagskandidat mitten im Wahlkampf. Überraschend deutlich war das Ergebnis gleich im ersten Wahlgang: Mit 74 von 143 Delegiertenstimmen setzte sich der bei der Einbecker Brauhaus AG arbeitende kaufmännische Angestellte bei der Wahlkreiskonferenz der Sozialdemokraten heute in Katlenburg klar gegen seine zwei Mitbewerber durch; viele Beobachter hatten das Rennen offener gesehen. Erste Glückwünsche kamen vom SPD-Vorsitzenden Uwe Schwarz (Bad Gandersheim) und vom SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Wilhelm Priesmeier (Markoldendorf), der am 24. September bei der Bundestagswahl nicht noch einmal antritt. Schwarz appellierte an seine Parteifreunde, sich nach dem Ergebnis jetzt gemeinsam hinter dem Kandidaten zu versammeln, den bundesweiten Martin-Schulz-Effekt auch in der Region zu nutzen und gemeinsam mit und für Marcus Seidel Wahlkampf zu machen, damit dieser in die Fußstapfen von Priesmeier treten und das Direktmandat holen kann. Auf der Katlenburg waren 77 Delegierte aus dem Unterbezirk Northeim, 35 aus dem Unterbezirk Göttingen und 31 aus dem Unterbezirk Goslar zusammengekommen. Den 143 Delegierten aus den SPD-Unterbezirken Northeim, Goslar und Göttingen-Osterode hatten sich drei Kandidaten zur Wahl gestellt. Außer Marcus Seidel waren dies Dr. Andreas Philippi aus Herzberg, der 45 Stimmen erreichte, und Jürgen Horst aus Nörten-Hardenberg, der 23 Stimmen bekam.

Das SPD-Trio

Wer wird's? Jürgen Horst, Dr. Andreas Philippi oder Marcus Seidel (v.l.)?

Wer wird’s bei der SPD? Jürgen Horst, Dr. Andreas Philippi oder Marcus Seidel (v.l.)?

Nur eines ist bislang gewiss: Bei der SPD im Wahlkreis 52 (Northeim-Goslar-Osterode) wird am 24. September bei den Bundestagswahlen ein Mann kandidieren. Und Dr. Wilhelm Priesmeier ist es nicht (mehr), der 62-jährige Markoldendorfer Tierarzt geht nach vier Wahlperioden im Berliner Parlament in den Ruhestand. Drei stellen sich zur Wahl um seine Nachfolge und seit Januar in vier Regionalkonferenzen den SPD-Mitgliedern der 24 Ortsvereine vor: Jürgen Horst (53) aus Nörten-Hardenberg, Dr. Andreas Philippi (52) aus Herzberg und Marcus Seidel (47) aus Einbeck. Die 150 Delegierten der Wahlkreis-Konferenz am 18. Februar in der Reithalle der Burg Katlenburg werden entscheiden, wen die Sozialdemokraten ins Rennen um das Direktmandat schicken. An eben der gleichen Stelle ist vor Wochen bereits auch CDU-Bewerber und MdB Dr. Roy Kühne inthronisiert worden, mit 90 Prozent, er hatte keine Gegenkandidaten. SPD-Vorsitzender Uwe Schwarz wertet es als Zeichen innerparteilicher Demokratie, dass sich bei den Sozialdemokraten mehrere Kandidaten dem Mitgliedervotum stellen. „Es ist keine Schande dabei zu verlieren, wir alle werden den Gewinner unterstützen, auch die zwei unterlegenen Kandidaten werden das tun“, versicherte er. Die vier Regionalkonferenzen (Osterode-Schwiegershausen, Dassel, Goslar-Oker und Northeim) sind keine Vorwahlen, am Ende gab es keine Abstimmungen, die ein Stimmungsbild wiedergeben könnten. Die drei Kandidaten haben jeweils ihre Person und ihnen wichtige Themen vorgestellt, dann auf Fragen geantwortet, die insgesamt ein Ritt durch nahezu alle Politikfelder waren. 78 der 150 Delegierten stellt bei der Wahlkreis-Konferenz der SPD-Unterbezirk Northeim, 37 kommen aus dem Bereich Goslar, 35 aus dem Bereich Osterode.

Jürgen Horst

Jürgen Horst.

Jürgen Horst.

