Regress für verlorene 380-kV-Klage: Bund der Steuerzahler schaltet sich ein

Der Bund der Steuerzahler in Hannover hat sich in den Streit um Regresszahlungen für Ratsmitglieder nach der verlorenen Klage gegen die 380-kV-Stromleitung eingeschaltet und die Kommunalaufsicht beim Landkreis Northeim um Auskunft gebeten. Gegen verwaltungsjuristischen Ratschlag wegen mangelnder Erfolgsaussichten hatte sich eine Mehrheit im Verwaltungsausschuss im Januar 2018 dennoch für den Gang zum Bundesverwaltungsgericht entschieden; nach der Niederlage hatte die Stadtverwaltung die entstandenen Kosten in Höhe von rund 13.000 Euro denjenigen Ratsmitgliedern in Rechnung stellen wollen, die sich für die aussichtslose Klage ausgesprochen hatten. Der VA hat dieses jedoch mit Mehrheit abgelehnt, was im Dezember im Stadtrat zu einer heftigen Kontroverse geführt hatte. Die Kosten muss nun der Steuerzahler begleichen. Der Bund der Steuerzahler Niedersachsen/Bremen fragt die Kommunalaufsicht vor allem, wie es denn sein könne, dass der VA über den Regress für eigene Mitglieder befinden könne. „Aus unserer Sicht ist es nicht hinnehmbar, dass Gremien über sich selbst zu Gericht zu sitzen“, erklärte Haushaltsreferent Jan Vermöhlen. Das habe eine besondere Brisanz. Deshalb habe der Bund der Steuerzahler die Landrätin gebeten, den Fall zu prüfen. Möglicherweise hätte eine andere Instanz über den Regress entscheiden müssen. Wegen der öffentlichen Bedeutung der Angelegenheit hat der Steuerzahlerbund auch das Innenministerium informiert. Eine Antwort aus dem Kreishaus liegt bis dato nicht vor, ist auch von mir akuell angefragt.

Nachtrag 06.03.2020: Eine Sprecherin des Landkreises Northeim hat mir heute geantwortet, dass die Umstände der Regress-Forderung der Kommunalaufsicht bekannt gewesen seien. „Eine spezielle Prüfung war aber zu keinem Zeitpunkt erforderlich.“ Auf meine Frage, ob die Stadt Einbeck richtig gehandelt habe, indem der VA über sein eigenes Handeln entschieden habe und ob nicht beispielsweise eher der Stadtrat gefordert gewesen sei, antwortete der Landkreis:  „Über Schadenersatzansprüche gegen Ratsmitglieder nach § 54 Abs. 4 NKomVG entscheidet nach allgemeinen Zuständigkeitsregeln grundsätzlich der Verwaltungsausschuss. Ratsmitglieder, gegen die ein Anspruch geltend gemacht werden soll, unterliegen einem persönlichen Mitwirkungsverbot. Gegen diese Regeln ist nach Kenntnis der Kommunalaufsicht nicht verstoßen worden.“ Dem Bund der Steuerzahler liegt nach eigener Aussage bis dato keine Antwort auf sein Schreiben von Ende Januar vor.

Agenda 2020

Die regelmäßigen, treuen Leser dieses Blogs kennen das schon, einige warten sogar sehnsüchtig darauf, sobald sich das Jahr dem Ende neigt. Und so ist für einige schon heute Bescherung. Anderen ist für die Feiertage, an denen der kommunalpolitische Betrieb ruht und das Neue Rathaus geschlossen ist, ein wenig Diskussionsstoff für die Gespräche nach Gans, Glühwein und Geschenken im Kreise der Familie und Freunde mit auf den Weg gegeben. Hier kommt also die Agenda 2020, die Tagesordnung für das kommende Jahr aus meiner Sicht:

Dieses Thema wird die politische Agenda in Einbeck im Jahr 2020 bestimmen, zweifellos: Denn am 13. September wird der Chefposten im Rathaus besetzt, die achtjährige Amtszeit der Bürgermeisterin läuft aus. Ob neu besetzt, wird sich zeigen. Viel mehr als der Termin der Bürgermeisterwahl steht zum Jahreswechsel noch nicht fest. Einzig die Amtsinhaberin hat schon ihre Kandidatur angemeldet. Nach Gesprächen in der Familie und mit Freunden habe sie sich entschieden, erneut anzutreten, wieder als Einzelbewerberin, sagte Dr. Sabine Michalek in November bei ihrem „Ja, ich kandidiere“ während einer CDU-Versammlung. Die Christdemokraten, ihre politische Heimat, werden die 52-Jährige wieder unterstützen, das ist sicher. Doch wer noch? 2013 standen auch die GfE und die FDP hinter ihr. Sie werde um Unterstützer werben, sagte Michalek. Die Umworbenen zieren sich bis dato noch mit öffentlichen Aussagen dazu. Zu früh, winken einige ab. Erstmal schauen, wer bei der SPD antritt, sagen andere. Da werden wir also noch warten müssen, bis die Ausgangslage klar ist und Erfolgschancen eingeschätzt werden können. Klar ist, dass niemand sich als Bürgermeister innerhalb von acht Jahren ausschließlich Freunde gemacht haben kann. Es gibt Enttäuschte. Wie viele, wird sich zeigen. Spannend wird zu beobachten sein, mit welchen politischen Aussagen Michalek ins Rennen gehen wird, mit welchem Programm. Allein ein „weiter so, weil vieles gut war“ wird nicht genügen. Ziele sind gefragt, echte Ziele. Und wer kandidiert bei der SPD, der größten Fraktion im Einbecker Stadtrat? Die Sozialdemokraten haben ihre Mitglieder in den Tagen vor Weihnachten zu Bewerbungen aufgerufen. Bis Mitte Januar kann sich melden, wer sich berufen fühlt zu kandidieren. Nach Ende dieser Frist wird es ein parteiinternes Auswahlverfahren geben, am Ende steht eine Kandidatenwahl am 19. März. Gehandelt werden derzeit verschiedene Namen, bislang ausschließlich Ratsherren. Traut sich eine Frau? Gibt es aussichtsreiche Bewerbungen aus dem Mitgliederkreis? Auf diese Fragen wie auf viele andere wird das kommende Jahr eine Antwort geben, ganz sicher. Und vielleicht gibt es ja sogar eine weitere Einzelbewerbung ohne Parteibuch, wer weiß. Auffällig ist jedenfalls seit ein paar Wochen, dass einige potenzielle Bewerber deutlich stärker bei Facebook, Instagram & Co. aktiv sind bzw. sich dort neue Accounts eingerichtet haben. Und auch die Bürgermeisterin, das ist jedenfalls mein Eindruck, beginnt wieder, eigene Beiträge zu posten und nicht mehr allein die anderer Nutzer zu teilen.

