
Hier wird hart gearbeitet, pro Tag werden 60 Tonnen Stahl gebraucht, werden rund 20 Kilometer Kette produziert. Hier in den Werkshallen ist einer dieser Orte, deren Besuch der Vorsitzende der SPD vor einiger Zeit seinen Genossen angeraten hat – nämlich raus ins Leben zu gehen, wo es brodelt, wo es laut ist, manchmal riecht und gelegentlich auch stinkt, wie das Sigmar Gabriel mal formuliert hatte. An einem solchen Ort der Arbeit, an der „Kettenquelle“, war jetzt der Mann, der in einer von einem SPD-Bundeskanzler Peer Steinbrück geführten Bundesregierung der nächste Arbeitsminister werden soll: Klaus Wiesehügel, erfahrener Gewerkschaftsboss. Das Mitglied des SPD-Kompetenzteams besuchte zusammen mit dem hiesigen SPD-Bundestagsabgeordneten Dr. Wilhelm Priesmeier und Landrat Michael Wickmann den drittgrößten Arbeitgeber in Einbeck, die Renold GmbH in Juliusmühle. Rund 300 Menschen arbeiten hier, im Dreischichtbetrieb werden acht Millionen Teile am Tag hergestellt, Ketten in der Größe von drei Millimeter bis zu einem Zoll. Rund 43 Millionen Euro Umsatz macht die seit fast 100 Jahren bestehende Unternehmung im Einbecker Ortsteil Juliusmühle.
Klaus Wiesehügel gab sich schon vor dem Betriebsrundgang entschlossen, wahlkämpfend: Leiharbeit und Rente mit 67, die Klassiker-Themen, gehören für den Gewerkschafter und Genossen verändert. Und zwar schnell. Sonst bekomme man ein „Altersproletariat“ – „und dann machen sie mal Demokratie…“
Befristete Arbeitsverträge ohne sachlichen Grund bremsten vor allem junge Menschen, ein Leben in Sicherheit und mit Perspektive planen, Familien gründen zu können. „Leiharbeit wird negativ zulasten der Arbeitnehmer ausgenutzt“, sagte Wiesehügel. Das gehöre geändert. Der SPD-Mann geißelte auch den Trend, dass Eltern ihre Kinder zum Abitur drängten – um beinahe jeden Preis. Und das, weil der Facharbeiter heutzutage nicht mehr gut angesehen werde. Auch Landrat Michael Wickmann (SPD) appellierte, über die Wertigkeit von Schulabschlüssen müsse dringend gesprochen werden: „Schon eine IGS ist für viele Eltern ein Tal des Teufels.“

Geschäftsleitung und Betriebsrat von Renold machten deutlich, dass es auch anders gehen kann, partnerschaftlich. In dem Unternehmen werden die Auszubildenden unbefristet übernommen, Leiharbeiter gebe es, ja, aber sie seien integriert und beinahe auf Lohn-Augenhöhe. So wie das aktuelle Verhältnis zwischen Arbeitnehmervertretung und Betriebsleitung ein Miteinander sei, sagten Betriebsratschef Achim Wenzig, Betriebsleiter Hans-Jürgen Kreipe und Vertriebsdirektor Oliver Hagenbuck. Gemeinsam suche man nach Lösungen, vertrauensvoll. Das sei in der Vergangenheit durchaus auch schon mal anders gewesen, freut sich Wenzig über die aktuelle Begegnung auf Augenhöhe.