Die Fakten: 53 Jahre, verheiratet, Vater von zwei Söhnen und einer Tochter. Wohnt in Angerstein, Ortsteil von Nörten-Hardenberg. Ist Polizeihauptkommissar bei der Polizeiinspektion Northeim/Osterode im Sachgebiet Einsatz. Stammt aus SPD-Elternhaus. Ist Mitglied im Ortsrat Angerstein, war bis 2016 Ratsherr in Nörten-Hardenberg und Kreistagsabgeordneter.

Was ihm politisch wichtig ist: Gerechtigkeit, Respekt und Achtung – diese Werte sind es seit Kindheitstagen. Solidarität und Verantwortung kommen hinzu. Unanständig und ungerecht findet er Manager-Verhalten und -Gehälter, Respekt hat der Polizeibeamte mit viel Erfahrung an der Basis vor dem Ehrenamt, nicht zuletzt auch in der Flüchtlingsarbeit. Viele seien bereit, mit anzupacken. Achtung verlangt er beispielsweise vor Tieren, die nicht als Industrieware zu sehen seien.

Hobbys: aktiver Fußballer, weiteres sportliches Ziel ist ein Halbmarathon.

Und sonst noch… Jürgen Horst ist aufgewachsen in Ahaus/NRW, wenn er spricht, klingt es deshalb manchmal wie Müntefering.

 

Dr. Andreas Philippi

Dr. Andreas Philippi.

Dr. Andreas Philippi.

Die Fakten: 52 Jahre, verheiratet, Vater eines Sohnes und einer Tochter. Wohnt in Herzberg am Harz. Ist Facharzt für Chirurgie, Notfallmedizin und Ärztlicher Leiter des MVZ Herzberg. Ist seit 1982 SPD-Mitglied, seit 2006 im Stadtrat Herzberg (Fraktionsvorsitzender), seit 2011 im Kreistag (jetzt Göttingen), dort stellvertretender Landrat.

Was ihm politisch wichtig ist: Schon aus beruflichen Gründen liegt ihm die Gesundheitspolitik am Herzen. Diese müsse deutlich sozialer und gerechter werden. Nach der Medizin-Methode „Diagnose, Therapie, Heilung“ möchte er auch politische Themen angehen. Kleinere Krankenhäuser beispielsweise bräuchten eine Ausgleichszahlung, um mit großen Kliniken wirtschaftlich mithalten zu können. Erste Korrekturen an der Agenda 2010 seien geschafft, „aber das reicht nicht, wir müssen weiter“.

Hobbys: Ski alpin, Tauchen, kocht gerne.

Und sonst noch… Hat seine ersten fünf Mark mit dem Stapeln von Einbecker Bierkisten verdient. Ist stolz, als einziger Sozialdemokrat im Rotary Club Südniedersachsen Mitglied zu sein.

 

Marcus Seidel

Marcus Seidel.

Marcus Seidel.

Die Fakten: 47 Jahre, verheiratet, Vater einer Tochter. Wohnt in Einbeck. Ist gelernter Brauer und Mälzer, arbeitet bei der Einbecker Brauhaus AG nach Jahren im Gastronomie-Außendienst jetzt als kaufmännischer Angestellter im Marketing. Kam 1989 über die Jusos zur SPD, ist Vorsitzender des SPD-Ortsvereins Einbeck, stellvertretender Vorsitzender der Ratsfraktion und stellvertretender Bürgermeister.

Was ihm politisch wichtig ist: Ist über den Kampf gegen Rechtsextremismus zur Politik gekommen. Damals („Glatze, Springerstiefel“) seien die noch einfacher erkennbar gewesen als heute. Er möchte nicht den Themen der Populisten hinterherlaufen, sondern die eigenen Grundwerte deutlich benennen: Freiheit, Gerechtigkeit, Solidarität. Wer die Spaltung der Gesellschaft verhindern wolle, müsse sich klar abgrenzen von den politischen Kräften, die ausgrenzen wollen.

Hobbys: Tauchen, Aquaristik („Fische geben keine Widerworte“), Feuerwehr (seit seinem Wehrersatzdienst), tägliche Spaziergänge mit dem Hund.

Und sonst noch… War als Jugendlicher mal Statist bei den Gandersheimer Domfestspielen, als Bettler in Brechts „Dreigroschenoper“. Er möchte, dass die SPD wieder die „Partei der Mutigen“ wird.

Volles Haus bei der vierten Regionalkonferenz in Northeim, bei der sich die drei Kandidaten den Mitgliedern vorstellten. SPD-Vorsitzender Uwe Schwarz (am Pult) begrüßte.

