Verwaltungsgericht: Breuker-Ausschluss aus CDU-Fraktion war rechtmäßig

An der Sitzordnung im Stadtrat war es nicht zu erkennen, Ratsherr Helmar Breuker nahm wie immer in der letzten Reihe Platz, neben seinen Parteifreunden Dr. Andreas Kroll und Maren Root. Aber die CDU-Fraktion im Einbecker Stadtrat besteht nur noch aus neun Mitgliedern, nicht mehr aus zehn. Wie erst nach der abendlichen Sitzung des Rates bekannt wurde, hat das Verwaltungsgericht Göttingen am 7. Dezember in dem von dem 44-jährigen Edemissener angestrengten Eilverfahren einen einstweiligen Rechtsschutz abgelehnt und damit den Fraktionsausschluss für rechtmäßig erklärt (Az. 1 B 265/22). Der von der CDU-Fraktion beschlossene Rauswurf Breukers aus der Fraktion bleibt damit bestehen. Ob Helmar Breuker gegen die Entscheidung Beschwerde einlegen wird oder Klage erhebt, war zunächst nicht bekannt.

Helmar Breuker hatte sich gegen den von der Ratsfraktion beschlossenen Fraktionsausschluss vor dem Verwaltungsgericht Göttingen in einem Eilverfahren gewehrt und geltend gemacht, dass der Ausschluss gegen formelle Vorgaben verstoße und außerdem aus willkürlichen und nicht belegbaren Gründen erfolgt sei, um einen politische Konkurrenten zu verdrängen. Das Verhältnis zu einigen Mitgliedern der Fraktion sei von Anfang an belastet und u.a. im Falle von eigenen Meinungsäußerungen durch Drohungen geprägt gewesen. Die Angelegenheit sei besonders dringlich, weil durch den Fraktionsausschluss nun auch der Entzug von Sitzen in drei Fachausschüssen anstehe, führte Breuker an.

Dem sind die Verwaltungsrichter in ihrem Beschluss nicht gefolgt, weil eine Abberufung aus Fachausschüssen keinen Nachteil darstelle und Fraktionen und Gruppen grundsätzlich darin frei seien, ihre Mitglieder zu benennen und dann auch wieder abzuziehen. Breuker könne sich auch nicht auf einen in der Wahlentscheidung zum Ausdruck kommenden Bürgerwillen in Bezug auf die Sitzverteilung nebst entsprechender Fraktionsgröße berufen, weil die Fraktionsbildung der Abgeordneten ohnehin freiwillig sei, stellten die Richter in ihrem fünfseitigen Beschluss fest. Es spreche „eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass der Ausschluss (…) rechtmäßig“ sei, heißt es da wörtlich.

Auch dem Argument Breukers, zu der Sitzung, bei der er ausgeschlossen wurde, sei nicht fristgerecht eingeladen worden, folgten die Verwaltungsrichter nicht. Der Fraktionsausschluss am 9. November habe Breuker nicht überraschen können, weil dieser bereits Ende August Thema gewesen sei, er zudem am 8. Oktober die Möglichkeit zur Stellungnahme erhalten habe.

Und offenbar, argumentiert das Verwaltungsgericht, würden ja beide Seiten von einem nachhaltig gestörten Vertrauensverhältnis ausgehen und weiteren Einigungsversuchen keine Erfolgsaussichten geben. In einer Fraktion müsse aber eine vertrauensvolle Zusammenarbeit möglich sein, das zu beurteilen werde in der Mehrheitsmeinung deutlich, Breuker auszuschließen. Willkürlich sei der Ausschluss nicht. Das Gericht habe den vorliegenden Unterlagen entnehmen können, dass es um grundlegende Fragen der Zusammenarbeit gehe und es hier erheblichen Dissens gebe, der nicht aufzulösen sei. Das beziehe sich auf interne Absprachen und wie diese gehandhabt würden, den Umgang mit Medien, das geschlossene Auftreten in der Öffentlichkeit sowie unangekündigtes und unabgestimmtes Abstimmungsverhalten. Das mittlerweile komplett entfallene Vertrauensverhältnis der CDU-Fraktionsmehrheit zu Breuker habe sich über Monate entwickelt und trotz diverser Gesprächsrunden über das Verständnis von Miteinander, Kollegialität, Wertschätzung und Vertrauen auch nicht mehr gebessert. Eine Möglichkeit zur weiteren konstruktiven Zusammenarbeit werde daher nicht mehr gesehen.

Es sei anerkannt, dass für den Fraktionsausschluss ein wichtiger Grund vorliegen müsse, der in einer nachhaltigen Störung des Vertrauensverhältnisses bestehen könne, schreiben die Verwaltungsrichter. Dabei komme der Fraktion ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu, erklärte das Verwaltungsgericht. Die von beiden Seiten geschilderte stark gestörte Zusammenarbeit werde auch durch die vorliegenden Protokolle der Fraktionssitzungen verdeutlicht, soweit dort mehrere Fraktionsmitglieder angekündigt hätten, die Fraktion zu verlassen, sofern es nicht zum Ausschluss Breukers komme, stellten die Richter fest.

Helmar Breuker (Mitte) mit Dr. Andreas Kroll (l.) und Maren Root (r.). Im Hintergrund CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht.

In der Ratssitzung hatte sich Helmar Breuker zu Wort gemeldet, als die Umbenennung der Ausschussbesetzungen auf der Tagesordnung stand. Einige in der CDU-Fraktion hätten offenbar Schwierigkeiten mit seiner Person, mit seiner Art der politischen Arbeit und wie man transparent und öffentlichkeitswirksam arbeite. Es gehe aber bei der Auseinandersetzung nicht nur um seine Person, sondern das sei „eine Systemfrage“, meint Breuker. Fraktionsentscheidungen hätten nach Auffassung der Fraktionsführung einstimmig zu sein, die Partei bleibe weitgehend ausgeschlossen. Es sei ein einzigartiger Vorgang, wenn sich ein Parteivorstand gegen den Ausschluss eines Fraktionsmitgliedes ausspreche, noch dazu wenn dieser der amtierende Vorsitzende der Einbecker CDU sei, sagte Breuker.

Es habe keine Gespräche zwischen Fraktionsvorsitz und Stadtverband gegeben. „In einer christlichen Partei geht es zunächst um das Miteinander, Konflikte sollten im Miteinander gelöst werden, und nicht durch Ausschluss“, sagte Breuker. Der sei nie eine Lösung. Er nannte erstmals konkrete Gründe, warum er seiner Meinung nach aus der CDU-Fraktion ausgeschlossen worden sei. Das sei sein Abstimmungsverhalten beim Neustädter Kirchplatz gewesen (Enthaltung beim 2. Nachtragshaushalt), seine öffentliche Positionierung beim Thema Löschlanze, für welche er gerügt worden sei. Und Breuker nannte einen Abend auf der Hube, von dem er jetzt erstmals ein Protokoll gesehen habe. Einzelheiten werde er sich ersparen auszuführen, weil diese möglicherweise strafrechtliche Tatbestände erfüllten, deutete der Ratsherr in öffentlicher Sitzung an, nannte jedoch keine konkreten Einzelheiten.

„Über allem thront ein Fraktionsvorsitzender, der in kleinen Zirkeln Entscheidungen trifft“, sagte Breuker. „Die Zusammenarbeit mit der SPD ist offenbar vertrauensvoller als mit der eigenen Mutterpartei.“ Die SPD habe von seinem Fraktionsausschluss früher erfahren als die CDU. In der CDU gebe es viele neue Mitglieder. „Diese jungen Leute stehen für einen anderen Politikstil, für Offenheit, für Transparenz, für Diskussion“, sagte Helmar Breuker. „Ich stehe für diejenigen Ratsmitglieder, die weiterhin Offenheit und Meinungsfreiheit auch in der Fraktion gelten lassen.“

Im Stadtrat hat die CDU-Fraktion die Ausschusssitze nach dem Ausschluss Helmar Breukers aus der Fraktion neu besetzen lassen – ein Beschluss des Rates, der bei sieben Gegenstimmen (Breuker, Kroll und Root von der CDU sowie FDP/Kloss und AfD) und einer Enthaltung (Petra Bohnsack, BlGfE) getroffen wurde. Für die CDU ist jetzt Dr. Olaf Städtler im Finanzausschuss, Antje Sölter im Feuerwehrausschuss, Heinz-Hermann Wolper im Ausschuss für Jugend, Familie und Soziales. Den Sonderverwaltungsausschuss besetzt die SPD/CDU-Gruppe mit Nico Otunga (SPD). Breuker bleibt als fraktionsloser Ratsherr Mitglied im Finanzausschuss, allerdings nur mit Grundmandat, also ohne Stimmrecht.

Helmar Breuker hatte geheime Wahl für diesen Beschluss beantragt und wollte selbst gegen die von der CDU nominierten Ratsmitglieder antreten. Das lässt die Rechtslage jedoch nicht zu, weil es sich juristisch gesehen um keine Wahl handele, wie Justiziar Dr. Florian Schröder und Ratsvorsitzender Frank Doods (beide Verwaltungsjuristen) die gemeinsame Rechtsauffassung erläuterten. Die Sitzverteilung in den Ausschüssen ergebe sich nach den Mehrheitsverhältnissen, und dann erfolge nur noch eine Benennung der Personen durch Beschluss. In der Hybridsitzung des Rates wäre eine geheime Wahl nach Kommunalverfassung ohnehin unzulässig gewesen.

Beobachtern der Kommunalpolitik ist schon seit Monaten aufgefallen, dass sich Partei und Fraktion bei der CDU voneinander entfernt haben. Bis zum plötzlichen Tod der damaligen Parteivorsitzenden Heidrun Hoffmann-Taufall im Frühjahr war das weniger offensichtlich, weil diese als Ratsfrau immer auch moderierendes Bindeglied zwischen Stadtverband und Fraktion war und beide Gruppierungen zusammenhielt. Nach ihrem Tod jedoch wurde der Graben sichtbarer, der sich da offenbar seit längerem schon aufgetan hatte und sich vor allem im zwischenmenschlichen Bereich bewegt. Jeder, der wollte, konnte jedoch beim jüngsten Landtagswahlkampf in Einbeck auch sehen, dass Fraktion und Partei bei der CDU mittlerweile offenbar getrennte Wege gehen. Kandidat Dr. Andreas Kroll erhielt viel persönliche Unterstützung aus dem Stadtverband, weniger aus der Fraktion. Nur ein Beispiel: Als der Landesvorsitzende und CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann in Einbeck war, scharten sich um ihn Vorstandsmitglieder aus der Partei. Von der Fraktion war außer Helmar Breuker niemand zu sehen, und er ist kommissarisch auch Stadtverbandsvorsitzender. Breukers Naturell ist nicht die harmonische Moderation von Teams und Vermittlung bei Konflikten. Er ist eher ein – und auch das braucht Politik manchmal – Zuspitzer, ein sperriger und unbequemer Zeitgenosse. In Gruppen wie einer Fraktion geht es aber nunmal auch um Teamgeist und weniger Ego, ansonsten könnten ja alle 37 Ratsmitglieder ihr eigenes Ding machen und nach Tagesform abstimmen. So aber funktioniert Politik nicht. Auch Kommunalpolitik nicht. Abzuwarten bleibt, ob sich weitere Fraktionsmitglieder aus der Fraktion entfernen, speziell diejenigen, die beim 6:4-Ausschluss-Beschluss an Breukers Seite waren und Seite an Seite sitzen.

CDU-Ratsherr Helmar Breuker vor der Sitzung des Stadtrates am 7. Dezember in der Multifunktionshalle. Links Dr. Andreas Kroll (CDU).

Dr. med. Olaf Städtler rückt in den Stadtrat nach

Der Mediziner Dr. Olaf Städtler ist für die CDU in den Einbecker Stadtrat nachgerückt. Der 52-Jährige wurde in der jüngsten Sitzung des Rates förmlich verpflichtet. Städtler arbeitet in den Ausschüssen für Klimaschutz und Nachhaltigkeit, für Jugend, Familie und Soziales sowie für Tourismus und Wirtschaftsförderung mit. Er folgt auf Heidrun Hoffmann-Taufall, die am 10. Mai im Alter von 62 Jahren gestorben war.

Dr. Olaf Städtler rückt in den Stadtrat nach, Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek hat ihn in der jüngsten Sitzung förmlich verpflichtet und willkommen geheißen.
Heidrun Hoffmann-Taufall (1959-2022).

Wie bereits nach dem Tod von Dr. Reinhard Binder war in der jüngsten Sitzung des Stadtrates ein Platz frei geblieben und mit Blume und Kerze geschmückt worden. Der Ratsvorsitzende Frank Doods erinnerte an das Wirken der verstorbenen Ratsfrau. „Wir vermissen sie schon jetzt, ihr freundliches Wesen und ihr fröhliches Lachen“, sagte er. Heidrun Hoffmann-Taufall war seit 2011 Mitglied des Rates, in der CDU war sie seit 2006 Mitglied, seit vergangenem Jahr war sie Vorsitzende der Einbecker CDU. Seit 2015 war Heidrun Hoffmann-Taufall Vorsitzende der Frauen-Union im Landkreis Northeim. 2019 hatte sie für den Vorsitz im CDU-Kreisverband kandidiert. Die Christdemokraten würdigten Heidrun Hoffmann-Taufall als sehr engagierte Kommunalpolitikerin, die für jeden ein Vorbild sein könne, Gleichberechtigung und Bürgerbeteiligung seien ein Kernstück ihrer politischen Arbeit gewesen. „In besonderer Erinnerung bleiben ihre Freude, Fröhlichkeit an der politischen Arbeit und ihre moderierende Art“, schreibt die CDU in ihrem Nachruf.

Ihr Platz bleibt leer: Sichtbares Gedenken in der jüngsten Sitzung des Stadtrates am 22. Juni.

CDU: Nach der Wahl ist vor der Landtagswahl

Mit großem personellen, organisatorischen und technischen Aufwand haben die Christdemokraten im Landkreis Northeim am Sonntag ihre Landtagskandidaten gewählt und dabei aus Gründen des Infektionsschutzes auf große Präsenzversammlungen verzichtet. Alles lief rund, alle Videokonferenzen funktionierten einwandfrei. Der CDU-Kreisverband Northeim fühlt sich nach eigenen Worten motiviert und geschlossen für den nun startenden Landtagswahlkampf: „Wir freuen uns, mit Tristan Marienhagen und Dr. Andreas Kroll zwei kompetente und qualifizierte Kandidaten gefunden zu haben“, kommentieren die beiden kommissarischen Kreisvorsitzenden Torsten Bauer und David Artschwager das Ergebnis. „Der Landkreis ist reif für den politischen Wechsel und wir sind es auch.“ Einen neuen Kreisvorsitzenden will die CDU im April wählen. Hier haben bereits David Artschwager (Bad Gandersheim) und auch Tristian Marienhagen (Northeim) ihre Bereitschaft zur Kandidatur angekündigt. Ob nun ebenfalls der mit gutem Ergebnis gewählte Einbecker Landtagskandidat Dr. Andreas Kroll nach dem CDU-Kreisvorsitz greift, ist bislang offen.

David Artschwager (l.) gratuliert Dr. Andreas Kroll. Foto: CDU-Kreisverband

Im Wahlkreis 18 (Einbeck) haben sich mit 204 Mitgliedern rund 34 Prozent der 597 Wahlberechtigten an der Wahl des Landtagswahlkandidaten beteiligt. Im Wahlkreis 17 (Northeim) lag die Beteiligung erschreckend niedrig, nur 32 Stimmen waren auszuzählen, in Northeim selbst gab es kein Wahllokal. „Natürlich ist der Kreisvorstand unzufrieden mit der Gesamtzahl der abgegebenen Stimmen“, erklärte CDU-Sprecher Lucas Mennecke auf meine Nachfrage. „Aufgrund des erhöhten Arbeitsaufwandes hätten wir uns über eine höhere Resonanz gefreut. Die Wahllokale wurden jedoch im Vorfeld einvernehmlich und als Kompromissvorschlag den Gemeindeverbänden vorgeschlagen und in der Kommission zur Vorbereitung der Sitzung abgestimmt.“

Der kommissarische Kreisvorsitzende David Artschwager (l.) gratuliert Tristan Marienhagen. Foto: CDU-Kreisverband

Wo im Wahlkreis Einbeck die beiden Kandidaten Dr. Andreas Kroll und Joachim Stünkel besonders punkten konnten, lässt sich nicht ausmachen. Aus einem einfachen Grund: „Da die Urnen gemeinsam ausgezählt werden mussten, wurden die Stimmzettel vor Auszählung vermischt. Daher können wir keine Zahlen nach Wahllokal getrennt geben“, erklärte CDU-Sprecher Mennecke. Zum neu geschnittenen Wahlkreis 18 gehören Bad Gandersheim, Bodenfelde, Dassel, Einbeck und Seesen, zum Wahlkreis 17 Kalefeld, Northeim, Katlenburg-Lindau, Nörten-Hardenberg, Moringen und Adelebsen.

Erste Gratulantin am Abend des Sieges bei Dr. Andreas Kroll war die Einbecker CDU-Vorsitzende Heidrun Hoffmann-Taufall. „Ich freue mich über das Ergebnis, dadurch haben wir deutlich gestiegene Chancen, einen Landtagsabgeordneten in Hannover zu bekommen.“ Man habe sich in den vergangenen Wochen von der Kompetenz und dem gezeigten Engagement überzeugen können, erinnerte sie. Hoffmann-Taufall: „Wenn das so weiter geht, dann geht es gut aus, da bin ich guter Hoffnung.“ Andreas Kroll dankte der CDU-Chefin für ihre Unterstützung. „Ohne die würde es auch nicht klappen.“

Einbecks CDU-Vorsitzende Heidrun Hoffmann-Taufall gratuliert Dr. Andreas Kroll. Screenshot
Elisabeth Behrens. Screenshot
Tristan Marienhagen. Screenshot
Dr. Andreas Kroll. Screenshot
Joachim Stünkel. Screenshot

Landtagswahl: Einbecker CDU schickt Dr. med. Andreas Kroll ins Rennen

Die erste Politik-Personalie des neuen Jahres in Einbeck kommt von der CDU: Dr. med. Andreas Kroll strebt in den niedersächsischen Landtag. Der Einbecker CDU-Vorstand hat den 47-jährigen Mediziner und dreifachen Familienvater gestern Abend bei einem Treffen im „Grünen Jäger“ in Orxhausen einstimmig ins Rennen geschickt für die Landtagskandidatur im Wahlkreis Einbeck. Wer bei der Landtagswahl am 9. Oktober für die Christdemokraten im neu geschnittenen Wahlkreis 18 kandidieren wird, entscheidet sich allerdings erst „im Frühjahr“, wie die Einbecker CDU mitteilte, einen genauen Termin für eine Wahlkreiskonferenz gibt es bislang nicht. Wie eine solche Veranstaltung pandemiesicher durchgeführt werden kann, steht auch noch nicht fest. Offiziell gibt es noch keine weiteren Bewerbungen bei der CDU.

Foto: CDU/privat
Strebt in den Landtag: Dr. med. Andreas Kroll. Foto: CDU/privat

Dr. med. Andreas Kroll ist erst seit der jüngsten Kommunalwahl Mitglied des Einbecker Stadtrates, arbeitet dort in vier Fachausschüssen mit, im Ausschuss für Feuerwehr und Katastrophenschutz ist er stellvertretender Vorsitzender. In der CDU-Ratsfraktion ist Kroll einer der stellvertretenden Vorsitzenden. Der 47-Jährige ist Facharzt für Innere Medizin mit den Schwerpunkten Pulmologie, Allergologie, Notfallmedizin. Zeitweilig war Kroll Chefarzt im Einbecker Bürgerspital. Nach dem Studium der Humanmedizin an der Universität Göttingen (UMG) und anschließender Ausbildung in allgemeiner Innerer Medizin in Hamburg, Oldenburg und Göttingen sowie der Pneumologie in Göttingen-Lenglern promovierte Andreas Kroll 2005 in der Abteilung für Hämatologie und Onkologie der UMG. Seit 2015 hat er eine eigene Praxis in Einbeck.

Der Kandidat bringe mit seiner hohen Kompetenz und guten Vernetzung die besten Voraussetzungen mit, ist sich der Vorstand der CDU Einbeck einig. Die CDU habe mit Blick in die Zukunft bei der Kandidatur nach jemandem gesucht, der sich im Landtag um Themen bemühen kann, die in der ländlichen Region einen hohen Stellenwert besitzen: Das sind medizinische Versorgung, der Katastrophenschutz, drohende Engpässe rund um die Pflege, Naturschutz und Landwirtschaft sowie die Stärkung der Wirtschaft. „Als niedergelassener Mediziner mit weiteren KollegInnen in eigener Praxis und Notarzt im Landkreis weiß ich um die Herausforderungen rund um Medizin“, lässt sich Andreas Kroll in der Pressemitteilung der CDU zitieren. „Die Wichtigkeit auch der kleinen Krankenhäuser wie Einbeck, Bad Gandersheim und Seesen ist durch Corona noch deutlicher zutage getreten. Für deren Stärkung möchte ich mich im Landtag deutlich einsetzen.“

Als Jagdpächter eines Feldreviers ist Andreas Kroll nach eigenen Angaben mit Landwirten und Naturschutzverbänden im stetigen Austausch. „Ich weiß, wie wichtig es ist, Forst und Landwirtschaft behutsam umzugestalten, sowie langfristige Planungen anzumahnen und Verlässlichkeit in politischen Entscheidungen herbeizuführen. Auch dafür möchte ich mich im Landtag stark machen,“ erläuterte Kroll. Mit drei Kindern sieht Andreas Kroll die Notwendigkeit einer qualitativ hochwertigen und bedarfsorientierten Kinderbetreuung. „Das Land Niedersachsen leistet finanziell bereits viel, beim Betreuungsschlüssel ist noch Luft nach oben“, meint Kroll. In einem Youtube-Video auf seinem eigenen Kanal stellt der 47-Jährige sich und seine Schwerpunkte vor.

„An Themen mangelt es nicht, die Andreas Kroll für unsere attraktive ländliche Region nach Hannover transportieren und um Unterstützung werben soll“, erklärte CDU-Vorsitzende Heidrun Hoffmann-Taufall in einer Pressemitteilung. „Wir sind uns sicher, dass wir mit ihm einen starken Vertreter schicken könnten.“ Die Einbecker CDU habe sich in den vergangenen Monaten erfolgreich gegen eine Streichung des Wahlkreises Einbeck gewehrt. „Die Stadt mit einer hohen Einwohnerzahl und großer Fläche sollte aufgeteilt werden, da konnten wir nicht tatenlos zusehen“, erklärte Heidrun Hoffmann-Taufall. Die amtierenden stellvertretenden CDU-Kreisvorsitzenden, Torsten Bauer und David Artschwager, scheinen davon nichts zu wissen. Denn sie hatten erst jüngst erklärt, dass in Zukunft solche Neuzuschnitt-Verfahren unter Beteiligung der politischen Vertreter und Parteien vor Ort vonstatten gehen sollten.

Für die Landtagswahl am 9. Oktober ist der Wahlkreis 18 Einbeck (bisher 19) neu zugeschnitten worden. Zum neuen Wahlkreis Einbeck gehören jetzt: Stadt Einbeck, Stadt Dassel, Stadt Uslar, Stadt Bad Gandersheim, Gemeinde Bodenfelde (alle aus dem Landkreis Northeim) und Stadt Seesen (Landkreis Goslar).

Weil die Wählerstimme überall im Land das gleiche Gewicht haben muss, im Norden Niedersachsens zwei Wahlkreise jedoch mehr als 25 Prozent mehr Wahlberechtigte hatten als der Durchschnitt der Wahlkreise und im Süden die Wahlkreise Einbeck und Seesen mehr als 25 Prozent weniger Wahlberechtigte als der Durchschnitt hatte, wurde der Neuzuschnitt notwendig, um in etwa gleich große Wahlkreise zu erhalten. Der bisherige Wahlkreis Seesen wurde aufgelöst, ein Teil kommt zum Wahlkreis Einbeck, der andere Teil zum Wahlkreis Göttingen-Harz.

Foto: CDU
Im „Grünen Jäger“ (v.l.): Helmar Breuker, stellvertretender CDU-Vorsitzender in Einbeck, Kandidat Dr. Andreas Kroll, die Einbecker CDU-Vorsitzende Heidrun Hoffmann-Taufall und ihr weiterer Stellvertreter Björn Liebig. Foto: CDU

CDU in Einbeck: Heidrun Hoffmann-Taufall folgt auf Beatrix Tappe-Rostalski

Die Einbecker CDU hat sich neu aufgestellt: Bei der Mitgliederversammlung am Dienstag im Gasthaus Klapperturm gab Vorsitzende Beatrix Tappe-Rostalski den Staffelstab an Heidrun Hoffmann-Taufall weiter. Der Vorstand ist insgesamt deutlich erneuert worden. Rückblicke, Analysen, Appelle und personelle Veränderungen hätten den Abend geprägt, hieß es anschließend. Ehrungen für 60 Jahre Mitgliedschaft konnten Horst Kamm, für 50 Jahre Wilhelm Wille und Friedrich Heise entgegen nehmen. Für 40 Jahre wurde Johannes Hennecke geehrt und auf 25 Jahre in der CDU kann Dirk Ebrecht zurückblicken, teilten die Christdemokraten in einer Presseinformation über die Mitgliederversammlung mit. Die Versammlung habe in einem großen gastronomischen Raum mit gesundem Abstand stattgefunden. Medienvertreter konnten nicht dabei sein.

Neuer CDU-Vorstand in Einbeck (v.l.): Helmar Breuker, Ulrich Vollmer, Heidrun Hoffmann-Taufall, Frederic Otto und Björn Liebig. Foto: CDU

Die Wahl zur CDU-Fraktionsvorsitzenden im Kreistag habe bei Beatrix Tappe-Rostalski die Entscheidung reifen lassen, nicht mehr als Vorsitzende des Stadtverbandes zu kandidieren, heißt es in der Mitteilung. Heidrun Hoffmann-Taufall, bislang Stellvertreterin, hat den Staffelstab übernommen. Die neue Vorsitzende freut sich nach eigenen Angaben auf die Arbeit im neu gewählten Vorstand, der sich in der Zusammensetzung deutlich erneuert habe. Stellvertreter sind Helmar Breuker und Björn Liebig, Schatzmeister Ulrich Vollmer, Schriftführer Frederic Otto. Pressesprecher ist Stephan Weber, Mitgliederbeauftragter Joachim Dörge. Als Beisitzer fungieren Karsten Armbrecht, Christian Dörries, Manfred Friedrich, Melissa Heikens, Michael Heraeus, Sebastian Lange, Carsten Pape, Maren Root und Wilfried Wollenweber.

Staffelübergabe von Beatrix Tappe-Rostalski (r.) an Heidrun Hoffmann-Taufall. Foto: CDU Einbeck

Als Gäste konnten die Einbecker Christdemokraten Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek (CDU), den nicht wieder gewählten ehemaligen CDU-Bundestagsabgeordneten Dr. Roy Kühne sowie David Artschwager (Bad Gandersheim) und Tristan Marienhagen (Northeim) begrüßen, die beiden letzteren kandidieren für den Kreisvorsitz am 3. Dezember.

Die Bürgermeisterin blickte laut Pressemitteilung auf die pandemische Lage zurück; ihre Solidarität stoße mittlerweile an Grenzen, wo Impfverweigerer die Freiheit von allen einschränkten. „Ich werde mich weiterhin einsetzen und im Gespräch mit der Bevölkerung bleiben“, versprach Kühne. CDU-Fraktionsvorsitzender Dirk Ebrecht erläuterte den Mitgliedern die Zusammenarbeit mit der SPD in einer Gruppe. Das sei bei dieser Zusammensetzung des Stadtrates eine gute Lösung für Einbeck. „Schließlich liegen große Herausforderungen vor uns. Die wollen wir – bei aller Unterschiedlichkeit – möglichst mit breiter Mehrheit lösen“, wird Ebrecht zitiert.

Ehrung für Horst Kamm. Foto: CDU Einbeck
Ehrung für Johannes Hennecke. Foto: CDU Einbeck
Ehrung für Wilhelm Wille durch Beatrix Tappe-Rostalski (l.) und Dr. Sabine Michalek. Foto: CDU Einbeck

Kreis-CDU sucht neuen Vorsitzenden

Die Christdemokraten in Berlin mühen sich aktuell, einen neuen Vorsitzenden zu finden. Und auch die CDU im Landkreis Northeim ist auf der Suche nach einer neuen Spitze, seitdem Kerstin Lorentsen wenige Wochen vor der Bundestagswahl zurückgetreten ist. Zur jüngsten Kreisvorsitzendenkonferenz in Berlin konnte Northeim nur den Pressesprecher des Kreisverbandes entsenden, Lucas Mennecke aus Kalefeld. „Es ist gut, dass wir nun die Mitglieder wieder stärker mit einbeziehen“, kommentierte der anschließend die vorgesehene Mitgliederbefragung vor einem Ende Januar terminierten Parteitag. „Damit ist die Grundlage zur Parteierneuerung gelegt.“

„Die Parteibasis muss der Führung wieder stärker vertrauen“, lassen sich die beiden kommissarischen Kreisvorsitzenden David Artschwager (Bad Gandersheim) und Torsten Bauer (Uslar) zitieren, die beide nicht in Berlin waren. „Mit dieser Befragung ist ein erster Schritt in Richtung Versöhnung gemacht.“ Einer von beiden bewirbt sich nun um den Kreisvorsitz in Northeim: David Artschwager (22). Weiterer Kandidat ist bislang Tristan Marienhagen (20) aus Northeim.