Der Neustädter Kirchplatz wird 2020 das große kommunalpolitische Thema bleiben, selbst wenn mit viel Verzögerung jetzt endlich die ersten Bagger dort zu sehen sind und erste Abrissarbeiten stattfinden. Die Platzneugestaltung wird auch, neben dem auf Eis gelegten Ausbau Tiedexer Straße und den jetzt an Externe vergebenen Planungen für den ZOB, zu einem der großen Wahlkampfschlager werden, siehe oben. Vielleicht eröffnet sich beim Dauerbrenner Strabs (Straßenausbaubeitragssatzung) ja noch Anfang des Jahres eine Lösung, die den Konflikt befrieden kann. Ausschließen will ich das nicht. Beschlossen ist das aber auch noch nicht. Es wird ohnehin einige Kontrahenten im Bürgermeisterwahlkampf nicht davon abhalten, die Kirchplatz-Platte wieder und wieder aufzulegen: Zu teuer, zu falsch geplant. Und falls sich lange Zeit auf der Baustelle Neustädter Kirchplatz nichts sichtbar tut, ist das Wasser auf die Mühlen der Kritiker, selbst wenn es Gründe geben sollte. Selbst Gutmeinende haben beim jüngst auf der Baustelle platzierten Trafohäuschen das Grübeln begonnen, ob da die Entscheidenden wissen, was sie tun und es vor allem auch richtig kommunizieren. Wir werden im kommenden Jahr sehen, ob die Planungen für den Neustädter Kirchplatz noch einmal so verändert werden, dass von dem Gewinnerentwurf des Architektenwettbewerbs nicht mehr viel Substanz übrig bleibt. Das wäre ein fatales Signal für künftige Ausschreibungen dieser Art. Man könnte sie sich gleich sparen und das Geld sinnvoller verwenden, wenn man sowieso jeden fachlichen Ratschlag ignoriert, weil man es besser zu wissen glaubt.   

Das mit dem besser wissen wird auch auf der Tagesordnung 2020 stehen. Ist das Porzellan, das zerschlagen wurde, noch zu kitten? Gibt es noch eine Vertrauensbasis, ohne die eine Zusammenarbeit imgrunde schlechterdings nicht denkbar ist? Ich meine den Mega-Zoff um die 380-kV-Klage der Stadt Einbeck, der erst vor wenigen Tagen im Stadtrat eskaliert ist. Ich habe in mehr als 20 Jahren kommunalpolitischer Berichterstattung noch nie eine so poltrige, unharmonische Vorweihnachtssitzung erlebt und prohezeihe eher, dass die SPD dieses Thema und die „Causa Schröder“ noch befeuern wird, vor allem im Bürgermeisterwahlkampf. Fehler zuzugeben ist ja ohnehin in der Politik selten. Auf der anderen Seite sollte sich vermutlich auch Dr. Florian Schröder künftig mäßigen, wenn mit ihm mal wieder verbal die ironischen Pferde durchzugehen drohen. Ironie versteht nicht jeder. Leider.

Zum Jahresanfang startet Einbeck Marketing mit einer neuen Geschäftsführerin. Anja Barlen-Herbig will beim Neujahrsempfang am 17. Januar ihre Agenda vorlegen, dann läuft die übliche 100-Tage-Frist, vor der sich eine Bewertung ihrer Arbeit und Person nicht ziemt. Allein jedoch die Konstallation, die es ab Januar im Eicke’schen Haus geben wird, wirft Fragen auf: Die neue Stadtmarketing-Chefin Barlen-Herbig wurde (bewusst?) auch als erfahrene Touristikerin ein- und vorgestellt. Bekanntlich ist die Tourist-Information der Stadt im gleichen Gebäude zuhause. Deren Chefin Ulrike Lauerwald hat zurzeit einen Markenbildungprozess angeschoben, der vor allem touristisch für Einbeck wichtig ist. Bleibt Einbeck die Stadt der Brau- und Fachwerkkunst? Oder wird Einbeck die Stadt der Mobilität (der PS-Speicher lässt selbstbewusst grüßen), in der gutes Bier gebraut wird und übrigens auch Fachwerkhäuser stehen? Die Frage wird zu klären sein, wer in Einbeck für Tourismus zuständig ist und das Sagen hat (und wer nicht), um nicht neue Doppelstrukturen aufzubauen (wie bei der Wirtschaftsförderung). Ulrike Lauerwald und ihr Team sowie Anja Barlen-Herbig und ihr Team werden sich zusammenraufen müssen. Ob das gelingt? Auch auf diese Fragen werden wir 2020 Antworten erhalten. Das heißt nicht, dass uns diese alle gefallen müssen.

Werden denn in der großen Brandlücke an der Altendorfer Straße irgendwann doch wieder ein oder zwei Häuser gebaut oder lassen wir dort wie in der Langen Brücke lieber unsere Kinder spielen? Auch diese Frage wird 2020 eine Antwort erhalten. Zugegeben, die Frage ist etwas unfair formuliert, denn wohl niemand will an der viel befahrenen Durchgangsstraße einen Spielplatz installieren. Nicht so wie in der Langen Brücke 5. Aber Container mit Oldtimer-Werbung sind auf Dauer zu wenig. Eng verknüpft mit möglichen Bauplänen für das Quartier an der Ecke zur Backofenstraße ist die Frage nach der Zukunft der Einbecker Hospitalstiftungen, die ursprünglich schon zum Jahreswechsel aufgelöst werden sollten. Bei allem Geschichtsbewusstsein für eine Jahrhunderte alte Institution: Auch für die Hospitalstiftungen, denen einige nicht mehr taufrische Immobilien gehören, gilt der Grundsatz: Eigentum verpflichtet. Und wenn in Zeiten des Niedrigzinses eine Stiftung wie diese nicht mehr genügend eigene Mittel hat, um Sanierungen und unter Umständen Neubauten zu stemmen, sollte man sie vielleicht im millionenschweren Etat der Stadt Einbeck integrieren und damit ausreichende Finanzkraft generieren: für Wohnungsbau beispielsweise. Oder man fragt andere naheliegende Unternehmungen, die sich mit Bauen und Wohnen auskennen.

Auch diesmal ließen sich noch viele weitere Themen nennen, die Kommunalpolitik und Öffentlichkeit im kommenden Jahr beschäftigen werden. Als Stichworte seien hier nur genannt: Multifunktionshalle (wird sie rechtzeitig fertig und im Kostenplan bleiben, wird sie vom jugendlichen Zielpublikum angenommen?), „Wissensquartier“ (werden die Pläne für die Zusammenfassung von Museum, Archiv und Bibliothek an einem Standort konkreter und was bedeutet das auch personell?), Spielplatz Lange Brücke (wird das komplett spendenfinanzierte Projekt in 2020 eingeweiht?).

Besonders aber freue ich mich wieder auch auf Überraschungen, auf Unvorhergesehenes. Denn es werden erneut politische Themen auf die Tagesordnung schaffen, die heute niemand erahnt. Auch 2020 lesen Sie davon in diesem Blog.

Höchstspannung im Stadtrat

Der Stadtrat tagt in der Rathaushalle. Symbolbild

Einmal mehr hat die letztlich verloren gegangene Klage der Stadt Einbeck gegen die 380-kV-Leitung für Hochspannung im Einbecker Stadtrat gesorgt. Für Höchstspannung sogar, kaum hatte die so gar nicht vorweihnachtliche Sitzung begonnen. Nach Ablehnung im Verwaltungsausschuss Anfang Oktober war die Sache eigentlich erledigt, der Regress für den entstandenen 13.000 Euro umfassenden Schaden durch Beigeordnete von eben diesen abgelehnt worden. Die Stadt Einbeck wollte die fünf Ratsmitglieder im VA, die für eine Klageerhebung gestimmt hatten, zur Kostenerstattung heranziehen. Das Thema kam nur noch einmal als Mitteilung am Mittwoch in den Stadtrat, hätte kommentarlos zur Kenntnis genommen werden können, die Entscheidung war gefallen, der Steuerzahler bezahlt die rund 13.000 Euro. Aber der politische Honig war natürlich viel zu verlockend, als dass einige knapp ein Jahr vor der nächsten Bürgermeisterwahl nicht von dem süßen Stoff kosten wollten. Sie konnten nicht kommentarlos zur Tagesordnung übergehen. Aus Marcus Seidel (SPD) brach es förmlich heraus, kaum war die Tagesordnung beschlossen, der Punkt mit der Mitteilungsvorlage zu dem Thema war noch gar nicht erreicht. Tendenziös, parteiisch und in Teilen anmaßend und nicht zutreffend sei die Vorlage der Verwaltung zu dem Thema, polterte der SPD-Mann los. „Dieses Papier ist der Höhepunkt eines so in Niedersachsen einmaligen Vorgangs.“ Es gehe in der Vorlage nicht um die Sache. Seidel: „Es geht darum, missliebige, kritische Ratsmitglieder, mögliche Bürgermeisterkandidaten und somit Konkurrenten zu diffamieren, zu beschädigen und finanziell in Haftung zu nehmen. Diese Verwaltungsspitze hat jegliches Maß und jeden Anstand verloren.“

