Salinen-Salzturm-Entwurf: Mehrheiten im Ortsrat und im Verwaltungsausschuss

Über Geschmack lässt sich bekanntlich trefflich streiten. Und genau das geschieht seit wenigen Wochen im zweitgrößten Einbecker Ortsteil – teils sachlich, teils emotional und mit harten Bandagen. Dabei geht es um den Entwurf für einen neuen Salinenturm in Salzderhelden, der bei einem Architekturwettbewerb gewonnen hat. In dieser Woche gab es nach bereits breiter Zustimmung im Bauausschuss weitere Zustimmungen sowohl im Ortsrat Salzderhelden als auch im Verwaltungsausschuss. Dabei wurde allerdings auch deutlich gemacht, dass für die nächsten Schritte eine breitere Beteiligung vorgesehen werden soll.

Wie Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek heute auf Anfrage aus dem Verwaltungsausschuss berichtete, habe der Entwurf des Büros Cortnum auch im VA wie schon im Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung und im Ortsrat eine Mehrheit bekommen. Der VA hat sich dafür ausgesprochen, dass bei der Detailplanung die Belange der Anwohner und des Naturschutzes stärker berücksichtigt werden sollen. Auch soll zunächst ermittelt werden, wie teuer die Restaurierung der Fördertechnik kommt, um nicht am Ende einen neuen Turm ohne technisches Innenleben zu riskieren. Als notwendig erachtet der Verwaltungausschuss auch, dass sich der 90 Mitglieder starke Kultur-Förderkreis zeitnah wieder neu im Vorstand aufstellen soll, um den Betreiber der städtischen Anlage handlungfähig zu sehen. In einer Arbeitsgruppe sollen die weiteren Schritte der verfeinerten Planung besprochen werden, berichtete die Bürgermeisterin. Dieser sollen Vertreter der Stadt, des Ortsrates, des Ingenieurbüros Cortnum und des Kultur-Förderkreises angehören. Ziel bleibe, so Michalek, das Bauvorhaben für den Haushalt 2023 anzumelden.

Zuvor hatte sich der Ortsrat in einer gut besuchten Online-Sitzung mehr als eine Stunde lang intensiv mit dem Thema beschäftigt. Dr. Reinhard Binder (FDP) erneuerte seine Kritik am Vorgehen und die späte Beteiligung des Ortsrates bei dem Thema. Die große Mehrheit des Ortsrates sah das jedoch anders. Binders Antrag, mit einer Entscheidung zu warten, bis sich der Kultur-Förderkeis-Vorstand neu gebildet und ein Nutzungskonzept für die Räume vorgelegt hat, folgte der Ortsrat nicht, sondern fasste mit deutlicher 9:1-Mehrheit gegen Binders Stimme im Wesentlichen einen Beschluss, dem sich später der VA anschloss.

Der Ortsrat war sich nahezu einstimmig einig, dass bei dem Entwurf noch Veränderungen vorgenommen werden müssten, damit dieser realisiert werden kann. Die Beleuchtung solle so konzipiert werden, dass das stilisierte beleuchtete Salzkristall nicht zur Falle für Insekten und Vögel werden soll. Der Turm werde ganz sicher auch nicht jeden Tag in bunten Farben leuchten, sagte Ortsbürgermeister Dirk Heitmüller, und die ursprüngliche Planer-Idee, eine Beleuchtung „auf Abruf“ beispielsweise per Handy zu realisieren, ist vom Tisch. Eine verträgliche Lösung mit den unmittelbarten Anliegern wurde zugesichert. Heitmüller verwies auf einen ähnlichen Turm, der in Lüdenscheid im dortigen Technikmuseum Phaenomenta entstanden sei.

Deutlich wurde im Ortsrat jedoch auch, dass den meisten Mitgliedern klar ist, es mit einem Entwurf wie dem vorliegenden als Ersatz für den abgebrannten Holz-Bohrturm nicht allen recht machen zu können. Über Geschmack lässt sich eben vortrefflich streiten. Doch klar ist: selbst bei einer Ortsversammlung in Salzderhelden oder einer Befragung der Bevölkerung würde es nie eine hundertprozentige Zustimmung geben. Bei keinem Entwurf.

Ansicht von Norden. (C) Ingenieurbüro Cortnum
Schnittzeichnung des Entwurfs. (C) Ingenieurbüro Cortnum

2 Kommentare zu „Salinen-Salzturm-Entwurf: Mehrheiten im Ortsrat und im Verwaltungsausschuss

  1. Mir erschließt sich nicht, wieso ein Industriedenkmal nicht wieder wie das Original errichtet werden soll? Wer hat das mit welcher Berechtigung gefordert? Stellen Sie sich vor, der Förderturm eines Kohlebergwerks soll nach einer Zerstörung wieder ersetzt werden. Der Architekt stellt dann als Entwurf die Maschinenhalle und als Turm ein stilisiertes Steinkohle-Brikett vor. Der markante Bohrturm II als Industriedenkmal und als das Wahrzeichen von Salzderhelden sollte meiner Meinung nach wieder originalgetreu errichtet werden. Wir wohnen nun ja in der ehrwürdigen, mit uraltem, unversehrtem Rathaus versehenden Stadt Einbeck, die sich weit vorausschauend mit der Bezeichnung „smart City“ schmückt und extra einen „smart Manager“ beschäftigt. Nun frage ich, ob der Rat oder die Verwaltung smarte Überlegungen dahingehend gemacht hat, mit dem Geld aus der Feuerversicherung die Saline wieder zu beleben? Als „weißes Gold“ wurde Salz vor Jahrtausenden höher geschätzt als das wertvolle Edelmetall. Heute ist es billig und für jeden verfügbar; Es ist aber doch einer Überlegung wert, kurz- oder mittelfristig einen Investor zu finden, der die wertvolle Sole wieder fördert. Ein Bohrturm entsteht dann so nebenbei. Stellen wir uns ein Thermalbad mit Physiotherapie und mit angeschlossenem kleinem Kurhotel vor. Und das ganz in der Nähe eines schönen, schon vorhandenen 18-Loch Golfplatzes. Selbstfahrende Fahrzeuge, elektrisch betrieben, bringen die Kurgäste zu den Sehenswürdigkeiten und Sportstätten. Im Hinblick auf prognostizierter drohender Trockenheit und damit verbundener Wasserknappheit dürfte auch der Einbecker See wieder in das Blickfeld vorausschauender Land- und Forstwirte rücken. Seid smart!

    1. Lieber Walter-Wilhelm Funcke, die Pläne mit Hotel, Thermalbad etc. gab es ja schon mal, ich erinnere an den Bürgermeisterwahlkampf 2006. Motto der CDU: Sole, Sport und Wellness. Wurde nix draus, weil der Kandidat kein Bürgermeister wurde

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