Das wäre eine deutliche Verjüngung. Wobei fraglich ist, ob sich nicht doch noch eine oder ein an Lebensjahren erfahrene Kandidatin oder Kandidat beim Kreisparteitag zur Wahl stellen wird, der am 3. Dezember im Landhaus Greene stattfindet. Immerhin hatte jüngst die Frauen Union eine stärkere Beteiligung von Frauen moniert, womit zwar in erster Linie Berlin gemeint war, aber was dort richtig ist, kann ja vor Ort nicht falsch sein. „Es erscheint uns nicht zielführend, einen Veränderungsprozess in Gang setzen zu wollen, ohne ausreichend Frauen zu beteiligen, denn sie machen über 50 Prozent der Bevölkerung aus“, lässt sich Heidrun Hoffmann-Taufall (Einbeck) ein, die als Vorsitzende der Frauen-Union Northeim fordert: die Frauen sollen paritätisch bei dem Erneuerungsprozess beteiligt werden. Hoffmann-Taufall kandidierte bei der letzten Wahl gegen Lorentsen.

Wie sprachlos aktuell die CDU offenbar ist, zeigt ein Blick in Social Media Kanäle: Letzter Post auf der CDU-Facebook-Seite: „Noch vier Stunden sind die Wahllokalen geöffnet- jetzt noch @roy_kuehne mit Ihrer Erstimme unterstützen und eine starke Stimme in Berlin wählen!“ Seitdem ist Stille.

Stadtrat entscheidet über Strabs-Zukunft weiterhin nicht

Der Einbecker Stadtrat hat der schon lange währenden Diskussion über die Straßenausbaubeiträge in seiner jüngsten Sitzung am Mittwoch ein weiteres Kapitel hinzugefügt, aber noch immer nicht eine von vielen erhoffte Entscheidung getroffen. Die Fraktionsvorsitzenden von SPD und CDU haben jedoch betont, dass es noch vor der Kommunalwahl eine Aussage über Abschaffung oder Beibehalten der Strabs, der Straßenausbaubeitragsatzung, geben soll. Der Weg soll nun eine Sondersitzung des Finanzausschusses am 12. Juli sein, der wahrscheinlich eine Sondersitzung des Stadtrates folgen wird.

Die Multifunktionshalle, in der sich der Stadtrat erstmals und wieder in Präsenzform traf, soll am 14. Juli offiziell eingeweiht werden.

Vor allem die Aktiven der Bürgerinitiative, die vor der Sitzung mit Transparenten und Schildern protestiert hatten, dürften mit der neuerliche Vertagung nicht zufrieden sein. BI-Sprecherin Anja Linneweber überreichte in der Ratssitzung einen Ordner mit 1190 Unterschriften, die sich für eine Abschaffung der Strabs aussprechen. „Deutlicher kann ein Signal der Bürger für die Politik in Einbeck nicht sein“, sagte Linneweber, die in dem Votum ein klares Signal ihrer Initiative sieht. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek und Ratsvorsitzender Frank Doods (SPD) nahmen die Unterschriften entgegen.

1190 Unterschriften im Ordner: BI-Sprecherin Anja Linneweber (r.) überreichte den Protest an Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek und Ratsvorsitzenden Frank Doods.

Nachdem bereits vor der Sitzung erste Gerüchte über eine Sonder-Finanzausschusssitzung kursierten, kündigte CDU-Fraktionsvorsitzender Dirk Ebrecht das Treffen zu Beginn der Ratssitzung offiziell als fraktionsübergreifende Verständigung an und zog gleichzeitig den inhaltlich nie ausformulierten Antrag seiner CDU-Fraktion zum Thema zurück. Alle Fraktionen hätten sich jetzt auf den 12. Juli verständigt, sagte Ebrecht. Es sei nun mal nicht alles so holzschnittartig einfach. Dr. Reinhard Binder (FDP) sah seine Fraktion dabei jedoch übergangen, er höre vom 12. Juli das erste Mal.

Auf der Tagesordnung stand die Strabs im Stadtrat am Mittwoch dennoch, denn der Antrag der Gelb-Grünen-Gruppe auf Abschaffung der Beiträge blieb und sollte zunächst in den Finanzausschuss überwiesen werden. Dafür fand sich jedoch am Ende keine Mehrheit. Den Grund dafür erläuterten Rolf Hojnatzki (SPD) und Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste/GfE): Wenn man die Strabs abschaffen wolle, müsse das sofort geschehen und nicht wie im FDP/Grünen-Antrag gefordert erst zum 1. Januar 2023. Bis dahin laufende Straßenausbaubeiträge noch einzuziehen sei unredlich, meinte Pfefferkorn und „vom Populismus initiiert“, wie es Hojnatzki ausdrückte.

Dietmar Bartels (Grüne) befürchtet, dass das Thema „über die Wahl geschleppt“ wird. Seit zwei Jahren werde schon diskutiert, und da könne er nicht glauben, dass es nun in zwei Wochen eine Antwort geben soll. Die Strabs habe sich inzwischen zu einem Stillstand für Einbeck entwickelt, weil durch die Probleme mit ihr keine neuen Projekte mehr angegangen würden. Eine Steuererhöhung anstatt der Beiträge sei durchaus gerechtfertigt, meinte Bartels, stattdessen gebe es für eine Klientelpolitik, bestimmte Leute möglichst wenig zu belasten, eine „mühselige Rechnerei“, kritisierte er.

Udo Harenkamp (parteilos) erinnerte an seinen Dringlichkeitsantrag zum Thema Strabs für die Finanzausschuss-Sitzung am 18. Mai. Der sei damals abgeschmettert worden – „und heute kann es Ihnen nicht schnell genug gehen“, kritisierte er die großen Ratsfraktionen. „Wir wären heute schon vier Wochen weiter, wenn sie meinem Antrag zugestimmt hätten.“

Dirk Ebrecht (CDU) wies das vehement zurück. „Es will niemand schieben und aussitzen bis nach der Wahl“, sagte der Fraktionschef der Christdemokraten. „Wir können die Strabs aber erst abschaffen, wenn wir wissen, wie wir es bezahlen.“ Und da es noch keine einfache Antwort gebe, die auch rechtssicher sei, müsse man noch eine Schleife drehen. „Es wird eine Entscheidung geben“, sagte Ebrecht, „aber ob die allen gefallen wird, weiß ich nicht.“

„Es wird keine gerechte Lösung geben“, meint Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste/GfE). Beim Finanzausschuss am 18. Mai hätten noch nicht alle Informationen und Zahlen auf dem Tisch gelegen, sagte der Ausschussvorsitzende in Richtung Harenkamp. Jetzt liegen die am 18. Mai angeforderten Zahlen vor.

Albert Eggers (CDU) ist skeptisch, ob es in wenigen Wochen eine Lösung geben könne. „Wir fangen am 12. Juli mit der Lösung an“, sagte er. „Es wird dort nicht zum goldenen Wurf kommen“. Es hätten zwar 43 Prozent der Kommunen in Niedersachsen die Strabs abgeschafft, aber keiner habe eine Lösung, wie das fehlende Geld aufgebracht werden solle. Wenn es durch Kredite ausgeglichen werden solle, bekomme Einbeck keine Haushaltsgenehmigung von der Kommunalaufsicht mehr, prognostizierte Eggers.

„Mit welcher Lösung bezahlen wir den niedrigsten Preis“, formulierte Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) die ihrer Ansicht nach entscheidende Frage. Gemeinsam müsse man an einer gerechten Lösung arbeiten und die Bürger mit einbeziehen, damit es nicht in Einbeck zu einer „schlechten Stimmung“ komme, wie sie sagte.

Willi Teutsch (CDU) sprach sich in einer persönlichen Erklärung für die Strabs-Abschaffung aus. „Straßen dienen der Allgemeinheit, nicht den Anliegern.“ Es sei „ein Unding“, für den Straßenausbau Beiträge der Anlieger heranzuziehen. Gerade bei denkmalgeschützten Häusern leisteten die Eigentümer durch den höheren Aufwand ihren Beitrag zur Sozialbindung des Eigentums, sagte Teutsch, der am 12. September nicht wieder kandidiert.

SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Hojnatzki legte in seinem Wortbeitrag der FDP/Grünen-Gruppe nahe, den Antrag zurück zu ziehen und sich in den Fraktionenkonsens einzubringen. Der Antrag könne heute ohnehin nicht beschlossen werden, weil es Gelb-Grün verabsäumt habe, ihn vorher beispielsweise im Verwaltungsausschuss beraten zu lassen. „Das haben Sie wohl so nicht vor Augen gehabt, Frau Villmar-Doebeling“, wandte sich Hojnatzki persönlich an seine Ratskollegin von der FDP. Diese hatte den Antrag im Rat vorgestellt und an die großen Parteien appelliert, die Strabs endlich abzuschaffen. Die sei ungerecht und unsozial, gefragt sei eine Lösung für die Bürger, sagte Dr. Marion Villmar-Doebeling (FDP).

„Heute bezahlen wir – morgen ihr!“, „Denkt an die nächste Wahl“ und „Der Rat sollte die Interessen der Bürger vertreten“ – mit diesen und anderen Transparenten protestierte die Bürgerinitiative für eine Strabs-Abschaffung.
Protest gegen die Strabs vor der Tür der neuen Multifunktionshalle am Kohnser Weg.

Jetzt gibt’s auch am ZOB Ärger mit der Strabs

Die Planungen für den neuen Zentralen Omnibus-Bahnhof (ZOB) in Einbeck hat der Stadtentwicklungsausschuss in seiner jüngsten Sitzung noch nicht abschließen und das Projekt noch nicht auf den weiteren Weg bringen können. Vor 2022 soll hier ohnehin nicht gebaut werden, allerdings hatte die vorgesehene Umgestaltung bereits nach der Dezember-Sitzung eine weitere Planungsschleife gedreht. Die SPD bemängelte jetzt eklatante Mängel in der Anlieger-Kommunikation und der Kostenkalkulation, die die Stadtverwaltung vorgelegt hatte. Für viele überraschend tauchten dort nun Straßenausbaubeiträge auf. „Das war bislang nie Thema, wer denkt denn bei einem ZOB daran“, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki. Sein Antrag, das Thema noch einmal zu vertagen und die Verwaltung mit den betroffenen Anliegern sprechen und erneut rechnen zu lassen, fand mit 10:3-Stimmen eine breite Mehrheit im Ausschuss, lediglich aus der CDU gab es Stimmen dagegen.

Entwurfsplanung für den neuen ZOB in Einbeck an der Beverstraße. Rot=gepflasterte Flächen, gelb=Grünflächen. Vor dem Bahnhof sind insgesamt 32 Parkplätze und eine E-Ladestation vorgesehen. (c) Ludwig & Partner (Dassel) und eigene Beschriftungen

„Nicht professionell, nicht ordentlich vorbereitet“ empfand SPD-Fraktionsvorsitzender Rolf Hojnatzki die Zahlen, die keine Grundlage für eine Diskussion und Entscheidung sein könnten. Da erfahre man so nebenbei, dass es zumindest für den Bereich des Bahnhofsvorplatzes und für den ZOB Straßenausbaubeiträge geben soll. „So geht das nicht“, richtete Hojnatzki seinen Vorwurf direkt an die Bürgermeisterin, Baudirektor Joachim Mertens nahm er von seiner Kritik aus. Die vorliegenden Zahlen der Kostenberechnungen zu diskutieren und auf deren Grundlage zu beschließen mache keinen Sinn, begründete der Sozialdemokrat. „Wer seine Hausaufgaben nicht macht, muss nacharbeiten.“

Er solle doch nicht so übertrieben ahnungslos und blauäugig tun, entgegnete Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU). Er, Hojnatzki, sei doch lange genug in der Politik aktiv. Da wisse man, dass Straßenausbaubeiträge anfallen. Und natürlich müsse den Anliegern transparent vermittelt werden, welche Kosten auf sie zu kämen, aber für die von Hojnatzki kritisierten noch nicht erfolgten Kontaktaufnahmen mit den Anliegern müssen man diesen eben auch konkrete Zahlen nennen können.

Dietmar Bartels (Grüne) bat Hojnatzki darum, seine „Krokodilstränen“ doch nicht so sichtbar zu vergießen, wie er sagte. Es seien die Grünen und die FDP, die Straßenausbaubeiträge seit langem abschaffen wollten, und es sei unter anderem die SPD, die das nicht wolle. Ohne Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) in Einbeck würde man das Problem jetzt gar nicht mehr haben.

Baudirektor Joachim Mertens bezeichnete die in der aktuellen Kalkulation genannten Zahlen für Straßenausbaubeiträge als eine „erste Schätzung, das kann sich noch ändern“. Die Stadtverwaltung halte sich wie bereits bei anderen Projekten mit Straßenausbaubeiträgen an die gesetzlichen Regelungen, die eine Information der betroffenen Anlieger drei Monate vor einer Baumaßnahme vorsehen. „Davon sind wir noch weit entfernt“, sagte Mertens. Im Übrigen habe es bereits erste Nachfragen aus der Politik und auch von potenziell beitragspflichtigen Anliegern bei der Verwaltung gegeben, neu sei das Thema also nicht.

„Drei Monate vorher ist nicht die Art der SPD-Fraktion“, fuhr Dirk Heitmüller (SPD) den Baudirektor an, „und Sie können es noch drei Mal sagen“.

Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek verteidigte das Vorgehen ihrer Verwaltung. Schließlich müsse man erst ermitteln, ob und wer und wie hoch die Beiträge sein werden, bevor man die Anlieger kontaktiere. „Wir können doch mit den Menschen nicht über ungelegte Eier reden.“ Im Übrigen sei es ja wahrlich nicht neu, dass es in Einbeck eine Strabs gebe, erinnerte die Rathauschefin an vergangene Debatten, beispielsweise in der Tiedexer Straße und auch am Neustädter Kirchplatz.

Die Pläne für den neuen ZOB sind dreigeteilt: in den eigentlichen Busbahnhof, die Veränderung der anliegenden Beverstraße und den Bahnhofsvorplatz. Nur für Bahnhofsvorplatz und ZOB werden Straßenausbaubeiträge erhoben, der Abschnitt der Beverstraße, der erneuert werde, sei für eine Beitragserhebung zu kurz, sagte Baudirektor Joachim Mertens.

Insgesamt wird mit Kosten von rund 2,5 Millionen Euro kalkuliert. Davon werden rund 1,1 Millionen Euro für den ZOB, rund 837.000 Euro für den Teilausbau Beverstraße und rund 660.000 Euro für den Bahnhofsvorplatz fällig. Eingeplant sind allerdings Förderungen von insgesamt 54 Prozent, so dass noch ein städtischer Anteil von knapp 770.000 Euro bleibt, bislang geplant für die Haushalte 2022 ff..

Für den ZOB werden nach der aktuellen Übersicht Straßenausbaubeiträge in Höhe von etwa 256.000 Euro veranschlagt, für den Bahnhofsvorplatz in Höhe von rund 167.000 Euro.

Kein Geheimnis ist, dass es am Bahnhof nur wenige Anlieger gibt, vor allem den Bahnhofsgebäude-Eigentümer Ilmebahn. Mit der Ilmebahn ist die Stadt schon seit längerer Zeit im Gespräch, ein öffentliches WC für den neuen ZOB in Räumen des Bahnhofs unterzubringen. Dirk Heitmüller (SPD) formulierte das Problem in Richtung Verwaltung und Bürgermeisterin wenig diplomatisch: „Sie wollen von der Ilmebahn das WC und stoßen sie mit den Straßenausbaubeiträgen vor den Kopf.“

Der Stadtentwicklungsausschuss diskutierte über die Planung für den neuen ZOB in Einbeck. Screenshot der Hybridsitzung

„Wissensquartier“ auf der Kippe?

Die SPD ist mit ihrem Vorstoß, das Millionen-Projekt „Wissensquartier“ aus dem Haushalt zu kippen, im Kulturausschuss nur knapp gescheitert. Vor einigen Tagen hatte auch bereits die FDP die nächsten Bauabschnitte zur Vereinigung von Museum, Bibliothek und Archiv an einem Standort in Frage gestellt, die Stadt könne sich das aktuell in der Corona-Wirtschaftskrise nicht leisten, hieß es zur Begründung. Die FDP hat keinen Sitz im Kulturausschuss. Ob es nun im Finanzausschuss und abschließend im Stadtrat eine Mehrheit für die weitere Planung gibt, bleibt zunächst offen. Zumal der SPD-Antrag nur knapp durch ein 4:4-Patt scheiterte und die SPD bei dieser Abstimmung durch eine Panne noch nicht – wie bei den folgenden anderen Abstimmungen – ihr aus der Videokonferenz gegangenes Ausschussmitglied Dennie Klose durch SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki ersetzt hatte.

„Wissensquartier“: Wie soll diese Lücke soll gefüllt werden (Modell). Symbolbild

Für die Sozialdemokraten hatte Dirk Heitmüller im Ausschuss für Kultur, Tourismus und Wirtschaftsförderung den Antrag seiner Fraktion begründet, den zweiten und dritten Bauabschnitt des „Wissensquartiers“ mit geplanten Kosten von rund 19 Millionen Euro aus dem Haushalt und der mittelfristigen Finanzplanung zu nehmen. Seine Fraktion habe bei diesen hohen Ausgaben in der aktuellen Lage Bauchschmerzen. „Wir können es uns einfach nicht leisten“, sagte Heitmüller. Wenn der Geldbeutel leer sei, könne man ja in einem Autohaus auch nicht den teuersten Porsche kaufen. Jetzt sei der richtige Zeitpunkt, die der Stadt noch zur Verfügung stehenden Finanzmittel lieber in den Brandschutz und die Feuerwehr sowie die Schulen zu stecken. Das „Wissensquartier“ sei ein Traum, die Konzeption durchaus gut, und Träume dürfe man haben. So bitter es auch sei: „Lasst uns diesen Traum beerdigen“, sagte Heitmüller.

Dagegen wehrte sich Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek vehement, unterstützt vor allem durch mehrere Mitarbeiter ihrer Verwaltung. Sich von dem „Wissensquartier“ jetzt zu verabschieden bedeute, jahrelange Vorbereitungsarbeit zunichte zu machen, auch die Ergebnisse eines Architektenwettbewerbs. Und das zu einem Zeitpunkt, an dem noch gar nicht klar sei, ob es nicht vielleicht doch eine umfangreiche Förderung gebe. „Das wäre ein Hundertmeterlauf, den wir nach 70 Metern beenden“, sagte Michalek. Sie bat darum, das „Projekt mit Strahlkraft für Jahrzehnte für die Einbecker“ im Haushalt zu belassen. „Wir sollten durch Corona nicht zu kurzfristig denken.“ Das „Wissensquartier“ blockiere auch nicht andere notwendige Ausgaben, die Stadt investiere in Feuerwehren und Schulen, verwahrte sich die Bürgermeisterin.

Yvonne Bädermann, Fördermittel-Expertin im Rathaus, erläuterte, dass erst wahrscheinlich im April bekannt sei, ob die Stadt Einbeck eine 9,5-Millionen-Euro-Förderung erhalten könnte. „Das wären Gelder, die wir liegen lassen würden“, sagte sie zu einem Ausstieg jetzt. Nachdem der Bauausschuss erst im Oktober per Eilentscheidung den Auftrag gegeben habe, Förderanträge zu stellen, würde sie ungerne nun diese schon wieder zurück ziehen, damit mache sich die Stadt auch unglaubwürdig gegenüber Fördermittelgebern. Zweiter und dritter Bauabschnitt hängen voneinander ab, sie sind jeder für sich nicht förderfähig und auch baulich nicht modular, sondern nur so wie geplant umsetzbar.

Auch Kämmerer Christian Rohner war von der beantragten Streichung aus dem Haushalt „ein bisschen überrascht“, wie er sagte. Er bat darum, doch vielleicht lieber jetzt Prüfaufträge an die Verwaltung zu geben und noch einmal nachzudenken, aber nicht gleich zu streichen. „Wir könnten viele Probleme auf Jahre lösen“, warb Finanz-Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder für das Projekt; seit Jahresbeginn ist er auch für das Stadtarchiv zuständig. Das „Wissensquartier“ sei viel mehr als die Summe seiner Einzelteile, die Stadt erhalte mit diesem Zukunftsprojekt am Ende mehr als sie Geld zahle. Die städtische (Kredit-)Finanzierung sei zudem aktuell eine gut zu stemmende Aufgabe. Der neue Museumsleiter Marco Heckhoff nannte das „Wissensquartier“ ein innovatives Projekt, das einen neuen Ort für die Einbecker schaffen könne. Die Synergien, die Museum, Bibliothek und Archiv durch gemeinsame Nutzung von Räumen gewinnen würden, seien nicht zu verachten.

Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) bekannte, auch Bauchschmerzen bei dem zweifelsfrei guten „Wissensquartier“ zu haben, weil aktuell die wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie noch unbekannt seien. Man solle das Projekt aber deshalb nicht komplett streichen.

Auch Alexander Kloss (parteilos) warnte davor, das „Wissensquartier“ schnell mit einem Federstrich aus dem Etat zu streichen. Es könne eine Perspektive für die Kultur in Einbeck sein, noch zu wenige wüssten um die Verzahnungen des Projekts, bedauerte er.

Außer um das „Wissensquartier“ ging es im Kulturausschuss bei den Haushaltsberatungen um zwei andere Positionen. Zum einen scheiterte die SPD durch ein weiteres Patt mit ihrem Antrag, die Erhöhung des Budgets für die Mendelssohn-Musikschule (MMS) um 40.000 Euro wieder aus dem Etat zu nehmen und erst in einem Nachtragshaushalt zu verankern, sobald ein ordentlicher Antrag der Schule gestellt wurde. Dirk Heitmüller (SPD) fragte sich und die Musikschule, warum der Zuschuss für die MMS aufgestockt worden und woher die Initiative dazu gekommen sei. Der hinzu geschaltete Vorsitzende des Trägervereins, Stefan Neumann, nutzte seine Antwort zu einem Sachstandsbericht der Schule in der Pandemie und erklärte die erhöhte Zuschuss-Summe mit den Gehältern für eine Dreiviertel-Schulleiterstelle und einer halben Verwaltungsleiter-Stelle. Die Aufstockung sei in den Haushalt gelangt, klärte Fachbereichsleiter Arnd Severidt auf, weil die Stadt Mitglied im MMS-Verein sei und in der dortigen Vorstandssitzung diese Summe formuliert und dann wohl gleich direkt in den Haushaltsentwurf eingepflegt worden sei. Dirk Heitmüller warnte auch davor, eine in der vergangenen Woche vom Verein Stadtpartie offiziell beantragte 50-Prozent-Stelle für das Festival abzusegnen. „Wir würden ein riesen Fass aufmachen, weil dann alle Vereine rufen würden.“ Wenn, wie in der Begründung dargelegt, die Festival-Vorbereitung ehrenamtlich kaum mehr zu leisten sei, müsse die Stadtpartie eben so gestaltet werden, dass es ehrenamtlich noch zu leisten sei. Er selbst wisse als ehrenamtlicher Vereinsvorsitzender, welche Arbeit man in seiner Freizeit zu leisten habe und tue das ja auch gerne. Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) konnte den Antrag von Stadtpartie verstehen und schlug vor, den Verein von Seiten der Stadt bei der Fördergelder-Aquise zu unterstützen.

Durchsetzen konnte die SPD den Antrag, der Einbeck Marketing GmbH für 2021 zusätzliche 35.000 Euro, für 2022 und 2023 dann jeweils weitere 25.000 Euro zu zahlen. Bei sieben Ja-Stimmen, zwei Nein-Stimmen und einer Enthaltung stimmte der Ausschuss für den Vorschlag von Dennie Klose (SPD). Er ging über den von Dr. Reinhard Binder (FDP) bereits im Stadtentwicklungsausschuss gemachten Vorschlag hinaus, im Wirtschaftsförderung-Etat zusätzliche 25.000 Euro für Einbeck Marketing vorzusehen. Dietmar Bartels (Grüne) erneuerte im für Wirtschaftsförderung zuständigen Ausschuss nun diesen Antrag und ergänzte, dass die 25.000-Euro-Spritze der Stadt unter den Vorbehalt gezahlt werden solle, wenn auch der andere Gesellschafter der GmbH eine gleiche Summe aufbringe. Einbeck-Marketing-Geschäftsführerin Anja Barlen-Herbig, selbst hinzugewähltes Ausschuss-Mitglied, gab bei diesem letztlich abgelehnten Ansinnen zu bedenken, dass der andere (Mehrheits-)Gesellschafter, der Verein Einbeck Marketing InitiativGemeinschaft, aus Unternehmen aus Einbeck bestehe – und die wären in der aktuellen Corona-Wirtschaftskrise bestimmt nicht begeistert darüber. Barlen-Herbig kündigte an, sich weiterhin um zusätzliche Sponsoren und Förderer des Stadtmarketing kümmern zu wollen. Spontan erläuterte sie in der Sitzung mit einer ausführlichen Präsentation die Veränderungen in der GmbH seit ihrem Amtsantritt Anfang 2020.

Allerlei Anträge

Die Tagesordnung der jüngsten Stadtrat-Sitzung am Mittwoch enthielt insgesamt sieben Anträge von unterschiedlicher Diskussionsreife.

Während die meisten zur weiteren Beratung wie üblich in die Fachausschüsse überwiesen wurden, hatte der FDP-Antrag zur Hundesteuerbefreiung diese Schleife schon gedreht und wurde mit breiter Mehrheit abschließend abgelehnt. Ein Antrag der Gelb-Grünen-Gruppe (aus FDP und Grünen), mobile Luftreinigungsfilter für Schulen und Kitas zu beschaffen, wird wegen der Eilbedürftigkeit einen ungewohnten Weg gehen, damit er in den Fachausschüssen im Januar bereits abschließend entschieden werden kann. „Sonst ist der Winter vorbei“, hätte sich Dr. Reinhard Binder (FDP) eine noch schnellere Befassung in einer Sondersitzung gewünscht. Selbst wenn man sich vor Weihnachten noch treffe, passiere doch über die Feiertage ohnehin nichts, und der nächste Schulausschuss sei ohnehin am 21. Januar, sagte Antje Sölter (CDU). Durch eine von Rolf Hojnatzki (SPD) vorgeschlagene Temporunde über den Verwaltungsausschuss am 16. Dezember und ein anschließende Fraktionsberatung über die Feiertage soll die Abschlussentscheidung am 21. Januar getroffen werden. Frank-Dieter Pfefferkorn (GfE/Bürgerliste) schloss sich der Sorge um die Schüler durch die mangelhafte Belüftungssituation in der Pandemie an, freilich kenne die Schulverwaltung des Landes das Problem bereits seit dem Frühjahr und wolle ja offenbar keine andere Beschulung als Präsenzunterricht. Die Kommunen könnten nicht immer dann ins Spiel kommen, wenn’s klemme.

Den SPD-Antrag nach Downhill-Strecken möchte Karsten Armbrecht (CDU) erweitert sehen, bei der Diskussion im Fachausschuss auch gleich Menschen aus der Downhill- oder Mountainbike-Szene zu beteiligen, ebenso Jagdpächter potenzieller Strecken. Nur so gewinne man gleich und ohne Umwege Akzeptanz für die Strecken.

Der SPD-Antrag nach Trauungen unter freiem Himmel fand auch Zuspruch bei der CDU. Ratsherr Albert Eggers regte an, neben dem vorgeschlagenen Stiftsgarten weitere Orte, auch in den Ortsteilen, mit zu bedenken, beispielsweise die Greener Burg oder die Heldenburg Salzderhelden. Eunice Schenitzki (SPD) warb für den Antrag ihrer Fraktion „Heirate lieber ungewöhnlich in Einbeck“. Man könne inzwischen am Strand heiraten, da könne Einbeck mit seiner Fachwerk-Kulisse und dem Grüngürtel mithalten. Der Stiftsgarten biete sich als würdiger Rahmen von außergewöhnlicher Schönheit an, sagte Schenitzki.

Gleich drei Anträge hatte der parteilose Ratsherr Alexander Kloss gestellt, und diesmal begründete er im Stadtrat auch seine Vorstöße, die alle drei in den Bauausschuss zur konkreten Beratung verwiesen wurden. So hatte ich mir das übrigens schon in der letzten Sitzung gewünscht und nur deswegen kritisiert. Zumal dem ehemaligen Sozialdemokraten durch seine nunmehrige Fraktionslosigkeit nur das Podium der Ratssitzung zur Verfügung steht. In Zukunft jedoch wird Kloss im Kultur-, Tourismus- und Wirtschaftsförderung-Ausschuss beratendes Mitglied sein.

Für den Antrag „Sauberkeit öffentlicher Gebäude“, mit dem Kloss die wilden Graffiti in den Griff bekommen möchte, gab’s Kritik von der CDU. Heidrun Hoffmann-Taufall nannten bereits vorhandene Initativen wie „Kunst an Kästen“ oder die Street-Art-Meile. Überhaupt sei Einbeck sauber und ordentlich, „da können wir uns nicht beschweren“.

Viel Abstand und Platz, aber wenig geheizt und zugig war es bei Ratssitzung in der Sporthalle.

Auf dem Weg zum Jugendparlament

Einbeck ist auf dem weiten Weg zu einem Jugendparlament einen Schritt weiter, jedenfalls einen kleinen. Der zuständige Fachausschuss des Stadtrates hat gestern einstimmig beschlossen, die Stadtjugendpflege eine Satzung für das erste Einbecker Jugendparlament mit Projektpartnern und den Jugendlichen aus dem Wahlpflichtkurs Gesellschaftslehre der IGS Einbeck entwickeln zu lassen. Im Frühjahr 2021 könnten Jugendliche im Alter zwischen 10 und 17 Jahren dann ihr Parlament wählen.

