Goetheschule-Entscheidung: Wer hat’s erfunden?

(c) Foto: Frank Bertram

Nach der Entscheidung des Northeimer Kreistages, wo und wie die Goetheschule umgebaut werden soll, hat in Einbeck ein politischer Wettbewerb begonnen, wer schon immer dafür oder dagegen war, wer als erster was vorgeschlagen hat. Und überhaupt. Ich empfinde das als überflüssige und ermüdende Diskussionen, die gerne nach dem früher gebräuchlichen Werbespruch eines Schweizer Bonbonherstellers benannt werden können: Wer hat’s erfunden? Wenn Pressemitteilungen außerdem schon überschrieben sind mit „Partei X begrüßt diese und jene Entscheidung“, hat ein früherer journalistischer Lehrmeister zu mir immer gesagt: Begrüßen kann man seine Großmutter. Er meinte damit, dass sich der Nachrichtenwert solcher Stellungnahmen in sehr überschaubaren Grenzen hält.

Die Einbecker CDU eröffnete den Reigen der „Begrüßungen“ mit einer Mitteilung, in der sich die Christdemokraten dafür loben „von Beginn an, als erste Partei/Bündnis, klar zum Standort Schützenstraße bekannt und trotz vielfachen Diskussionen immer daran festgehalten“ zu haben. Als „irritierend“ hat die Einbecker CDU Äußerungen „einiger Einbecker Kreistagsabgeordneten“ bezeichnet, „die auch weiterhin nicht müde werden, die Entscheidung pro Schützenstraße negativ zu begleiten“, wie es in der Stellungnahme wörtlich heißt. Namen nennt die CDU nicht, aber wer in Social-Media-Kanälen sucht, wird diese schnell finden. Jede Erwähnung hier würde das nur aufwerten. In der Tat täuscht die einstimmige Entscheidung des Kreistages ein wenig darüber hinweg, dass es insbesondere bei SPD und Grünen unterschiedliche Sichtweisen in der Kreispartei und in der Stadtpartei gibt.

Die Einbecker FDP/Kloss-Gruppe im Stadtrat hat sich erleichtert und zufrieden nach der Kreistagsentscheidung geäußert. Die Gruppe habe sich „bereits im Juni und damit als erste der im Stadtrat vertretenen Parteien und Gruppen klar für die Weiterentwicklung der Schule an ihrem gewachsenen Standort Schützenstraße ausgesprochen“, heißt es in der Mitteilung von „Liberal und klar“. „Nachdem kurze Zeit später die SPD auf Kreisebene in der Thematik einen aus unserer Sicht gefährlichen Schlingerkurs begann und mit der Ivenstraße einen absolut ungeeigneten Alternativstandort forcierte, haben wir schnell reagiert und eine Resolution des Einbecker Rates beantragt“, zitiert sich Gruppensprecher Alexander Kloss in der Mitteilung. „Leider erhielt dieser Antrag aufgrund der örtlichen Mehrheitsverhältnisse keine Mehrheit. Aber wir haben mit unserem Vorstoß augenscheinlich zum Nach- und Umdenken angeregt“, meinen die klaren Liberalen.

Die Mitglieder der FDP/Kloss-Ratsgruppe wünschen sich nach eigener Darstellung, dass die Standortwahl für die erforderliche Interimslösung mit Containern verantwortungsvoll getroffen werde. „In Gesprächen mit der Bevölkerung wurde der Gruppe gleich mehrfach die Idee zugetragen, die Container statt am Schulzentrum Hubeweg doch lieber auf dem Gelände des Einbecker Stadions zu errichten. Diese Idee haben wir gern an den Vorsitzenden der Spielvereinigung Einbeck weitergegeben“, schreibt Alexander Kloss. Für ihn birgt der spätere Rückbau der Container die Chance, dass in diesem Zusammenhang der lange gewünschte Kunstrasenplatz für den Verein realisiert werden könnte, da der gesamte Platz sowieso neu gestaltet werden müsste. Auch diese Idee habe man an die SVG weitergegeben.

Die Kreisverwaltung hat heute darauf hingewiesen, dass während der Bauphase, die voraussichtlich 2026 beginnen solle und auf eine ungefähre Dauer von zwei Jahren geschätzt werde, eine Interimsschule erforderlich sei, damit der Schulbetrieb an der Goetheschule sichergestellt werden könne. Über diesen temporären Standort finde ein Austausch mit der Stadt Einbeck statt. Der bisher angedachte Standort auf dem kreiseigenen Grundstück an der IGS Einbeck und Löns-Realschule am Hubeweg werde dagegen nicht weiter verfolgt, machte die Kreisverwaltung heute nochmals deutlich.

Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek bestätigt aktuell den noch notwendigen Austausch über den Standort für eine Übergangs-Goetheschule. Bereits in der Bildungsausschuss-Sitzung des Kreistages hatte sie berichtet, dass die Stadt Einbeck dem Landkreis ein Reihe von möglichen Interimsstandorten genannt habe, diese befänden sich in der Prüfung durch den Landkreis Northeim. Weitere Gespräche zwischen Landkreis Northeim und Stadt Einbeck seien geplant, um die vielfältigen Anforderungen, die an einen solchen Interimsstandort gestellt sind, gut gegeneinander abzuwägen. Auch mögliche Belange Dritter, baurechtliche Überlegungen, die Ver- und Entsorgung, die Erreichbarkeit und weiteres seien Fragen, die jetzt zwischen den Fachabteilungen geklärt würden. Die Landrätin habe deshalb aus gutem Grund keinen konkreten Standort in der Kreistagssitzung genannt, um etwaigen öffentlichen Diskussionen über das Für und Wider einzelner Standorte vor einer fachlichen Prüfung zu vermeiden, sagte die Bürgermeisterin. Michalek: „Dass von politischer Seite nun Standorte ins Spiel gebracht werden, erleichtert die fachliche Arbeit nicht.“ Sie hätte sich – wie auch in anderen Fällen – eine „Enthaltsamkeit des öffentlichen Wortes“ gewünscht, zitierte die Bürgermeisterin Papst Franziskus. 