Volles Haus bei der vierten Regionalkonferenz des Bundestagswahlkreises 52 in Northeim, bei der sich die drei Kandidaten den Mitgliedern vorstellen konnten. SPD-Vorsitzender Uwe Schwarz (am Pult) begrüßte.

CDU besucht neuen Einbecker Sonnenberg

CDU am Sonnenberg mit dem neuen Betreiber Markus Beckel (links).

CDU am Sonnenberg mit dem neuen Betreiber Markus Beckel (links).

Der Blick vom Berg ist die Mühe des anstrengenden Aufstiegs allemal wert: Bei strahlendem Spätsommer-Wahlkampfwetter hat die Einbecker CDU jetzt das Seminar- und Gästehaus „Einbecker Sonnenberg“ im Ortsteil Negenborn besucht. Die Christdemokraten bewunderten, was der neue Betreiber Markus Beckel mit seinem Team seit Jahresbeginn in den 14 weißen Bungalows in Hanglage geschaffen hat. Mit dem richtigen Konzept eines Hauses für Seminare und Gruppen, aber auch für vorangemeldete Einzelgäste habe es Beckel erreicht, wieder Leben auf den Sonnenberg zu bringen, freuten sich die CDUler nach einem Rundgang über die weitläufige Anlage. Besonders fasziniert waren die Kommunalpolitiker vom Seminarraum mit atemberaubenden Blick ins Tal, der am Ort des einstigen Schwimmbades entstanden ist. „Wir waren nicht zum letzten Mal hier“, dankte CDU-Vorsitzende Beatrix Tappe-Rostalski. Ob als Ziel einer geselligen Parteiwanderung oder Ort für die nächste Klausurtagung der Stadtratsfraktion biete sich der Sonnenberg geradezu an, waren sich die Christdemokraten schnell einig. Und sie versuchten charmant, das Sonnenberg-Team davon zu überzeugen, wenn auch in begrenztem Maße, so aber doch wieder einen Gastronomie-Betrieb für spontane Besucher aufzunehmen, wenn auch nur an einzelnen Tagen oder am Wochenende zur Kaffeezeit. Zurzeit ist der „Einbecker Sonnenberg“ auf den vorplanbaren Gruppen- und Seminarbetrieb ausgerichtet. Die vegetarische Küche mit Produkten aus vorwiegend biologischem Einkauf sorgt für eine Vollverpflegung der Gäste.

Markus Beckel hatte das einstige Hotel zu Jahresbeginn 2016 übernommen und zu einem Seminar- und Gästehaus umstrukturiert. Der 54-jährige gelernte Architekt hatte zuvor seit 2007 in Bad Gandersheim die Alte Mühle als gemeinnützige GmbH betrieben. Der „Einbecker Sonnenberg“ ist ein Inklusionsunternehmen, in dem Seminar- und Gästehaus in dem Einbecker Ortsteil arbeiten 16 Mitarbeiter mit und ohne Handicap. Vorbesitzer Karl-Heinz Rehkopf, Motor des PS-Speichers in Einbeck, hatte das einstige Hotel mit seinem 16.000 Quadratmeter großen Areal Ende 2015 der gemeinnützigen GmbH geschenkt.

 

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GfE lässt Einbeck glänzen – zu Weihnachten

Für die Weihnachtsbeleuchtung in Einbeck wird mit Sparschweinen gesammelt.

Für die Weihnachtsbeleuchtung in Einbeck wird mit Sparschweinen gesammelt.

Der Unabhängigen Wählergemeinschaft „Gemeinsam für Einbeck“ (GfE) geht es nach eigener Aussage ausschließlich um die Sache und nicht um Personen. Daher habe man auch auf eine Einzelplakatierung der Kandidaten bei der jetzigen Kommunalwahl verzichtet, heißt es in einer Pressemitteilung der GfE. Stattdessen spendet die Wählergemeinschaft 2000 Euro für die diesjährige Weihnachtsbeleuchtung in Einbeck. „Auf das unsere schöne Stadt im Advent wieder glänzen möge.“ Einbeck Marketing GmbH und Stadt Einbeck hatten Unterstützer für die Weihnachtsbeleuchtung in der City gesucht, 50 rote Sparschweine werben bis zum 24. November um kleinere und größere Beträge. 16.000 Euro sind insgesamt notwendig für das Projekt, aktuell (1. September) ist auf dem Spendenbarometer noch Luft nach oben, der Marktplatz liegt gerade einmal bei fünf Prozent der erforderlichen Summe. Der Hallenplan hat bereits 30 Prozent beisammen.