Neu ist die Diskussion nicht, ob Einbeck entsprechend zum Seniorenrat auch eine gewählte Vertretung von Jugendlichen bekommen sollte. Schon 2014 gab es dazu Ideen, auch und gerade im Zusammenhang mit dem neuen Standort für das Haus der Jugend. Zuletzt gab es Beteiligungsprojekte für Jugendliche, wie etwa für Grundschüler oder aber „Pimp your town“ für ältere Jugendliche Ende 2019.

Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) erinnerte an frühere Vorstöße ihrer Fraktion bei dem Thema Jugendparlament. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt“, befand sie. Die Motivation sei gut, weil die Initiative von Jugendlichen selbst komme. Und das ist der Fall: Im Wahlpflichtkurs Gesellschaftslehre der IGS Einbeck haben sich die Mädchen und Jungen mit dem Kinderrecht auf Partizipation auseinandergesetzt und daraus die Idee eines Jugendparlaments in Einbeck entwickelt. Dafür gab’s schon 2019 den dritten Platz beim Jugendpreis des Landkreises Northeim. IGS-Lehrer Florian Fechner berichtete, dass ein Schüler zurzeit ehrenamtlich das Voting-Tool und die Online-Plattform für das Jugendparlament programmiere, gerade auch dieses Engagement solle man nutzen. Die „Junge Linde“ Einbeck möchte als Kooperationspartner die Gründung des Jugendparlaments unterstützen und später das Parlament politisch und pädagogisch begleiten.

„Toll, dass die IGS Vorreiter ist“, sagte Gitta Kunzi (SPD). Ideen der jungen Leute aus den bisherigen Beteiligungsprojekten wie „Pimp your town“ seien ja bislang leider nicht umgesetzt worden, „dann werden Jugendliche mutlos“, kritisierte Kunzi. Das könne durch ein Jugendparlament verbessert werden, denn bei einem stetigen Parlament könnten Themen immer wieder aufgegriffen werden, sagten Stadtjugendpfleger Henrik Probst und IGS-Lehrer Florian Fechner. Bis sie schließlich umgesetzt sind.

Die Planungen sehen vor, dass nach der erarbeiteten Satzung im Frühjahr 2021 eine Wahl für das erste Einbecker Jugendparlament stattfinden kann. Zur Wahl können sich dann alle interessierten Kinder und Jugendlichen im Alter zwischen 10 und 17 Jahren stellen, die entweder ihren ersten Wohnsitz in Einbeck haben oder die eine weiterführende Schule in Einbeck besuchen. Die Kandidaten können sich per E-Mail mit einem kurzen Wahlprogramm bewerben, welches auf der Internetseite des Jugendparlaments vorgestellt wird. Die zwölf Kandidaten mit den meisten Stimmen werden zu Abgeordneten des Jugendparlaments, der Kandidat oder die Kandidatin mit den meisten Stimmen zum Jugendbürgermeister ernannt. Die Wahl soll auf der Online-Plattform des Jugendparlaments stattfinden.

CDU interessiert sich für Sport in schwierigen Zeiten

Die Voraussetzungen sind gut und in den vergangenen Jahren in vielen Stunden eigener Leistung aufgebaut worden. Das Vereinsheim des Einbecker Sportvereins (ESV) mit seinen Räumen ist ein Ort des Sports, erfuhren und sahen Mitglieder der Einbecker CDU bei einem coronabedingt kurzen Rundgang mit Abstand und Maske. Und doch kann er zurzeit nur eingeschränkt genutzt werden. Über aktuelle Probleme in der Corona-Pandemie und die Vernetzung zwischen Sport und Kommunalpolitik sprachen die Christdemokraten mit dem Vorstand des ESV.

Mitglieder der Einbecker CDU haben den Einbecker Sportverein (ESV) besucht.

Noch ist Sommer, und mehrere Sportgruppen des ESV können sich im Freien treffen, entweder auf dem Sportplatz oder auf der Wiese hinter dem Vereinsheim. Denn Sporthallen oder auch einige Räume des ESV-Gebäudes sind in Corona-Zeiten zu eng für sportliche Aktivität von Gruppen mit Abstandsregeln. Die Jahreshauptversammlung des ESV konnte in diesem Jahr ebenso wenig bislang stattfinden wie die Helferparty, berichtete Co-Vorsitzender Jürgen Herbst. Für das gezeigte Verständnis der Mitglieder sei man sehr dankbar. Wie es im Herbst/Winter mit dem sportlichen Vereinsleben weitergehen könne unter den Bedingungen der Corona-Pandemie, sei noch mit viel Ungewissheit behaftet. Nach den Sommerferien sollen erste Gruppenaktivitäten wieder stattfinden. Bislang habe nur ein Mitglied von insgesamt mehr als 1200 Mitgliedern seinen Beitrag zurück verlangt – was vereinsrechtlich nicht möglich ist.

Die Räume sahen sich die CDU-Mitglieder bei ihrem kurzen Rundgang mit Maske und Abstand an. Das Gespräch der großen Gruppe fand dann aus Platzgründen drinnen und draußen bei geöffneten Fenstern statt. Heidrun Hoffmann-Taufall dankte für die CDU dem Einbecker Sportverein für seinen Beitrag für eine sportliche Stadt Einbeck. Investition in Gesundheit mache sich auch volkswirtschaftlich bemerkbar. Außerdem leiste der ESV einen wichtigen Beitrag bei der Sozialisation und Integration vor allem von Kindern und Jugendlichen. Immer mehr Kinder bewegten sich leider viel zu wenig.

ESV-Co-Vorsitzender Wulf Mißling dankte für den Besuch der CDU, man habe neue Ansprechpartner in der Politik gefunden, eine Vernetzung sei immer wichtig und politische Kontaktpflege zum Wohle aller. Antje Sölter (CDU) betonte, jedes Ratsmitglied sei für Belange des Sports gerne jederzeit ansprechbar. Die CDU habe außerdem den Fachausschuss-Vorsitz für Sport im Stadtrat inne.

Das 360 Quadratmeter große ESV-Vereinsheim ist ein ehemaliger städtischer Kindergarten am Lönsweg, den der Sportverein in den vergangenen Jahrzehnten in drei Bauphasen zur heutigen Qualität aus- und umgebaut hat. Mehrere Tausend Stunden Eigenleistung von Vereinsmitgliedern stecken in dem Gebäude, das Geschäftsstelle und Sportstätte gleichzeitig ist. Vor vier Jahren konnte der ESV auch das Erbbau-Grundstück von der Stadt Einbeck übernehmen, berichtete Co-Vorsitzender Wulf Mißling. Der ESV ist 2006 durch eine Fusion der Vereine SV Eintracht und TC Einbeck entstanden, hat zurzeit 13 Abteilungen und 1255 Mitglieder.

Rundgang mit Maske und Abstand durch das Sportheim des ESV.

Politische Unterstützung für Salinen-Ersatzbau

Die Kommunalpolitik hat ihre Unterstützung für einen Ersatzbau des bei einem Feuer komplett zerstörten Salinenturms in Salzderhelden signalisiert. Einstimmig hat der Kulturausschuss heute in einem Dringlichkeitsantrag beschlossen, die Verwaltung mit entsprechenden Weichenstellungen zu beauftragen, mit dem Kultur-Förderkreis zusammenzuarbeiten, Fördermittel zu suchen und das Thema wieder im Ausschuss auf die Tagesordnung zu setzen, sobald politische Entscheidungen zu treffen sind. „Wir würden den Akteuren Mut machen“, hatte Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) den Antrag ihrer Fraktion begründet.

Wie Baudirektor Joachim Mertens nach einem Ortstermin mit der Versicherung berichtete, ist die Brandruine weiterhin polizeilich beschlagnahmt und werde nach Freigabe auch für weitere Untersuchungen der Versicherung zunächst abgesperrt bleiben. Das Denkmal Salinenturm ist laut Mertens vollständig vernichtet. Die Versicherung habe heute angekündigt, den Zeitwert zu ersetzen. Dieser werde nun von zwei Sachverständigen ermittelt, mit einem Ergebnis sei in etwa vier Wochen zu rechnen. Das Gelände der Saline gehört der Stadt Einbeck und ist an den Kultur-Förderkreis Salzderhelden verpachtet.

Der Kultur-Förderkreis sei noch immer sprachlos über das Schicksal des Salinenturms, dessen aus dem Jahr 1884 stammende Technik erst 2011 wieder gangbar gemacht worden sei, sagte Vorsitzender Karl-Heinz Wessel im Kulturausschuss. „Unsere viele Arbeit und ein Wahrzeichen sind nicht mehr da.“ Der Kultur-Förderkreis hoffe auf die Brandversicherung, um mit dieser Hilfe ein neues Gebäude für die alte, nicht vernichtete Technik errichten zu können. „Wir engagieren uns weiter“, machte Wessel deutlich. Ein Spendenkonto werde außerdem eingerichtet.

„Salzderhelden hält zusammen“, sagte Kulturausschussmitglied und Ortsbürgermeister Dirk Heitmüller (SPD), der auch Bürgermeisterkandidat seiner Partei ist. Er freue sich, dass die CDU das Thema für sich entdeckt habe. Der Ortsrat sei bereits ebenfalls vor Ort gewesen und aktiv. Die CDU hatte bereits am Mittwoch Abend in einer Pressemitteilung eine politische Initiative zu dem Thema Salinenturm-Neubau „im Konsens mit den anderen Fraktionen und Parteien“ angekündigt und inklusive Foto mitgeteilt, dass man sich vor Ort ein Bild vom Ausmaß des Schadens gemacht habe. In Sachen Fördermittel-Einwerbung habe man bereits Kontakt zur Bürgermeisterin und zum Bundestagsabgeordneten Dr. Roy Kühne (CDU) aufgenommen, heißt es in der Presseinfo.

Mitglieder der CDU und der Ratsfraktion an der Brandruine des Salinenturms in Salzderhelden. Foto: CDU Einbeck
Die Brandruine des Salinenturms in Salzderhelden, aufgenommen am 5. Juli.

Politik in der Musikkneipe

Morgens schon in die Kneipe? Die Besucher wollten sich im „Backpackers Inn“ in der Tiedexer Straße nicht zu ungewöhnlicher Uhrzeit vergnügen. Der hiesige CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne (Northeim) interessierte sich gemeinsam mit Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek (CDU) und Mitgliedern der Einbecker CDU für die Probleme, die eine Musikkneipe in der aktuellen Corona-Pandemie hat, und bot seine Unterstützung bei Problemlösungen an.

MdB Dr. Roy Kühne (links) mit Gastwirt Daniel Meyer im „Backpackers Inn“.

Daniel Meyer, Wirt des „Backpackers Inn“, schilderte die vergangenen Monate seit dem „Shutdown“ am 15. März. Seit sechs Jahren betreibt er die Musikkneipe mit Live-Auftritt-Möglichkeiten und Biergarten hinterm Haus. Rund 140 Konzerte habe es in den vergangenen Jahren gegeben, zunächst mit lokalen, mittlerweile auch mit internationalen Musikern vor allem aus der Singer-Songwriter-Szene.

„Und dann kam Corona“, sagt Meyer. Von jetzt auf gleich hatten seine gut zehn Mitarbeiter keinen Job mehr, fehlten ihm und seiner Familie die Einnahmen zum Leben. Soforthilfe hat er erhalten, aber erst nach eigenem hartnäckigen Nachfragen. „Ich kann nicht sagen, dass das flott ging.“ MdB Dr. Roy Kühne kennt sowas schon, vielen habe er in den vergangenen Wochen bei Schwierigkeiten mit den Anträgen für die Soforthilfe helfen können, erzählt er. „Das sehe ich als meinen Job an“, sagt der CDU-Politiker. Er appellierte gemeinsam mit Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek an Hilfesuchende, sich bei Fragen an ihn oder die Wirtschaftsförderung der Stadt zu wenden. Die wüssten dann schon, wer konkret zuständig ist und könnten helfen und koordinieren.

Weil Daniel Meyer mit seinem „Backpackers Inn“ viele Freunde hat, die ihn in schweren Zeiten unterstützen wollen, initiierten diese im guten Glauben eine Crowdfunding-Kampagne im Internet. Doch die Auszahlung kam zum ungünstigen Zeitpunkt und torpedierte gewissermaßen seine weiteren Förderanträge. Kühne sagte zu, prüfen zu lassen, ob solche Spenden-Einnahmen als klassische Einnahmen gelten könnten.

Daniel Meyer, der das „Backpackers Inn“ in der Tiedexer Straße inzwischen mit den üblichen Auflagen und Regelungen wieder geöffnet hat, bleibt optimistisch und denkt positiv. „Abgerechnet wird am Jahresende.“ Gut 25 Prozent der Einnahmen jedoch werden fehlen, glaubt er. Er hat in den vergangenen Monaten zwischenzeitlich als Waldarbeiter gearbeitet, „ein Knochenjob“, berichtet der gelernte Elektrotechniker. „Hat mir aber körperlich gut getan“, schmunzelt er.

Nach den Absagen von Eulenfest, Clubnacht, von fünf Konzerten und drei Geburtstagsfeiern in der Musikkneipe, keinem Klassentreffen und der nicht stattfindenden Fußball-EM setzt Daniel Meyer auf die Einbecker Musicnight, die er bereits vor Corona als Organisator von Einbeck Marketing übernommen hatte. Ob sie am 5. September wirklich stattfinden kann, ist noch nicht klar. Wenn dann nur so, dass die Musik vor den Kneipen spiele. Dafür sollte er beim Gesundheitsamt ein Hygienekonzept einreichen, ermuntert Kühne Meyer. Die Bürgermeisterin will im Rathaus prüfen lassen, ob die Parkplätze vor der Musikkneipe in der Tiedexer Straße an diesem Tag gesperrt werden könnten.

Auch wenn mit Maske und Abstand noch kein richtiges Kneipenflair aufkomme, wichtig sei, dass Jugendliche jetzt nach der Corona-Pause wieder ihren Treffpunkt von Gleichaltrigen hätten, freute sich Heidrun Hoffmann-Taufall, stellvertretende CDU-Vorsitzende, bei dem Besuch.

Mehr als nur Kneipe: Das „Backpackers Inn“ ist Treffpunkt von Jugendlichen, Ort von Konzerten und Kultur, erfuhren (v.l.) Frederic Otto, Heidrun Hoffmann-Taufall, Dr. Sabine Michalek, Dr. Roy Kühne und Michael Heraeus von Betreiber Daniel Meyer.

Kitas und Krippen: „Aktionsplan“ erst im Herbst, möglicherweise

Prognosen sind schwierig – besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. Das wissen Schulpolitiker längst. Schulbedarfsplan, Einzügigkeit, Schülerzahlen und Schulschließung sind die elektrisierenden Stichworte. Jetzt können auch diejenigen Ratsmitglieder von Prognosen ein Lied singen, die sich um Kita- und Krippenplätze in Einbeck kümmern müssen: Auf der Tagesordnung des zuständigen Fachausschusses für Jugend, Familie und Soziales stand in dieser Woche ein „Aktionsplan“, den die Sozialdemokraten für bedarfsgerechte Krippenplätze gefordert hatten. Doch weil offenbar das Ganze doch nicht so heiß gegessen werden muss, wie es einige gekocht haben, hat der Ausschuss einstimmig mehrheitlich auf Anregung von Gitta Kunzi (SPD) den „Aktionsplan“ verschoben – auf eine weitere Beratung in der September-Sitzung des Fachausschusses. Denn erst nach dem 1. August (dem Start des Kita-Jahres) liegen verlässlichere Zahlen für die Entwicklungen bei Krippen- und Kita-Plätzen vor. Die Verwaltung hatte bereits in ihrer Vorlage für die Sitzung keine Notwendigkeit für einen „Aktionsplan“ gesehen, es gebe faktisch und absehbar genügend Plätze, zumal das Ganze ja ein „dynamischer Prozess“ sei, sagte Sachgebietsleiter Jörg Mönnig. Theoretisch bestehe zwar eine Diskrepanz zwischen Kinderzahlen und belegbaren Plätzen, die Erfahrung und Praxis zeige jedoch, dass das System volatil sei – besonders bei Krippen, für deren Plätze sehr viele Faktoren berücksichtigt werden müssen. Nicht jedes Kind besuche die Krippe für den kompletten möglichen Zeitraum vom 1. bis 3. Lebensjahr. Und Eltern würden durchaus anrufen und ihre bereits zugesagten Krippenplätze dann doch wieder absagen, berichtete Kita-Leiterin Maureen Knaak. Das Kita-Online-Portal habe bei den Kindergarten-Plätzen für Kinder ab 3 Jahren zu einer entspannten Situation geführt, der Bedarf könne gedeckt werden. Bei den Krippenplätzen sei das ein bisschen anders, aber auch hier habe man den Eltern bislang Lösungen anbieten können. Begrenzt könnten ja auch Kinder bis 3 Jahre in Kita-Gruppen betreut werden. Bis zur nächsten Sitzung sollen über den dafür zuständigen Landkreis auch die Zahlen für die Kindertagespflege/Tagesmütter ermittelt werden. Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) warnte davor, rein rechnerisch vielleicht notwendige Plätze teuer vorzuhalten, die in Zeiten leider rückläufiger Geburtenzahlen dann doch nicht benötigt würden. Martin Grund (SPD) sagte, in einer sich familienfreundlich nennenden Stadt dürfe die Betreuung nicht eines einzigen Kindes auf der Strecke bleiben. Eine Kindertagespflege sei außerdem keine Alternative zu einem Krippenplatz.

Aktualisiert 15.02.2020: In einer ersten Version war fälschlicherweise davon die Rede, dass der Aussschuss einstimmig gewesen sei. Das ist nicht richtig. Ausschuss-Vorsitzender René Kopka (SPD) hat gegen die Verschiebung (und damit auch gegen seine eigene Fraktion) abgestimmt.

Kreis-CDU wählt erstmals Vorsitzende

89 Delegierte kamen zum CDU-Kreisparteitag in Langenholtensen zusammen.

Die Christdemokraten im Landkreis Northeim sind auch schon mal in ruhigeren Gewässern gesegelt. Wer den bereits mehrfach verschobenen Kreisparteitag in Langenholtensen erlebt hat, konnte dafür einige Indizien sammeln: Ein Vorstand, der gleich für zwei Jahre entlastet werden soll und das zwar schafft, dabei jedoch vier Nein-Stimmen und 15 Enthaltungen von den 89 Delegierten einsammelt. Der Rücktritt einer Schatzmeisterin im laufenden Geschäftsjahr. Ein Finanzbericht, der im deutlichen Defizit abschließt und der in einem Jahr vier Mal niederigere Einnahmen durch Mitgliedsbeiträge ausweist als im Vorjahr, obwohl es keine so dramatischen Mitgliederbewegungen gegeben haben soll. Der Bericht des einzig verbliebenen Kassenprüfers, der zwar Entlastung vorschlug, sich aber mehr Struktur in den Finanzen wünschte. Ein gekürzter Organisationszuschuss des Landesverbandes. Eine Geschäftsstelle, die seit Monaten keine Geschäftsführung hat, und in der sich der Vorstand zuletzt vor allem mit Bürokratie herumgeschlagen hat. Erste Gegenmaßnahmen sind mittlerweile auf CDU-Bezirksebene beschlossen, die einige bürokratische Dinge zentralisieren und damit die Kreisverbände entlasten will.

Und in dieser schweren See übernimmt erstmals eine Kapitänin das Steuer: Kerstin Lorentsen ist neue Vorsitzende der CDU im Landkreis Northeim. Die Langenholtensenerin konnte sich beim Kreisparteitag deutlich mit 51 Stimmen gegen ihre Mitbewerberin Heidrun Hoffmann-Taufall durchsetzen. Die Einbeckerin erhielt von den Delegierten 29 Stimmen. Die CDU-Delegierten entschieden sich für diejenige, die Organisationstalent und strukturiertes, erfolgreiches Arbeiten als ihre Eigenschaften nannte, und gegen diejenige, die sich als erfahrene Konfliktberaterin vorstellte. Wobei diese Profession durchaus auch im neuen CDU-Vorstand zum Einsatz kommen kann, denn Hoffmann-Taufall wurde eine Stellvertreterin von Lorentsen.

Kerstin Lorentsen folgt auf Dr. Roy Kühne, der nach sechs Jahren nicht wieder angetreten war. Die Doppelbelastung als Abgeordneter in Berlin sei zu groß, der Spagat nicht mehr zu schaffen, sagte der Northeimer.

Wechsel an der CDU-Spitze im Landkreis Northeim: Kerstin Lorentsen folgt Dr. Roy Kühne.

Lorentsen wünscht sich ein neues Wir-Gefühl und eine offene, lösungsorientierte Diskussionskultur sowie ein stärkeres Miteinander im Kreisverband, appellierte die bisherige Stellvertreterin an ihre Parteifreunde: „Lasst es uns wagen, lasst uns mutig sein.“

Der bisherige Kreisvorsitzende, der Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne, hatte in seinem letzten Rechenschaftsbericht eine bessere Debattenkultur innerhalb der CDU angemahnt. Es dürfe kein „die da oben“ geben. Die Meinung solle man sich „ins Gesicht sagen“ können. Der nicht mehr antretende Pressesprecher Helmar Breuker (Einbeck) hat davon gesprochen, ohne Namen zu nennen, dass im Vorstand mehr Verantwortungsbewusstsein gefordert sei. Wer ein Amt habe, solle diese Aufgabe dann auch erfüllen.

Neue stellvertretende Vorsitzende des CDU-Kreisverbandes Northeim sind David Artschwager (Bad Gandersheim), Torsten Bauer (Uslar) und Heidrun Hoffmann-Taufall (Einbeck). Zum neuen Schatzmeister haben die Delegierten Christian Dörries (Einbeck) gewählt, der das Amt bisher schon kommissarisch wahrgenommen hatte. Neue Schriftführerin ist Verena von Pape (Hardegsen), neuer Pressesprecher Lucas Mennecke (Altes Amt).

Wird eine Einbeckerin neue CDU-Kreisvorsitzende?

Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU).
Archivfoto

Wird eine Einbeckerin neue CDU-Kreisvorsitzende? Das entscheiden die Christdemokraten bei einem Kreisparteitag am Montag, 4. November, ab 19.30 Uhr im Dorfgemeinschaftshaus der Northeimer Ortschaft Langenholtensen. Wie der CDU-Kreisverband heute offiziell mitteilte, stellen sich bei den Vorstandswahlen Heidrun Hoffmann-Taufall aus Einbeck und Kerstin Lorentsen aus Northeim zur Wahl. Der bisherige CDU-Kreisvorsitzende, Dr. Roy Kühne MdB, tritt nicht wieder an, seit 2013 war der Bundestagsabgeordnete CDU-Chef im Landkreis. Mit der Mitteilung beenden die Christdemokraten auch offziell alle Spekulationen, die seit Monaten ins Kraut geschossen waren. Ursprünglich sollte auch schon Ende August gewählt werden, der Parteitag wurde verschoben.

Während Kerstin Lorentsen schon heute stellvertretende Kreisvorsitzende ist, hat Heidrun Hoffmann-Taufall bislang noch keine Ämter auf Kreisebene. Sie ist stellvertretende CDU-Vorsitzende in Einbeck und Vorsitzende der Frauen-Union in Einbeck/Dassel. Beide Kandidatinnen sind außerdem Ratsfrauen in ihren jeweiligen Heimatorten. Ob es weitere Kandidaten für den Vorsitz am 4. November geben wird, bleibt abzuwarten. Wer seine Unterstützer für den Wahlgang besser mobilisieren kann ebenfalls. Für Lorentsen ist die Wahl in ihrem Heimatdorf Langenholtensen jedenfalls ein Heimspiel.

Waisenhaus-Sanierung abgeschlossen

Seltenes Leiterfachwerk: die Fassade des sanierten ehemaligen Waisenhauses in der Baustraße nach den zwei Jahre dauernden Bauarbeiten.

Nach zwei Jahren Bauzeit ist die Sanierung des ehemaligen Waisenhauses in der Baustraße in Einbeck abgeschlossen. Lediglich wenige Restarbeiten sind noch zu erledigen, bis die ersten Mieter voraussichtlich zum Jahresende einziehen können. Und der Stadtrat muss nächsten Mittwoch in nicht-öffentlicher Sitzung zunächst noch die Mietpreis-Höhe festlegen. Das 1712 erbaute Haus mit dem in Einbeck einzigartigen Leiterfachwerk gehört den Einbecker Hospitalstiftungen, die ihre Objekte (insgesamt 130 Wohnungen, 150 Garagen) lediglich an Bedürftige vermieten darf, weil sie laut Satzung mildtätigen und gemeinnützigen Zwecken verpflichtet ist, wie Kämmerin Brigitte Hankel sagte, in deren Fachbereich die ursprünglich aus dem Mittelalter stammenden Stiftungen fallen. Die Aufgabe werde jetzt sein, neben der nachzuweisenden Bedürftigkeit Mieter zu gewinnen, die das Wohnen hier schätzen, sagte EWG-Geschäftsführerin Birgit Rosenbauer. Die Einbecker Wohnungsbaugesellschaft soll wie bei den anderen Hospitalstiftungen-Objekten die Verwaltung übernehmen. Abzuwarten bleibt auch noch, ob die CDU mit ihrem jüngst vorgelegten Antrag noch vor einer ersten Vermietung durchdringen wird, nach dem im einstigen Waisenhaus generationenübergreifendes Wohnen und eine Alten-WG entstehen soll. Auch darüber diskutiert der Stadtrat am Mittwoch bzw. dann in einer der nächsten Fachausschusssitzungen.

Denkmalpflegerin Krimhild Fricke zeigte den Politikern, was unter der Giebelfassade zum Vorschein kam (und dort aus Witterungsgründen wieder versteckt worden ist).

Am Ende dürfte die Sanierung rund 1,6 Millionen Euro gekostet haben, 53 Prozent davon werden über den Städtebaulichen Denkmalschutz im Programm der Städebauförderung finanziert. „Ein Glücksfall.“ – Ursprünglich war knapp eine Million Euro kalkuliert worden, ursprünglich war allerdings auch befürchtet worden, die Sanierung werde doppelt so teuer, was sich jetzt doch nicht ganz ergeben habe, berichtete Projektleiter Gunnar Groneweg bei einem Ortstermin den Kommunalpolitikern. Die Kostensteigerung war vor allem entstanden, weil Pilzbefall und der braune Kellerschwamm eine ausführlichere Sanierung notwendig machten. Auch 28 Deckenbalken des Fachwerks mussten auf einer Länge von 1,50 Meter ins Gebäude erneuert und mit den verbleibenden verblattet werden, um die Statik wieder herzustellen. Die von der Restauratorin Anja Stadler gesicherten Befunde an der Giebelseite sind aus Witterungsgründen auch wieder hinter einem Behang verschwunden, ihre Farbbefunde waren für die neue Farbgebung ausschlaggebend. Die 2013 begonnene Diskussion über eine Sanierung des ehemaligen Waisenhauses ende nun mit einem Denkmal mit Strahlkraft in die Umgebung, hieß es.

Ein Laubengang wurde vor die Nordseite gestellt, er erschließt die oberen Wohnungen.

Entstanden sind sechs zwischen 42 und 92 Quadratmeter große Wohnungen auf einer Gesamtfläche von rund 462 Quadratmetern. Die Wohnungen im oberen Geschoss werden über einen vorgesetzten Laubengang erschlossen. Die unteren Wohnungen sind barrierearm. Entfernt worden sind die Dachgauben, das Dachgeschoss wird nicht genutzt, ebenso wenig der Gewölbekeller. Zu jeder Wohnung gehört auf dem Hof ein Abstellraum. Für Erstaunen sorgte die vor allem von Grünen-Politikern vorgebrachte Nachfrage, warum keine Auto-Stellplätze vorgesehen worden seien. Man müsse in der historischen Stadt der Zukunft Mobilität ganz neu denken, sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek.

Auf dem Laubengang können die Bewohner vor ihren Wohnungen auf der Hofseite wie auf einem großen Balkon sitzen.

Nachtrag 05.09.2019: Der Ausschuss für Jugend, Familie und Soziales wird sich in einer seiner nächsten Sitzungen nach dem Votum des Stadtrates mit dem CDU-Antrag „Selbstbestimmt leben – alternative Wohn- und Lebensformen ermöglichen“ beschäftigen. Die Zahl der Menschen, die im Alter auf Unterstützung und Hilfe angewiesen seien (und damit sei nicht Pflege gemeint), steige weiter an, begründete Ratsmitglied Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) den Antrag. Es gehe um geteilte Verantwortung auf Augenhöhe in einem Quartier. Im restaurierten Waisenhaus biete sich eine gute Chance, eine Alters-WG als alternative Wohnform zu etablieren, aber auch das benachbarte Haus Nummer 21 in der Baustraße, das saniert werde, sei möglicherweise passend. Offen blieb, warum für die zweifellos Zeit in Anspruch nehmende Diskussion über ein Projekt einer Alters-WG nicht die zwei Jahre währende Sanierungsphase des Waisenhauses schon genutzt wurde. Wenn die Wohnungen erst wieder alle vermietet sind, wird es schwerer zu argumentieren sein.