Die Kreisverwaltung hat nach dem Kreistagsbeschluss heute noch einmal mitgeteilt, wie es insgesamt weitergeht. In einem nächsten Schritt soll es nun einen Architektenwettbewerb geben. Ziel sei es, einen geeigneten Entwurf für einen funktionalen Schulneubau zu finden, der sich harmonisch an den denkmalgeschützten Altbau der Goetheschule anschließe, heißt es in einer Mitteilung der Kreisverwaltung. Dieser Ansatz gewährleiste nicht nur die Wahrung des historischen Gebäudes, sondern ermögliche auch eine barrierefreie, moderne und zukunftsfähige Bildungsumgebung. Die getroffene Entscheidung des Kreistags für eine Sanierung der Schule am Standort sende ein klares Signal für den Bildungsstandort und die Zukunft der Schülerinnen und Schüler an der Goetheschule Einbeck, schreibt das Kreishaus.

2 Kommentare zu „Goetheschule-Entscheidung: Wer hat’s erfunden?

  1. Für einen Journalisten mag es überflüssig sein, dass und wie sich Parteien positionieren. Für das Wahlvolk müssen Positionen klar erkennbar sein. Auch wenn es manchmal lästig erscheint, dass sich Laien aus der Kommunalpolitik Gedanken machen und es nicht den Fachleuten (manchmal sogar Technokraten ohne Empathie für die Bevölkerung) in der Verwaltung allein überlässt. Die Kommunalpolitik ist das gewählte Bindeglied zwischen Bevölkerung und Verwaltung; Bürgerbeteiligung findet ja immer noch rudimentär statt.
    Und der Neustädter Kirchplatz ist ein Mahnmal dafür, wenn ein Technokrat allein entscheidet und die Kommunalpolitik im Unklaren lässt. Mittlerweile ja alles Geschichte, aber vielleicht lernt man ja draus.

  2. Wenn vermeintliche Schlauberger taktische Spielchen betreiben, dann geht der Schuss gern einmal nach hinten los. So auch in diesem Fall. Denn selbst nach einer immer noch anhaltenden Serie von sehr deutlichen Wahlniederlagen gehört es zu den gebetsmühlenartig vorgetragenen Dogmen sozialdemokratischer Schulpolitik, dass allein die verbindlich eingeführte Einheitsschule für alle Kinder der einzig wahre Weg zur perfekten Gesellschaft und bildungspolitischer Glückseligkeit sein darf. Aber kann sie das denn auch?
    Nach der berühmt – berüchtigten Devise, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, müssen dann nur noch ein paar Stellschrauben im für Laien undurchschaubaren Schulrecht geändert werden, um unter faktischer Ausschaltung einer öffentlichen Diskussion diesen Kurs einzuschlagen: a) Dazu gehört z.B. die Auflösung der Förderschulen, an denen speziell dafür ausgebildete Lehrkräfte in kleinen Klassen die Schüler und Schülerinnen betreuen, die auf verschiedenen Gebieten besondere Hilfe brauchen. Deren „Inklusion“ in die Regelschulen wird natürlich alle Probleme lösen. Wer mit aktiven Lehrkräften spricht, erfährt ganz andere Dinge.
    b) Als höchst gefährlich für den Bestand weiterführender Schulen, also die Realschule und die Goetheschule in Einbeck, die in Konkurrenz zu einer bestehenden Integrierten Gesamtschule stehen, wird sich die im aktuellen niedersächsischen Schulgesetz aus rein technokratischen Gründen vorgenommene Erhöhung der Mindestschülerzahl erweisen, bis zu der die Schulaufsicht die Existenz dieser traditionellen Schulen dulden muss. Das gilt es aber mit Verfahrenstricks und politischen Blendgranaten (Neubau an der Ivenstraße unter Rauswurf des Reiter- und Fahrvereins dort.) Anders ausgedrückt:
    Wenn die Schülerzahlen weiter sinken sollten, werden nach diesem Kalkül die altehrwürdige Goetheschule und die Realschule eines Tages als untergeordnete Abteilungen der IGS Einbeck enden.
    Das kann man so wollen und hinter vorgehaltenen Händen fordern. Oder auf auf die sprichwörtlichen Barrikaden gehen und die Urheber und Urheberinnen dieses Unfugs aus den entscheidenden Gremien des Stadtrats und des Kreistags abwählen.
    Nur am Rande sei übrigens ergänzt, dass bei vergleichenden Leistungstests die Schülerinnen und Schüler aus den südlicheren Bundesländern immer weit oben landen, in denen eine klare schulpolitische Linie gesteuert wird. Die bayerische SPD befindet sich inzwischen im Landeanflug auf die 5% Hürde und selbst die einst sozialdemokratischen Stammlande wie NRW, Hessen und Berlin wackeln.
    Mit freundlichen Grüßen
    Bernd Koch

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