Die GfE sieht sich nicht als Partei, wie es in der Pressemitteilung zur Weihnachtsbeleuchtung weiter heißt. GfE sei gut für Einbeck: „Bei uns strebt auch niemand eine politische Karriere an. Wir haben keinen Fraktionszwang und wir bilden keine Koalition, sondern bleiben unabhängig. Wir sind nur entstanden, weil sich die parteipolitischen Kräfte in Einbeck über Jahre derart blockiert haben, dass sich in Einbeck kaum noch etwas weiterentwickeln konnte. Wir bieten engagierten Bürgern eine Plattform, sich „Gemeinsam für Einbeck“ aktiv in die kommunalpolitischen Prozesse einzubringen. Wir stellen keine Forderungen, sondern arbeiten an Lösungen. Dabei ist es uns völlig gleichgültig, ob der Lösungsansatz aus unseren eigenen Reihen oder von einer Partei stammt. Politische Gegner kennen wir nicht. Mit diesem Ansatz konnten wir in den vergangenen Jahren die politischen Prozesse in Einbeck wieder ans Laufen bringen.“

Wer wird’s werden?

Wer steht am Ende vorne? Das ist noch nicht ausgemacht.

Wer steht am Ende vorne – nicht nur auf dem Plakat? Das ist zwischen den drei Kandidaten noch nicht ausgemacht. Prognosen sind schwierig, weil sie die Zukunft betreffen.

Noch zwei Wochen. Nur noch zwei Wochen. Doch das ist kein Grund für Schnappatmung. 14 Tage bis zur Landratswahl am 28. Februar können noch eine lange Zeit sein. Eine entscheidende vor allem. Bis jetzt war alles eher Geplänkel, der Wahlkampf ist irgendwie noch nicht so richtig in Fahrt gekommen, auch wenn seit Wochen an den Laternenmasten die Plakate hängen. Es fehlen die kontroversen Themen, solche, bei denen wirklich inhaltliche Unterschiede zwischen den drei zur Wahl stehenden Landratskandidaten erkennbar werden. Unterschiede gibt es bislang eher bei den Personen und ihren bisherigen beruflichen Erfahrungen. Und eine Landratswahl ist ja eine Persönlichkeitswahl, bei der es auf den Mensch ankommt. Der Landrat leitet und beaufsichtigt die Kreisverwaltung und gehört zu den Entscheidungsorganen des Landkreises Northeim, er hat Sitz und Stimme im Kreistag. Der Landrat be­reitet die Beschlüsse des Kreisausschusses und des Kreistages mit seinen Mitarbeitern im Kreishaus vor und führt diese aus. Der Landrat vertritt die Verwaltung und den gesamten Landkreis Northeim nach außen, ist ihr oberster Repräsentant. Der Landrat ist nicht der erste Sachbearbeiter, aber auch nicht der über den Dingen schwebende kleine König. Er ist im besten Falle ein guter Moderator, vermittelnd, anschiebend, wenn es sein muss auch mal vorpreschend.

Nach welchen Kriterien wählen Wähler? Nach Inhalt und Programm? Nach Performance, wie jemand ankommt? Danach, ob ich ihn schon längere Zeit kenne? Weil der Kandidat aus dem eigenen Wohnort kommt? Warum soll ich Astrid Klinkert-Kittel wählen? Weil sie das kann? Weil sie Herz und Kompetenz hat und immer möglichst alle einbinden möchte? Weil sie sich als unabhängig bezeichnet, aber für die SPD antritt? Weil sie schon immer in der Verwaltung gearbeitet hat? Warum soll ich Bernd von Garmissen wählen? Weil er abwechselnd mit Telefonhörer, Baby oder Hund sich an einen Baum lehnt und vom Plakat lächelt? Weil er einer ist, der den unverstellten Außenblick hat und nicht schon ewig in Verwaltungshierarchien und ihren Abläufen denkt? Weil er für die CDU antritt? Warum soll ich Jörg Richert wählen? Weil er der einzige der drei Kandidaten ist, der noch eine Unterschriften-Ochsentour unternehmen musste, als unabhängiger Einzelbewerber antritt, die Unterstützung der FDP aber nicht scheut? Weil der Mann aus Salzderhelden kommt, dort mit Familie lebt und die Kreisverwaltung als einer der leitenden Mitarbeiter seit vielen Jahren in sämtlichen Verästelungen kennt?