Weinberg-Wachstum wird Wirklichkeit

Das erweiterte Baugebiet am Weinberg in Einbeck. Archivfoto

Im August soll die Erschließung des erweiterten Baugebiets am Weinberg beginnen. Der Stadtrat hat mit seinem jüngsten Beschluss den Weg endgültig frei gemacht für „Weinberg II“, für weitere 16 Baugrundstücke am nordöstliche Stadtrand unweit des Altendorfer Berges. Die politischen Diskussionen der vergangenen Monate hat der Rat nicht mehr wiederholt, sondern ohne Debatte einstimmig grünes Licht gegeben. Das Baugebiet auf historischem Grund wird durch den Erschließungsträger Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) nun entwickelt und vermarktet. Geplant ist, dass ab September die Vermarktungsunterlagen verschickt werden, sagte Bauamtsleiter Joachim Mertens auf Nachfrage von Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU). 49 Interessenten hätten sich eintragen lassen. Wie viele davon jetzt tatsächlich bauwillig sind, bleibt abzuwarten. Die Grundsatzfrage bleibt in der politischen Diskussion: Was ist notwendig für eine verträgliche Stadtentwicklung? Wie viele Baugebiete verträgt die Innenstadt?

Was will uns die CDU damit sagen?

Wahrscheinlich werden das die Parteigranden als Vielfalt einer Volkspartei verkaufen. Einen Eindruck vom aktuellen Zustand der CDU im Kreis Northeim konnten aufmerksame Beobachter nach dem Bundesparteitag und der Wahl einer neuen Vorsitzenden beobachten: Für ein gemeinsames Pressefoto aller in Hamburg präsenten hiesigen CDU-Mitglieder zum Beispiel hat es nicht gereicht. Geschlossenheit sieht anders aus. Der Kreisverband-Pressesprecher schreibt in seiner dürren Mitteilung (PM CDU Bundesparteitag 18-12-12) gar von „rund 10 Personen“, mit denen die Northeimer Kreis-CDU in der Hansestadt vor Ort gewesen sei. Was soll das sein, „rund zehn“? Waren es 8 oder 11? Kennt er keine Namen? Oder weiß die eigene Parteiorganisation am Ende gar nicht, wer alles von den eigenen Leuten in Hamburg war, ob als Gast oder Delegierter? Wie dicht einige am Puls der Partei zu sein scheinen, zeigt auch die Tatsache, dass der Pressesprecher den Namen der eigenen Delegierten nicht korrekt schreiben kann (die Frau heißt Junna Grünewald, nicht Grunwald). Die ist übrigens Schatzmeisterin im Kreisverband, also niemand Unbekanntes in den eigenen Reihen, sollte man meinen. Aus Hamburg machte stattdessen lieber offenbar jeder CDUler seine eigene Pressearbeit.

Vom Kreisvorsitzenden Dr. Roy Kühne MdB ist in der offiziellen Pressemitteilung keine Bewertung des Parteitages zu lesen. Bis heute weiß man auch nicht wirklich, wem er bei der (zugegeben geheimen) Wahl seine Stimme gegeben hat, kann es allenfalls ahnen und vermuten, auch vor der Wahl hatte er sich nicht für einen Kandidaten oder eine Kandidatin ausgesprochen, das (nicht offiziell publizierte) Votum eines so genannten Kandidatenfrühstücks war unverbindlich. Nicht festlegen, heißt offenbar die Devise. In seinem aktuellen Newsletter als Bundestagsabgeordneter muss man auch zwischen den Zeilen lesen. „Auf einem spannenden Parteitag wurde Annegret Kramp-Karrenbauer als neue Vorsitzende gewählt“, heißt es dort. Nach einem Dank an Angela Merkel für 18 Jahre an der Parteispitze schreibt MdB und Kreisvorsitzender Kühne weiter: „Gleichzeitig bin ich auf die weitere Entwicklung gespannt. Wir haben nun die Verantwortung, die CDU auf einen gemeinsamen Weg zu führen.“ Auf Facebook schreibt Dr. Roy Kühne, der Sieg sei für AKK „ein Paket voller Verantwortung. Verantwortung, genau diejenigen abzuholen, welche sie als ‚Mini-Merkel‘ bezeichnet haben – das Gegenteil zu beweisen, Verantwortung, genau die Wege gemeinschaftlich zu suchen, welche die CDU wieder an die Menschen heranbringt und dann den Mut, diese Wege auch zu gehen und nicht schon bei den ersten Kritikern einzuknicken.“ Ein gemeinsames Foto mit der neuen Parteivorsitzenden vom Parteitag gibt es von Kühne nicht. Das schafft der Kreis-Schriftführer David Artschwager. Und auch Ex-MdL Joachim Stünkel (Dassel) ergattert ein selfie-artiges Foto mit AKK, das er auf Facebook postet.

Die Vorsitzende der Frauen-Union der CDU, Heidrun Hoffmann-Taufall, gelingt wenigstens ein Foto mit dem neuen Generalsekretär und Ex-Junge-Union-Vorsitzenden Paul Ziemiak. „Die Ähnlichkeit der Parteichefin mit der Kanzlerin liegt nicht maßgeblich im Inhaltlichen – sie liegt in der Haltung anderen Menschen gegenüber und dem sich daraus ergebenden Politikstils,“ kommentiert Heidrun Hoffmann-Taufall (PM Bundesparteitag 2018 Frauen Union 18-12-10). Bei der Zuhör-Tour als Erkundungsreise der Parteibasis habe AKK bewiesen, dass sich Politik nicht auf die Bühnen beschränken könne. Hoffmann-Taufall anerkennend: „Den Menschen zugewandt, mit Interesse das aufgreifend, was den Bürger bewegt, das macht den Politikstil aus, den AKK weiterführt und intensiviert. Inhaltlich womöglich weit auseinander zu liegen ist für sie kein Grund, den Anderen abzuwerten.“ Die Vorsitzende der Frauen-Union wünscht sich, „dass ein neuer Stil des wertschätzenden Umgangs Einzug hält“.

Delegierte Junna Grünewald, Tilman Kuban (Barsinghausen), Spitzenkandidat für die Europawahl, Frauen-Union-Vorsitzende Heidrun Hoffmann-Taufall mit dem neuen Generalsekretär der CDU, Paul Ziemiak (v.l.).

Lücken, Leerstände und Lamentieren

Karte der Baulücken (lila), Leerstände (rot) und Teilleerstände (schraffiert) in der Kernstadt Einbeck. Abbildung (Auschnitt) aus dem Klimaschutz-Teilkonzept Stadt Einbeck/StadtLand GmbH Leipzig

Neue Bauplätze und Wohnungen darf es nicht nur in der Kernstadt geben, sondern auch in den Ortschaften. Bei der Entstehung des Konzepts wären viele gerne eingebunden worden, die Dörfer dürfe man nicht vergessen, lautet das Lamento. Wer denkt, dass mit diesen zwei Sätzen die aktuelle Debatte über das klimagerechte Flächenmanagement in Einbeck beschrieben werden soll, liegt falsch. Denn das Wehklagen stammt gar nicht aus der Einbecker Politik. Es konnte jeder nahezu zeitgleich in Northeim lesen, wo gerade ein Wohnraumkonzept vorgelegt wurde. Und dort ging es um neue Bauplätze möglichst auch in den Dörfern, auch dort bemängelten einige, nicht rechtzeitig zu Arbeitstreffen eingeladen und bei der Erstellung des Papiers beteiligt worden zu sein. Alles wie in Einbeck, möchte man meinen, wo der Stadtrat am Mittwoch nach längerer Debatte am Ende einstimmig ein Klimaschutz-Teilkonzept mit einer Leerstands- und Baulückenerhebung beschlossen und zur Kenntnis genommen hat. Nachdem der Beschlusstext reichlich weichgespült worden war und am Ende imgrunde ein Kompromiss sein musste, den alle wenigstens tolerieren können: Abweichungen sind möglich, eine Eigenentwicklung der Ortschaften soll nicht verhindert werden.

Worum geht es? Bei der Klimaschutzinitiative des Bundes hatte die Stadt Einbeck einen 70-Prozent-Zuschuss (rund 22.000 Euro) für ein Klimaschutz-Teilkonzept für ein klimagerechtes Flächenmanagement erhalten. Das Planungsbüro StadtLand aus Leipzig hat unter anderem als Grundlage für seine Handlungsempfehlungen, wie mit Flächen in Zukunft nachhaltig umgegangen werden sollte, eine Gesamtdarstellung über Leerstände und Lücken vorgelegt. Diese Zahlen stammen aus Dezember 2017: 220 Leerstände (Kernstadt 75, Ortschaften 145) und 388 Baulücken (Kernstadt 71, Ortschaften 317) zeigen laut Gutachter ein signifikantes Strukturproblem für die Entwicklung der Stadt Einbeck auf.

Die Bürgermeisterin warnte davor, das Konzept ausschließlich als Baulückenkataster zu sehen, das sei es gerade nicht. „Es ist ein atmendes Dokument“, sagte Dr. Sabine Michalek. Eine Momentaufnahme. Ein Konzept, mit dem die Stadt eine Diskussion anstoßen und in Bewegung halten wolle. Die Dörfer sollen auch gerade nicht damit abgehängt werden, aber man müsse sich in Zukunft schon Gedanken machen, ob man weiterhin zu viel Flächen versiegeln dürfe, ob nicht viel besser für manche Infrastruktur-Einrichtungen so genannte Cluster gebildet werden müssten. „Manches wird in Zukunft nicht mehr gehen“, wandte Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) ein, die Infrastruktur müsse von weniger Menschen bezahlt werden.

Im Stadtrat warfen sich vor allem Vertreter aus den Ortschaften ins Zeug und dem Konzept mit seiner Leerstand- und Baulücken-Karten Fehler vor. Die auch dadurch entstanden seien, dass die Autoren nach vorhandenen oder fehlenden Gardinen und Klingelschildern geschaut und daraus ihre Schlüsse gezogen hätten. Und weil die Ortsräte nicht eingebunden worden seien – ein Vorwurf, den die Bürgermeisterin dementierte, die Ortschaften seien zu den Workshops eingeladen gewesen. Die Ortsbürgermeister hätten sich jederzeit einbringen können, sagte auch Antje Sölter (CDU) aus Vardeilsen. In Salzderhelden sieht man das anders, Ortsbürgermeister Dirk Heitmüller (SPD) zoffte sich nicht nur mit der Bürgermeisterin, sein Ortsrat hatte auch das Thema in seiner jüngsten Sitzung selbst an sich gezogen und einstimmig eine Eingabe beschlossen, dass die Zahlen und Daten für den Flecken fehlerhaft seien. Ein leeres Grundstück sei nicht automatisch ein Bauplatz, es seien auch Baulücken aufgenommen, die nicht bebaut werden können, sagte beispielsweise Martin Grund (SPD) für Rittierode. Die Formulierung im Beschluss, dass die Eigenentwicklung der Ortschaften nicht verhindert werden dürfe, sei wichtig, betonte Frank-Dieter Pfefferkorn (Bürgerliste) aus Greene. Den Ortschaften würden die Möglichkeiten genommen, die die Kernstadt mit neuen Baugebieten habe, kritisierte Detlef Martin (SPD) aus Dassensen eine vermeintliche Ungleichbehandlung.

CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht, der immerhin auch in einer Ortschaft lebt, warnte davor, das Konzept nicht einfach in die Mülltonne zu werfen, das wäre Verschwendung von Steuergeld, es müsse selbstverständlich fortgeschrieben werden und sei nicht statisch, aber eine Arbeitsgrundlage. SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki, der während der Ausschussdiskussion über das Konzept dieses schon mal als „gefährliches Papier“ bezeichnet hatte, weil vermeintlich leer stehende Häuser zu identifizieren seien, wähnte in dem Leerstandskataster eine Vorstufe zu einer geplanten Grundsteuer C für nicht bebaute Grundstücke. Mit dem Konzept lege sich der Stadtrat eine Selbstbeschränkung auf, weil jeder neue Bebauungsplan gegen das Konzept argumentieren müsse, kritisierte er. Am Schluss jedoch stimmte auch Hojnatzki dem Kompromiss zu.

Am Ende sind wir wieder beim beliebten Donut. Und bei der Diskussion über die Frage, wie und wo in Zukunft Wohnraum und Infrastruktur für weniger Menschen vorhanden sein soll. Diese beginnt gerade erst. Diese Debatte wird noch schmerzlich und extrem unbeliebt werden. Denn niemand schließt gerne Schulen oder Kindergärten oder Friedhöfe oder Dorfgemeinschaftshäuser. Von der heiligen Feuerwehr, in die in vielen Dörfern regelmäßig kritiklos Tausende Euro gepumpt werden, will ich gar nicht reden. An diese Diskussion traut sich niemand, denn Feuerwehr bedeutet Wählerstimmen. Es wird in Zukunft nicht mehr möglich sein, dass jedes Dorf sein eigenes Neubaugebiet und regelmäßig neue Feuerwehrgerätehäuser bekommt. Auch Einbeck wird sich noch mehr Weinberg nicht mehr leisten können, oder aber man will, dass gleichzeitig die Innenstadt nur noch Kulisse für heimelige Weihnachtsdörfer sein soll. Hinter der alles zusammenbricht. Welch ein Wahnsinn ist das, für viel Geld am Waldesrand ohne Busanbindung und ohne Supermarkt in der Nähe immer weiter immer neue Häuser zu genehmigen, gleichzeitig in der City hingegen kaum noch die Möglichkeiten zu haben, einsturzreife Altbauten zu erhalten und Straßen und Wege zu sanieren. Baulücken werden dort lieber zum Spielplatz. Und dort ist der Supermarkt in der Nähe, dort liegt bereits seit 100 Jahren Strom- und Wasserleitungen. Am Weinberg haben bereits vor 800 Jahren Menschen gelebt. Bis sie ihr Dorf aufgegeben haben und in die Stadt zogen, weil sie dort bessere Lebensbedingungen hatten. Wer ehrlich ist, wird mir zustimmen: Es wird auch in Zukunft wieder Wüstungen geben.

Tag der Niedersachsen in Einbeck?

Soll Einbeck den „Tag der Niedersachsen“, eine alle zwei Jahre stattfindende Großveranstaltung, ausrichten? Ja, aber möglichst nicht bereits wie vorgeschlagen 2021, lautet das Fazit einer jetzt vorliegenden Machbarkeitsstudie, die auf einen vor zwei Jahren gestellten Antrag der SPD zurückgeht. Der Kulturausschuss des Stadtrates beschäftigt sich in seiner nächsten Sitzung (27. November, 17 Uhr, Altes Rathaus) mit der 110-seitigen Studie. Damit Einbeck dauerhaft von einem „Tag der Niedersachsen“ (TdN) profitieren könne, sei eine sorgsame und längerfristige Vorbereitung notwendig, schreiben die Autoren der Studie, eine Zusammenarbeit von „Raumkonzept 5“ aus Berlin mit der Einbeck Marketing GmbH. Für 2021 müsste es bereits im Januar einen entsprechenden Ratsbeschluss geben, dann bis zum Sommer die Bewerbung erfolgreich sein, um bis 2021 alles pünktlich zu schaffen. Die Ausrichtung des TdN im Jahr 2027 wäre eine denkbare Alternative, weil sie dann mit dem 775-jährigen Stadtjubiläum von Einbeck verknüpft werden könnte. Von einer Ausrichtung 2021 rät die Studie deutlich ab: „Bestimmte, teils essentielle Voraussetzungen einer gelungenen Planung können jedoch bis 2021 voraussichtlich nicht gewährleistet werden.“ Bei voraussichtlichen Gesamtkosten von rund einer Million Euro sollte Einbeck mit einem eigenen Etat von rund 200.000 Euro kalkulieren, welcher sich aus einem städtischen Anteil von 150.000 Euro und einer Beteiligung des Landkreises in Höhe von 50.000 Euro zusammensetzt, raten die Autoren der Studie.

Wenn der Kulturausschuss am Dienstag noch Zeit und Lust hat, könnte er auch mal inhaltlich über das „Wissensquartier“ diskutieren, falls das die für Museum, Bibliothek und Archiv zuständigen Kulturpolitiker interessiert. Auf der – zugeben sehr übersichtlichen – Tagesordnung mit nur einem einzigen Thema steht es bislang allerdings nicht. Bis dato hat sich lediglich eine interne Arbeitsgruppe der Verwaltung seit mehreren Monaten mit dem Anforderungsprofil und Raumprogramm beschäftigt, wenn in einem zweiten Bauabschnitt des „Wissensquartiers“ die drei Einrichtungen am Standort Auf dem Steinwege zusammengefasst werden, berichtete Bauamtsmitarbeiter Jürgen Höper gestern im Stadtentwicklungsausschuss. Beim neuen Masterplan des Museums hatten die Kulturpolitiker bisher nur in eher homöpathischer Dosis Kontakt mit dem Thema „Wissensquartier“.

Nachtrag 27.11.2018: Der Kulturausschuss hat heute mit 8:2-Stimmen einen SPD-Antrag beschlossen, nach dem sich Einbeck für 2027 um den „Tag der Niedersachsen“ bewerben soll, die Verwaltung die entsprechenden Voraussetzungen für die Vorbereitung der Planung schaffen, beispielsweise Arbeitsgruppen einsetzen soll, und regelmäßig – möglichst vierteljährlich – im Verwaltungsausschuss über den Fortschritt berichten soll. Das 775-jährige Stadtjubiläum 2027 sei ideal geeignet, dieses mit dem TdN zu kombinieren, sagte Alexander Kloss (SPD). Man solle Mutiges für Einbeck wagen, er persönlich habe viele gute private wie berufliche Erinnerungen an zahlreiche TdN, an denen er vollumfänglich teilgenommen habe, sagte Dennie Klose (SPD). Bei ständigen Bedenken hätte es 2006 auch nicht die Fußball-WM in Deutschland gegeben, meinte er. Das Land Niedersachsen wolle auch nicht mehr die ganz großen TdN-Veranstaltungen wie es sie zuletzt gegeben habe, sagte Klose. Prof. Dr. Andreas Jain („Raumkonzept 5“) berichtete dem Kulturausschuss bei der Präsentation der Machbarkeitsstudie, bei einem „Tag der Niedersachsen“ müsse man mit zehn Veranstaltungsmeilen, sieben bis neun Bühnen, 4000 Parkplätzen und eine guter ÖPNV-Erreichbarkeit rechnen. Wer nichts wage, gewinne nichts, schloss sich Albert Thormann (GfE) der Optimismus-Fraktion an. Was bringe der TdN für Einbeck, welche Vorteile habe die Stadt, was nütze der TdN Einbeck, fragte hingegen Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU). In Relation zu den erwarteten Kosten werde das ehrenamtliche Engagement in Einbeck erheblich zusätzlich belastet, Ressourcen in der Verwaltung massiv gebunden und 800.000 Euro Sponsorengeld aus anderen Projekten abgezogen für einen „Tag der Niedersachsen“ in Einbeck, warnte sie. Gegen die TdN-Austragung votierten allein die CDU-Mitglieder Joachim Dörge und Heidrun Hoffmann-Taufall. Ausschussvorsitzender Walter Schmalzried (CDU) stimmte für die Bewerbung. Man vergebe sich nichts, sagte Alexander Kloss, falls im Laufe des Bewerbungsverfahrens unüberwindliche Hürden oder ein konkurrenzloser Mitbewerber auftauchten, könne man immer noch stoppen, habe es aber versucht.

Auf Nachfrage von Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) wurde übrigens der Kulturausschuss von Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek so beschieden, dass die entsprechenden Fachausschüsse über das „Wissensquartier“ dann sprechen würden, sobald das Thema jeweils „diskussionsreif“ sei, beim Kulturausschuss also dann, wenn es um Museum, Bibliothek und Archiv gehe, sagte die Rathauschefin.

Nachtrag 02.12.2018: Die FDP-Ratsfraktion, die nicht im Kulturausschuss vertreten ist, hat sich heute in einer Stellungnahme deutlich gegen eine Bewerbung ausgesprochen, eine Ausrichtung des „Tag der Niedersachsen“ wäre kein Gewinn für Einbeck (FDP Stellungnahme TdN 18-12-01). Fraktionsvorsitzender Dr. Reinhard Binder: „Der FDP ist keine Kommune bekannt, die mit einem Gesamtnutzen aus der Veranstaltung herausgekommen sei. Vielmehr sind diese Veranstaltungen immer mit größeren Defiziten abgeschlossen worden, ohne dass die lokale Wirtschaft nachhaltig profitiert habe. Bevor man große Teile der Verwaltung für Aktivitäten dieses Spektakels beansprucht, sollte man, wenn man meint man habe das Geld über, dieses lieber nachhaltig in die Renovierung der historischen Bausubstanz stecken.“ Profitieren würden nur die Gutachter, die natürlich eine Machbarkeit empfehlen würden, meint Binder.

Nachtrag 20.12.2018: Der Verwaltungsausschuss hat gestern mehrheitlich den Beschluss bestätigt, allerdings mit der Veränderung, dass noch keine Arbeitsgruppen gebildet werden sollen. Das sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek heute auf Anfrage. Die SPD-Fraktion hatte vor zwei Tagen die bekannte und bereits berichtete Diskussion noch einmal aus ihrer Sicht zusammengefasst: PM SPD zum Tag der Niedersachsen Einbeck 18-12-18

Auf der Mobilitätsmeile beim Tag der Niedersachsen 2015 in Hildesheim präsentierte sich das damals gerade ein Jahr zuvor  eröffnete Oldtimer-Museum. Der Tag der Niedersachsen in Hildesheim wurde wesentlich gemanaget vom heutigen Geschäftsführer des PS-Speicher, Lothar Meyer-Mertel, der damals Hildesheim Marketing leitete.

Frauen-Union: Fünf Thesen für die Rathaustüren

Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU).

„Wir brauchen eine Reformation“ steht über dem Text, 16 Tage nach dem Reformationstag. Eine Forderung. Fünf Thesen folgen. Mitmischen wollen sie, nicht weil sie Frauen sind, sondern obwohl, wie es in dem Papier heißt. Zum Feiern ist der Frauen-Union nicht zumute, 100 Jahre nach der Einführung des Frauenwahlrechts. Denn die Beteiligung von Frauen in der Politik sei rückläufig, kaum noch 30 Prozent der Mitglieder in den Parlamenten seien weiblich. „Damit können wir uns nicht zufrieden geben“, sagt FU-Vorsitzende Heidrun Hoffmann-Taufall. „Wir machen mehr als 50 Prozent der Bevölkerung aus. Themen würden eine andere Gewichtung bekommen, wenn eine paritätische Beteiligung von Frauen gewährleistet wäre.“ Von 32.668 Einwohnerinnen und Einwohnern mit Hauptwohnsitz sind in der Stadt Einbeck zurzeit 16.455 Frauen (50,3 Prozent). Von 44 Ratsmitgliedern sind acht weiblich, plus Bürgermeisterin. Fünf Thesen gehörten laut Frauen-Union Einbeck/Dassel an die Türen von Rathäusern, Landtagen und Bundestag angeschlagen (Frauen-Union Reformation Wahlrecht 18-11-16). Eher symbolisch dürfte das gemeint sein. Denn Termine von Thesenanschlägen sind bislang nicht bekannt geworden.

Das alte Rollenmodell der Frau, die dem Mann den Rücken freihält, sei längst ausgelaufen, heute sei die Frau in der Arbeitswelt in Zeiten des Fachkräfte- und Arbeitskräftemangels die „letzte Reserve“, um die gebuhlt werde. Wie in modernen, gleichberechtigten Familien müssten beide (Frauen und Männer) an politischen Entscheidungen paritätisch beteiligt werden, fordert die Frauen-Union der CDU. Frauen fühlten ihre Lebenswelten mit den Themen, die sie beschäftigen, von der Politik in einer alternden Gesellschaft nicht in ausreichendem Maß repräsentiert, beispielsweise in der Gesundheitsförderung, Pflege, medizinischen Versorgung, frühkindlichen Bildung und Betreuung. Politik sei außerdem unglaubwürdig, wenn sie von Unternehmen eine Frauenquote für Aufsichtsräte und Vorstände fordere, aber selbst ihre Strukturen nicht entsprechend gestalte. Es mangele auch nicht an kompetenten und engagierten Frauen, dennoch gebe es eine Männerdominanz in den Parlamenten, im ländlichen Raum stärker als in der Stadt. Was Unternehmen längst erkannt hätten („Gemischte Teams arbeiten effizienter und weisen ein konstruktives Betriebsklima auf“), sollte nach dem Willen der Frauen-Union auch in der Politik gelten. Bei komplexer werdenden Herausforderungen und der Tendenz zur Zersplitterung des Parteiensystems seien Kompetenzen gefragt, die Frauen vermehrt in Politik einbringen könnten: Frauen seien mehr interessiert am gemeinsamen Erarbeiten, suchten Konsens statt zu polarisieren und seien dialogorientierter.

Ja, das konnte man sehen

Pressegespräch im Verhandlungssaal des Einbecker Amtsgerichts am Richtertisch: Ministerin Barbara Havliza mit Amtsgerichtsdirektor Thomas Döhrel und Geschäftsstellen-Leiterin Dorothea Kühn.

Barbara Havliza.

Aufmerksam, interessiert an den Menschen, die ihr begegnen, neugierig – drei Eigenschaften, die für eine Richterin niemals falsch sein können. Dass auch eine Justizministerin mit diesen Attributen bestens durchs Land touren und Menschen begeistern kann, war beim Einbeck-Besuch von Barbara Havliza zu beobachten. Schon das Amtsgericht schaute sich die 60-jährige CDU-Politikerin vom Keller bis zum Dachboden intensiv an, sprach mit den Mitarbeitern über ihre Arbeitssituation und die Probleme, die es trotz einiger Sanierungen dort immer noch gibt. Das Gespräch mit der Presse fand dann im Verhandlungssaal statt, ich habe auf dem Zeugenstuhl Platz genommen, die Kollegen dort, wo sonst Angeklagte und Verteidigung sitzen. Den Staatsanwalt wollte niemand geben. Havliza steuerte automatisch den Vorsitzendenplatz an. Mehr als 30 Jahre hat Havliza selbst in der Justiz gearbeitet, war Richterin an höchsten Landesgerichten und auch mal Leiterin eines Amtsgerichts. Ebenso im Einbecker Rathaus beim Empfang der Stadt und dem Eintrag ins Goldene Buch als erste im frisch sanierten Sitzungssaal war eine zugewandte Frau zu erleben, die das ihr aufgegebene Redethema gleich zu Beginn in einer sympathischen Kurzversion beantwortete, zwar erkennbar augenzwinkernd, durchaus aber auch ernst gemeint: „Hart urteilen und eine Menschenfreundin sein – passt das zusammen?“, lautete die Frage an sie. Barbara Havliza: „Ja, das sehen Sie ja.“

Ein wenig ausführlicher wurde sie dann aber doch schon noch. Havliza gewährte dafür einen Blick auf ihre Biografie. Zehn Jahre lang hat sie sich mit Staatsschutzsachen beschäftigt, vor ihrem Richtertisch standen die Islamisten der so genannten Sauerland-Gruppe ebenso wie der Attentäter der Kölner Oberbürgermeisterin. Als Richterin hat sich Barbara Havliza viele Jahre mit Mord, Totschlag, Sexualdelikten und Terror beschäftigt, hat Bilder und Filme gesehen und Schilderungen gehört, die an die Seele gehen. „Warum macht man das?“, fragte sie, um in der Einbecker Rathaushalle gleich die Antwort zu geben. „Weil man die wehrhafte Demokratie erhalten will.“ Eine Demokratie mit den richtigen staatlichen Mitteln, die sich nicht auf ein Niveau begibt von denen, die sie verachten oder angreifen. Ein Strafsystem, das das christliche Menschenbild nie vergisst. Zwischen Tat und Mensch sei immer zu unterscheiden. „Ein Mensch ist jeder, egal welcher Gesinnung.“ Die, die vor ihr stehen, fair und würdig zu behandeln, sei immer Grundsatz gewesen. Einige Parolen seien wieder gesellschaftsfähig geworden, bedauerte Havliza. Alle, die die Demokratie erhalten wollten, müssten das erkennen, eingestehen und miteinander besprechen und dann dem entgegen treten.

Bei ihrer Amtsgericht-Visite hatte die Justizministerin mitgenommen, dass ein barrierefreier und vor allem gesicherter Eingang trotz bereits erfolgter Sanierungen weitere Baustellen sind, ebenso wie die sanitären Anlagen und die EDV. Der Erhalt kleiner Gerichte wie dem Einbecker steht im Koalitionsvertrag. Und mit Investitionen wird die Standortgarantie ja weiter unterstützt. Die Liste der notwendigen Projekte in Niedersachsen ist jedoch lang, länger als eine Legislatur. Für sicherere Eingängen ist jedoch nicht allein Technik notwendig, sondern sind auch regulär zwei Wachmeister Voraussetzung, männlich und weiblich. In Niedersachsen fehlen aber 200 Wachmeister-Stellen. Man müsse es noch stärker schaffen, Amtsgerichte als attraktive Arbeitgeber darzustellen: sicher, familienfreundlich, teamorientiert mit angenehmer Arbeitsatmosphäre, wünschte sich die Ministerin.

Dem von Frauen-Union und Junge Union der CDU zum Thema „In welcher Gesellschaft wollen wir eigentlich leben? Demokratie weiterdenken“ organisierten Podiumsgespräch auf bunten Kaffeehaus-Stühlen gab Havliza noch mit auf den Weg, dass Demokratie weiterzudenken immer lohnenswert sei – aber nie, diese umzudenken.