Das protokollierte Abstimmungsverhältnis 5:4 sei völlig nebensächlich und solle offenbar nur vermitteln, dass es ein knappes Ergebnis gewesen sei, kritisierte Seidel. Viel interessanter sei doch das Abstimmungsverhältnis vom 2. Oktober im VA: Sechs stimmten gegen die Vorlage, es gab zwei Enthaltungen und nur eine Ja-Stimme, woraus Marcus Seidel schloss, dass kein Beigeordneter dafür gestimmt habe (sondern nur die Bürgermeisterin als VA-Mitglied). „Richtig zornig“ mache ihn, dass offenbar neuerdings nach Fraktionen getrennt das Abstimmungsverhalten protokolliert werde, sagte Marcus Seidel.

Dem widersprach Justiziar Dr. Florian Schröder. Das sei schon öfter so praktiziert worden. Und das 5:4-Abstimmungsverhältnis sei deshalb wichtig, weil ja die Regresssumme entsprechend durch fünf oder eben durch eine andere Zahl von Beigeordneten geteilt werden hätte müssen.

„Hören Sie sich eigentlich selbst zu“, fragte kopfschüttelnd CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht nach Marcus Seidels Wortbeitrag. Dieser sei eine Entgleisung gewesen, noch nicht einmal Laientheaterniveau. Da werde krampfhaft mit Schmutz geworfen und der Skandal gesucht und offenbar schon vorgezogener Wahlkampf betrieben. Fakt sei: Die Mehrheit habe gegen jeden fachlichen Ratschlag für eine Klage gestimmt, die Verwaltung habe eindringlich vor dem Klageweg gewarnt.

SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki trat der Behauptung energisch entgegen, durch grob fahrlässiges Handeln sei es zu dem Schaden gekommen. Überhaupt sei gar kein Schaden entstanden, sondern habe es nur das „Ergebnis eines demokratischen Willensbildungsprozess“ gegeben. Beispielsweise sei ja auch bei der „verunglückten Planung des ZOB oder des Neustädter Kirchplatzes“ kein Schaden entstanden, sagte Hojnatzki. Anstatt alles zu unternehmen, um einen potenziellen Schaden zu begrenzen, etwa durch Empfehlung einer rechtzeitigen Rücknahme der Klage, sei es der Verwaltungsspitze nur darum gegangen, „das Abstimmungsergebnis rechtswidrig zu protokollieren und das erwartete Urteil abzuwarten, um unmittelbar danach gegen die Initiatoren des unerwünschten Beschlusses vorzugehen“, kritisierte Hojnatzki. Es sei der Politik zu keinem Zeitpunkt erklärt worden, dass der Beschluss möglicherweise rechtswidrig wäre. Denn dann hätte ja die Bürgermeisterin Einspruch einlegen und „der Öffentlichkeit erklären müssen, warum sie gegen die Interessen der Bürgerinnen und Bürger keine Klage einleiten wird“. Wenn sie nicht gegen rechtswidrigen Beschluss einschreite, handele die Bürgermeisterin pflichtwidrig „und müsste mit einem beamtenrechtlichen Schadenersatzanspruch oder auch einem Disziplinarverfahren rechnen“. Überhaupt registriere die SPD fortwährend „den Versuch der Maßregelung des Rates durch die Verwaltungsspitze“. Er, Hojnatzki, werde sich von diesem Vorgehen nicht einschüchtern lassen und könne sich gegenüber den Wählern verantworten. Hojnatzki: „Die Bürgermeisterin ist mit Fällen wie diesen sichtlich überfordert.“

Justiziar und Bürgermeisterin-Stellvertreter Dr. Florian Schröder hat in der Mitteilungvorlage ausführlich dargelegt, dass fünf VA-Mitglieder schuldhaft „mindestens grob fahrlässig“ gehandelt hätten. Denn die Verwaltung habe unzweideutig von einer Klage abgeraten. Darüber hätten sich die fünf Ratsherren, die für eine Klage stimmten, nicht nur hinweggesetzt. Der VA sei eigentlich gar nicht zu einer Entscheidung aufgerufen gewesen, diese hätten die Ratsmitglieder erst herbeigeführt. Aus den protokollierten Wortbeiträgen ergebe sich außerdem, dass die Aussichtlosigkeit der Klage erkannt, aber aus politischen Gründen ignoriert worden sei (Zitat: „…weist darauf hin, dass der Rat bereits 2014 in seiner Stellungnahme zur geplanten 380-kV-Leitung als Konsequenz der nicht berücksichtigten Forderungen eine Klage angedroht hat. Trotz der hier dargestellten Aussichtslosigkeit einer Klage hält […] es für wichtig, dass der Rat sich an seine eigenen Vorgaben hält.“ sowie „…weist auf die Erwartungen der Bürger hin, die man jetzt nicht „im Regen stehen lassen“ sollte“). Damit nicht genug: Das VA-Protokoll vom 4. Januar 2018 mit dem protokollierten Stimmverhalten sei in der folgenden Sitzung nicht genehmigt worden. Auf Antrag einer Fraktion sei die Verwaltung – erneut mit 5 zu 4 Stimmen – verpflichtet worden, das fraktionsgenaue Abstimmungsverhalten im Protokoll zu streichen. Auf Antrag anderer Fraktionen sei deren Abstimmungsverhalten hingegen festgehalten worden.

Auch Eunice Schenitzki (SPD) gab eine persönliche Erklärung zu Protokoll. Sie sei zufällig als Vetreterin im VA dabei gewesen und habe an dem Klage-Beschluss mitgewirkt. Sie könne es nicht verstehen, wie hier mit den gewählten Vertretern im Stadtrat umgegangen werde, vermisse den Willen zur Zusammenarbeit und den Respekt. Sie habe den Eindruck, dass die Verwaltung die Politik lieber aus allem raushalten wolle und „uns für die großen Deppen halten“. Dr. Schröder habe als Justiziar der Stadt die Bürger nicht gut vor Gericht vertreten, „sie haben es laufen lassen“. Das könne man auch an den wenigen Stunden sehen, die in der Vorlage in Rechnung gestellt werden. Überhaupt, dass er diese als Angestellter der Stadt überhaupt berechne.

Dr. Florian Schröder entgegnete, er versuche keine Politik zu machen und kein Ersatz-Bürgermeister zu sein. Es liege ihm auch fern, Politiker einzuschüchtern. Er habe hier aber kein Ermessen gehabt. In einem Verwaltungsgerichtsverfahren zähle im Übrigen das, was alles in der Akte steht, nicht nur was mündlich vor Gericht vorgebracht werde. Oftmals würden nur Schriftsätze ausgetauscht im Verwaltungsrecht. Und Stundensätze externer Juristen hätten deutlich höher als seiner gelegen.

