Gesprächskultur

Schön, dass wir mal darüber gesprochen haben… Vor exakt einem Jahr (!) hatte die CDU ihren Antrag auf eine Kultur-Tafel eingebracht. Gestern (!) nun hat Dr. Michael Bonder von der Kulturpforte Göttingen das dortige Projekt in der Sitzung des Einbecker Kulturausschusses präsentiert. Mit Interesse und ein paar Fragen haben die Einbecker Kulturpolitiker den kurzen Vortrag zur Kenntnis genommen. Und dann… passierte nichts: Keine Diskussion mit Entscheidung, ob wann und wie ein vergleichbares Projekt auch in Einbeck an den Start gehen könnte sollte müsste und wenn ja von wem initiiert und betreut. Und schon gar kein Beschluss. Aber gut, dass wir mal wieder darüber gesprochen haben… So habe ich leider keinen Haken für einen erledigten Punkt auf der Agenda 2015 für die Einbecker Politik.

Dr. Michael Bonder (r.) vom Verein Kulturpforte Göttingen präsentierte das Projekt im Kulturausschuss.
Dr. Michael Bonder (r.) vom Verein Kulturpforte Göttingen präsentierte das Projekt im Kulturausschuss des Einbecker Stadtrates.

Die Kulturpforte Göttingen, die Eintrittskarten von Veranstaltungen an bedürftige Menschen abgibt, hat sich nach drei Jahren in Göttingen inzwischen etabliert. Zurzeit hätten sich 310 Menschen registriert, darunter seien 50 Kinder, berichtete Dr. Michael Bonder, der stellvertretender Vereinsvorsitzender und Geschäftsführer der AWO Göttingen ist. Die Nachfrage nach Karten übersteige regelmäßig das Angebot, wobei es Unterschiede gebe: Einige Karten würden förmlich aus den Händen gerissen (beispielsweise Basketball-Karten oder Tickets des Göttinger Symphonie-Orchesters), andere eher nicht. 2014 habe man mehr als 1000 Karten vergeben können, berichtete Bonder. Professionelle, überregionale Veranstalter von Kulturevents, zum Beispiel in der Lokhalle, beteiligten sich nicht an dem Projekt. Die Kulturpforte Göttingen ist als gemeinnütziger Verein organisiert und an die Arbeiterwohlfahrt (AWO) räumlich und organisatorisch angegliedert. Er finanziert sich aus Spenden und durch Fördermittel (Klosterkammer), welche aber ausgelaufen sind; daher werde jetzt ein Mitgliedsbeitrag erhoben und ein Förderverein gegründet. Praktisch laufe die Vermittlung von nicht verkauften Eintrittskarten von Kultur-Veranstaltungen, dass die Kulturpforte die Vermittlung zwischen Kulturanbietern und den Kunden übernehme, berichtete Dr. Michael Bonder. In einer eigens entwickelten Software-Datenbank werden die angegeben Veranstaltungs-Vorlieben und -Wünsche mit den vorliegenden freien Karten abgeglichen, dann die Interessierten angerufen, die sich die Tickets ohne sich „outen“ zu müssen wie jeder andere Veranstaltungsgast an der Abendkasse abholen können. Die Interessierten müssten wegen der Gemeinnützigkeit des Vereins bei der Registrierung ihre Bedürftigkeit belegen, vergleichbar wie bei der Lebensmittel-Tafel. Er gab den Tipp, eine Kultur-Tafel an eine soziale Einrichtung anzugliedern (in Göttingen ist das die AWO), die von der Zielgruppe ohnehin besucht werde. Und dann brauche man jemanden, der sich ständig kümmere. „Die stürmen nicht auf Sie zu“, sagte Bonder. Eine Kultur-Tafel sei kein Selbstläufer, ein eher schambesetztes Thema für die Betroffenen, die immer wieder gezielt angesprochen werden müssten – ebenso wie die Kulturanbieter.

(c) Flyer des Vereins Kulturpforte Göttingen.
(c) Flyer des Vereins Kulturpforte Göttingen.