
Die Bürgermeisterin hat den heftig umstrittenen Ausbau der Tiedexer Straße von der Agenda genommen. Er steht weder im Haushaltsentwurf für 2020 noch in der mittelfristigen Finanzplanung. Sie hat damit ein Thema abgeräumt oder zumindest den Dampf aus dem Kessel genommen, für das vor allem die Fraktionen der Haushaltsmehrheit einmal eine Lösung für das Ende der politischen Sommerpause versprochen hatten. Davon war im Stadtrat am Mittwoch nichts mehr zu hören. Für den Schritt können ihr die Ratsfraktionen von CDU, FDP, GfE und Grünen allerdings nur begrenzt dankbar sein. Denn Dr. Sabine Michalek sagte in ihrer Haushaltsrede auch: „Wir sollten dennoch die Debatte über die Straßenausbaubeiträge weiter führen.“ Die Strabs müsse angepasst werden. „Es ist und bleibt aus meiner Sicht notwendig, dass wir Straßenausbaubeiträge von den Anliegern erheben“, sagte die Bürgermeisterin. Über die Höhe und die Zahlungsmodalitäten müsse man sich gemeinsam unterhalten und dann mit den Veränderungen und anstehenden Regelungen des Landes beschließen. „Die Einführung wiederkehrender Beiträge oder eine gänzliche Abschaffung wären aus meiner Sicht der falsche Weg.“ Damit dürfte die Debatte weiter gehen, wenn auch vielleicht intensiver zunächst an anderer Stelle: Die Pläne, die Straßen rund um den Neustädter Kirchplatz im nächsten Jahr im Zuge der Platz-Umgestaltung auszubauen, sind unverändert. Sobald der neue Standort für den Trafo dort gefunden ist, soll es auch endlich und noch in diesem Jahr losgehen, sagte die Rathauschefin.
Sie habe sich die Entscheidung, die Umgestaltung der Tiedexer Straße aus dem Haushalt und der Finanzplanung bis 2023 zu streichen, nicht leicht gemacht, sagte die Bürgermeisterin im Stadtrat. „Wir haben nur begrenzt Mittel zur Verfügung und können deshalb nicht alles Notwendige gleichzeitig erledigen.“ Um 6,2 Millionen Euro im kommenden investieren zu können, muss die Stadt rund 3,1 Millionen Euro an neuen Schulden machen. Prioritäten seien notwendig, die Gesamtstrategie und die Priorisierung gebe hier eine klare Richtschnur, meinte Michalek. Die Tiedexer Straße weicht daher dem jetzt wieder auf die Agenda rückenden Umbau des ZOB, und außerdem zugunsten der Kita Münstermauer und der Umbauten zu inklusiven Grundschulen, die bis 2024 gesetzlich zwingend sind.
Die Sozialdemokraten (und vielleicht nicht nur die) werden sich vermutlich die Frage stellen, warum sie noch im Juni dann mit ihren Initiativen, die Tiedexer Straße aus der Prioritätenliste zu nehmen, nicht durchgedrungen sind bei Mehrheit und Bürgermeisterin. Denn dort stand die Tiedexer Straße noch drin.

Vor der Sitzung des Stadtrates protestierten Anlieger der Tiedexer Straße erneut mit großen Transparenten vor dem Rathaus. Da wussten nur einige schon, dass die Bürgermeisterin das Projekt aus dem Haushalt genommen hat. Die Sprecherin der Bürgerinitiative Tiedexer Straße, Anja Linneweber, fragte die Bürgermeisterin in der Einwohnerfragestunde am Ende der Sitzung: „Wie sicher und zuverlässig sind diese Worte?“ Michalek verwies darauf, dass ihre Verwaltung und sie den Entwurf des Haushalts vorgelegt haben. „Das ist unser Vorschlag.“ Dieser komme jetzt in die politische Diskussion und werde dann am Ende vom Stadtrat beschlossen. Änderungen sind also vorbehalten. Die Diskussion geht weiter.