Das hätte man so schon vor Monaten haben können: Durch direkte Ansprache von möglichen Interessierten sind die ersten Eintrittskarten der Kulturpforte Einbeck vermittelt worden. „Wir haben den praktischen und unbürokratischen Weg gewählt“, sagte Kultur-Sachgebietsleiterin Dr. Elke Heege in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses. Sie gab einen Sachstand bei dem Projekt, das vor 35 Monaten von der CDU im Stadtrat angestoßen worden war, um das sich zwischenzeitlich die Arbeiterwohlfahrt kümmern wollte und zu dem es zuletzt immer nur auf Nachfrage überhaupt Informationen gab. „Es ist mir ein absolutes Rätsel, warum das so lange gedauert hat“, sagte Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) im Kulturausschuss. Sie sei enttäuscht und traurig, dass man nun nach einem langen Umweg dort sei, wo man schon vor längerer Zeit gleich hätte beginnen können. Bei der Kulturpforte, auch Kultur-Tafel genannt, werden Eintrittskarten für Kulturveranstaltung kostenlos an Bedürftige abgegeben, die sich einen Besuch nicht leisten können. Oftmals würden die Plätze bei Konzerten oder Theaterstücken ohnehin leer bleiben, mit der Kulturpforte werden diese freien Plätze durch Interessierte besetzt.
Davon, dass die AWO die Kulturpforte betreibt, war jetzt im Kulturausschuss überhaupt keine Rede mehr. „Wir mussten eine Menge praktischer Hindernisse aus dem Weg räumen“, berichtete Dr. Elke Heege: Die Einbecker Tafel und namentlich dort Thomas Döhrel und Marco Spindler sprechen mögliche Interessierte direkt an, ob sie Karten für Kulturveranstaltungen erhalten möchten. Zur Verfügung stehen dafür zurzeit zunächst Karten von Veranstaltungen des städtischen Kulturrings. Bei der Einbecker Tafel erhalten zurzeit 150 Bedarfsgemeinschaften regelmäßig Lebensmittel, ein Drittel davon sei gezielt ansprechbar für die Kulturpforte, etwa 70 Prozent der Tafel-Kunden hätten einen Migrations- oder Flüchtlingshintergrund und manchmal (noch) Sprachschwierigkeiten, was man bei den Eintrittskarten natürlich berücksichtigen müsse, berichtete Dr. Elke Heege. Musikveranstaltungen seien da aber unproblematisch. Angesprochen werden mögliche Interessierte auch bei der Flüchtlingssozialarbeit sowie bei der Schuldnerberatung der Diakonie. „Ich glaube, dass sich das entwickelt“, sagte Dr. Heege, „ich bleibe da dran“. Angeregt wurde von der CDU, auch im Einbecker Kinder- und Familienservicebüro dortige Besucher gezielt auf vorhandene Kulturkarten anzusprechen.
Dass die AWO überhaupt noch, wie von ihr selbst über lange Zeit angestrebt, ins Boot Kulturpforte einsteigen wird, erscheint mir inzwischen unwahrscheinlich. Das von der Kultur- und Denkmalstiftung bewilligte Fördergeld für eine Software, mit der die freien Tickets einfacher vermittelt werden können, sei von der AWO nicht abgerufen worden, sagte Dr. Heege. Mit einer separaten Datenerhebung der Interessierten würden die datenschutzrechtlichen Probleme beginnen, das gab auch Ausschussmitglied Michael Büchting für die Flüchtlingsarbeit betreibende Diakonie-Stiftung zu bedenken. Doch zu der (separaten) Vorgehensweise sei damals von der Göttinger Kulturpforte geraten worden, es gerade nicht an die Tafel anzudocken, erinnerte die Kultur-Sachgebietsleiterin an die Präsentation der Göttinger in Einbeck.
Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) verzichtete darauf, nach Schuldigen für die lange Verzögerung bei der Kulturpforte in Einbeck zu suchen und diese zu benennen. Im Rathaus jedenfalls und bei der Kultur-Sachgebietsleiterin finde man diese aber nicht, sagte sie. Schuld ist auch ein großes Wort, dennoch gehört es dazu, nach Verantwortlichkeiten zu fragen, warum etwas lange dauert, sich verzögert, schiefgeht. Und es gehört zu Politik, dies alles klar zu benennen. Es ist übrigens auch keine Schande, mal einen Fehler zuzugeben. Wo Menschen arbeiten, werden solche gemacht.