Ein Antrag auf Schluss der Debatte von Dietmar Bartels (Grüne) fand keine Mehrheit. Und so konnten Detlef Martin (SPD) und Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste) noch zu Protokoll geben, dass der Schaden erst entstanden sei, weil man die Klage nicht zurück gezogen habe und ein Rückzug auch nicht vorgeschlagen worden sei. Detlef Martin hätte es zudem besser gefunden, wenn die Angelegenheit wegen möglicher Befangenheit Dr. Schröders von der Kommunalaufsicht geprüft worden wäre. Dr. Marion Villmar-Doebeling (FDP) bescheinigte hingegen, das Vorgehen des Justiziars sei angemessen und richtig. Willi Teutsch (CDU) erklärte, es habe damals einen klaren Hinweis des Juristen gegeben, dass es keine Aussicht auf Erfolg mit der Klage gebe. Da müsse man auch mal fachlichen Rat respektieren, selbst wenn er einem nicht passt. Dennoch zu klagen, um möglicherweise den Bürgerinitiativen gerecht zu werden, helfe niemandem.

Rotation im Rat

Hans-Henning Eggert.
Reinhard Brinckmann.

Diese Personalie hat durchaus bemerkenswerte Züge: In den Einbecker Stadtrat nachgerückt ist mit der jüngsten Sitzung Hans-Henning Eggert (Bürgerliste). Der frühere Ortsbürgermeister von Kreiensen war nach der jüngsten Kommunalwahl 2016 zunächst bereits Ratsherr, musste sein Mandat nach der Wiederholungswahl in Bentierode dann aber 2017 an Reinhard Brinckmann (Bürgerliste) abgeben, der die Nachwahl wesentlich durchgesetzt hatte. Und jener Reinhard Brinckmann hat sein Ratsmandat jetzt vor wenigen Tagen niedergelegt. Nachrücker auf seinen Sitz: Hans-Henning Eggert. Eggert wurde am Mittwoch im Stadtrat förmlich von Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek verpflichtet. Reinhard Brinckmann hat seinen Mandatsrückzug in einer längereren Stellungnahme auch mit gesundheitlichen Gründen erklärt, aber viel ausführlicher mit der Art und Weise, wie das Einbecker Rathaus mit gewählten Ratsmitgliedern in jüngster Zeit umgehe, insbesondere bei der Kostenforderung nach der verlorenen 380-kV-Klage. Wenn dies gängige Praxis werde, könnte es in Zukunft schwieriger werden Menschen zu finden, die politische Verantwortung im Stadtrat übernehmen wollten „und sich dieses auch finanziell leisten können“. Brinckmann erneuerte seine bereits geäußerte Kritik vor allem an Justiziar und Bürgermeisterin-Stellvertreter Dr. Florian Schröder, dieser habe sich nicht engagiert genug vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig für die Sache eingesetzt. Man habe doch, auch als Bürgerinitiative gegen den 380-kV-Stromleitung, genügend Material beigebracht und sogar Kontakt zu einem Fachanwalt aus Berlin herstellen wollen. Verwaltungsjurist Dr. Florian Schröder hatte dagegen betont, die Klage sei aus juristischen Gründen aussichtslos, weshalb er auch von einer Klage abgeraten hatte.

380 kV: Nein zur Ja-Konsequenz

Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig.

Der Verwaltungsausschuss des Einbecker Stadtrates hat es in seiner jüngsten Sitzung abgelehnt, diejenigen Beigeordneten (so nennt man Ratsmitglieder im VA) für die entstandenen Kosten der Klage gegen die 380-kV-Höchstspannungsleitung in Regress zu nehmen, die im Januar 2018 für diese Klage gestimmt hatten. Der Justiziar der Stadt Einbeck, Dr. Florian Schröder, hatte damals von einer Klage abgeraten, weil diese aus formaljuristischen Gründen höchstwahrscheinlich keine Aussicht auf Erfolg haben werde. Die VA-Mehrheit hatte sich darüber hinweg gesetzt, die Klage ging in diesem Jahr letztinstanzlich vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verloren. Schröder hatte bereits im Stadtrat angekündigt, dass die Stadt sich an die Beigeordneten halten werde, sobald die Kosten feststehen. Nachdem dies jetzt mit rund 13.000 Euro der Fall ist, kam die entsprechende Vorlage in den VA, der – nicht ganz unerwartet – das Ansinnen ablehnte, die fünf Beigeordneten persönlich haften zu lassen. Damit ist die Angelegenheit, wie Dr. Florian Schröder jetzt auf meine Anfrage über Ergebnisse der jüngsten Verwaltungsausschuss-Sitzung berichtete, abschließend entschieden, wer die 13.000 Euro bezahlen muss: der Steuerzahler.

(Aktualisiert: 06.10.2019, 16:32 Uhr. In einer ersten Version hieß es fälschlicherweise, dass abschließend der Stadtrat entscheidet.)

Höchstspannung mit juristischen Mitteln

Hochspannungsleitung. Archivfoto

Die politische Diskussion über die 380-kV-Höchstspannungsleitung wird schon längst auch mit juristischen Mitteln geführt. Seit dieser Woche weiß die Öffentlichkeit noch von einem weiteren juristischen Händel: Justiziar Dr. Florian Schröder bekannte in der Stadtrat-Sitzung auf eine wolkige Frage von Helmar Breuker, Sprecher der Bürgerinitiative „Pro Erdkabel Einbeck“, dass er es sei, den Breuker mit seiner Frage meine: Er habe Breuker angezeigt. Schröder betonte, er habe die Strafanzeige wegen übler Nachrede bewusst als Privatmann gestellt, der Steuerzahler werde also mit den Kosten des Verfahrens nicht belastet. Der Rathaus-Jurist störte sich an einer Formulierung in einer Verlautbarung der BI Breukers nach der April-Ratssitzung, in der dieser ihm, Schröder, im Zusammenhang mit der städtischen Klage gegen die 380-kV-Leitung „Unvermögen“ unterstellt hatte. Die BI hatte Schröder als Vertreter der Stadt in einer Pressemitteilung schlechte Arbeit vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig bei der vom Verwaltungsausschuss beschlossenen Klage gegen die Stromtrasse vorgeworfen. Seit dieser Woche hat die Stadt Einbeck das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts auch schriftlich vorliegen, ihre Klage wurde wie berichtet und bereits bekannt abgewiesen (Az. 4 A 1.18).