Die drei Kandidaten mühen sich redlich, ackern, absolvieren einen Termin nach dem anderen, besuchen Firmen und Institutionen, laden die Bürger zu Informationsabenden ein, gehen in das direkte Gespräch mit den Wählern auf der Straße, den Wahlflyer in der Hand. Doch warum wählen einen die Menschen? Weil der Kandidat vor Ort eine Hose kauft und mit den Bürgern Gulaschsuppe, Grünkohl oder Schinkenspezialitäten isst? Es gibt schlechtere Kriterien für seine eigene persönliche Wahlentscheidung.

Winter-Wahlkampf

Wahlplakate in Schnee und Eis, hier eines von Bernd von Garmissen in Einbeck.

Wahlplakate in Schnee und Eis, hier eines von Bernd von Garmissen in Einbeck.

Jörg Richert: Im Original mit Jacke, auf dem Plakat trotz Winter hemdsärmelig.

Jörg Richert: Im Original mit Jacke, auf dem Plakat trotz Winter hemdsärmelig.

Sieger bei der Landratswahl am 28. Februar wird nicht automatisch derjenige sein, der das erste Plakat an die Laterne gehängt hat. Auch sicherlich nicht derjenige, der versucht, an nahezu jede Laterne ein Plakat zu hängen und in jeden Vorgarten einen Bauzaun mit Plakatwand zu stellen. Ob die Gelassenheit, die die SPD an den Tag legt, am Ende erfolgversprechend ist, wird allerdings erst das Ergebnis zeigen. Die Sozialdemokraten werden ihre Landratskandidatin Astrid Klinkert-Kittel erst ab 1. Februar auf Plakaten auf die Straße bringen, während dort der CDU-Kandidat Dr. Bernd von Garmissen und der parteilose, von der FDP unterstützte Einzelbewerber Jörg Richert bereits seit einigen Tagen sichtbar sind. SPD-Chef Uwe Schwarz argumentiert mit einem festen Zeitplan, einer nur sinnvollen kurzen Winterwahlkampfdauer. Bereits bei der Nominierung der SPD-Kandidatin habe man sich nicht irritieren und vom politischen Mitbewerber aus der Ruhe bringen lassen. Es gebe nun einmal Fristen, die einzuhalten seien, sagt Schwarz. Die parteilose Kandidatin, die die Sozialdemokraten dann aufs Schild gehoben haben, stand allerdings auch im SPD-Vorstand überhaupt erst eine Woche vor der Delegiertenkonferenz fest… Innerhalb der SPD hat sich die Bürgermeisterin aus Nörten-Hardenberg vor Weihnachten intensiv versucht, bekannter zu machen.

Astrid Klinkert-Kittel vor ihrem Privat-Audi, der jetzt beklebt als Wahlkampfauto dient.

Astrid Klinkert-Kittel vor ihrem Privat-Audi, der jetzt beklebt als Wahlkampfauto dient.

Ein Wahlkampf im Winter hat ganz bestimmt seine eigenen Gesetze. Nicht nur, dass Freiluft-Kundgebungen ausfallen, alles im Saale stattfinden muss. Auch das immer gerne Canvassing genannte Werben der Kandidaten mit dem bunten Faltblatt in der kalten Hand vor Supermärkten, auf Marktplätzen oder in Fußgängerzonen ist bei Minusgraden und Schneefall eine besondere (gesundheitliche) Herausforderung, um bis zum Wahltag durchzuhalten und bei Stimme zu bleiben, um jede Stimme werbend. Da ist es unter dem Strich sicherlich sinnvoll, keinen Frühstart hinzulegen, damit einem nicht die Luft ausgeht. Auf der anderen Seite geht es bei der Landratswahl als Persönlichkeitswahl darum, dass die Menschen im Landkreis die Bewerber erst einmal kennenlernen. Alle drei sind ja schließlich keine Kommunalpolitiker, die seit Jahren schon regelmäßig in der ersten Reihe der Lokalpolitikbütt stehen und allein durch diese Funktion landkreisweit bekannt wären. Um bekannt(er) zu werden, kann jeder zusätzliche Tag wichtig sein, denn nicht jeder Wähler beschäftigt sich jeden Tag, jede Stunde so intensiv mit Kommunalpolitik, dass eine kurze Erinnerung, ein kurzes ins Gedächtnis zurück bringen allein genügen würde. Viele wissen noch gar nicht, dass am 28. Februar überhaupt Landratswahlen stattfinden! Die Mobilisierung der Menschen wird daher auch zu einer zentralen Aufgabe aller Beteiligten, eine die Wahlbeteiligung unterstützende „Hilfswahl“ (Bundestag-, Landtag- oder Kreistag- und Stadtratswahlen) gibt es am letzten Februar-Sonntag nicht. Astrid Klinkert-Kittel, die SPD-Kandidatin, gerade zurück von einer dreiwöchigen Australien-Reise und in dieser Woche in den Wahlkampf eingestiegen, sieht die Mobilisierung als große Herausforderung. Sie möchte den Menschen klar machen, dass sie eine große demokratische Gestaltungsmöglichkeit haben, wenn sie bei der Landratswahl ihr Kreuz auf dem Stimmzettel machen. Eine, die viele Menschen in anderen Ländern nicht haben. Nicht im Winter und nicht im Sommer.