„Herzlich empfangen freue ich mich auf einen anregenden Abend“: Justizministerin Barbara Havliza hat sich ins Goldene Buch der Stadt eingetragen, als erste im frisch sanierten historischen Sitzungssaal. Dabei waren (v.l.) Petra Kersten, Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, Verwaltungsausschuss-Mitglied Detlef Martin (SPD), Nils Kadoke (Junge Union), Antje Sölter, Beatrix Tappe-Rostalski und Heidrun Hoffmann-Taufall. Der eingeladene VA war bei dem Empfang von Vertretern anderer Parteien als der CDU äußerst dünn besetzt.

Hart urteilen und eine Menschenfreundin sein

Einladung nach Einbeck: Justizministerin Barbara Havliza (r.) und Heidrun Hoffmann-Taufall. Foto: Frauen Union/Hoffmann-Taufall

Niedersachsens Justizministerin Barbara Havliza (CDU) wird mit einem bunt besetzten Podium in Einbeck darüber diskutieren, wie sich Demokratie angesichts aktueller Herausforderungen weiter entwickeln muss. Die Veranstaltung der Frauen-Union Einbeck/Dassel mit Unterstützung der Jungen Union der CDU beginnt am Montag, 17. September, um 17 Uhr im Alten Rathaus. „Bei einem Gespräch mit der Ministerin über den Besuch der Frauen Union beim Maßregelvollzug Moringen habe ich die Einladung ausgesprochen, die prompte Zusage freut uns sehr“, sagt FU-Vorsitzende Heidrun Hoffmann-Taufall. Havliza, die am vergangenen Wochenende auch zur Schatzmeisterin der CDU Niedersachsen gewählt worden ist, war bis 2017 Vorsitzende Richterin im 6. Strafsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf und dort zehn Jahre lang zuständig für Staatsschutzsachen. Die gebürtige Dortmunderin wird in Einbeck laut Veranstaltungsankündigung über ihre Arbeit als Richterin am OLG sprechen. Mit konsequenten Urteilen habe Barbara Havliza von sich Reden gemacht, werde deshalb auch als „harte Havliza“ bezeichnet. Hart urteilen und eine Menschenfreundin sein – wie passt das zusammen? Die Juristin und Ministerin will in Einbeck eine Antwort geben. Im anschließenden hochkarätig besetzten Podiumsgespräch wird die Frage nach dem gesellschaftlichen Zusammenleben beleuchtet. Es soll um das veränderte, rauer gewordene politische Klima gehen. „Es werden Stimmungen erzeugt und Ängste geschürt, populistische Tendenzen nehmen zu“, sagt Nils Kadoke, Vorsitzender der Jungen Union. Ist die Demokratie bedroht? Bei dieser Fragestellung war den Veranstaltern wichtig, das Podium vielfältig und überparteilich zu besetzen. Aus verschiedenen Blickwinkeln soll beleuchtet werden, ob die Demokratie verteidigt oder gar neu entwickelt werden muss. Dabei sind der ehemalige Superintendent des evanglisch-lutherischen Kirchenkreises Leine-Solling, Heinz Behrends, Prof. Dr. Ulrich Harteisen (Regionalmanagement HAWK Göttingen), der aus der Region stammende  Bundestagsabgeordnete Konstantin Kuhle (FDP), Einbecks Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek (CDU) und der aus Einbeck stammende Politikwissenschaftler Dr. Falk Ostermann, der an der Uni Gießen zu Sicherheits- und Verteidigungspolitik forscht. Moderiert wird das Podiumsgespräch von Frank Fornaçon, evangelisch-freikirchlicher Pastor, Verleger und Journalist aus Kassel. Unmittelbar vor der Veranstaltung wird die Justizministerin sich bei einem Empfang der Stadt im Rathaus ins Goldene Buch der Stadt Einbeck eintragen. Ob Barbara Havliza auch Einrichtungen der Justiz in Einbeck oder nur die Parteiveranstaltung besuchen wird, ist bislang nicht bekannt. Am Vormittag wird sie das Amtsgericht Einbeck besuchen, wie heute bekannt wurde.

(Aktualisiert: 13.09.2018, 19:41 Uhr)

Neustädter Kirchplatz: Kein Licht am Horizont

Ortstermin des Stadtentwicklungsausschusses heute am zuwuchernden Neustädter Waschbeton-Kirchplatz.

Eine Realisierung der seit Jahren diskutierten Umgestaltung des Neustädter Kirchplatzes in der Einbecker Innenstadt ist wieder in weite Ferne gerückt. Der Stadtentwicklungsausschuss hat heute die vorgelegte Entwurfsplanung lediglich zur Kenntnis genommen. Angesichts der vom beauftragten Büro Planorama (Berlin) kalkulierten Kosten von bis zu 4,2 Millionen Euro traten die Politiker einstimmig auf die Bremse; auch für eine abgespeckte Version, bei der Ausstattungs- und Ausbaustandard reduziert werden, mit Kosten in Höhe von drei Millionen Euro konnte sich die Ausschussmehrheit nicht erwärmen. „Wir können das Projekt in dieser Dimension nicht fortsetzen“, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki nach einer 13-minütigen Sitzungsunterbrechung und einer Verständigung zwischen den Fraktionen. „Wir sind uns klar darüber, dass wir etwas tun müssen“, räumte Hojnatzki ein. Zunächst werde man jedoch noch einmal in den Fraktionen beraten, welchen genauen Umfang und welche Zielrichtung eine neu zu beauftragende Planung der Stadtverwaltung haben soll. Der bereits eingeplante Eigenanteil der Stadt an der Umgestaltung in Höhe von 1,4 Millionen Euro könne ja für die Arbeiten verwendet werden. Details wolle man aber noch genauer besprechen. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek hatte vor dem Beschluss darauf hingewiesen, dass die Förderquote für die Platzumgestaltung geringer werden könnte je schlichter der Umbau erfolge. Außerdem appellierte die Rathauschefin, den Umbau eines solchen wichtigen Innenstadt-Platzes in städtebaulichen Dimensionen von Jahrzehnten zu denken. Auch Bauamtsleiter Frithjof Look warb für das Projekt, in das man jetzt schon viel Energie gesteckt habe, der Ausschuss habe bereits lange überlegt und gerungen. „Lassen Sie sich nicht von den Kosten ablenken“, die Stadt bekomme mit einem umgestalteten Neustädter Kirchplatz einen vernünftigen öffentlichen Raum, mit dem sie punkten könne. Der Fachausschuss blieb jedoch einstimmig beim faktischen Planungsstopp. Bis der neue Planungsauftrag an die Verwaltung formuliert ist, werden die Sommermonate sicherlich ins Land gehen. „Wir brauchen Zeit, um neu zu überlegen“, sagte Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU).

Bis der Vorentwurf jetzt vorgelegt wurde, waren viele Monate vergangen. Zuletzt im Dezember 2016 hatte der Fachausschuss über den Neustädter Kirchplatz diskutiert und die Planungen für das 8000 Quadratmeter große Areal auf den Weg gebracht. Planorama-Geschäftsführer Maik Böhmer hat den Vorentwurf heute im Ausschuss nach einem Ortstermin vorgestellt. Dieser sieht im Kern weiter die zentralen Elemente (große Freifläche, Pavillon, Brunnen, neue Baumreihe und Parkplätze) vor, wie sie bereits im Architektenwettbewerb vorgestellt wurden. „Das ist eine tolle Planung, aber wir können sie uns nicht leisten“, sagte Eunice Schenitzki (SPD). Man sei einmal mit Kosten von insgesamt 2,3 Millionen Euro (und einem städtischen Eigenanteil von 1,2 Millionen Euro) „gestartet“, erinnerte Rolf Hojatzki (SPD). Nun so viel Geld mehr ausgeben zu wollen, sei dem Bürger nicht mehr vermittelbar. Albert Thormann (GfE) sprach von einer Kostenexplosion, die überraschend komme, er fühle sich „hinter die Fichte geführt“. „Ich kann vor mir selber und gegenüber den Bürgern nicht verantworten, 4,3 Millionen Euro ohne Mehrwert auszugeben“, sagte Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU). „Das Projekt ist überdimensioniert“, meinte Dr. Marion Villmar-Doebeling (FDP). Klaus-Reiner Schütte (SPD) warnte davor, „Millionen in Steine zu versenken“. Das Geld fehle dann in Kindergärten, Schulen oder im ÖPNV. Selbst die abgespeckte Version sei nicht zu vertreten, sagte Martin Grund (SPD), zumal dann immer noch 30 Prozent Mehrkosten-Unsicherheit mit bedacht werden müssten; dann sei man am Ende eventuell wieder bei vier Millionen Euro.

Während der heutigen Diskussion kam die Idee auf, die Umgestaltung in Abschnitten umzusetzen. Vielleicht kann das am Ende auch die Lösung sein, die bisherigen Planungen (und das dafür ausgegebene Geld) nicht komplett in die Tonne zu hauen. Planorama-Planer Maik Böhmer sagte, grundsätzlich könne natürlich beispielsweise der Pavillon erst später errichtet werden. Das dürfte auch für den Brunnen gelten. Vielleicht lassen sich dafür auch Investoren oder Sponsoren finden (auf den Gedanken hätte man bereits kommen können). Dann könnte sich die Stadt zunächst auf die Freifläche konzentrieren und diese am Ende auch in der tragfähigeren Variante mit Asphalt-Unterbau unter dem Pflaster (was wichtig ist, wenn später auf dem Platz zum Beispiel mal eine Bühne stehen soll oder ein Auto-Scooter) realisieren. Hier nur eine Schotter-Unterschicht zu nehmen und dadurch Geld zu sparen, sei unterm Strich falsch, meinten Joachim Dörge (CDU) und Armin Hinkelmann (GfE). Planorama-Mann Böhmer machte allerdings deutlich, dass bei den aktuellen Baupreisen allein der Abbruch des früheren Gemeindehauses (100.000 Euro), der unterirdischen Trafoanlage, deren Neubau und eine einfache Pflasterung des Platzes nicht für eine Million Euro zu haben sei, eher müsse man zwei Millionen Euro kalkulieren.

War’s nur ein schnell dahin gesagtes Gedankenspiel? CDU-Ratsfrau Heidrun Hoffmann-Taufall brachte heute auch wieder eine Bebauungsvariante des Platzes ins Spiel. Die damaligen Pläne eines Investors seien ja überdimensioniert gewesen. Aber solche Häuser wie die neuen der EWG am Petersilienwasser könne sie sich auch gut auf dem Neustädter Kirchplatz vorstellen.

Frauen-Union informiert sich im Maßregelvollzug

Vertreterinnen der Frauen-Union Einbeck/Dassel mit Uwe Schünemann (l.) und Dr. Roy Kühne (r.) sowie den LKH-Leitern Dr. Dirk Hesse (Mitte) und Manfred Uhlendorff (2.v.r.) im Garten des Maßregelvollzuges Moringen.

Informationen können helfen und dazu beitragen, Ängste abzubauen und Hemmschwellen zu senken. Einen intensiven Einblick in die Arbeit des Maßregelvollzuges in Moringen haben heute Vertreterinnen der Frauen-Union Einbeck/Dassel bekommen. Mit dabei bei dem rund dreistündigen Besuch und Rundgang im LKH durch die verschiedenen Sicherheitsbereiche waren der CDU-Bundestagsabgeordnete Dr. Roy Kühne (Northeim) und der CDU-Landtagsabgeordnete und Ex-Innenminister Uwe Schünemann (Holzminden). „Wir haben viel dazu gelernt“, dankte FU-Vorsitzende Heidrun Hoffmann-Taufall (Einbeck) am Ende für die Einblicke. Für Informationen standen der Ärztliche Leiter Dr. med. Dirk Hesse, der Pflegedirektor Manfred Uhlendorff und der Verwaltungsdirektor Jens Betker zur Verfügung. Schlagzeilen macht ein LKH meistens nur, wenn ein Patient entwichen ist und es in der Bevölkerung dann Ängste gibt. Die alltägliche professionelle Arbeit eines Maßregelvollzuges kennenzulernen, war Ziel des FU-Besuchs. Der Maßregelvollzug Moringen ist eine psychiatrische Klinik mit aktuell 408 Planbetten. Straftäter, die von einem Gericht nach § 63 StGB (Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus) oder § 64 StGB (Unterbringung in einer Entziehungsanstalt) verurteilt worden sind, werden im LKH Moringen untergebracht. Die Patienten haben beispielsweise Psychosen, Neurosen oder Persönlichkeitsstörungen (z.B. Pädophilie) oder Sucht-Erkrankungen, mit denen sie die Straftaten begangen haben. Daher sind sie nicht in einem Gefängnis, sondern mit ihren psychischen Störungen und Süchten im Landeskrankenhaus. Den Frauen und Männern wird im Maßregelvollzug dabei geholfen, ihren Tag zu strukturieren und Lebenspraxis zu trainieren; viele der Patienten, von denen die meisten unter 40 Jahre alt sind, haben dies in ihrem Leben bislang nie gelernt, sie bekommen im Maßregelvollzug mit einer vielfältigen Therapie eine „Probebühne für ein anderes Leben“, wie es die LKH-Spitze formulierte. Um das zu erreichen gibt es Werkstätten, in denen beispielsweise im Auftrag von Firmen Rückleuchten, Ketten oder Kabelverbindungen produziert werden. Auch Schulabschlüsse (Haupt- und Realschule) sowie Berufsausbildungen (Maler, Köche) können die Patienten im LKH absolvieren. Die FU-Besucherinnen erfuhren, dass die durchschnittliche Verweildauer heute bei acht bis zehn Jahren liegt, lediglich bei suchtkranken Straftätern (§ 64) bei durchschnittlich zwei Jahren. In ganz Niedersachsen sind 17 Prozent der LKH-Patienten Frauen, rund 25 Prozent der LKH-Straftäter sind wegen Sexualdelikten dort. In Moringen liegt dieser Anteil zurzeit bei 45 Prozent. Intensiv diskutierten die Besucher, wie die Mitarbeiter mit ihrer Arbeit klar kommen. Denn es ist nicht immer einfach, den hilfsbedürftigen Menschen bei der Behandlung zu sehen, dabei aber die häufig grausame Straftat, wegen der er in Moringen ist, im Hinterkopf zu haben und nicht zu vergessen. „Hochachtung vor dieser Tätigkeit“, zollte die Frauen-Union. Bei bereits existierenden Schwierigkeiten, genügend Personal in Pflege und Ärztebereich zu gewinnen, war der Wunsch an die Politik verständlich, den Landeskrankenhäusern in Niedersachsen mehr Personal zu geben. Die anwesenden Politikvertreter nahmen diesen Wunsch in ihre jeweiligen Verantwortlichkeiten mit. Auch eine differenzierte Wahrnehmung in der Politik abseits eines Alarmismus, sobald ein Patient entwichen ist, wünschten sich die LKH-Vertreter, die Mitarbeiter machten ihren Job in den allermeisten Fällen gut. Das dürfte dann ruhig auch einmal benannt werden.

Anmerkung: Wegen im Maßregelvollzug herrschender Sicherheitsbereiche war kein anderes Foto möglich als das Gruppenfoto oben.

Gespräche, Mitteilungen, Meldungen – alles gleich?

Ich glaube, wir müssen da doch mal etwas sortieren. Und einige scheinen auch ein wenig Nachhilfe nötig zu haben. Ich hatte mich bereits am Abend der jüngsten Ratssitzung direkt und im persönlichen Gespräch darüber ausgelassen, und damit hätte es gut sein können. Aber weil der Quatsch jetzt sogar im offiziellen Protokoll der Stadtrat-Sitzung vom 17. Mai 2017 für jeden nachlesbar steht, möchte, nein muss ich mich hierzu doch noch mal zu Wort melden. Denn es gibt Unterschiede zwischen einem Pressegespräch, einer Pressemitteilung und einer Pressemeldung. Und wer politisch und beruflich damit zu tun hat, sollte diese Unterschiede kennen und die Begriffe richtig benutzen. Warum so pingelig, werden einige fragen? Weil es in Zeiten von zunehmendem Vertrauensverlust gegenüber Medien und Journalisten und von Fake- und Facebook-News schwer genug für „die Presse“ ist. Und weil wir Journalisten ja auch nicht einfach irgendwas Politisches daherschreiben, ohne uns der richtigen Begrifflichkeit zu befleißigen. Ein Verwaltungsausschuss ist nun einmal beispielsweise kein Verwaltungsrat.

Um was geht es? Um Tagesordnungspunkt Ö 35.2 (Anfragen von Ratsmitgliedern). Hier „Klarstellung zu einer Pressemitteilung“. Das allein ist schon doppelt falsch. Erstens war das, was da vermeintlich klargestellt werden soll, keine Pressemitteilung. Und zweitens hat ein einzelnes Ratsmitglied da nichts „klarzustellen“, wenn es ihn persönlich gar nicht betrifft. Es ist ihm unbenommen, seine Meinung zu sagen. Mehr aber auch nicht. Und der TOP „Anfragen“ ist dafür nicht unbedingt der richtige Ort. Im Protokoll heißt es: „Ratsfrau Hoffmann-Taufall bezieht sich auf die Veröffentlichung einer Pressemitteilung der SPD-Fraktion. Sie sei danach von Bürgern gefragt worden, ob es zuträfe, dass die Bürgermeisterin ohne Zustimmung der Politik verhandelt hätte und die SPD deswegen erwäge die Kommunalaufsicht einzuschalten. (…) Ratsfrau Hoffmann-Taufall befürchtet, dass von diesen Vorwürfen in jedem Falle etwas in den Köpfen hängen bleiben könne und bittet dies auch in der Presse deutlich klarzustellen.“ Nun ist es ja löblich, dass sich jemand schützend vor einen anderen Menschen stellen möchte, um ihn vor Schaden zu bewahren. Aber da geht so einiges durcheinander. CDU-Ratsfrau Heidrun Hoffmann-Taufall bezieht sich auf ein Pressegespräch, zu dem die SPD am 11. Mai 2017 in ihr Büro ins Alte Rathaus eingeladen hatte und in dem die Fraktions- und Parteispitze diverse Kritik an der Verwaltung und Bürgermeisterin äußerte. Eine Pressemitteilung wäre gewesen, wenn die SPD ihre Kritik selbst formuliert und auf ein Blatt Papier geschrieben an die Redaktionen verschickt hätte. So aber gab es ein Gespräch, an dem drei Medien-Vertreterinnen und -Vertreter teilgenommen haben. Und jeder hat dann anschließend darüber berichtet – was naturgemäß drei verschiedene Berichte ergibt, mit teilweise unterschiedlichen Schwerpunkten. Üblicher Medienalltag übrigens. Und völlig normal. Inhaltlich geht es in dem von Hoffmann-Taufall angesprochenen Sachverhalt um die Vermietung von Räumen der oberen Etage des Alten Rathauses an eine Werbeagentur; in dem Fall hatte die SPD Akteneinsicht genommen, weil sie meinte, die Bürgermeisterin habe die Politik nicht frühzeitig und richtig darüber informiert. Vom Einschalten der Kommunalaufsicht hat die SPD übrigens Abstand genommen, weil das ihrer Meinung nach an den abgeschlossenen Verträgen nichts mehr geändert hätte. Das habe ich auch so berichtet, und das konnte (und kann man weiterhin) hier nachlesen. Noch gravierender ist allerdings der letzte Satz Hoffmann-Taufalls im Ratsprotokoll dazu: Da befürchtet jemand, dass „etwas hängen bleiben könne“ und bittet, das in der Presse klarzustellen. Immerhin bittet. Das offenbart ein seltsames Verständnis von Pressearbeit – und von Pressefreiheit. Denn es hört sich so an (und das wäre dann Wasser auf die Mühlen von Verschwörungstheoretikern und Lügenpresse-Schreihälsen), als könnte da jemand (in diesem Fall die Bürgermeisterin und die Verwaltung) der Presse „die Wahrheit“ in den Block diktieren, was diese dann allgefällig nickend zu schreiben hat. Hoffmann-Taufalls Partei und Fraktion, die CDU, hat sich (übrigens ebenfalls in einem Pressegespräch) am 1. Juni 2017 öffentlich zu der Thematik zu Wort gemeldet. Dass dieser Termin erst mehrere Tage nach der Ratssitzung (und dem SPD-Pressegespräch) stattfand, dass die CDU nicht früher reagiert hat auf die SPD, alles das kann man ja nun bitte nicht der Presse zum Vorwurf machen.

Bereits Dr. Sabine Michalek hatte in ihrem „Bericht der Bürgermeisterin über wichtige Beschlüsse des Verwaltungsausschusses, sonstige wichtige Angelegenheiten und Beantwortung schriftlicher Anfragen“ zu Beginn der Ratssitzung am 17. Mai ausführlich zu dem Thema das gesagt, was sie sagen mochte und womit sie auf die SPD-Kritik reagieren wollte. Dass auch die Rathauschefin sich dabei falscher Begriffe bedient hat, ist allerdings ebenso ärgerlich. Schließlich hat sie früher beruflich mit Presse und Öffentlichkeitsarbeit öfter zu tun gehabt. Die SPD sei „mit einer Pressemeldung an die Öffentlichkeit“ gegangen. Nein. Siehe oben, es war ein Pressegespräch. Das ist nun einmal ein Unterschied.

Buslinie 230 nicht einfach preisgeben

Bushaltestelle bei KWS.

Auf der Grimsehlstraße unterwegs: die Linie 230 in Höhe Bushaltestelle bei KWS.

Die Stadt Einbeck spricht sich gegen die von der Ilmebahn GmbH beantragte Entbindung von der Betriebspflicht für die Buslinie 230 aus und wird eine negative Stellungnahme an die Landes-Nahverkehrsgesellschaft (LNVG) abgeben. Das hat der Stadtentwicklungausschuss des Stadtrates gestern Abend einstimmig beschlossen. Und auch der Landkreis Northeim sowie der Zweckverband Süd-Niedersachsen (ZVSN) teilten die Ansicht der Stadt Einbeck, sagte Bauamtsleiter Frithjof Look. Hoffnung also für die so wichtige Buslinie mit Haltestellen in Industrie- und Wohngebieten, die Einbeck-Zentrum mit dem Bahnhof Salzderhelden und weiter Vogelbeck und Northeim verbindet. Sie komplett mit Beginn der reaktivierten Schienenstrecke zwischen Einbeck-Mitte und Salzderhelden ab 10. Dezember 2017 aufzugeben, ist für viele kaum vorstellbar. Allenfalls eine Ausdünnung der Taktung, sobald parallel der Zug pendelt, könnten sich die meisten vorstellen, das sei von vorneherein ja auch klar gewesen, das wurde in der Debatte im Fachausschuss des Einbecker Stadtrates deutlich.

Atmosphärisch und kommunikativ hat sich in den vergangenen Tagen hinter den Kulissen einiges getan, Verbesserung tat hier auch dringend Not. Im nicht-öffentlichen Kreisausschuss des Northeimer Kreistages wie auch im Verwaltungsausschuss des Einbecker Stadtrates waren in dieser Woche hochrangige Vertreter der Ilmebahn persönlich anwesend, antworteten dort auf Fragen der Politik, berichteten den Sachstand der Reaktivierung. Besonders von der CDU war zuletzt immer wieder die „absolute Geheimniskrämerei“ kritisiert worden, wie es Beatrix Tappe-Rostalski am Donnerstag noch einmal sagte. Der Stadtrat hätte sich wohler gefühlt, wenn er rechtzeitig informiert worden wäre und wenn Ilmebahn-Vertreter dort schon Rede und Antwort gestanden hätten. Die CDU hatte die Unterrichtung in Kreisausschuss und Verwaltungsausschuss zum Thema gemacht. Vor allem der Unterschriften-Termin am Tag nach der Ratssitzung ist einigen bis heute übel aufgestoßen. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek erklärte im Ausschuss auf Nachfrage von Karsten Armbrecht (CDU) und Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU), sie sei über den am Tag nach der Stadtrat-Sitzung stattgefundenen Hannover-Termin nicht vorher informiert gewesen. Die Nachfrage Armbrechts, warum die Bürgermeisterin (die im Aufsichtsrat der Ilmebahn sitzt) als 30-Prozent-Beteiligung nicht zu dem Termin eingeladen war, blieb gestern offen. Sicher ist, dass sich der Aufsichtsrat der Ilmebahn mit der Materie in seiner Juni-Sitzung beschäftigen wird.

Die SPD hätte gerne in die Buslinien-Stellungnahme der Stadt Einbeck an die LNVG eine Formulierung eingebaut, dass alle grundsätzlich die Reaktivierung der Bahnstrecke Einbeck-Salzderhelden begrüßen. Am Ende konnten sich die Sozialdemokraten damit nicht durchsetzen, dieses Bekenntnis sei bekannt, selbstverständlich und inhaltlich am Thema vorbei, beschied die Mehrheit und auch die Verwaltung. Man solle jetzt nicht so überrascht tun, sagte SPD-Fraktionschef Rolf Hojnatzki, dass die Schienenverbindung für die Buslinie 230 nicht folgenlos bleiben werde, sei lange bekannt. Die Ilmebahn sei nur den formalen Schritt gegangen, zuständig sei der ZVSN, nahm Hojnatzki die Ilmebahn in Schutz. Er hatte die Angst, dass in Hannover falsch zum Ausdruck komme, dass die 230 so toll und wichtig sei, dass die Bahnstrecke dabei aus dem Auge verloren werde. Daher die Bekenntnis-Bitte. Wunsch müsse sein, so Hojnatzki, die Buslinie so lange (eingeschränkt getaktet) zu erhalten, bis die Zug-Durchbindung von Mitte bis Göttingen realisiert sei – und möglichst, bis der zusätzliche Haltepunkt Otto-Hahn-Straße bei KWS umgesetzt ist.

Wann dieser zusätzliche Haltepunkt jedoch Realität wird, ist derzeit völlig offen. Die Stadt ist mit dem Ausschuss-Beschluss jedenfalls aufgefordert, in ihrer Stellungnahme darauf hinzuweisen, dass der Haltepunkt notwendig ist. Die seit 2015 gewünschte Haltestelle bei KWS ist nicht mit in die Planungen einbezogen worden. An wem liegt das? Keine Antwort. Sie muss jetzt mit einem separaten Planfeststellungsverfahren umgesetzt werden, was jedenfalls KWS erst seit Herbst vergangenen Jahres bekannt ist. Vor 2020 dürfte das also nichts werden. Georg Folttmann, Leiter Logistik, Technology & Real Estate bei der KWS Saat SE, machte im Stadtentwicklungsausschuss unmissverständlich deutlich, dass Einbecks größter Arbeitgeber den öffentlichen Haltepunkt unverändert wolle – und bis zu einer Summe von 250.000 Euro auch bezahlen wolle. 20.000 Euro an Planungskosten habe man schon ausgegeben, bereits im September 2015 schriftlich erklärt, die damals genannte Summe für den Haltepunkt in Höhe von 50.000 Euro tragen zu wollen. Inzwischen habe der KWS-Vorstand auch für die aktuellsten Kostenschätzungen in Höhe von 250.000 Euro für den Haltepunkt signalisiert, diese übernehmen zu wollen. Dann sei aber auch mal Schluss. Das jüngste Ansinnen, die für das Unternehmen an der Grimsehlstraße so wichtige Buslinie 230 streichen zu wollen, habe KWS alarmiert. Sollte das der Fall sein, würden nicht wie immer versprochen die hoch frequentierten Stellen in Einbeck angebunden an den öffentlichten Nahverkehr. Folttmann: „Das wäre eine echte Katastrophe.“ Pendelnde und dienstreisende Mitarbeiter und Unternehmens-Besucher gleichermaßen könnten bei Wegfall der Buslinie 230 KWS so gut wie nicht mehr erreichen außer mit dem Auto oder zu Fuß vom Bahnhof Mitte. Die Verantwortung werde von Behörde zu Behörde geschoben, anscheinend gebe es keine Institution, die das Gesamtprojekt steuere, einen direkten Ansprechpartner im Wirtschaftsministerium zu bekommen, sei zäh und schwierig, ärgerte sich KWS-Mann Folttmann.

Schwellen und Schienen liegen neu am Bahnhof Einbeck-Mitte. Nächste Woche kommt der Schotterreinigungszug. Anschließend wird Schotter ergänzt und das Gleis ausgerichtet und gestopft, informiert die Ilmebahn via Facebook.

Bürgermeisterin reagiert auf SPD-Kritik

Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek.

Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek hat in der Sitzung des Stadtrates am Mittwoch Abend auf die jüngste Kritik der SPD reagiert. Der Versuch, „der Verwaltung die Kompetenz und die Fähigkeit abzusprechen, langfristig zu handeln“, veranlasse sie auch als Dienstvorgesetzte zu diesen Anmerkungen. Wiederholt sei die SPD-Spitze vor einer Ratssitzung an die Öffentlichkeit gegangen und habe damit vor allem die Ratshausmitarbeiter getroffen, die gute und verlässliche Arbeit machten, sagte die Rathauschefin.

Die vorzeitige Entlassung aus dem Zukunftsvertrag bedeute keineswegs eine „wundersame Geldvermehrung“, wie dies die SPD suggeriere. Es bleibe auch dann eine finanzielle Kraftanstrengung, die gewollten und nötigen Projekte umzusetzen. Eine Vielzahl von Projekten werde auch umgesetzt, dies seien aber keine Prestige-Projekte, bei denen pressewirksam ein rotes Band durchschnitten werde, beispielsweise das Feuerwehrgerätehaus Naensen, die Grundschulen Kreiensen und Vogelbeck, Sanierung von Turnhallen und Kindertagesstätten, das Jugendgästehaus. Die stabile Haushaltslage ermögliche das, aber die Politik müsse dann auch priorisieren und nicht Priorisierungsmethoden ablehnen und Projektentscheidungen vertagen, wie jüngst im Finanzausschuss geschehen, sagte die Bürgermeisterin. (Der Stadtrat hat den so genannten Projektierungsbeschluss mit dem neuen Priorisierungssystem später in der Sitzung  einstimmig beschlossen, als ein Hilfsmittel der Verwaltung, wie die SPD betonte). Die Bürgermeisterin hob in ihrer Replik das (von der SPD kritisierte) gute und geübte Zusammenspiel zwischen dem Bau- und dem Finanzbereich positiv hervor. Diese funktionierende Zusammenarbeit erlaube es auch, Sonderausgaben wie die Stützmauer der Zufahrt zur Heldenburg in Salzderhelden oder die Bahnübergänge im Rahmen der Reaktivierung der Bahnstrecke nach Salzderhelden reibungslos zu stemmen.