Die Erdkabel-Freunde sehen in der Strafanzeige einen Affront. Dabei gehe es nicht allein um den Sprecher Helmar Breuker, sondern um den Umgang mit der BI in Einbeck allgemein, Schröder habe der Bürgerinitiative mangelndes Engagement vorgeworfen. Während die BI ehrenamtlich agiere, werde der Mitarbeiter der Stadtverwaltung dafür bezahlt, sich für die Belange der Stadt einzusetzen. Am engagierten Einsatz zweifelt die BI Breukers nach dem Auftritt Schröders vor dem Bundesverwaltungsgericht. Die Anzeige jetzt zeuge von „mangelhafter Kritikfähigkeit und wenig Fingerspitzengefühl für den politischen Raum“, schreibt Breuker in einer Pressemitteilung, die der CDU-Mann noch während der laufenden Ratssitzung verschickte. Ihre Äußerungen seien doch von Artikel 5 GG (Meinungsfreiheit) gedeckt, findet die BI. „Wenn man meint, uns mit Tagessätzen mithilfe der Staatsanwaltschaft zum Schweigen zu bringen, hat man sich getäuscht“, erklärte Helmar Breuker per Pressemitteilung. „Wie schon mit der Androhung juristischer Schritte gegen die Mitglieder des VA, welche die Klage gegen Wahle-Mecklar unterstützt haben, zeigt man damit kein Gespür für eine pluralistisch verfasste Demokratie. Sich selbst in die politische Diskussion einbringen und bei sachlicher Kritik die juristische Karte zu ziehen, wenn die Argumente fehlen, spricht für sich.“

Zu den von Schröder in der Ratssitzung im April ins Spiel gebrachten Schadensersatzforderungen an Beigeordnete gibt es indes keine neuen Erkenntnisse. Der Rathaus-Jurist erklärte im Stadtrat, zunächst müsse die Höhe des Schadens finanziell ermittelt werden, alle Beteiligten ihre Kostenaufstellungen an das Gericht schicken, welches dann einen Kostenfestsetzungsbeschluss trifft. Erst dann wisse man, wie teuer es der Stadt komme und könne sich dann an die VA-Mitglieder halten.  

Nachtrag 06.07.2019: Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts Leipzig (BVerwG, Urteil vom 03.04.2019 – 4 A 1.18) liegt inzwischen vor, hier ist es online nachzulesen. Eine interessante Lektüre, selbst für Nicht-Juristen. Unterdessen hat die Staatsanwaltschaft Göttingen die Strafanzeige von Dr. Florian Schröder gegen BI-Sprecher Helmar Breuker abgewiesen, wie Breuker auch auf seiner Facebook-Seite und per Presseinfo mitteilte. Von einer Strafverfolgung ist nach § 153 StPO abgesehen worden, zeigt auch ein Screenshot, den Breuker postet. Nun mögen juristische Details in einem Rechtsstaat für einige ja störend sein, aber das Ende nach § 153 ist etwas anderes als eine Einstellung nach § 170 Abs. 2 StPO, denn eingestellt wird das Verfahren von der Staatsanwaltschaft wegen geringer Schuld, nicht wegen fehlenden hinreichenden Tatverdachts, vulgo Unschuld. Das nennen Juristen dann gerne einen „Freispruch zweiter Klasse“. Wie dem auch nun sei, die Debatte, die sich nach Bekanntwerden der Strafanzeige vor allem in sozialen Netzwerken entspann, hatte nach meinem Eindruck teilweise schon bizarre Züge. Nassforsch auftretende Bürger mit dem Hang zur deutlichen Aussprache dürfen nach Meinung einiger offenbar schon deshalb alles sagen, weil sie Angst haben, sonst keine solchen engagierten Bürger mehr zu finden. Dass dies in Parteien durchaus auch an anderen Dingen liegen könnte, kommt einigen offenbar nicht in den Sinn. P.S.: Jeder darf dazu übrigens eine andere Meinung dazu haben. Und sie in Wort und Schrift frei äußern. Das ist das schöne an der Meinungsfreiheit. Das nicht unwichtige in Artikel 5 GG ist übrigens Absatz 2…

Nachtrag 08.07.2019: Heute hat die Stadt Einbeck per Pressemitteilung eine „Klarstellung“ zur von der Bürgerinitiative veröffentlichten Interpretation der abgewiesenen Strafanzeige veröffentlicht. Die Mitteilung ist zwar nicht namentlich von ihr unterzeichnet, aber in einer hierarchisch aufgebauten Behörde wie einer Stadtverwaltung, in der jedes Schriftstück mit „Die Bürgermeisterin i.A.“ (im Auftrage) unterzeichnet wird, darf die Begründung für die Einstellung des Verfahrens nach § 153 StPO durchaus als Meinung der Einbecker Bürgermeisterin verstanden werden: „Die Staatsanwaltschaft hat damit klar zum Ausdruck gebracht, dass sie den Tatbestand der üblen Nachrede als verwirklicht ansieht, die Angelegenheit allerdings insgesamt für nicht wichtig genug hält, um eine Strafe zu verhängen bzw. Anklage zu erheben. Die Stadtverwaltung Einbeck begrüßt dieses salomonische Ergebnis ausdrücklich, da damit einerseits klargestellt ist, dass sich Bedienstete der Stadtverwaltung auch im öffentlichen Diskurs nicht unbegrenzt unsachlicher Kritik aussetzen müssen und zugleich der Sprecher der BI allein mit einer „Verwarnung“ und ohne Geldstrafe davonkommt.“

Bald Bauarbeiten auf Brache?

Die Senfmühle will sich erweitern.

Viele Menschen fragen sich, wann (endlich) auf der Brache an der Ecke Knochenhauerstraße/Neue Straße im Herzen der Innenstadt etwas passiert. Seit dem Abriss der Gebäude sind bereits einige Monate vergangen. Viel gehört oder gelesen hat man seitdem nicht mehr. Bald könnte indes Bewegung jedenfalls in die seit langem geplante Erweiterung der Einbecker Senfmühle kommen. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek sagte außerdem gestern im Stadtrat, dass die archäologischen Untersuchungen auf dem Areal nach dem Abriss der Gebäude abgeschlossen seien. Die Stadt erwarte nunmehr den Bauantrag für einen Neubau auf der Straßenecke. Vor dem Abriss der maroden Häuser an der Ecke hatte die Stadt Einbeck aus Sicherheitsgründen ein Betretungsverbot für das direkt an die Senfmühle anschließende Grundstück Knochenhauerstraße 24 ausgesprochen. Durch die daher eingetretene Verzögerung und letztlich nun notwendige Planänderung ist der bereits 2018 vorgesehene Erweiterungsbau bislang noch nicht realisiert. Laut Bürgermeisterin ist aktuell eine Fortsetzungs- und Feststellungsklage des Eigentümers anhängig. Solche Klagen dienen in der Regel dazu, eventuell entstandenen Schaden festzustellen, um dessen Ersatz auf seriöser Grundlage einfordern zu können.

Das Grundstück an der Ecke Neue Straße/Knochenhauerstraße.

