Überraschungen gab es nach den Vorentscheidungen im Bildungsausschuss und im Kreisausschuss heute in der Sondersitzung des Kreistages nicht mehr, überraschend war allenfalls die Einstimmigkeit des Beschlusses: Einmütig haben am Ende alle Kreistagsabgeordneten – trotz Bauchschmerzen bei manchen – die Raumfrage des Goethegymnasiums beantwortet, welche die Kreispolitik seit Monaten beschäftigt hat. Die Goetheschule in Einbeck erhält am aktuellen Standort des Gymnasiums an der Schützenstraße ein neues Erweiterungsgebäude in flexibler Bauweise; dafür wird der heutige Anbau abgerissen, weil er aus statischen Gründen nicht umgebaut werden kann. Der denkmalgeschützte Altbau von 1907 wird zeitgleich barrierefrei saniert. „Die eigentliche Arbeit beginnt jetzt erst“, sagte SPD-Fraktionschef Uwe Schwarz, „wir haben einen Kraftakt vor uns.“ Die eine, die wichtigste Frage, ist beantwortet, aber viele Detailfragen sind offen.
Zuletzt wurde immer deutlicher, dass es imgrunde zwei Denkschulen im Kreistag gibt: Die eine wollte möglichst viele Fragen vor der Grundsatzentscheidung beantworten und dafür viele beteiligen; für die andere stand die Standortfrage an erster Stelle, alle weiteren Fragen sollen danach und jetzt erst beantwortet werden – im Laufe einer mehrjährigen Planungs- und Bauphase. Denn klar ist, dass das Thema Goetheschule in den nächsten Jahren auf der Tagesordnung im Bildungs- und im Bauausschuss sowie in der Kreisverwaltung und letztlich natürlich auch im Kreistag bleiben wird. „Mit unserem heutigen Beschluss zur Standortfrage geben wir jetzt endlich den Startschuss, auf den die Schule, die Schülerinnen und Schüler, die Eltern und Lehrkräfte, aber auch Rat und Verwaltung der größten Stadt in unserem Landkreis gewartet haben“, sagte CDU-Fraktionsvorsitzende Beatrix Tappe-Rostalski.
Während der Bauphase, die voraussichtlich 2026 startet, soll der komplette Schulbetrieb für alle rund 630 Schüler in einem Containerbau weitergehen, für den noch ein Standort gesucht wird. „Eine Lösung dafür scheint sich anzubahnen“, sagte Landrätin Astrid Klinkert-Kittel im Kreistag, sie habe mit Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek aktuell mehrere Gespräche geführt. Mehr wollte sie noch nicht sagen, weil Interessen Dritter zu berücksichtigen seien. Sprich, es geht um Flächen, die weder dem Landkreis noch der Stadt, sondern privaten Eigentümern gehören. „Es gibt aber Hoffnung für eine bessere Alternative zum bisherigen Interimsstandort am Hubeweg“, sagte die Landrätin. Bislang war für die Übergangs-Goetheschule in Containern ein Gelände westlich der dortigen Sporthallen zwischen Integrierter Gesamtschule und Löns-Realschule favorisiert worden. Das hatte wegen der Ballung sehr vieler Schüler dort für Kritik gesorgt.
Wenige Stunden vor der heutigen Sondersitzung des Kreistages hatte die SPD-Fraktion noch einen Ergänzungsantrag vorgelegt, der am Ende ebenfalls Einstimmigkeit erreichte. In ihm wird nicht nur die Erwartung ausgedrückt, dass die Stadt Einbeck alle notwendigen Ressourcen dafür einsetzt, damit die Planungs- und Genehmigungsprozesse beschleunigt durchgeführt werden können. In dem erweiterten Beschluss wird außerdem gefordert, das sanierungsbedürftige externe Oberstufengebäude am Langen Wall in die Interimslösung zu integrieren, den Altbau barrierefrei zu erschließen und bei den weiteren Handlungsschritten alle Akteure zu beteiligen.
Die Ergänzung lese sich wie ein „Protokollauszug“ der jüngsten Sitzung des Bildungsausschusses zum Thema Goetheschule, sagte CDU-Fraktionschefin Beatrix Tappe-Rostalski. Ihre Fraktion hätte den Zusatz-Antrag nicht benötigt, sie habe Vertrauen zur Landrätin und deren Verwaltung. „Wir geben heute endlich den Startschuss.“ Das hätte der Kreistag schon vor vier Wochen auf den Weg bringen können, meinte Dirk Ebrecht (CDU). Die SPD solle sich „schämen für ihren bildungspolitischen Schlingerkurs“. Man werde aber dem Nachtragsantrag der SPD zustimmen, der „Selbstverständlichkeiten“ enthalte, damit man mit unnötiger Verspätung, aber nun endlich voran komme und die Standortfrage geklärt werde.
SPD-Fraktionschef Uwe Schwarz hatte sich zuvor gegen die „jeder Grundlage entbehrenden Unterstellungen wider besseren Wissens“ von CDU-Mann Dirk Ebrecht verwahrt, die dieser schon im Bildungsausschuss vorgebracht habe. Die SPD bremse und verhindere nicht, aber angesichts einer Bausumme zwischen 30 und 40 Millionen Euro dürfe man nicht mit Schnellschüssen reagieren. „Es ist nicht ehrenrührig, über alternative Standorte nachzudenken und Dinge zu hinterfragen.“ Gerhard Melching (SPD) erklärte, die jüngste Sitzung des Bildungsausschusses habe wertvolle Hinweise gegeben. Hätte man früher beschlossen, hätte man eine Interimslösung am Hubeweg beschlossen.
Uwe Schwarz räumte ein, dass in seiner Fraktion einige Bauchschmerzen mit der Entscheidung für die Schützenstraße hätten, daher der Ergänzungsantrag. Rolf Metje (SPD) wunderte sich, dass man sich in Einbeck früh auf die Schützenstraße festgelegt habe. „Die Ivenstraße wäre eine Chance für die Stadt gewesen.“ Die dortigen Flächen hatte die SPD zwischenzeitlich vorgeschlagen, die Stadt Einbeck hatte davon aber abgeraten.
Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste Gemeinsam für Einbeck) warnte davor, den Neubau von Schulräumen mit schulideologischen Fragen zu verbinden. Es sei gut, dass der Bildungsausschuss nochmal hier und da für Klarheit gesorgt und alle Betroffenen eingebunden habe, aber jetzt müsse auch entschieden werden, damit nicht der Bildungsstandort Einbeck darunter leide, beispielsweise bei der Überlegung, in welches Gymnasium Eltern aus Kreiensen ihre Kinder schicken sollten: nach Einbeck oder nach Bad Gandersheim. Der Kreistag treffe keinen Beschluss, bei dem „alle Hurra schreien, aber endlich geht’s los“, sagte Pfefferkorn.