Die Politik habe mit dem Haushalt und mit von ihr beschlossenen Projekten ihre Schwerpunkte gesetzt. Die Planungen für den ZOB sei ein Antrag der SPD, die Umgestaltung des Neustädter Kirchplatzes ein Beschluss des Verwaltungsausschusses und die Umgestaltung der Tiedexer Straße ein Teil des 2014 einstimmig beschlossenen Innenstadt-Entwicklungskonzepts. Auch das Mobilitätskonzept sei vom Stadtentwicklungsausschuss beschlossen. Als „Anekdote am Rande“ bezeichnete die Bürgermeisterin, dass die Verwaltung ja gerne die ZOB-Planung im nächsten Stadtentwicklungsausschuss am 1. Juni weiter voran getrieben und auf die Tagesordnung gesetzt hätte, der Ausschuss-Vorsitzende (SPD) das aber verweigert habe, „so dass wir hier wieder nicht weiterkommen“, bedauerte Michalek.

Die Vermietung des Alten Rathauses gehöre zum Geschäft der laufenden Verwaltung, sagte die Bürgermeisterin: „Der Verwaltungsausschuss wurde über die Vermietung informiert.“ Rolf Hojnatzki und Marcus Seidel von der SPD quittierten diese Bemerkung mit Gelächter. Die Vermietung verhindere auch nicht die Realisierung von Umbauplänen, sagte Dr. Sabine Michalek. „Das weiß die Politik.“

Die momentan diskutierten Projekte seien von der Politik beschlossene Projekte. „Dass die Bewilligung der (Förder-)Anträge zum Teil fast ein Jahr dauert und Projekte dadurch verzögert werden, kann der Verwaltung ebenso wenig angelastet werden, wie die durch europa- und bundesrechtliche Vorgaben sehr zeitaufwändigen Vergabeverfahren. „Das sollte dem Fraktionsvorsitzenden der SPD als hauptberuflichem Rechnungsprüfer bekannt sein“, sagte Michalek. Rolf Hojnatzki hat das später kommentiert, er sei Diplom-Kaufmann und seit 25 Jahren in der öffentlichen Verwaltung mit Finanzen beschäftigt, aber nicht Rechnungsprüfer.

Gemeinsam produktiv und ergebnisorientiert an der Entwicklung der Stadt zu arbeiten sollte der „politische Zugzwang“ sein, wie ihn die SPD sehe, „zu priorisieren, zu entscheiden und mutig für unser Einbeck zu sein“, sagte die Rathauschefin. Die Verwaltung stehe hierfür mit ihrer fachlichen Expertise bereit. Der stellvertretende Bürgermeister Marcus Seidel (SPD) habe mit seiner Aussage, dass man nicht einfach die Verwaltung machen lassen wolle, auch Zweifel gesät „an der fachlichen Fähigkeit der Kollegen, die täglich unsere Kinder in den Kindertagesstätten betreuen, Fördermittel einwerben, Pässe ausstellen, Baugenehmigungen erstellen, Straßen reinigen und damit ihren Dienst für das Allgemeinwohl verrichten“, sagte Michalek.

Dass die Bürgermeisterin auf Kritik, die an ihr und ihrer Verwaltung geäußert worden ist, reagiert hat, ist völlig legitim und normal und gehört für mich zu einer politischen Debattenkultur dazu. An einer Stelle schießt die Bürgermeisterin nach meinem Dafürhalten über das Ziel hinaus, denn ich glaube, Marcus Seidel hatte sein „nicht die Verwaltung einfach machen lassen“ anders gemeint, als es die Bürgermeisterin scheinbar aufgefasst hat: Nicht als Zweifel an der Fachkompetenz ihres Rathauses und seiner Mitarbeiter, sondern eher als Bekenntnis zur politischen Verantwortung. Anders als die Ausschuss-Mehrheit, die das Mobilitätskonzept mit dem Beschluss einfach an die Verwaltung delegiert hat, hätte die SPD noch gerne selbst inhaltlich mitgearbeitet und zuvor dem Rathaus Leitlinien mitgegeben. Aber ich kann mich natürlich auch täuschen, ich bin ja weder der Exeget der SPD noch der Bürgermeisterin.

Im Übrigen hätte es jeder Fraktion frei gestanden, auf die SPD-Kritik zu reagieren – ebenso mit einem Pressegespräch, mit einer Stellungnahme oder Pressemitteilung. Unpassend ist es da schon ein wenig, sich unter „Anfragen von Ratsmitgliedern“ zu Wort zu melden, wie dies Ratsfrau Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) gestern getan hat, die Medien zu sachlicher Berichterstattung zu ermahnen, weil sie befürchtet, dass durch Kritik an der Bürgermeisterin etwas hängen bleibe. Die Bürgermeisterin muss sich Kritik gefallen lassen, das gehört zu ihrem Job. Die CDU-Fraktion hätte alle Möglichkeiten in den vergangenen Tagen gehabt, sich auf adäquate Weise schützend vor ihre Bürgermeisterin zu stellen, wenn sie das möchte. Und sie hat sie noch.

Nachtrag 02.06.2017: Der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses, Andreas Filipps (SPD), hat sich in einer persönlichen Erklärung gegen die Vorwürfe der Bürgermeisterin gewehrt. Ja, er habe davon abgeraten, das Thema ZOB ohne eine gesicherte Finanzierung auf die Tagesordnung für die Sitzung am 1. Juni zu nehmen. Der Ausschuss-Vorsitzende könne aber das Thema nicht blockieren, wie er von der Rathauschefin angegangen worden sei. Hätte die Bürgermeisterin auf der Behandlung des Thema in der Juni-Sitzung bestanden, hätte sie es auf die Tagesordnung nehmen können, sagte Filipps. Der Stadtentwicklungsausschuss trifft sich das nächste Mal am 14. August.

Kulturpforte: Erste Karten vermittelt

Das hätte man so schon vor Monaten haben können: Durch direkte Ansprache von möglichen Interessierten sind die ersten Eintrittskarten der Kulturpforte Einbeck vermittelt worden. „Wir haben den praktischen und unbürokratischen Weg gewählt“, sagte Kultur-Sachgebietsleiterin Dr. Elke Heege in der jüngsten Sitzung des Kulturausschusses. Sie gab einen Sachstand bei dem Projekt, das vor 35 Monaten von der CDU im Stadtrat angestoßen worden war, um das sich zwischenzeitlich die Arbeiterwohlfahrt kümmern wollte und zu dem es zuletzt immer nur auf Nachfrage überhaupt Informationen gab. „Es ist mir ein absolutes Rätsel, warum das so lange gedauert hat“, sagte Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) im Kulturausschuss. Sie sei enttäuscht und traurig, dass man nun nach einem langen Umweg dort sei, wo man schon vor längerer Zeit gleich hätte beginnen können. Bei der Kulturpforte, auch Kultur-Tafel genannt, werden Eintrittskarten für Kulturveranstaltung kostenlos an Bedürftige abgegeben, die sich einen Besuch nicht leisten können. Oftmals würden die Plätze bei Konzerten oder Theaterstücken ohnehin leer bleiben, mit der Kulturpforte werden diese freien Plätze durch Interessierte besetzt.

Davon, dass die AWO die Kulturpforte betreibt, war jetzt im Kulturausschuss überhaupt keine Rede mehr. „Wir mussten eine Menge praktischer Hindernisse aus dem Weg räumen“, berichtete Dr. Elke Heege: Die Einbecker Tafel und namentlich dort Thomas Döhrel und Marco Spindler sprechen mögliche Interessierte direkt an, ob sie Karten für Kulturveranstaltungen erhalten möchten. Zur Verfügung stehen dafür zurzeit zunächst Karten von Veranstaltungen des städtischen Kulturrings. Bei der Einbecker Tafel erhalten zurzeit 150 Bedarfsgemeinschaften regelmäßig Lebensmittel, ein Drittel davon sei gezielt ansprechbar für die Kulturpforte, etwa 70 Prozent der Tafel-Kunden hätten einen Migrations- oder Flüchtlingshintergrund und manchmal (noch) Sprachschwierigkeiten, was man bei den Eintrittskarten natürlich berücksichtigen müsse, berichtete Dr. Elke Heege. Musikveranstaltungen seien da aber unproblematisch. Angesprochen werden mögliche Interessierte auch bei der Flüchtlingssozialarbeit sowie bei der Schuldnerberatung der Diakonie. „Ich glaube, dass sich das entwickelt“, sagte Dr. Heege, „ich bleibe da dran“. Angeregt wurde von der CDU, auch im Einbecker Kinder- und Familienservicebüro dortige Besucher gezielt auf vorhandene Kulturkarten anzusprechen.

Dass die AWO überhaupt noch, wie von ihr selbst über lange Zeit angestrebt, ins Boot Kulturpforte einsteigen wird, erscheint mir inzwischen unwahrscheinlich. Das von der Kultur- und Denkmalstiftung bewilligte Fördergeld für eine Software, mit der die freien Tickets einfacher vermittelt werden können, sei von der AWO nicht abgerufen worden, sagte Dr. Heege. Mit einer separaten Datenerhebung der Interessierten würden die datenschutzrechtlichen Probleme beginnen, das gab auch Ausschussmitglied Michael Büchting für die Flüchtlingsarbeit betreibende Diakonie-Stiftung zu bedenken. Doch zu der (separaten) Vorgehensweise sei damals von der Göttinger Kulturpforte geraten worden, es gerade nicht an die Tafel anzudocken, erinnerte die Kultur-Sachgebietsleiterin an die Präsentation der Göttinger in Einbeck.

Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) verzichtete darauf, nach Schuldigen für die lange Verzögerung bei der Kulturpforte in Einbeck zu suchen und diese zu benennen. Im Rathaus jedenfalls und bei der Kultur-Sachgebietsleiterin finde man diese aber nicht, sagte sie. Schuld ist auch ein großes Wort, dennoch gehört es dazu, nach Verantwortlichkeiten zu fragen, warum etwas lange dauert, sich verzögert, schiefgeht. Und es gehört zu Politik, dies alles klar zu benennen. Es ist übrigens auch keine Schande, mal einen Fehler zuzugeben. Wo Menschen arbeiten, werden solche gemacht.

35 Monate und noch immer keine Kulturpforte offen

Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU).

Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU).

Lange nichts mehr gehört von der geplanten Kulturpforte, einem Projekt, bei dem vergleichbar dem der Tafeln nicht genutzte Eintrittskarten von Kulturveranstaltungen für sozial schwächere und interessierte Bedürftige zur Verfügung gestellt werden sollen. Zuletzt war die Rede davon, dass die Kulturtafel im vergangenen Herbst starten sollte. Daraus wurde nichts. Wie jedoch der aktuelle Sachstand ist, bleibt auch nach einer Anfrage von Ratsmitglied Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) in dieser Woche im Stadtrat zunächst unklar. Antwort mit dem Protokoll, die Zuständigkeiten im Rathaus haben gewechselt, niemand wusste was. Aha. 35 Monate seien mittlerweile seit der CDU-Initiative vom März 2014 vergangen, rechnete Hoffmann-Taufall vor. Doch noch immer können sozial Schwächere keine Tickets für Konzerte, Theaterstücke oder Comedyabende erhalten, die ohnehin verfallen und deren Plätze leer bleiben würden, weil niemand die Karten gekauft hat. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) habe sich das Projekt auf die Fahnen schreiben wollen, sagte Hoffmann-Taufall. Wie Einbeck von der Kulturpforte Göttingen bei Struktur und operativem Geschäft lernen und profitieren könnte, erläuterte der dortige Verein im März 2015 im Kulturausschuss. Im September 2015 dann die Aussage, dass es losgehen könne. Bald. In Kürze. Unverzüglich. Doch daraus wurde nichts. Heidrun Hoffmann-Taufall hält eine Kulturtafel heute wichtiger denn je, gesellschaftliche Teilhabe und soziale Integration seien in der aktuellen gesellschaftlichen Situation notwendig, sagte sie im Stadtrat. Kultur darf nicht nur für diejenigen sein, die es sich leisten können.

Es kommt der Entwertung eines Antrags gleich, wenn dessen Bearbeitung und Umsetzung verzögert und verschleppt wird – so lange möglichst, bis im Zweifel niemand mehr nachfragt? Möchte da jemand die Sache klammheimlich beerdigen, weil sie vielleicht doch nicht so läuft wie großmännisch angekündigt? Das wird nicht funktionieren. Ach übrigens, wie schon einmal im Kulturausschuss im März 2016, hätte im Stadtrat in dieser Woche vermutlich einer unmittelbar und direkt und auf aktueller Sachlage basierend antworten können. Aber der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Hojnatzki konnte auch an diesem Abend den AWO-Vorsitzenden, der er auch ist, gut abspalten. Und stumm bleiben. Und formal war ja bei der Frage Hoffmann-Taufalls auch die Verwaltung angesprochen. Schon klar. Kollegialer Umgang jedoch geht anders.

Wenn es nicht so traurig wäre, könnte man über den müden Witz lachen, dass wahrscheinlich eher der Berliner Flughafen öffnet als die Einbecker Kulturpforte…

Nachtrag 28.02.2017: Wie angekündigt, hat die Stadtverwaltung mit dem Protokoll der Ratssitzung heute nachrichtlich einen aktuellen Sachstand zur Kulturpforte mitgeteilt, mehr soll es dann aktualisiert in der nächsten Kulturausschuss-Sitzung am 30. März geben, bleiben wir also gespannt, zum Beispiel ob sich der Projektträger dann oder bis dahin einmal selbst äußert. Bei der schriftlichen Antwort aus dem Rathaus jedenfalls lohnt es sich wirklich, auf jedes Wort zu achten: „Die AWO Einbeck konnte das Projekt bisher nicht vollständig umsetzen“, heißt es im Protokoll. „Derzeit werden noch datenschutzrechtliche Voraussetzungen geprüft. Außerdem muss der erfolgversprechendste Weg zur persönlichen Ansprache möglicher Empfänger noch in Absprache mit der Einbecker Tafel entwickelt werden.“ Ich kann kaum glauben, was ich da lese. Nach so langer Zeit müssen noch „datenschutzrechtliche Voraussetzungen“ geprüft werden? Warum ist das nicht längst geklärt, zumal ja das in Göttingen bereits laufende Projekt als Vorbild dienen soll? Und noch viel weniger glauben kann ich den nächsten Satz, dass erst noch ein Weg gefunden werden soll, wie man potenzielle Nutzer persönlich ansprechen will… Wie wäre es direkt, persönlich, unmittelbar? Haben Sie Interesse an einer Karte für die Zwölf Tenöre? Aber wahrscheinlich müssen die Beteiligten dafür erst noch einen Arbeitskreis, eine Findungskommission und eine Umsetzungsgruppe bilden. Ich fasse das alles nicht, schon der erste Satz der Mitteilung ist eine höfliche Umschreibung. Er könnte nämlich auch lauten: „Die AWO hat das Projekt bislang nicht wie angekündigt umgesetzt.“

Nachtrag 13.03.2017: Die CDU-Ratsfraktion hat in einer Pressemitteilung noch einmal die Umsetzung angemahnt. Es könne nicht angehen, dass das Thema „Kulturpforte für Einbeck“ seit mittlerweile knapp drei Jahren nicht voran gehe. Der AWO-Ortsverein habe sich seinerzeit um die Umsetzung praktisch gerissen. Es passe nicht zur bereits begonnenen Wahlkampagne der SPD und es passe auch nicht zu einer SPD-nahen Organisation, dass die Stärkung gesellschaftlicher Teilhabe und sozialer Integration in den Hintergrund gerückt werde statt sie mit Nachdruck voranzutreiben. Es könne der Eindruck entstehen, der Antrag zur Errichtung einer Kulturpforte würde von der SPD blockiert, meint die CDU. Nach drei Jahren die Verzögerung mit datenschutzrechtlichen Regelungen zu entschuldigen, mache sprachlos. Zudem würden durch die Kultur- und Denkmalschutzstiftung zugesagte Finanzmittel durch diesen Stillstand ebenfalls blockiert. Das werde man nicht länger hinnehmen, erklärte die CDU-Ratsfraktion.

Nachtrag 14.03.2017: Durch Zufall wurde ich heute aufmerksam auf die Beratungsunterlagen für die nächste Kulturausschuss-Sitzung (30. März), die im öffentlichen Ratsinformationssystem nachzulesen sind. Nach diesen Informationen hat die Kulturpforte in Einbeck bereits geöffnet! Denn seit der achten Kalenderwoche, also seit 20. Februar, würden Kunden der Tafel gezielt angesprochen, auch habe der seit Jahresbeginn wieder zur Stadtverwaltung gehörende  Kulturring 50 Eintrittskarten für verschiedene Veranstaltungen der laufenden Saison zur Verfügung gestellt. Die praktische Umsetzung der Kulturpforte habe begonnen. Schön zu wissen. Schlecht, davon erst durch Zufall zu erfahren. „Es besteht Übereinstimmung in der Einschätzung, dass die Anlaufstelle zunächst grundsätzlich die Tafel sein sollte, auch wenn vielleicht zunächst nur ein Viertel der registrierten Kunden sich auf das Angebot einlässt“, heißt es in der Vorlage aus dem Rathaus. So würden auch keine datenschutzrechtlichen Probleme entstehen, heißt es. Zwischen wem Übereinstimmung besteht, wird leider in der Vorlage nicht erwähnt. „Wenn auf diese Weise erste positive Erlebnisse zur Bereitschaft führen, sich in eine gesonderte Datenbank für weitere Kulturangebote aufnehmen zu lassen, wird diese Datenbank bei der AWO gepflegt und weiter entwickelt“, heißt es zum Sachstand weiter. „Auf diesem unbürokratischen Weg soll die kulturelle Teilhabe zunächst für ein halbes Jahr erprobt werden. Wenn erforderlich, kann eine umfangreichere Inanspruchnahme mit noch mehr aktiver Arbeit von Seiten der AWO weiterentwickelt werden.“ Wann wer eine Probezeit für das Projekt beschlossen hat und wer dieses jetzt komplett zur Einbecker Tafel transferiert und die AWO zunächst entlastet hat, ist mir sicherlich nur entgangen…

Eine Chance für die Stadt doch nicht vertan

Wer der Debatte über den Neustädter Kirchplatz gestern im Stadtentwicklungsausschuss folgte, konnte zeitweilig auf die Idee kommen, dass diese Stadt dringendst Parkplätze benötigt (direkt vor der Geschäfts- respektive Arzt-Tür) und alles in dieser Stadt einzig und allein an Parkflächen auf dem zentralen Innenstadtplatz hängt. Hatten da einige meine Glosse in meiner Freitagskolumne etwa doch ernst gemeint und damit falsch verstanden? Am Ende haben die Ratsmitglieder noch die Kurve gekriegt und die Chance für die Stadt doch nicht vertan, nicht allein dem Fetisch Parkplatz gehuldigt. Die Diskussion aber, soviel wage ich zu prophezeihen, ist noch lange nicht an ihrem Ende. Einstimmig bei einer Enthaltung von Dr. Reinhard Binder (FDP) hat der Fachausschuss beschlossen, mit dem Sieger des Architektenwettbewerbs, dem Büro Planorama aus Berlin, weiter zu planen. Die Verwaltung ist beauftragt, die Planung auf der Grundlage des Siegerentwurfs mit den eingearbeiteten, vorgenommenen Planveränderungen (Bushaltestellen, Brauhaus-Zufahrt) voranzutreiben. Immer im Hinterkopf, so viele Parkplätze wie möglich auszuweisen. Dabei soll zusammen mit den Stadtwerken vor allem das vorhandene Parkhaus am Brauhaus stärker eingebunden werden. Zeitpläne, also wann der Platz so aussehen kann wie die Änderungsentwürfe vorsehen, wurden gestern nicht bekannt. Was natürlich auch daran liegt, dass bislang keine Kosten benannt sind, und auch nicht abschließend geklärt ist, wer das alles bezahlt. Die Stadt wird es nur zum geringen Eigenanteil sein, der Löwenanteil wird aus Fördertöpfen kommen (müssen).

Anfangs drehte sich in der Debatte im Ausschuss alles nur um Parkplätze. Erzürnt hatte dabei mehrere Kommunalpolitiker ein aktuelles Schreiben des Niedersächsischen Landesamtes für Denkmalpflege (NLD), das deutlich darauf hingewiesen hatte, dass der Umbau des Platzes nicht mehr förderfähig würde sein können, wenn die Politik den Architekten-Entwurf allzu freihändig in Richtung Platz als Parkplatz verändern würde. Was Dr. Reinhard Binder (FDP) als „Frechheit“ aus Hannover empfand, Rolf Hojnatzki (SPD) sprach von einem „Diktat“, das die Möglichkeiten der Politik auf ein Minimum einschränke. Bauamtsleiter Frithjof Look, der das NLD-Schreiben den Politikern nicht vorenthalten hatte, verwahrte sich gegen den Vorwurf, die Verwaltung gängele die Politik. Seine Aufgabe aber sei es, die Konsequenzen von möglichen Entscheidungen vorzulegen.

„Sie haben eine Chance“, sagte Planorama-Geschäftsführer Maik Böhmer. Dafür müsse aber die Frage geklärt sein, ob man einen Stadtplatz oder einen Parkplatz wolle, erklärte der Landschaftsarchitekt im Stadtentwicklungsausschuss. „Hängt das Glück der Stadt an 14 Parkplätzen?“ Von heute 54 Stellplätzen werden vermutlich 14 Parkflächen wegfallen. Entschieden ist das aber noch nicht abschließend. Und gar nicht berücksichtigt ist, weil es nicht Auftrag für Planorama war, das vorhandene, das nur gering genutzte Parkhaus.

„Als alter Einbecker weiß ich, wie wichtig Parkplätze sind“, warb Armin Hinkelmann (GfE) für eine maximale Parkplatzzahl auf dem Neustädter Kirchplatz. Dafür war auch Walter Schmalzried (CDU): „Wir haben mehr Bedarf an Parkplatz als an Aufenthaltsraum für Bürger, die gar nicht da sind.“ Schmalzried möchte keine wertvolle Fläche verschenken. „Ich frage mich, wer sich dort aufhalten soll auf dem Platz?“, ätzte Dr. Reinhard Binder.

Nicht alle konzentrierten sich jedoch auf eine maximale Parkplatzzahl. „Ich sehe eine große Chance für einen Multifunktionsplatz“, sagte Klaus-Reiner Schütte (SPD). Einbeck habe zentral bereits viele Parkplätze. Das sah auch Dietmar Bartels (Grüne) so, Einbeck habe „wahnsinnig viele Parkplätze, die liegen nur gefühlt immer zu weit weg“. Auch Joachim Dörge (CDU) verstand die Debatte um die Parkplätze nicht, es seien immer nur ein paar Minuten des Weges von einem Parkplatz zu einem Geschäft. Man solle den Platz als Platz nutzen, nicht als Parkplatz, forderte Peter Osterloh, hinzugewähltes Ausschuss-Mitglied. „Es wird Zeit“, sagte Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU), entstehen könne ein schöner, freier, deutlich aufgewerteter Platz.

Ich bleibe optimistisch, dass der Platz tendenziell vor allem ein Platz bleibt, so wie das auch die Planorama-Profiplaner sich gedacht haben und wofür das Preisgericht vor Monaten einstimmig votiert hat. „Am Ende wird ein Kompromiss stehen“, sagte Maik Böhmer, Inhaber von Planorama. „Aber wir werben für unseren Ansatz.“ Aus dem Platz lasse sich viel herausholen. Wer jedoch Wettbewerbsergebnisse leichtfertig vom Tisch wischen will (weil er imgrunde meint, sowieso der bessere Stadtplaner zu sein), braucht keine Wettbewerbe auszuloben.

So könnte der Neustädter Kirchplatz einmal aussehen: Parkplätze im Süden, Bushaltestelle in Beverstraße und an der Hullerser Straße und mit viel Freifläche. (c) Planorama Berlin

So könnte der Neustädter Kirchplatz einmal aussehen: Parkplätze im Süden unter den vorhandenen Linden, Bushaltestellen für die verschiedenen Linien in der Benser Straße und an der Hullerser Straße entlang des Amtsgerichts und mit viel Freifläche, Brunnen, Baumhain und Pavillon im Norden. (c) Planorama, Berlin

3000 Schritte mit Bewegungs-Begleiter

Nach dem Essen sollst Du ruhen, sagt der Volksmund – oder 1000 Schritte tun. Bei einem 3000-Schritte-Pfad durch Einbeck wären dann ja sogar schon die drei Hauptmahlzeiten des Tages abgedeckt. Aber Spaß beiseite. Der Schul- und Sportausschuss des Stadtrates hat einen CDU-Vorstoß unterstützt und einstimmig die Verwaltung beauftragt, mit möglichen Akteuren wie dem ESV und anderen Vereinen, dem Einbecker Bürgerspital und Ärzten sowie dem Lions-Club einen 3000-Schritte-Pfad in Einbeck als Beitrag zur Gesundheitsprävention zu entwickeln. Wobei die Frage erlaubt sein muss: Musste das sein? Gibt es im Rathaus nichts Wichtigeres zu tun? Bei aller grundsätzlicher Akzeptanz, dass Bewegung in jedem Alter positiv ist: Ist das Aufgabe von Kommunalpolitik vor Ort? Wo kann Politik konkret tätig werden?, fragte zurecht SPD-Fraktionschefin Margrit Cludius-Brandt im Ausschuss. Mehr als einen Arbeitskreis moderieren wird die Politik nicht können. Könnten sich nicht aber die vorhandenen Aktiven alleine vernetzen? Hein-Peter Balshüsemann erklärte als Vorsitzender des Seniorenrates und als Ehrenvorsitzender des größten Einbecker Sportvereins ESV, dass es im ESV wie auch in anderen Vereinen bereits zahlreiche Angebote gebe, „was wollen wir mehr?“. Man wolle auch Menschen ansprechen, die sich nicht gerne in Vereinsstrukturen engagieren, begründete Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) den Antrag ihrer Fraktion. 3000 Schritte pro Tag könnten Demenz vorbeugen. Nur wer sich ausreichend bewegt, bleibt lange fit und gesund. Bewegungsbegleiter sollten für Senioren ausgebildet werden, Einbeck könne zur gesundheitsförderlichen Kommune werden, so Hoffmann-Taufall. Bewegungsangebote wie der Garten der Generationen mit seinen Sportgeräten im Stiftsgarten seien ja leider aus Geldmangel nicht weiter verfolgt worden, entgegnete Balshüsemann. Gesundheit und Sport gehören zu den berühmten freiwilligen Leistungen, die sich eine unter dem Zukunftsvertrag zum Sparen verpflichtete Gemeinde nur bedingt leisten dürfe, machte die Verwaltung deutlich. Für den Lions-Club und den Niedersächsischen Turnerbund erklärte Lutz Voss, dass es bereits ein Projekt gebe („3000 Schritte gegen Demenz“) und der Lions-Club sei bereit, dieses vor Ort zu finanzieren und damit diejenigen zu erreichen, die in keinen Vereinen aktiv sind. Was soll jetzt also konkret die Verwaltung tun, die von der Politik beauftragt wurde?

Kostendeckungs-Kultur

Nicht immer ist das Wilhelm-Bendow-Theater so gut gefüllt wie hier. Archivfoto

Nicht immer ist das Wilhelm-Bendow-Theater so gut gefüllt wie hier. Archivfoto

Etwa 8150 Zuschauer haben 2015 die Veranstaltungen der Events-Abteilung der Einbeck Marketing GmbH (früher Kulturring) besucht. Das große kulturelle Angebot in Einbeck und in der Region führe zu stärkerem Wettbewerbsdruck, erläuterte Geschäftsführer Florian Geldmacher im Kulturausschuss. Durchschnittlich etwa 70 Prozent waren die Musik-, Theater-, Comedy- und Kinder-Veranstaltungen ausgelastet. Wobei es deutliche Unterschiede gab, die Reihen vor allem im Wilhelm-Bendow-Theater am Hubeweg mal mehr (Kinderstücke, 95,2 Prozent), mal weniger gut (Theaterstücke, 42,8 Prozent) besetzt waren. Gerade beim Schauspiel mit seiner geringen Auslastung von noch nicht einmal 50 Prozent könne man nicht zufrieden sein, sagte Geldmacher. Man werde sich konzentrieren müssen darauf, „was kostendeckend ist, nicht was schön wäre anzubieten“. Kultur indes kann und wird nie kostendeckend sein. Wie hoch denn das Defizit durch die nicht so üppige Kartennachfrage war, wollten Dietmar Bartels (Grüne) und Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) von Florian Geldmacher wissen. Der Geschäftsführer flüchtete sich ins Ungefähre, Zahlen oder auch Größenordnungen könne er nur in der Gesellschafterversammlung oder im Verwaltungsausschuss nennen. Beide Gremien tagen allerdings nicht öffentlich. Schade, dass niemand schärfer nachgehakt hat. Die Einbeck Marketing GmbH „gehört“ mehrheitlich der Stadt, sie ist 51-prozentige Gesellschafterin – und die Stadt Einbeck sind wir Steuerzahler. Und wir alle haben ein Recht auf eine öffentliche Information, was uns die Kultur kostet. Eben weil – wie es Geldmacher so schön sagte – Einbeck Marketing „von der Stadt eine Aufgabe übertragen und Personal gestellt bekommen“ hat. Nur wenn wir die Zahlen kennen, können wir beurteilen, ob wir uns beispielsweise öffentlich finanzierte Theater-Kultur leisten können und wollen.