Teures 380-kV-Eigentor geschossen

Hochspannungsleitung. Archivfoto

Da ging ein Raunen durch die Ratsrunde, und die Ratsmitglieder waren erstmal sprachlos: Rathaus-Justiziar Dr. Florian Schröder hat seinen aktuellen Report von der am gleichen Tage stattgefundenen mündlichen Verhandlung des Bundesverwaltungsgerichts über die Einbecker Klage gegen die 380-kV-Höchstspannungstrasse mit der Bemerkung abgeschlossen, er werde nach der in den nächsten zwei Wochen erwarteten schriftlichen Entscheidung aus Leipzig prüfen, ob die Stadt Einbeck die Prozesskosten in Höhe von rund 20.000 Euro bei den Beigeordneten in Rechnung stellen und sie haften lassen könne; die Kommunalversicherung werde nicht einspringen, das habe er schon erfragt. Der Senat des BVerwG habe in der mündlichen Verhandlung am Mittwoch deutlich zu erkennen gegeben, dass er die Stadt Einbeck durch die Stromleitung nicht in ihren eigenen Rechten betroffen sehe, berichtete Dr. Florian Schröder dem Stadtrat. Das aber wäre Voraussetzung für eine erfolgreiche Klage. Die abschließende Entscheidung des Gerichts steht zwar noch aus. Schröder geht aber davon aus, dass die Stadt Einbeck ihre Klage verlieren wird, alles andere wäre eine Überraschung. Davon ging der Rathaus-Jurist schon immer aus, jedoch setzte sich der Verwaltungsausschuss mehrheitlich über den fachlichen juristischen Rat aus dem Rathaus hinweg und beschloss im Januar 2018, dennoch zu klagen. Was die Stadt Einbeck dann auch tat, nicht ohne die weitere Warnung aus dem Rathaus, dass sie keine Erfolgsaussichten für die Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss sehe. Auch die Haftung für die kostspielige Entscheidung des Verwaltungsausschusses (VA) durch die VA-Ratsherren (die so genannten Beigeordneten), sehenden Auges der Stadt einen finanziellen Schaden zugefügt zu haben, hatte Schröder vor einem Jahr bereits mehr als angedeutet, was im Stadtrat zu einer Kontroverse geführt hatte. Einige Ratsmitglieder hatten sich damals eine Belehrung verbeten. Die VA-Entscheidung zu klagen, hatte im Januar 2018 die SPD mit der Solidarität gegenüber den Bürgerinitiativen begründet und die FDP bereits als teures Eigentor gesehen.

Nachtrag 25.04.2019: Bürgermeisterin-Vertreter Dr. Florian Schröder hat den Verwaltungsausschuss gestern über die mündliche Mitteilung des BVerwG-Senats aus Leipzig informiert, dass die Klage der Stadt Einbeck abgewiesen worden sei. Das berichtete Schröder heute auf Anfrage aus dem VA. Die schriftliche Mitteilung über die Entscheidung folge in den nächsten Tagen.

380-kV-Kampfansage?

Hochspannungsleitung. Archivfoto

Den Baustart für die neue 380-kV-Höchstspannungsleitung in der kommenden Woche wertet die Bürgerinitiative „Pro Erdkabel Einbeck“ als „Kampfansage“, wie Sprecher Helmar Breuker (Edemissen) heute mitteilte. Die BI kritisiert das Unternehmen Tennet in einer Mitteilung heftig für „den Baubeginn an der 380-kV-Trasse in Edemissen“. Tennet hatte gestern mitgeteilt, südlich von Einbeck nahe Edemissen mit dem ersten Mast starten zu wollen. BI-Sprecher Helmar Breuker erklärte dazu: „Wenn man bei einer Gesamtlänge von über 200 Kilometern von Wahle bei Peine nach Mecklar in Hessen ausgerechnet auf Edemissen kommt, ist das kein Zufall. Da will man gezielt die BI und ihre Aktivisten brüskieren, nach dem Motto: lch weiß, wo Du wohnst!“ Ein weiterer Grund ist nach Auffassung der BI, dass der Verlauf durch die anhängigen Klagen u.a. von Stadt Einbeck und Statkraft vor allem im Nordbereich der Stadt Einbeck noch äußerst unsicher sei. Die BI sieht darin eine Kampfansage. Tennet warte nicht die Klagen gegen die Trasse vor dem Bundesverwaltungsgericht Leipzig ab, sondern wolle Fakten schaffen, erklärte Breuker. Damit zeige das Unternehmen, was es vom Rechtsstaat halte. Die BI werde ihren Kampf fortsetzen, kündigte Breuker heute an: „Die Landwirte werden mit rund 10.000 Euro für einen Maststandort gekauft und die Hauseigentümer bleiben auf ihren Vermögensverlusten sitzen. Von den gesundheitlichen und landschaftsbezogenen Auswirkungen ganz zu schweigen. Das werden wir auch nach über zwölf Jahren Kampf nicht akzeptieren.“

Nachtrag 27.03.2018: Heute haben bei Einbeck-Pinkler die Bauarbeiten für die 380-kV-Leitung begonnen.

Die Freiheit, auch mal nichts zu sagen

Es wäre möglich gewesen, nichts zu sagen. Es nicht zu kommentieren. Die Vorlage aus dem Rathaus mit dem zugegeben herausfordenden Titel „Rechtliche Grenzen politischer Entscheidungsfreiheit“ (Vorlage Rechtliche Grenzen politischer Entscheidungsfreiheit 18-03-14) einfach gelassen abzuheften. So wie die Kommunalpolitiker auch die kurz zuvor ausgebreiteten Routine-Mitteilungen der Bürgermeisterin nicht kommentiert, sondern den detaillierten Bericht der Rathauschefin wie immer einfach nur angehört haben. Ist der Titel der Vorlage aus der Feder des (entschuldigt in der Sitzung fehlenden) Rathaus-Juristen, die sich an einigen Stellen auch ein bisschen wie ein Proseminar in Politikwissenschaft liest, doch schließlich auch eine Binsenweisheit: Politische Entscheidungen haben rechtliche Grenzen. Selbstverständlich. Schließlich leben wir in einem Rechtsstaat. Aber einige mussten sich den Schuh dann doch anziehen und einen Sturm im Wasserglas erzeugen. Was den Ratsvorsitzenden Frank Doods (SPD) am Ende zu der Bemerkung mit unüberhörbar ironischem Unterton veranlasste: „Nach dieser Debatte dürfte kein Zweifel bestehen, dass wir die Vorlage zur Kenntnis genommen haben.“

„Das ist eine rechtliche Belehrung, die ich missbillige“, sagte Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste/GfE) unter Beifall der SPD zu der Vorlage. Den Hinweis in der Vorlage („die mich befremdet“) auf Schadensersatzpflicht der Ratsmitglieder, wenn sie rechtswidrig handeln, „empfinde ich als deutliche Drohkulisse“, sagte Pfefferkorn. (Dabei haben das alle Ratsmitglieder schon einmal zur Kenntnis genommen, als sie zu Beginn der Legislatur förmlich verpflichtet wurden.) Vor allem die zeitliche Nähe der Veröffentlichung der Vorlage zur Klage der Stadt gegen die 380-kV-Leitung ärgerte Pfefferkorn. (Wobei von einer 380-kV-Klage in der Vorlage kein Wort steht, der Grund für den Zeitpunkt der Vorlage ist offen, die Verwaltung blieb bei dem Tagesordnungspunkt sprachlos.) Dadurch werde vom Rathaus der Anschein einer rechtlichen Grauzone erweckt, dabei habe der Stadtrat mit der Klage nur das umgesetzt, was man jahrelang in Resolutionen immer als Mittel angekündigt hatte. Auch Rolf Hojnatzki (SPD) war „sehr irritiert“ über die Vorlage aus dem Rathaus, die den Eindruck erwecke, die Politik sei regelmäßig kurz davor, etwas falsch zu machen. Er könne sich nicht erinnern, dass es auch nur einen einzigen Fall in den vergangenen Jahren auch unter den Vorgänger-Bürgermeistern gegeben habe, in dem ein rechtswidriger Beschluss vom Rat gefasst worden sei, den ein Rathauschef dann hätte beanstanden müssen. Wenn es abweichende Beschlüsse von verschiedenen Gremien des Stadtrates gebe, sei das nicht gleich rechtswidrig. Dirk Ebrecht (CDU) warnte davor, hier „ein Fass aufzumachen“, es sei sinnvoller, die Vorlage stillschweigend zur Kenntnis zu nehmen. Die Klage gegen die 380-kV-Leitung werde ohnehin „sehr wahrscheinlich ein Schuss in den Ofen“. Die Verwaltung sei dazu da, der Politik die rechtlichen Grenzen aufzuzeigen.