Enthüllung

Silke und Jörg Richert und Günter und Anni Beckmann sowie Nachbar Huseyin Dalka.

Silke und Jörg Richert in Salzderhelden vor dem ersten Großflächen-Plakat mit den Eltern des Kandidaten, Günter und Anni Beckmann.

Er hat als unabhängiger Landratskandidat „keinen Parteiapparat im Rücken“, wie er sagt. Maßgeblich wird der Wahlkampf von seiner Familie gestützt. So haben Jörg Richerts Eltern Anni und Günter Beckmann selbst zu Nadel und Faden gegriffen und zwei Bettlaken zusammengenäht, die das erste Großflächen-Plakat am Ortseingang von Salzderhelden noch verdeckt hatten. Bevor Jörg Richert es enthüllte. Die dann sichtbar gewordene Großfläche zeigt den von der FDP unterstützten Landratskandidaten als „entspannten Macher“, wie sein Team es beschrieben hat. Das Plakat ist eines von insgesamt 20 im gesamten Landkreis. Hinzu kommen 600 Laternen-Masten, an denen das Konterfei Richerts ab diesem Wochenende hängen wird. Von seinen Mitbewerbern Dr. Bernd von Garmissen (CDU) und Astrid Klinkert-Kittel (SPD) wird es deutlich mehr Plakate geben, davon ist auszugehen. Jörg Richert will den Landkreis nicht mit Richert-Plakaten „zupflastern“, wie er sagt. „Ich will keine Materialschlacht. Es gewinnt nicht der mit den meisten Plakaten, sondern der, der das Vertrauen der Menschen gewinnt“, lässt sich der unabhängige Landratskandidat zitieren. Nicht zuletzt deshalb hat der Salzderheldener den Wahlkampf-Start ein wenig mehr zelebriert als dies seine Mitbewerber (die mit starken Parteien im Rücken) tun.

Ein Video dazu:

Wer wie schon wirbt…

Die Parteien und Kandidaten bereiten sich auf den 22. September vor. Ruhig, zaghaft, sommerlich, aber spürbar für denjenigen, der hinsieht. An diesem September-Sonntag wird der Landrat gewählt, außerdem der Bundestag. Kandidaten sind nominiert.

Screenshot 09.07.2013.

Screenshot 09.07.2013, Ausschnitt.

Und jetzt sind auch die ersten Werbemaßnahmen aufgetaucht. Die SPD-Herren werben auf der Internetseite des „Gandersheimer Kreisblatts“ mit Anzeigen. Die von Wilhelm Priesmeier ist verlinkt auf die Website des Bundestagsabgeordneten („Wilhelm wählen“) aus Markoldendorf. Die von Michael Wickmann („Einer von uns“) ist nicht verlinkt, der Landrat und SPD-Kandidat hat (noch) keine eigene Website.

Screenshot 09.07.2013.

Screenshot 09.07.2013.

Der CDU-Landratskandidat ist am vergangenen Sonntag mit seiner Facebook-Seite in die Öffentlichkeit gegangen. Hier zeigt sich Dr. Bernd von Garmissen als Mann vom Lande, hat bislang 38 Fans (Stand heute, 11 Uhr).

Seine Website ist hingegen noch „im Aufbau“.

Screenshot 09.07.2013, Ausschnitt.

Screenshot 09.07.2013, Ausschnitt.