Nachtrag 14.06.2016: Der Grünen-Kreistagsabgeordnete Hans-Joachim Nehring (Einbeck) fragt sich in einem Leserbrief (Leserbrief Nehring 140616) verwundert, warum der Einbeck-Marketing-Geschäftsführer das Defizit nicht nennen mag und spekuliert, ob die GmbH etwas zu verbergen habe. Nehring und die Grünen hatten bereits in der Vergangenheit die Finanzen der Gesellschaft hinterfragt, die später von Einbeck Marketing GmbH anders dargestellt wurden.

Unter jungen Linden

Einst von August Stukenbrok erbaut, soll die wunderbare Villa ein Freizeittreff für Jugendliche werden.

Einst von August Stukenbrok erbaut, soll die wunderbare Villa ein Freizeittreff für Jugendliche werden.

Während andernorts in Einbeck am neuen Haus der Jugend intensiv gehämmert und gemalert wird und die Bauarbeiten für die im Frühjahr vorgesehene Eröffnung auf die Zielgerade biegen, hat jetzt ein anderes Haus für Jugendliche etwas mehr Licht der Öffentlichkeit bekommen – und dort wird im Innern auch kräftig gewerkelt. Im Kulturausschuss haben Martin Keil und Volker Stix das Projekt „Junge Linde“ vorgestellt. Am Hubeweg direkt gegenüber vom Neuen Rathaus und mit Blick auf einen wieder weißen Rathaus-Giebel entsteht in der alten Jugendstil-Villa eine Begegnungsstätte für junge und jung gebliebene Menschen, so das Ziel. Das denkmalgeschützte Haus konnte über eine Eigentümergemeinschaft erworben werden, berichtete Martin Keil. Betreiber ist der Verein Kulturfreunde Tangobrücke. Wichtig ist den Machern ein Angebot, das komplementär zum Haus der Jugend ist. Es soll also ergänzen. Eine laute Disko werde es in der „Jungen Linde“ ganz sicher nicht geben, sagte Keil. Das sei eher etwas für das Haus der Jugend oder die geplante benachbarte Mehrweckhalle am Kohnser Weg, also am Stadtrand. Die „freie Zeit Hütte“, wie das Projekt sich im Untertitel salopp nennt, will Jugendlichen ein Treffpunkt sein, beispielsweise nach der Schule (auf dem Weg zurück zum ZOB), oder bei Freistunden für Goetheschüler. Die Schüler könne man hier zentraler erreichen als am Kohnser Weg, dorthin gehe niemand für eine halbe Stunde, sagte Volker Stix. Die „Junge Linde“ ist außerdem als Ort der aktiven Integration konzeptioniert, an dem kurzfristig auch Wohnraum für Flüchtlinge geschaffen werden soll. Das Projekt soll von den Nutzern so weit wie möglich selbst verwaltet werden, betreut durch vor Ort wohnende „Schlüsselverantwortliche“.

Im Kulturausschuss stellten Martin Keil (2.v.r.) und Volker Stix (r.) das Projekt vor.

Im Kulturausschuss stellten Martin Keil (2.v.r.) und Volker Stix (r.) das Projekt vor.

Bewusst provokant fragte Bernd Huwald (CDU) in der Kulturausschuss-Sitzung, warum Jugendliche noch ins Haus der Jugend gehen sollten, in das die Stadt Einbeck ja nicht unerhebliche Geldbeträge aus dem Haushalt investiere. Findet in der „Jungen Linde“ die gepflegte Jugendarbeit statt – und im Haus der Jugend draußen ist Krawall, wie es Huwald provokativ formulierte? Das verneinten die Macher der „Jungen Linde“ energisch. Mit dem Stadtjugendpfleger habe man intensiv gesprochen, sagte Martin Keil. Ziel sei, eine Vielfalt für Jugendliche zu schaffen, es gebe ja auch nicht nur das eine „Haus für Erwachsene“ in Einbeck. Parallelstrukturen wolle man nicht schaffen, vielmehr durch intensive Netzwerkarbeit mit lokalen Vereinen, Schulen und Initiativen die Szenerie beleben.

Dr. Reinhard Binder (FDP) fand es wichtig, dass durch die Ausführungen Martin Keils die Befürchtung entkräftet worden sei, dass die „Junge Linde“ Konkurrenz zur Stadtjugendpflege sein wolle. Rainer Koch (GfE) sagte die Unterstützung seiner Fraktion zu, die „Junge Linde“ könne ein zusätzlicher Baustein für Jugendkultur in Einbeck sein. Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) sah bei allem positiven Engagement für einen Treffpunkt in zentraler Lage die Gefahr, dass durch unterschiedliche Jugendzentren verschiedene gesellschaftliche Gruppen angesprochen werden und sich auseinander entwickeln. Das dürfe nicht passieren.

Bei allem Wohlwollen und trotz aller Beteuerungen muss die Frage erlaubt sein, ob hier nicht doch durch die im aktiven Betrieb später einsetzende normative Kraft des Faktischen Parallel- und Konkurrenzstrukturen geschaffen werden, aus welcher Motivation auch immer. Weil die Standortentscheidung für das neue Haus der Jugend einigen bis heute nicht passt? Schade übrigens, dass der mehrfach angesprochene Stadtjugendpfleger Henrik Probst im Kulturausschuss keine Gelegenheit hatte, sich aus seiner Sicht zu dem Thema zu äußern. Aber sicherlich lag das nur einzig und allein daran, weil das Projekt nicht in „seinem“ Ausschuss, dem für Jugend, präsentiert wurde (warum eigentlich?), sondern im Kulturausschuss, in dem der Stadtjugendpfleger kein Mitglied ist. Oder?

Der Ausschuss für Jugend, Familie und Soziales besichtigt übrigens vor seiner nächsten Sitzung am 22. März um 16.30 Uhr die Baustelle Haus der Jugend am Kohnser Weg. Von der „Jungen Linde“ ist dort auf der Tagesordnung keine Rede…

Am Hubeweg in direkter Nähe zum Neuen Rathaus und am Schulweg vieler Jugendlicher liegt die "Junge Linde".

Am Hubeweg in direkter Nähe zum Neuen Rathaus und am Schulweg vieler Jugendlicher liegt die „Junge Linde“.

Kulturpforte öffnet später

Die Kulturpforte in Einbeck wird erst ein Jahr später als ursprünglich gedacht öffnen und Eintrittskarten von Kulturveranstaltungen an bedürftige Menschen mit geringem oder gar keinem Einkommen abgeben können. Ursprünglich war geplant, das Projekt in Einbeck bereits im Oktober vergangenen Jahres zu starten und ab Januar 2016 die ersten Tickets von Konzerten, Lesungen oder Theaterstücken abzugeben. Bereits in der jüngsten Ratssitzung Mitte Februar war Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) auf Anfrage diese Verzögerung bestätigt worden. Weil ein Teil des zugesagten Fördergeldes fehle, hieß es von Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder zur Begründung. Von einigen Tausend Euro war die Rede, insgesamt sind für die Kulturpforte Einbeck rund 21.000 Euro notwendig, so war es jedenfalls angekündigt worden. In der gestrigen Kulturausschuss-Sitzung wurde nun – ebenfalls erst auf hartnäckige Nachfrage von Heidrun Hoffmann-Taufall – bekannt, dass es in Einbeck noch mehrere Monate dauern wird, bis wie in Göttingen die ersten Eintrittskarten an bedürftige Menschen vermittelt werden können. Immerhin aber: „Das Projekt ist durchfinanziert“, sagte Dr. Elke Heege aus dem Sachgebiet Kultur der Stadtverwaltung. Genaue Zahlen nannte sie nicht. Nachdem jetzt alle Anträge genehmigt seien, würden jetzt bei der Arbeiterwohlfahrt (AWO) die Vorbereitungen mit zwei Mitarbeitern in die heiße Phase gehen und in Kooperation mit der Kulturpforte Göttingen die Datenbanken aufgebaut und potenzielle Nutzer angesprochen, das seien sensible Daten und dafür sein „ein bisschen Vorlaufzeit“ notwendig. Start könne jetzt im Herbst sein, sagte Heege.

Ärgerlich finde ich nicht die Tatsache, dass ein gutes Projekt später als geplant startet, das kann immer passieren. Höchst ärgerlich finde ich allerdings, dass diese Verzögerung erst auf mehrfache Nachfrage eines Ratsmitgliedes öffentlich wurde. Hätte CDU-Frau Heidrun Hoffmann-Taufall gestern wie im Februar im Stadtrat nicht nach der Kulturpforte gefragt, wüssten wir wahrscheinlich bis heute nicht, dass es noch Monate dauern wird, bis die ersten Kultur-Tickets vermittelt werden können. Und auch meine nach der Ratssitzung gestellte Anfrage zu der Thematik wurde im Rathaus – höflich gesagt – ausweichend behandelt, niemand wollte sich äußern – oder tat es erst auf Nachfrage mit windelweichen Formulierungen, die keine Klarheit brachten. Klare Antworten auf meine klaren Fragen waren es jedenfalls nicht.

Ratsherr Rolf Hojnatzki (SPD) lehnte es gestern im Kulturausschuss übrigens ab, zu der Thematik etwas zu sagen. Er sitze im Ausschuss nicht als AWO-Vorsitzender, sondern für die SPD. Merkwürdig, dass er im gleichen Ausschuss im September vergangenen Jahres die Kulturpforte für Einbeck vorgestellt hatte, damals schien das kein Problem für ihn zu sein. Aber damals gab es ja auch positive Nachrichten zu vermelden. Schade, dass einigen Medien immer nur dann hilfreich und nützlich scheinen, wenn sie etwas zu verkünden haben.

Nachtrag 28.05.2016: Wie aus den Beratungsunterlagen für die nächste Kulturausschuss-Sitzung am 7. Juni hervor geht, wird der AWO-Ortsverein als Träger des Angebots in Einbeck spätestens zum 1. Juni Mitglied im Verein Kulturpforte Göttingen. Gegenwärtig werde bei der AWO „die Maßnahme technisch und inhaltlich vorbereitet“, das Projekt sei für die nächsten zwei Jahren finanziert, heißt es aus dem Rathaus, also für 2016 und 2017? Das steht dort leider nicht in der Beratungsvorlage, nur dass ab 1. August ein Bundesfreiwilligendienstleistender (BuFDi) den Aufbau der notwendigen Datenbank betreuen sowie Kartenakquise und -vermittlung in Zusammenarbeit mit ehrenamtlichen Helfern übernehmen werde. Ob die ersten Karten nun wirklich definitiv im Herbst vermittelt werden können, werden wir also eindeutig wieder erst in der Ausschusssitzung erfahren. Hoffentlich nicht wieder erst auf hartnäckige Nachfrage.

Nachtrag 07.06.2016: Wie Sachgebietsleiterin Dr. Elke Heege im Kulturausschuss berichtete, sollen die ersten Eintrittskarten im Herbst mit Beginn der neuen Spielzeiten vermittelt werden, derzeit werde die entsprechende notwendige Infrastruktur aufgebaut.

High Heels oder Hausschuhe?

High Heels? Hausschuhe? Heute diskutieren (v.l.) Heidrun Hoffmann-Taufall, Elisabeth Motschmann, Dr. Roy Kühne.

High Heels? Hausschuhe? Heute diskutieren (v.l.) Heidrun Hoffmann-Taufall, Elisabeth Motschmann, Dr. Roy Kühne. Montage: CDU

Der Titel klingt plakativ, provozierend. Am heutigen Weltfrauentag hat sich die Frauen-Union der CDU zu einer Veranstaltung entschlossen, bei der es aber um weit mehr gehen soll als um Klischees, um mehr als nur um High Heels oder Hausschuhe. Wie die FU-Vorsitzende Heidrun Hoffmann-Taufall (Einbeck) mitteilt, geht es ab 18 Uhr in Northeim, Hotel „Deutsches Haus“, Am Münster 27, darum, welche Haltung Frauen entgegen gebracht wird. „Was hat sich tatsächlich in den letzten Jahrzehnten gewandelt, was muss sich noch verändern, damit dem Anspruch nach Gleichstellung (nicht Gleichmachung) entsprochen wird?“, lautet eine entscheidende Frage des Abends. Das Impulsreferat hält die CDU-Bundestagsabgeordnete und Vorsitzende der Frauen-Union Bremen, Elisabeth Motschmann. Nach dem Vortrag findet ein Podiumsgespräch statt, bei dem verschiedene Altersgruppen zu Wort kommen – CDU-Bundestagsabgeordneter Dr. Roy Kühne, Augenärztin Dr. Ingrid Gralle sowie Pastor und Autor Albrecht Gralle werden mit dabei sein. Auch die Studentin und Junge-Union-Vorsitzende Vanessa Storre will Einblick gewähren, wie ihr Bild einer Frau entstanden ist und wie sich dieses Bild in ihrem Alltag niederschlägt, heißt es in einer Pressemitteilung.

Vom Ende einer Diskussion – oder ihrem Anfang?

Zu groß, zu unpraktisch? Das Neue Rathaus wurde einst als Kaserne gebaut.

Das Neue Rathaus in Einbeck. Archivfoto.

Man kann eine Geschichte lang oder kurz erzählen. Mehr als 90 Minuten hat die Debatte über den Rathauskauf im Einbecker Stadtrat am Mittwoch Abend gedauert, bis die Entscheidung feststand. Inhaltliche Überraschungen gab es nicht, die Fraktionen haben ihre seit Wochen bekannten und unter anderem hier, hier und hier ausführlich dokumentierten Positionen noch einmal vertreten. Der Ton war schärfer als sonst und als bei anderen Themen, da sind einige auch persönliche Wunden geschlagen, die nicht schnell heilen. Dennoch: Am Ende stand das imgrunde erwartbare deutliche Mehrheitsergebnis, auch wenn sich CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht bis ganz zum Schluss eine nur knappe Mehrheit herbei zu reden versuchte und anfangs probierte, das Thema von der Tagesordnung zu tilgen. Mit einer deutlichen 27:18-Stimmen-Mehrheit hat der Einbecker Stadtrat beschlossen, das Neue Rathaus zu kaufen – kreditfinanziert für rund 8,5 Millionen Euro plus Nebenkosten bei einer Zinshöhe von maximal 1,75 Prozent und einer Zinsbindung und Laufzeit von 20 Jahren. In namentlicher Abstimmung sprachen sich SPD und Bürgerliste/GfE geschlossen dafür aus, aus wirtschaftlichen Gründen das Grundstück am Ostertor mit dem denkmalgeschützten Gebäude von der Schramm-Grundstücksgesellschaft-Teichenweg GbR zu erwerben. CDU, FDP und Grüne waren gegen einen Kauf. Auch Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek stimmte mit Nein; sie hatte einen Neubau favorisiert. Aus der CDU-Fraktion stimmte einzig Ratsherr Walter Schmalzried für den Rathauskauf.

Die Geschichte soll deshalb hier nur kurz sein: Weil ich mir trotz der getroffenen Entscheidung nicht sicher bin, ob diese das Ende der Diskussion ist – oder erst ihr Anfang. Im nächsten Jahr sind Kommunalwahlen, da wird die Causa Rathauskauf bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit von allen Parteien herausgeholt und in ihrem jeweiligen Sinne interpretiert werden. Nach dem Motto: Schuld sind die anderen. Die Stadtratswahl 2016 wird zur nachträglichen Abstimmung der Wähler über den Rathauskauf. Mehrere Indizien und einen kleinen Vorgeschmack gab es in der Ratssitzung bereits. Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) meinte, ein Mehrheitsbeschluss müsse nicht die richtige Entscheidung sein. Ihrer Meinung nach spiegele er nicht den Bürgerwillen wieder. Und SPD-Fraktionschefin Margrit Cludius-Brandt nahm sich frontal die Bürgermeisterin vor: Es sei schade, dass diese alles wieder nur durch die (CDU-)Parteibrille sehe. Für eine Bürgerinformation mit den relevanten Fakten zum Rathauskauf hätte es keines CDU-Antrags bedurft, denn die sei grundsätzlich ihre Pflicht als Bürgermeisterin. Leider sei bei ihrer vom Verwaltungsausschuss politisch beauftragten Pressemitteilung durch gezieltes Weglassen ein falsches Bild entstanden, sagte Margrit Cludius-Brandt. Die von der Verwaltung skizzierten Vergleichsmodelle vor allem zu einem Neubau seien nicht durchdacht und belastbar, sondern Hellseherei und keine Grundlage für eine Diskussion.

Mit Spannung kann man jetzt noch Aussagen aus Hannover zu der Immobilien-Transaktion erwarten. Und auch hier gibt es unterschiedliche Lesarten: Während Dirk Ebrecht (CDU) meint, dass der Landkreis bei der Aufsichtsbehörde Innenministerium nachfragt, ob Einbeck mit dem Geschäft gegen die Kommunalverfassung verstoße, sieht es nach Meinung von Cornelia Lechte (GfE) der Landkreis Northeim positiv, dass durch die zu erwartenden Einsparungen der Haushalt weniger belastet werde.

Teil des Ratsbeschlusses ist, dass vor Umsetzung des Vertrages eine Bestätigung der Grundpfandrechtsgläubiger vorgelegt werden muss, der man entnehmen können muss, dass die Grundpfandrechte aus dem auszuzahlenden Kaufpreis abzulösen sind. Entscheidend ist dabei die Saldenbestätigung zu dem Zeitpunkt, an dem die Transaktion tatsächlich in den Büchern stattfindet.

Nach der Abstimmung meldete sich SPD-Ratsherr Ulrich Minkner zu Wort. Der ehemalige Bürgermeister (2006 bis 2013) gab eine persönliche Erklärung ab. Diese ist in Form, Inhalt und Zeitpunkt durchaus bemerkenswert, wollte sich Minkner bislang nicht zu den staatanwaltschaftlichen Ermittlungen öffentlich äußern. Ihn erfülle es mit Genugtuung, dass der Stadtrat – wenn auch spät – mit deutlicher Mehrheit seinem Vorschlag gefolgt sei, sagte der SPD-Mann. „Die Gegner des Eigentümers und die Opposition gegen mich als damaligem Bürgermeister haben für die Stadt einen Schaden im siebenstelligen Bereich angerichtet. Unterstellungen, unbewiesene Behauptungen und Halbwahrheiten mussten herhalten, um den sinnvollen Kauf zu verhindern. Bis hin zu Anklagen gegen mich und meinen Vorgänger blieb nichts unversucht, den Kauf zu verhindern“, sagte Minkner. Anklagen freilich sind noch gar nicht erhoben worden, bislang wird lediglich ermittelt – und am Ende jeder Ermittlung steht die Entscheidung der Strafverfolgungsbehörde, entweder Anklage zu erheben, oder aber das Verfahren einzustellen. Wobei Minkner mit seiner Vermutung, dies alles sei in den vergangenen Tagen natürlich rein zufällig der Presse zugespielt worden bis hin zum NDR, daneben liegen dürfte. Die Sache nahm im August (!) dieses Jahres im Finanzausschuss ihren Lauf, als die Bürgermeisterin auf Frage des CDU-Fraktionsvorsitzenden in öffentlicher Sitzung den dürren Satz sagte: “Die Staatsanwaltschaft hat Akteneinsicht im Zusammenhang mit dem Neuen Rathaus genommen.” Da fragt natürlich dann jeder Journalist, der das hört, einmal bei der zuständigen Staatsanwaltschaft an. Und dann im Vorfeld der Ratsentscheidung ein paar Monate später noch einmal nachzufragen, ob die Ermittlungen weiterhin laufen, ist schlichtes journalistisches Handwerk. So funktionieren Medien. Aber das andere klingt halt verschwörerischer…

Gegen Gleichmacher

Heidrun Hoffmann-Taufall und Dr. Bernd von Garmissen. Foto: CDU/FU

Heidrun Hoffmann-Taufall und Dr. Bernd von Garmissen. Foto: CDU/FU

Sie wertschätzt die Unterschiedlichkeit: der Geschlechter, der Kulturen, der Ansichten, der Vorlieben – und möchte, dass man in der Unterschiedlichkeit einen Gewinn erkennen möge: Heidrun Hoffmann-Taufall aus Einbeck ist gegen Gleichmacherei – und jetzt die neue Vorsitzende der CDU-Frauen-Union (FU) im Landkreis Northeim. Einstimmig wurde die Ratsfrau aus Einbeck in Northeim zur Vorsitzenden gewählt. Doris Thalheim (Gillersheim) und Helge Bosse (Bodenfelde) sind in ihren Ämtern als stellvertretende Vorsitzende bestätigt worden, heißt es in einer Pressemitteilung der FU (PM der FU der CDU im Landkreis NOM Vorstandswahl 2015 2. Fassung mit angenommenen Veränderungen.doc-1). Beide hatten als kommissarische Doppelspitze die Frauen-Union im Landkreis Northeim in den vergangenen eineinhalb Jahren geführt. „Ich verstehe die Frauen-Union als Ort, der es möglich macht, Themen ins Bewusstsein zu rücken, die bislang keine Beachtung gefunden haben“, wird Heidrun Hoffmann-Taufall in der Pressemitteilung zitiert. Sie sei keine typische Frauenrechtlerin, sondern kämpfe gern und wenn es darauf ankomme mit entschiedener Härte gegen festlegende Rollen, gegen Klischees, gegen Vorurteile und gegen Ausgrenzung. „Dann kann es auch passieren, dass ich mich für das männliche Geschlecht stark mache.“ Die Frauen-Union kündigte an, den Landratskandidaten der CDU, Dr. Bernd von Garmissen, im Wahlkampf zu unterstützen. Der 49-Jährige gehörte auch zu den ersten Gratulanten.

Kunst-Kästen dezentral gestalten

Gestalteter Stromkasten in Hullersen an der Feuerwehr.

Von BBS-Schülern gestalteter Stromkasten in Hullersen an der Feuerwehr.

Der Kulturausschuss hat sich auf die weitere Vorgehensweise beim Projekt „Kunst an Kästen“ geeinigt. Die Ortsräte und der Kernstadtausschuss sollen, wenn dieses jeweils auch gewollt ist, die Federführung für die künstlerische Gestaltung der in ihrem Zuständigkeitsbereich liegenden Verteilerkästen der Telekom und der Stadtwerke übernehmen. Allein die Stadtwerke haben mehr als 1000 Kästen. Durch die Federführung der Ortsräte komme Vielfalt in die Angelegenheit, sie müsse nicht zentral gesteuert oder vorgegeben werden, sagte Klaus-Rainer Schütte (SPD). Die Finanzierung der notwendigen Arbeitsmittel soll aus vorhandenen Ortschaftsmitteln oder durch Sach- und Geldspenden erfolgen, heißt es. Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) dankte der Verwaltung, dass diese den Antrag ihrer Fraktion nach einem Konzept so schnell auf den Weg gebracht habe. Sie hoffe, dass es nun nicht wieder Jahre dauere, bis die Ortsräte tätig würden. In Hullersen hatten sich Initiatoren um Ortsbürgermeisterin Eunice Schenitzki schon vor dem CDU-Ratsantrag auf den Weg gemacht, die Verteilerkästen im Ort durch Schüler der BBS Einbeck gestalten zu lassen, seit Juli dieses Jahres sind die bunten Kästen zu sehen. Interessierte könnten sich gerne in Hullersen melden, wenn sie wissen wollen, wie sie das Projekt angegangen sind, sagte Schenitzki. Von Gestaltungsregeln in der Innenstadt, wie sie noch im Sommer zu hören waren (die Kästen müssen grau/weiß bleiben, um nicht vom Fachwerk oder von der Umgebung abzulenken), ist jetzt keine Rede mehr gewesen. Ich bin mal gespannt, wann die ersten dem Hullerser Beispiel folgen. Wetten könnte ich, dass dies ein anderer Ortsteil sein wird, ist man doch auf dem Dorf handfestes Anpacken gewohnt. Aber ich lasse mich auch gerne vom Gegenteil überzeugen, dass in der Kernstadt die nächsten Kästen-Gestaltungen nach Hullersen von einer Gruppierung realisiert werden. Street-Art-Künstler, an die Dosen, fertig, los! Vielleicht kann man sogar irgendwann einmal einen Wettbewerb ausloben: Wer hat den schönsten Kasten?

Rathaus-Fragen

Das Thema Rathauskauf stand gar nicht auf der Tagesordnung, zumindest nicht im öffentlichen Teil der gestrigen Sitzung des Stadtrates. Und so nutzten zwei CDU-Ratsmitglieder die Chance, unter Anfragen ihren Wissensdurst über das Neue Rathaus zu stillen. Wobei: Antworten auf ihre Fragen gab es keine, lediglich den Verweis auf eine schriftliche Antwort. Das Protokoll dieser Stadtrat-Sitzungen wird deshalb vermutlich ein paar Leser mehr haben als sonstige Niederschriften… Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) möchte geklärt wissen, ob es haushaltsrechtlich okay ist, wenn das Neue Rathaus zu einem Preis über Wert gekauft werden sollte. Außerdem fragte die Ratsfrau nach, ob sich Beteiligte haftungsrechtlich eventuell schuldig machen könnten, wenn sie dem Rathauskauf zustimmen. CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht hatte da bereits gefragt, ob es neben den zwei bekannten Vertragsänderung weitere Änderungen am Vertrag zum Neuen Rathaus gibt und ob dieser Vertrag allen Ratsmitgliedern zugänglich gemacht werden kann. Außerdem fragte Ebrecht nach den tatsächlichen Herstellungskosten der Immobilie, in dem seit 1996 die Stadtverwaltung Mieter ist und die zuvor umgebaut, erweitert und saniert worden war. Ebrecht möchte wissen, ob es Nachweise über die Baukosten gibt, ob diese geprüft worden sind und wer das wann getan hat.

Nachtrag 16.10.2015: Die Stadtverwaltung hat jetzt ihre Antworten zu den von Ebrecht (Antwort Anfrage DE) und Hoffmann-Taufall (Antwort Anfrage HHT) gestellten Fragen veröffentlicht. Die Vorlagen werden dem Rat in seiner nächsten Sitzung im Dezember ebenfalls zur Kenntnis gegeben, hieß es dazu.

Kunst-Kästen

Ortsbürgermeisterin Eunice Schenitzki (SPD).

Ortsbürgermeisterin Eunice Schenitzki (SPD) vor einem Stromverteilerkasten mit Bienenmotiv.

Grau ist alle Theorie. Sagt das Sprichwort. Grau sind auch die Stromkästen, die an der Straße stehen. Aber Theorie ist nicht viel notwendig. Eher eine handfeste, praktische Begabung und der Wille, konkret anzupacken und nicht nur Konzepte ausarbeiten zu lassen. Hullersen hat jetzt vorgemacht, wie es geht. Schon 2013 hatte Ortsbürgermeisterin Eunice Schenitzki erste Kontakte zum Stromversorger Eon aufgenommen und das Projekt initiiert. Nach vielen Gesprächen, auch mit den Berufsbildenden Schulen Einbeck, konnte es in diesem Jahr konkret werden: Rund 20 Schülerinnen und Schüler der BBS Einbeck im Berufsvorbereitungsjahr-Farbtechnik aus den Klassen von Karin Beinsen und Thorsten Espe haben seit Ende Mai mehrmals in der Woche die grauen Kästen verschönert. Richtige Kunstwerke sind entstanden. „Das habt ihr toll gemacht“, dankte heute Eunice Schenitzki den Schülerinnen und Schülern für ihren Einsatz. „Von jedem, der hier mitgemalt hat, ist das Selbstbewusstsein um mindestens 20 Zentimeter gewachsen“, sagte Beinsen. Alle von den BBS-Schülern gemalten Bildmotive auf den Stromkästen haben einen Bezug zur Umgebung, in der die Stromkästen im Dorf steht. Auch die Anwohner wurden in das Projekt mit einbezogen. Neben der Imkerei sind Bienen, neben einer Ferienwohnung beispielsweise ist eine Weltkugel zu sehen, neben der alten Amtsmühle ein Müller-Motiv, neben der Feuerwache ein auf dem Schlauch stehender Feuerwehrmann.

Stromkasten in Hullersen.

Stromkasten in Hullersen.

Und während in Hullersen schon der Malerpinsel geschwungen und konkrete Fragen nach Spezialfarbe geklärt waren, kam in der Juni-Ratssitzung die CDU mit einem Antrag „Kunst an Kästen“ um die Ecke. Die Stadtverwaltung wurde gebeten, „einen Vorschlag zur Herangehensweise und Umsetzung für die künstlerische Gestaltung der Verteilerkästen im gesamten Stadtgebiet zu entwickeln und dieses im Ausschuss für Kultur, Tourismus, Wirtschaftsförderung vorzustellen“, wie es in dem von Ratsfrau Heidrun Hoffmann-Taufall begründeten CDU-Antrag heißt. Im jüngsten Kulturausschuss hat Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder als erste Wasserstandsmeldung mitgeteilt, dass im Bereich innerhalb der Wallanlagen die Verteilerkästen einheitlich grau gestaltet seien, um nicht vom Stadtbild der Innenstadt mit dem Fachwerk abzulenken. Fortsetzung offen, wann es ein Konzept gibt, wie die Kästen gestaltet werden können, sollen und dürfen. Vor allem, von wem. Allein die Stadtwerke haben 1000 Stromkästen, da könnten sich einige Schulklasse austoben.