Und als wäre nichts gewesen, nutzten die Ratsmitglieder Rolf Hojnatzki und Marcus Seidel (beide SPD) im folgenden Tagesordnungspunkt der Sitzung wie selbstverständlich die Expertise der Verwaltung, die sie sich kurz zuvor noch verbeten hatten, für ihre eigene politische Argumentation. Nämlich als es darum ging, sich mit einem Antrag der Grünen, die Straßenausbaubeitragssatzung zu ändern, möglichst gar nicht in einem Fachausschuss zu befassen. Weil die Verwaltung nicht diskutieren wolle, wolle man auch nicht, meinte Seidel. Der Rathaus-Jurist hatte von der erst frisch gewonnenen Möglichkeit einer Änderung zum jetzigen Zeitpunkt abgeraten, da sie noch mit zu vielen Unsicherheiten behaftet sei. Gegen die Stimmen der SPD wurde der Grünen-Antrag letztlich mit großer Mehrheit dennoch in den Finanzausschuss zur weiteren Besprechung überwiesen. Man sollte wenigstens darüber diskutieren, sagte Dr. Reinhard Binder (FDP). Schließlich lebe man in einer Demokratie und habe Redefreiheit.

380-kV-Leitung: Bald Baustart

Hochspannungsleitung. Archivfoto

Die Bauarbeiten für die 380-kV-Höchstspannungsleitung Wahle-Mecklar im Bereich Einbeck sollen noch in diesem Monat beginnen. Diese Information des Netzbetreibers Tennet hat der Verwaltungsausschuss laut Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek gestern zur Kenntnis genommen. Gestartet werde im März/April im Trassen-Bereich südlich der Biogasanlage Einbeck, diese Bauarbeiten sollen auch bereits im Jahr 2018 abgeschlossen sein. Vor Baubeginn für die Strommasten werden laut Bürgermeisterin die Grundstückseigentümer selbstverständlich informiert. 2019 soll der Abschnitt nördlich der Biogasanlage Einbeck im Gebiet der Stadt Einbeck folgen. Tennet habe den VA außerdem darüber informiert, dass es gegen die Ende 2017 planfestgestellte und damit genehmigte Trasse insgesamt vier Klagen vor dem Bundesverwaltungsgericht gebe, neben der Klage der Stadt Einbeck auch von Statkraft (Betreiber des Pumpspeicherwerks Einbeck-Erzhausen) und von zwei Privatleuten. Die Klagen haben keine aufschiebende Wirkung, Einfluss auf den Start der Bauarbeiten haben sie deshalb nicht.

Klage aus Solidarität oder teures Eigentor?

Hochspannungsleitung. Archivfoto

Für die SPD-Stadtratsfraktion ist es „eine Frage der Glaubwürdigkeit und Solidarität mit den Bürgerinitiativen, dass die Stadt Einbeck nach umfangreichen Stellungnahmen im laufenden Verfahren mit der Klage gegen den Planfeststellungsbeschluss zur geplanten 380-kV-Höchstspannungsleitung Wahle-Mecklar vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig den jetzt notwendigen juristischen Schritt unternimmt“. Das teilen die Sozialdemokraten heute in einer Pressemitteilung (PM SPD zur 380 kV-Klage) mit. Für die FDP dagegen ist diese Klage „ein teures Eigentor“, wie der Vorsitzende der Ratsfraktion heute in einer Pressemitteilung darlegt (FDP 180108_380KV Klage). Wie Dr. Reinhard Binder schreibt, erhebe die Stadt nach dem VA-Mehrheitsbeschluss Klage ohne eigene Betroffenheit und damit ohne Aussicht auf Erfolg. Rund 20.000 Euro koste diese „widersinnige Entscheidung, für mich nicht nachvollziehbar“. Die FDP fragt sich, ob die Klage „der Versuch des Einschleimens bei verschiedenen Bürgerinitiativen“ sei, in der Hoffnung, „dass diese die Rechtslage nicht raffen?“ Oder wolle die Klage-Mehrheit der Rechtsabteilung der Stadt Einbeck einen Imageschaden zufügen, weil die Stadt verlieren müsse?

Spätestens nun ist auch klar, mit welcher Mehrheit vergangene Woche der Verwaltungsausschuss die Klage beschlossen hat. Die CDU hat sich nach meinen Informationen gegen eine Klage ausgesprochen, die GfE war dafür. In einer (zunächst) als öffentlich klassifizierten Vorlage für den VA hat Rathaus-Justiziar Dr. Florian Schröder auch für die weitere Behandlung der Angelegenheit im Fachausschuss für Stadtentwicklung aus juristischer Sicht zusammengetragen, warum eine Klage aus Sicht der Verwaltung nicht ratsam gewesen wäre. (Nachtrag 09.01.18: Wie Dr. Florian Schröder mitteilte, war diese Vorlage durch einen technischen Fehler im Ratsinformationssystem fälschlicherweise kurzzeitig öffentlich zu sehen, es handele sich aber um eine vertrauliche Unterlage.)

Der SPD sei durchaus bewusst, dass die Klage-Chancen als Kommune gering seien, erklärte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki heute in seiner Pressemitteilung. „Es ist aber das wichtige politische Signal, dass zum einen der Rat zu seinen Beschlüssen steht und zum anderen jetzt die betroffenen Grundstückseigentümer und Unternehmen ihrerseits in der Verantwortung stehen die Möglichkeit einer eigenen Klage zu prüfen.“ Nach Auffassung der SPD-Stadtratsfraktion habe sich seit der vom Stadtrat 2014 einstimmig verabschiedeten Resolution nichts geändert. Der von TenneT favorisierte Trassenverlauf solle teilweise im Zickzack-Kurs über das Stadtgebiet verlaufen und würde die Ortschaften Erzhausen, Brunsen, Hallensen und Voldagsen mit der geplanten Freileitung nahezu umzingeln, schreibt die SPD und zitiert aus der Ratsresolution von vor dreieinhalb Jahren: „Die Stadt Einbeck wird im anstehenden Planfeststellungsverfahren daher alle erforderlichen rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen, um den Schutz von Mensch und Natur durchzusetzen.“

Klagen oder nicht klagen?

Hochspannungsleitung. Archivfoto

Klagt die Stadt Einbeck gegen den Planfeststellungsbeschluss der 380-kV-Stromautobahn Wahle-Mecklar? Oder klagt sie nicht? Das ist vor Weihnachten nicht wie geplant abschließend entschieden worden. Die Fraktionen des Stadtrates möchten über die Feiertage noch einmal darüber nachdenken und sich in der ersten Januarwoche endgültig entscheiden, ob die Stadt Einbeck vor der am 8. Januar endenden Frist gegen die Höchstspannungsleitung juristisch vorgehen soll. Darauf hat sich eine Runde der Fraktionschefs bei einem Treffen im Rathaus in dieser Woche verständigt. Der Verwaltungsausschuss des Stadtrates hatte die Bürgermeisterin vor einer Woche bereits vorsorglich ermächtigt, Klage einzureichen, wenn eine fachliche juristische Bewertung der Unterlagen dazu rate. Die liegt jetzt vor. Offenbar konnte sich die Politik jedoch nicht auf sie verständigen. In der Ratssitzung am 6. Dezember hatte Bürgermeisterin-Stellvertreter und Justiziar Dr. Florian Schröder auf eine Ratsanfrage ausgeführt, dass Einbeck wie viele andere Städte auch lediglich Träger öffentlicher Belange sei. Um eine Klage einreichen zu können, müsse man jedoch subjektiv betroffen sein, wie Juristen das nennen. Einer gebündelten Klage der Stadt gemeinsam mit Bürgerinitiativen und Bürgern hatte er bereits damals eine Absage erteilt.

