Wenn Verlierer jubeln…

Wollen im Gespräch bleiben: Bernd von Garmissen und der wieder gewählte Landrat Michael Wickmann.
Wollen im Gespräch bleiben: Bernd von Garmissen und der wieder gewählte Landrat Michael Wickmann.

Nach jeder Wahl gibt es ja irgendwie immer nur Gewinner. Alle danken dann stets artig den Wählerinnen und Wählern draußen im Lande. Wenn es nicht so bitter wäre, könnte man bei der Landratsstichwahl fast allen Menschen persönlich danken, die ihr Kreuz auf dem Wahlzettel gemacht haben, so niedrig war die Wahlbeteiligung. Und so sehr es richtig und höchst respektabel und Ergebnis eines Wahlkampfes mit hohem persönlichem Engagement ist, dass der Herausforderer Bernd von Garmissen als zuvor politisch unbekannter Protagonist aus dem Stand zuerst eine Stichwahl und dann in dieser fast 50 Prozent der Stimmen erreicht hat, so richtig ist ebenso, dass der 47-Jährige die Wahl am Ende verloren hat. Wenn auch per 1:0 in der 90. Minute, wie es Sieger Michael Wickmann selbst einräumte. Sein Bauchgefühl habe ihm 50,5 Prozent vorhergesagt, sein Verstand, dass es schwer werden würde, bekannte der CDU-Mann am Wahlabend. Der Verstand hat am Ende gesiegt.

Am Tag nach der Wahl haben die Deuter das Wort, in den Parteien werden die Zahlen des Wahlgangs gerne so interpretiert, dass es passt. Besonders deutlich wird dies heute an Verlautbarungen der CDU. Da gratuliert der Kreisvorstand zwar artig dem Wahlsieger Michael Wickmann (SPD), um dann im nächsten Satz aber unverdrossen zu behaupten, die SPD sei gescheitert und man solle doch kommunalpolitisch „wieder auf die CDU zählen“. Warum eigentlich wieder? War mit ihr vorher etwa nicht zu rechnen?

Die Einbecker CDU setzt noch einen drauf. Nach ihrem Zahlenspiel, Analyse genannt, habe lediglich jeder fünfte Wahlberechtigte Michael Wickmann seine Stimme gegeben. Und das bedeute, behauptet die CDU in einer Pressemitteilung, „dass 80 Prozent der wahlberechtigten Einwohner des Landkreises dem amtierenden Landrat ihre Stimme verweigert hätten. Das ist mehr als ein Denkzettel.“ So kann man nur rechnen und nach einer – zugegeben ja knappen – Niederlage wie ein Gewinner jubeln, wenn man all diejenigen mitzählt, die gar nicht zur Wahl gegangen sind.

Wo man dem Einbecker CDU-Vorsitzenden Dirk Ebrecht, der von Garmissen gar als den „moralischen Gewinner der Stichwahl“ sieht, dann wieder Recht geben kann, ist bei seinem Wunsch, der 47-jährige promovierte Jurist und Landwirt möge der regionalen Politik trotz der Niederlage in Zukunft erhalten bleiben. Nach der Wahl ist immer auch vor der Wahl. Und selbst wenn der nächste Kreistag erst 2016 gewählt wird: In Dassel, von Garmissens Heimatstadt, sind nächstes Jahr Bürgermeisterwahlen.