Sie freue sich sehr, dass die CDU-Fraktion ihre Idee mit ihrem Antrag aufgenommen habe, erklärte Hullersens Ortsbürgermeisterin Eunice Schenitzki, die für die SPD im Stadtrat sitzt. Sie lädt die Christdemokraten und alle Interessierten dazu ein, zur Besichtigung und Erläuterung der Details gern nach Hullersen zu kommen. Von Hullersen lernen, heißt anpacken zu lernen.

In ganz anderem Zusammenhang hat CDU-Ratsfrau Heidrun Hoffmann-Taufall übrigens genau das gemacht: Konkret in einem Kreis von Mitstreiterinnen eine ansehnliche Willkommensplattform im Internet für Flüchtlinge und Migranten mitkonzipiert und mit Inhalt gefüllt. Da musste kein Konzept in Auftrag gegeben werden, doch mal eine solche Website zu konzipieren. Da haben sie einfach angepackt.

Leitbild@Einbeck.de

Sechs Mitglieder der Projektgruppe und Dr. Florian Schröder und Frithjof Look von der Verwaltung stellten den Entwurf vor.

Sechs Mitglieder der Projektgruppe und Dr. Florian Schröder und Frithjof Look von der Stadtverwaltung stellten den Entwurf vor.

Einbeck gibt sich ein Leitbild, definiert mit viel Prosa die lokale Identität und formuliert mehr oder bislang eher weniger konkrete Ziele, an die Politik gebunden sein wird: Bei einer Informationsveranstaltung im Alten Rathaus haben sechs Mitglieder der Projektgruppe (Stadtrat) den Inhalt des ersten Entwurfs des Leitbildes der Stadt Einbeck vorgestellt. 24 Frauen und Männer haben sich als Zuhörer dafür an diesem Abend interessiert. Und wenn man einmal diejenigen abzieht, die diese Veranstaltung sozusagen von Berufs wegen besucht haben, wäre die Interessiertenzahl an einer Hand ganz locker abzuzählen. Woran das liegt? Viele wussten nicht, was sie erwartet, sie kannten den Text noch nicht. Erst nach länglicher Präsentation des Inhalts der acht thematischen Handlungsfelder konnten die Bürger dann Fragen stellen. Und die bezogen sich vor allem darauf, ob das Leitbild denn handlungsorientiert ist, verbindlich sein wird. Oder nur ein Text zum Abheften. Am Leitbild, seiner Richtung, werde sich die Arbeit des Stadtrates orientieren, sagte Rainer Koch (GfE). Das Leitbild, das in der Dezember-Ratssitzung beschlossen werden soll, sei ein parteiübergreifender, verpflichtender Handlungsrahmen, sagte Rolf Hojnatzki (SPD). Eventuell würden die Fraktionen unterschiedliche Wege zum definierten Ziel einschlagen. Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) betonte, Politik und Bürger müssten gemeinsam hinter dem Leitbild stehen, um es mit Leben zu erfüllen. Manche Inhalte habe man während der Diskussion in der Projektgruppe wieder aus dem Textentwurf genommen – zu konkret sei es manchmal gewesen. Für sie ist der Text die Zusammenfassung dessen, was der Rat in seiner Gesamtheit beschließen könne, sagte sie. Also mit anderen Worten: Der kleinste gemeinsame Nenner? Von FDP und Grünen war übrigens niemand bei der Veranstaltung präsent.

Zuhörer bei der Informationsveranstaltung zum Leitbild in der Rathaushalle.

Zuhörer bei der Informationsveranstaltung zum Leitbild in der Rathaushalle.

24 Zuhörer wollten dabei sein.

24 Zuhörer wollten dabei sein.

Zum Inhalt des vorliegenden Leitbild-Entwurfs habe ich mich schon geäußert. Bislang ist das ja ein erst Entwurf, der noch an Präzision gewinnen kann. Diese Hoffnung habe ich noch nicht vollständig aufgegeben. Den Hinweis von Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder bei der Bürgerinformationsveranstaltung, den Text vorab geleaked zu haben, nehme ich sportlich: Es mag ja den fein abgestimmten Zeitplan von Projekt- und Steuerungsgruppe gestört haben, die den Entwurf erst nach der Infoveranstaltung auf die Website der Stadt stellen und schriftlich an die Bürger verteilen lassen haben. Ich hatte offenbar einfach das Kapitel „Moderne Stadtverwaltung“ besonders intensiv gelesen und dort etwas von Transparenz vernommen. Überzeugt bin ich davon, dass es den fast einstündigen Frontal-Vortrag des achtseitigen Entwurfspapieres in der Rathaushalle aufgelockert und mehr Fragen erzeugt hätte, wenn sich schon mehr Bürger vorab mit dem Text hätten beschäftigen können. Der am 18. Juni öffentlich präsentierte Text hat übrigens den Stand vom 27. April dieses Jahres…

Auf der Grundlage des Leitbild-Entwurfs können sich die Bürger jetzt beteiligen. Anregungen, Ergänzungen, Änderungswünsche – alles das erreicht die Verantwortlichen direkt über die E-Mailadresse Leitbild@Einbeck.de. Aber auch auf klassischem schriftlichen Wege im Rathaus kann jeder seine Meinung sagen. Der Leitbild-Entwurf wird außerdem in den nächsten Wochen Thema in allen Ortsräten und im Kernstadtausschuss sein.

Eine Anmerkung zur Sitzordnung noch: Die Rathaushalle war bei der Infoveranstaltung wie eine Ausschuss-Sitzung möbliert, die im Tisch-Viereck sitzenden Politiker weit weg vom Bürger. Hier wäre ein Zusammenrücken und eine offenere, auf Dialog ausgerichtete Sitzordnung ein gutes Zeichen eines respektvollen und wertschätzenden Miteinanders gewesen.

Nach der Veranstaltung lag der Text zum Mitnehmen aus.

Nach der Veranstaltung lag der Text des Leitbild-Entwurfs für jeden zum Mitnehmen aus.

Streik-Belastung anerkennen

Heidrun Hoffmann-Taufall.

Heidrun Hoffmann-Taufall.

Im anhaltenden Streik der Erzieherinnen und Erzieher hat heute die Frauen-Union der CDU Einbeck/Dassel für die vom Streik betroffenen Eltern, die keine Notgruppe genutzt haben, eine Rückerstattung ihrer Kindergartengebühren gefordert. FU-Vorsitzende Heidrun Hoffmann-Taufall appelliert in einer Pressemitteilung (Wortlaut: PM Rückerstattung der Kindergartenbeiträge 2015-25-05 (1)) an die politischen Akteure, Kita-Beiträge in Form einer Pauschale zurück zu zahlen. „Damit soll den Eltern seitens der Kommune signalisiert werden, dass deren Erziehungsleistung und die zusätzliche Belastung wahrgenommen werden“, begründet Hoffmann-Taufall. Bei vollem Verständnis für die streikenden Beschäftigten in kommunalen Einrichtungen belaste insbesondere berufstätige Eltern und noch mehr alleinerziehende Mütter und Väter, wenn keine Betreuung wegen eines Streiks stattfinde. Sie wisse aus eigener Erfahrung, dass es eine große logistische Herausforderung darstelle, wenn die durchgeplante Betreuung der Kinder aus nicht selbst zu verantwortenden Gründen ausfalle, sagte Hoffmann-Taufall. Und das auf unbestimmte Zeit, denn wann mit einem Ende des Streiks und einer Einigung zwischen den Tarifpartnern zu rechnen sei, bleibe zurzeit offen. Der Frauen-Union sei auch bewusst, dass ein Streik juristisch als „höhere Gewalt“ zu bewerten ist und kein Rechtsanspruch auf Rückzahlung der Gebühren besteht. Da aber streikenden Mitarbeitern kein Lohn gezahlt werde, sparten die Kommunen hier Personalkosten. Die FU setzt auf die Freiwilligkeit, dieses Signal an die Eltern zu senden. Abzuwarten und spannend zu beobachten sein wird, ob die angesprochenen „politischen Akteure“, also die Bürgermeisterin in Einbeck und der Bürgermeister in Dassel, eine solche Rückerstattung vornehmen werden und ob sie die Zahlung einer vorgeschlagenen Pauschale als Geschäft der laufenden Verwaltung sehen oder politisch (durch Ratsbeschlüsse) absichern. Der Einbecker Stadtrat kommt das nächste Mal am 3. Juni zusammen, der Verwaltungsausschuss vorher.

Nachtrag 26.05.2015: Ähnlich hat sich die FDP im Landkreis Northeim heute geäußert (Wortlaut: PM FDP Rückerstattung Kita-Streik 260515). Auch die Freien Demokraten fordern eine Rückerstattung der Kita-Beiträge wegen des Streiks.

Dassels Bürgermeister Gerhard Melching hat erklärt, dass die Eltern nicht mit einer Rückerstattung rechnen könnten, da dies die Satzung nicht vorsehe.

Nicht neu, nur wortreicher

Das, was die CDU da in den vergangenen Tagen so wortreich als Neuigkeit verkaufen wollte (Worlaut: PM korrigiert 2015-03-31 Baumöglichkeiten schaffen), ist imgrunde alter Wein in neuen Schläuchen: Nämlich die Kombination des bereits einstimmig (!) in der vergangenen Ratssitzung Ende Februar auf den Weg gebrachten CDU-Auftrages an die Stadtverwaltung, die Baumöglichkeiten in Einbeck zu prüfen, sowie eines in jüngster Kulturausschuss-Sitzung untergegangenen bzw. mit der Rückkehrförderung vermischten CDU-Vorstoßes „Verbindung halten!“. Diese wegen anderer Gründe im Gedächtnis gebliebene Kultur-Sitzung ist übrigens eine der letzten, für die auch nach mehr als drei Wochen noch kein Protokoll öffentlich vorliegt.

Priorität Haus der Jugend?

Das Haus der Jugend liegt seit Juli 2014 am Rande des Parkplatzes des PS-Speichers.

Das Haus der Jugend (mit Grafiti-Giebelwand) liegt seit Juli 2014 am Rande des Parkplatzes des neuen PS-Speichers.

Der Zeitplan für den Umbau des ehemaligen Flüchtlingswohnheims am Kohnser Weg zum neuen Haus der Jugend ist massiv in Gefahr. Wahrscheinlich wird es mehrere Monate länger dauern, bis das städtische Jugendzentrum umziehen kann. Das wurde heute im Jugendausschuss des Stadtrates deutlich. Ursprünglich war der April 2015 als anvisierter Umzugszeitpunkt genannt worden, im Juni war im zuständigen Fachausschuss gar noch davon die Rede, dass es schneller gehen könnte, wenn man am vorgestellten Zeitplan „noch etwas zusammenschiebe“, sagte damals Fachbereichsleiter Albert Deike. Heute hörte sich das anders an. Die Maßnahme lasse sich leider nicht so wie vorgesehen umsetzen, erklärte er. Der von einem externen Architekturbüro erarbeitete Bauantrag ist am 20. August gestellt worden. Soweit so gut. Parallel sollte jedoch die Ausschreibung der Aufträge erfolgen, erläuterte der Jugend-Fachbereichsleiter. Der Fachbereich Bauen sehe sich aber zurzeit wegen anderer Projekte nicht in der Lage, dieses abzuarbeiten. Daher gebe es zwei Optionen: Entweder man vergebe den Gesamtauftrag an das Architekturbüro, dann sei der Termin April/Mai 2015 zu halten, das verursache aber etwa 63.000 Euro zusätzliche Kosten. Oder aber der Rathaus-Fachbereich übernehme die Aufgabe, dann müsse man als Umzugstermin September/Oktober 2015 nennen.

Wenn sich die Rathausspitze schon für die hausinterne Variante entschieden hat, kann die Politik dieses durchaus noch ändern – im Verwaltungsausschuss zum Beispiel. Für mich wäre das auch die logische Schlussfolgerung aus der heutigen einmütigen Äußerung des Jugendausschusses, man wolle schnellstmöglich ein neues Haus der Jugend. In der Tat ist es schon sehr bemerkenswert, wie schnell im vergangenen Jahr im städtischen Bauamt die wesentlich umfangreicheren Planungen zum PS-Speicher abgewickelt werden konnten. Die Jugend aber habe offenbar diese Prioritäten-Lobby nicht, meinten heute auch Rolf Hojnatzki (SPD) und Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) fast unisono. Ich bin gespannt, ob sich die Politik traut, beim Haus-der-Jugend-Projekt ein bisschen Dampf zu machen, auch auf die Gefahr, dass beispielsweise eventuell Projekte der heiligen Feuerwehr ein wenig warten müssten. Oder aber eben das Geld in die Hand zu nehmen, wenn sie es ernst damit meint, dass die Jugend ihr wichtig ist. Und übrigens: Schon in der Ausschuss-Sitzung im Juni war gesagt worden, dass sich der Bau-Fachbereich nicht in der Lage sehe, alle Aufgaben zu erledigen. Warum hat man damals nicht schon gehandelt?

Auf der einen Seite ist es verständlich, dass die Stadtjugendpflege die rund 60.000 Euro Planungskosten viel lieber als Grundstock für eine als Anbau geplante Multifunktionshalle nehmen würde. Auf der anderen Seite klingt es schon merkwürdig, wenn Stadtjugendpfleger Henrik Probst heute sagt, es sei von den Mitarbeitern durchaus zu verschmerzen, wenn es ein paar Monate länger bis zum Umzug dauere. Die schwierige Baustellen-Situation mit dem PS-Speicher gebe es ja nicht mehr, es sei wieder Ruhe eingekehrt, der Ferienpass im Sommer beispielsweise sei gut und problemlos gelaufen. Da könnte man ja die fast ketzerische Frage stellen, ob das Haus der Jugend überhaupt noch umziehen muss, wenn es doch auch am heutigen Standort irgendwie geht. Der PS-Speicher scheint ja das Gebäude und HdJ-Gelände (mit einem Mal?) nicht mehr allzu dringend zu benötigen…

Nachtrag 24.09.2014: In der heutigen Ratssitzung war das Haus der Jugend nur in den Mitteilungen der Bürgermeisterin kurz Thema. Aber auch nur in der Weise, dass die Jugendlichen bei der konkreten Planung des Umbaus beteiligt würden. Kein Wort von der Verwaltungschefin zum ja ins Rutschen gekommenen Zeitplan, kein Wort zu den oben von mir beschriebenen möglichen Alternativen, den Zeitpunkt April/Mai 2015 doch noch einhalten zu können, wenn man wirklich will. Schade. Aber noch gebe ich die Hoffnung nicht auf, dass Politik vielleicht doch noch mehrheitlich mutig wird.

Haus der Jugend am Kohnser Weg

Ort des neuen Hauses der Jugend: das Flüchtlingswohnheim am Kohnser Weg. Archivfoto

Ort des neuen Hauses der Jugend: das einstige Flüchtlingswohnheim am Kohnser Weg. Archivfoto

Wie tief die Verunsicherung nach den Debatten und mehrfachen Kurswechseln der vergangenen Monate offenkundig bei einigen ist, zeigte eine Wortmeldung heute in der Bürgerfragestunde zu Beginn der Sondersitzung des Einbecker Stadtrates: Ob denn die Entscheidung, die der Rat zum künftigen Standort des Hauses des Jugend heute treffe, auch nun endgültig sei… Die Bürgermeisterin sorgte für Klarheit: Ratsentscheidungen sind verbindlich. Und so ist, nach etwa eineinhalb Jahren öffentlicher Diskussion über den Zukunftsort des städtischen Jugendzentrums, mit der heute vom Rat getroffenen Entscheidung die Sache klar, erwartungsgemäß auch in der vom Verwaltungsausschuss vergangene Woche vorgegebenen Richtung.

Der Stadtrat hat sich einstimmig dafür ausgesprochen, mit der sofortigen Umsetzung einer detaillierteren Planung und eines Umzugs des Hauses der Jugend in eines der ehemaligen Flüchtlingswohnheime am Kohnser Weg zu beginnen. Der Beschluss beinhaltet den Auftrag an die Verwaltung, auf dem dortigen Gelände mit einem Anbau auch ein künftiges neues Jugendgästehaus zu planen und zu realisieren, dies allerdings unter dem Vorbehalt, dass Finanzierung und Betrieb sichergestellt sind. Das DRK hat laut Bürgermeisterin weiterhin Interesse, beteiligt sich aber nicht an Umbau- und Sanierungskosten. Damit ist dieses zunächst erst einmal nur eine Zukunftsoption. Denn für diese Komplett-Lösung (HdJ und Jugendgästehaus) werden rund 1,086 Millionen Euro kalkuliert, als Verkaufserlös des bisherigen HdJ-Standorts stehen aber lediglich 560.000 Euro sowie eine 100.000-Euro-Spende der AKB-Stiftung zum 90. Geburtstag von Johanne Büchting zur Verfügung, also insgesamt rund 660.000 Euro.

Fünf Ratsmitglieder haben sich bei der Abstimmung enthalten (und das in Wortbeiträgen auch erläutert). Weder für noch gegen den Standort Kohnser Weg votierten Bernd Huwald, Antje Sölter, Beatrix Tappe-Rostalski und Willi Teutsch – und damit sämtlich CDU-Ratsmitglieder. Enthalten hat sich auch Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek. Sie konnte sich mit der bis zuletzt von ihrer Verwaltung vertretenen Präferenz am Ende nicht durchsetzen, das Haus der Jugend an den Sülbecksweg umzusiedeln und dort kommunale und kirchliche Jugendarbeit (evangelische Jugendkirche St. Marien) zu vereinen.

Tappe-Rostalski, Sölter und Teutsch sehen eine Chance vertan, Jugendarbeit in Einbeck an einem Standort zu bündeln, dort Jugendliche unterschiedlicher Herkunft und sozialer Schichten zu integrieren, für Teutsch rückt das Haus der Jugend am Kohnser Weg an den Rand der Stadt, dort gehöre es nicht hin: „Wenn es zum Schwur kommt, kapitulieren wir vor der ausgeprägten Doppelzüngigkeit.“ Auch Huwald sieht das Jugendzentrum mit dem Beschluss nun an den Rand gedrängt, und zudem: „In ein abrissfähiges Gebäude zu investieren, halte ich für einen groben Fehler.“

Gefreut habe ich mich während der heutigen Ratsdebatte darüber, dass trotz des hinter den Kulissen zwischen den Fraktionen vorbereiteten, letztlich einstimmigen und einmütigen Beschlusses zumindest in guten Ansätzen noch einmal die Diskussion der vergangenen Monate deutlich wurde und die Versäumnisse benannt wurden. Und auch die Bürgermeisterin hat heute nicht – wie öfter zuvor – ihre leitenden Mitarbeiter sprechen lassen, sondern selbst die Haltung des von ihr geführten Rathauses öffentlich erläutert. Auch wenn sie damit eine Niederlage eingestehen musste.


Aktualisiert 14.05.2014, 22:55 Uhr:
In einer ersten Version dieses Beitrages hatte ich versehentlich auch CDU-Ratsfrau Heidrun Hoffmann-Taufall zum Kreis der Enthaltungen gezählt.

Guter Rat

Die zwei Gebäude des ehemaligen Flüchtlingswohnheimes am Kohnser Weg, im Vordergrund der Festplatz an der Twetge.

Die zwei Gebäude des ehemaligen Flüchtlingswohnheimes am Kohnser Weg, im Vordergrund der Festplatz an der Twetge.

Da wurde offenbar im Vorfeld der für heute geplanten Haus-der-Jugend-Entscheidung intensivst hinter den Kulissen in den verschiedensten Kreisen telefoniert, diskutiert und ventiliert. Dass der Drops schon gelutscht sein könnte, wohin das dem PS-Speicher weichende Jugendzentrum umziehen soll, möchten manche nicht akzeptieren. Was zweifellos ihr gutes Recht ist.

Und auf den ersten Blick sieht die heutige Entscheidung des Fachausschusses für Jugend auch wie eine Kehrtwende aus. Mit sieben Ja-Stimmen gegen zwei Nein-Stimmen von Antje Sölter (CDU) und Dr. Ursula Beckendorf (GfE) bei einer Enthaltung von Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU) hat der Ausschuss die Verwaltungs- und Bürgermeisterin-Empfehlung für das Gemeindehaus am Sülbecksweg (Jugendkirche Neustädter Gemeinde St. Marien) außer acht gelassen und stattdessen das ehemalige Flüchtlingswohnheim am Kohnser Weg als neuen Standort des Hauses der Jugend empfohlen. Für diesen Standort soll die Verwaltung jetzt auch noch mal die zwischenzeitlich verworfene Idee prüfen, ob dort nicht doch noch außerdem das Jugendgästehaus des DRK eine neue Heimat finden kann. Ob diese Entscheidung das letzte Wort bleiben wird, ist offen. Die so quälend lange Debatte scheint noch nicht am Ende, auch wenn die Jugendlichen längst eine verlässliche Entscheidung verdient hätten.

Völlig zu recht und vorausschauend hat Jugend-Fachbereichsleiter Albert Deike darauf hingewiesen, dass mit dem Grundstückseigentümer am Kohnser Weg die Kaufverhandlungen noch nicht abgeschlossen sind. Die Kaufpreis-Vorstellungen, die in öffentlicher Sitzung nicht genannt werden können, sollen kaum akzeptabel hoch liegen. Eine getroffene Entscheidung für den Haus-der-Jugend-Standort Flüchtlingswohnheim drücke da den Preis nicht gerade, warnte Deike. In der Tat könnte genau das jetzt das Problem für den imgrunde guten, großräumigen, weiterentwicklungsfähigen Standort am Kohnser Weg werden. Da sollten die Verantwortlichen einen „Plan B“ in der Hinterhand haben, ob das der erst im Februar und nur halbherzig ins Spiel gebrachte Standort an der Walkemühle/Kolberger Straße sein könnte, sollte wenigstens nochmal geprüft werden. Bevor man am Ende mit leeren Händen da steht und noch erbitterter die von mir schon länger ins Spiel gebrachte normative Kraft des Faktischen zuschlägt. Weil man dann eventuell nämlich gar keine Wahl mehr hat.

Ich finde es richtig, dass am Ende jetzt der Stadtrat in einer für Ende April nach den Osterferien geplanten Sondersitzung über den Standort entscheidet. So wird das Votum der Politik auf eine breite Basis gestellt, noch dazu eine öffentliche. Nicht allein der nicht-öffentlich tagende Verwaltungsausschuss entscheidet. Besonders in den Reihen der CDU, das wurde heute im Ausschuss sichtbar, sind die Meinungen uneinheitlich, wohin das Haus der Jugend umziehen soll. Die Ausschussmitglieder fühlten sich nicht repräsentiv für ihre gesamte Fraktion. Und auch wenn in der SPD heute im Ausschuss die Reihen geschlossen waren, könnte bei einer freigebenen Entscheidung im Rat eine bunte, nicht vorher berechenbare Mehrheit für die zur Wahl stehenden Varianten zusammen kommen. Wäre das schlimm? Ich finde, nein.

Das, was man als eine inhaltliche Chance begreifen kann, nämlich kirchliche und kommunale Jugendarbeit zueinander zu bringen, lässt sich natürlich ebenso trefflich als potenzielle Gefahr darstellen, die scheitern könnte. Natürlich weiß niemand, ob das Experiment, zwei durchaus heterogene Jugendgruppen an einem Standort benachbart zu vereinen, gut gehen wird. Experten glauben, es könnte gelingen. Experten können aber selbstverständlich auch irren. Antje Sölter (CDU) sagte richtigerweise, dass ja am Sülbecksweg nicht geplant sei, die Jugendkirche Marie und das Haus der Jugend unter ein gemeinsames Dach zu zwingen. Theoretisch könnten beide Einrichtungen im Gemeindehaus auch nebeneinander existieren. Falls es nicht gut geht, das Experiment. Ist es aber nicht wenigstens einen Versuch wert?

Sabine Schmidt (r.) überreichte heute Unterschriften der Anlieger des Butterbergsweges an die Bürgermeisterin.

Sabine Schmidt (r.) überreichte heute über 100 Unterschriften der Anlieger des Butterbergsweges an die Bürgermeisterin.

Gegen den Standort am Sülbecksweg gibt es allerdings nicht nur ersten Anliegerprotest, auch wenn mehrere Politiker betonten, dass mit dem Haus der Jugend ja keine tägliche Diskothek neuer Nachbar werde. Bei diesem Standort scheinen auch längst nicht alle Beteiligten so mitgenommen worden zu sein, wie öffentlich dargestellt worden ist: Im kirchlichen Gemeindehaus heute etablierte Gruppen beispielsweise haben die Nachricht von dem möglicherweise in ihre Räume einziehenden Haus der Jugend aus den Medien erfahren. Das sind in der ohnehin schwierigen Diskussion alles keine vertrauensbildenden Maßnahmen.

Gut finde ich die Botschaft, dass die zunächst allein an den Standort Sülbecksweg gekoppelte 100.000 Euro-Drittmittelzusage von interessierten Unbekannten inzwischen offen und transparent dargestellt wird. Und dass diese Mittel scheinbar aus nun anderer Hand stammen. Das Geld kommt jetzt, das sagte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek, von der AKB-Stiftung zum 90. Geburtstag der Ehrenvorsitzenden der Friedland-Hilfe, Johanne Büchting. Und es sei nicht an einen Standort gebunden.

Auch da haben offenbar einige Herren miteinander gesprochen.

Eine Anmerkung zum Schluss kann ich mir nicht verkneifen: Mit der spontanen Umdisposition der Ausschuss-Sitzung aus dem ursprünglich vorgesehenen engen Sitzungssaal in die Rathaushalle haben die Verwaltungs-Verantwortlichen im Rathaus zwar gerade so eben noch die Kurve bekommen. Was der Veranstaltung aber gut getan hätte, wäre eine installierte Mikrofonanlage gewesen. Das Zuschauerinteresse bei diesem Thema war schließlich erwartbar groß, die Akustik in der Halle ist bekanntermaßen suboptimal…

Großes Interesse: Volle Zuhörerreihen bei der Ausschuss-Sitzung, bis zuletzt mussten Stühle nachgestellt werden.

Großes Interesse: Volle Zuhörerreihen bei der Ausschuss-Sitzung, bis zuletzt mussten Stühle nachgestellt werden.

Der Mensch lebt nicht vom Brot allein…

Diese Idee hat Charme und verdient es, umgesetzt zu werden: eine Kultur-Tafel. Und das Rad muss dafür in Einbeck beileibe nicht neu erfunden werden, es gibt Beispiele in der Nähe, die auf Einbeck übertragen und angepasst übernommen werden können. Was jedoch umgehend geschehen muss, ehe sich der Kulturausschuss in einigen Wochen mit dem Thema beschäftigen wird: Die großen Kulturanbieter in der Region sollten von den Überlegungen nicht – wie bei dem CDU-Antrag für den Stadtrat passiert – erst aus der Zeitung erfahren. Man sollte sie einbinden und ihre Erfahrungen nutzen. Sie sind es schließlich, die die Kultur-Tafel mit Leben, sprich mit Eintrittskarten versorgen.

Kultur auch für Menschen mit wenig Geld ermöglichen – das ist das Prinzip der Kultur-Tafel. Auf Antrag der CDU-Stadtratsfraktion soll es in Einbeck in Zukunft ein Angebot geben, das es beispielsweise Alleinerziehenden, Arbeitslosen oder armutsgefährdeten Frauen und Männern mit niedrigem Budget ermöglicht, kulturelle Veranstaltungen zu besuchen.

Es ist wahr: „Der Mensch lebt nicht vom Brot allein.“ So begründete CDU-Ratsfrau Heidrun Hoffmann-Taufall den Vorstoß ihrer Fraktion.

Es stimmt: Kultur – und gemeint ist ganz bewusst nicht allein die vermeintliche Hochkultur wie klassische Konzerte oder Theatervorstellungen – darf kein Luxusgut sein, es geht um gesellschaftliche Teilhabe. Unter anderem für Kinder und Jugendliche seien es einprägsame Erlebnisse mit Einfluss auf die Persönlichkeitsentwicklung, nicht dazu zu gehören, Kultur-Veranstaltungen wegen fehlenden Geldes nicht besuchen zu können, sagte die CDU-Politikerin. Das müsse sich ändern.

Rolf Hojnatzki (SPD) bat in der Stadtratssitzung darum, gute Beispiele aus anderen Städten wie Göttingen in die Debatte einzubeziehen. Vielleicht könne der dortige Verein Kulturpforte sein Angebot regional erweitern. Grundsätzlich sprach sich auch Dr. Ursula Beckendorf (GfE), die Vorsitzende des Kulturausschusses, für eine Kultur-Tafel aus. Sie wünschte sich schnell Informationen darüber, wie die „Bedürftigen“ an die freien Karten von Kultur-Veranstaltungen kommen, wer dieses regelt.

Möglichkeiten, wie eine Kultur-Tafel funktioniert, gibt es mehrere: Veranstalter stellen nicht verkaufte Restkarten zur Verfügung, oder aber bestimmte Ticket-Kontingente. Dauerkarten-Besitzer, die verhindert sind, geben ihre Plätze an die Tafel ab. Auch könnten Sponsoren eine bestimmte Zahl von Karten kaufen und der Kultur-Tafel zur Verfügung stellen. Über all das muss diskutiert werden.

Vor einer Diskussion im Kulturausschuss rate ich allerdings dringend dazu, dass die Kulturschaffenden und die Veranstalter in der Region eingebunden werden, denn ohne sie wird eine Kultur-Tafel nicht funktionieren.