Klaglos am Weinberg

Straßenschild.

Straßenschild.

Was wiegt schwerer: Das Interesse der Allgemeinheit, das der gesamten Stadt – oder das einzelne Interesse eines Bürgers oder einer Gruppe von Bürgern? Vor diese zugegeben nicht gerade leichte und auch jedes Mal neu zu beantwortende Frage sehen sich Politik und Verwaltung gestellt, wenn sie Entscheidungen im unmittelbaren Lebensumfeld der Menschen vor Ort zu treffen haben. Und das haben sie in der Kommunalpolitik täglich. Und dann haben da alle Bürger noch ein Recht auf eine gleiche Behandlung ihrer Interessen. Everybody’s darling sein zu wollen, wird freilich nicht funktionieren. Das ist die eine Seite der Medaille. Doch diese hat wie alle eine Zweite: Bürgerfreundlich wird eine Behörde, wenn sie sich als gesprächsbereit, kompromisswillig und nicht als mächtig am längeren Hebel und auf der mutmaßlich juristisch sicheren Seite sitzende präsentiert.

Und so ist die Entscheidung der Anwohner des Alfred-Nobel-Rings im Baugebiet Weinberg in Einbeck zumindest durchaus verständlich. Sie werden im Streit über die Höhe der Erschließungsbeiträge keine Klage gegen die erlassenen Gebührenbescheide erheben. Das Prozesskosten-Risiko sei zu hoch, sagte Sprecher Tobias Sörries. Der Alfred-Nobel-Ring ist mit 12,98 Euro pro Qudratmeter abgerechnet worden, rund ein Drittel höher als die benachbarte Max-Planck-Straße; 2012 waren von der Stadt für ihre Straße noch 8,85 Euro angekündigt worden. Die Anlieger hatten eine fehlende Gleichbehandlung in dem seit 2005 bebauten Wohngebiet am östlichen Einbecker Stadtrand kritisiert und eine außergerichtliche Einigung mit der Stadt Einbeck angestrebt. Die Anlieger zweifeln jetzt daran, ob der Stadt ebenfalls eine Kompromiss-Lösung mit den Bürgern am Herzen gelegen habe. „Aus unserer Sicht wurde der hierfür mögliche rechtliche und politische Spielraum nicht ausgeschöpft“, meint Sörries. Der Beschluss des Stadtrates aus dem Sommer 2014 habe im Gegenteil eine weitere (auch rechtliche) Hürde aufgebaut. Das habe es den Anliegern nicht einfacher gemacht und sei einfach enttäuschend.

In der Tat: Der so genannte Vorratsbeschluss des Stadtrates zur Bildung einer Erschließungseinheit käme zwar nur zum Tragen, wenn sich in einem Klageverfahren herausstellen würde, dass die Bildung einer Erschließungsanlage durch die Stadt falsch vorgenommen wurde, wie mir Rathaus-Jurist Dr. Florian Schröder die komplexe Materie erklärte. Aber der Beschluss ist und bleibt eine zusätzlich errichtete Hürde, die die Politik aufgebaut hat – im guten Glauben oder mit bestem Wissen, welche Folgen das für die Betroffenen hat. Hoffe ich mal. 2016 sind Kommunalwahlen…

Die Stadtverwaltung könne mit einem Prozess-Risiko sehr viel leidenschaftsloser umgehen als ein privater Haushalt, begründete Anlieger-Sprecher Tobias Sörries die Entscheidung der Alfred-Nobel-Ring-Anlieger. „Es ist halt ein Unterschied, ob ich bei einem negativen Ausgang des Verfahrens tatsächlich alles aus eigener Tasche zahlen muss oder ob ich einfach nur das Geld aus dem städtischen Haushalt nehme.“

Die Stadt Einbeck hat letztlich jetzt den Alfred-Nobel-Ring und die Werner-Heisenberg-Straße als eine Erschließungsanlage abgerechnet und laut Rathaus-Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder Erschließungsbeiträge in Höhe von etwa 330.000 Euro erhoben, von denen in der Vergangenheit bereits etwa 75 Prozent als Vorauszahlungen durch die Anlieger geleistet worden sind. Die Klagefrist für die Bescheide ist inzwischen abgelaufen.

Grascha kündigt Klage gegen Regierung an

Stefan Birkner (l.) und Christian Grascha, hier im Landtagswahlkampf in Einbeck.

Stefan Birkner (l.) und Christian Grascha, hier im Landtagswahlkampf in Einbeck.

Im Januar standen sie noch vereint in Schnee und Kälte in der Einbecker Marktstraße. Da waren Stefan Birkner und Christian Grascha noch Regierungspartei, der eine Umweltminister, der andere Geschäftsführer der FDP-Landtagsfraktion. Jetzt ziehen die beiden vereint los vor Gericht, kündigen am frühen Sonntagmorgen via E-Mail an: „Wir werden morgen Klage in Bückeburg einreichen, weil die rot-grüne Landesregierung unserer Auffassung nach ihren Pflichten gegenüber dem Parlament nicht nachkommt.“ Der Staatsgerichtshof solle nun bewerten, ob Rot-Grün ihre verfassungsmäßige Pflicht erfüllt. (Wortlaut der Klageschrift: FDP Klageschrift Nds. Staatsgerichtshof-24062013085116)

Der Einbecker FDP-Politiker Grascha hatte, wie schon erwähnt, schnell von staatstragend auf Attacke umgeschaltet nach der Niederlage am 20. Januar.

Die FDP-Fraktion hatte nach eigenen Angaben verschiedene Antworten der Landesregierung bemängelt. „Wir sehen die dürftigen Antworten der Regierung nicht nur als schlechten Stil. Wenn eine Opposition die Regierung wie vorgesehen kontrollieren soll, hat sie auch das Recht auf umfassende Antworten auf ihre Anfragen.“ Stefan Birkner und Parlamentsgeschäftsführer Christian Grascha reichen nun exemplarisch eine Antwort in Bückeburg ein, um diese prüfen zu lassen. Darin geht es um die Frage, ob der Leiter der Landesvertretung in Berlin die Amtsbezeichnung Staatssekretär führen darf, woran nach wie vor große Zweifel bestehen. Die Landesregierung hatte sich laut FDP geweigert, eine Frage der FDP-Fraktion zu beantworten.

Grascha bemängelte, es gebe immer wieder Antworten, in denen die Landesregierung ihrer Verpflichtung aus seiner Sicht nicht nachkommt. So hatten Abgeordnete der FDP-Fraktion gefragt, wie viele Lehrer mit Ablauf des Schuljahres 2012/2013 in den Ruhestand gehen – aufgeschlüsselt nach Schulformen, Landkreisen sowie kreisfreien Städten. Die Landesregierung hatte dazu nur bemerkt, eine Berechnung der Anzahl ausscheidender Lehrkräfte getrennt nach Schulformen und Landkreisen werde nicht erstellt. „Man kann den Eindruck gewinnen, dass unbequeme Fragen der Opposition als lästig empfunden und entsprechend vage beantwortet werden“, erklärte der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion aus Einbeck-Salzderhelden.

(Akualisiert: 24.06.2013, 10:25 Uhr)