Der jetzt parteilose Ratsherr Alexander Kloss hat nach einer abschließenden Positionierung aus seiner Sicht zum Streit mit seinen bisherigen SPD-Parteifreunden einen Haken an die Angelegenheit gemacht und heute seinen ersten Ratsantrag als Einzelkämpfer im Stadtrat öffentlich gemacht. Zurück zur Sachpolitik also, wie nach dem SPD-Austritt angekündigt, so lautet das Ziel von Alexander Kloss. Er möchte zeigen, wie er sich kommunalpolitische Zusammenarbeit in Einbeck vorstellt: parteiübergreifend, kommunikativ, vertrauensvoll, transparent und gemeinschaftlich. Der 44-Jährige hat den Ratsantrag für die Sitzung am 9. September (die wahrscheinlich wieder in der Stadionhalle stattfinden wird) mehr als einen Monat vor dem Termin komplett auf seine Facebook-Seite online gestellt; Alexander Kloss wünscht sich eine intensive Diskussion.
Knappe Dreizeiler als Antrag mit der Ankündigung einer mündlichen Begründung in der Sitzung werde es von ihm nicht geben, verspricht Ratsherr Alexander Kloss. Er werde seine Impulse rechtzeitig und ausführlich begründet allen Ratsmitgliedern zur Verfügung stellen, damit eine ausreichende Diskussion dazu in den Fraktionen möglich sei. Ihm sei klar, dass er alle Ratskollegen nicht immer überzeugen werde. Er könne aber versprechen, dass die Themen grundsätzlich mehrheitsfähig sein werden, erklärt er.
Bei seinem Premieren-Antrag geht es Alexander Kloss um die Belebung der Einbecker Innenstadt durch Wohnungen. „Stube statt Shopping“ hat er seinen Vorschlag pointiert überschrieben, ein städtisches Förderprogramm aufzulegen, mit dem Umbauten von einstigen, jetzt leer stehenden Ladenlokalen in barrierearme Wohnungen unterstützt werden sollen. Hausbesitzer sollen motiviert werden, ihre Leerstände zu neuem Wohnraum umzugestalten. Die Innenstadt soll mit mehr Wohnungen attraktiver für Menschen werden, die kurze Wege und den besonderen Charme historischer Stadtkerne schätzen, wie er schreibt. Kloss‘ Idee: Der Fördertopf sollte mit einer Mindestsumme von 50.000 Euro pro Haushaltsjahr ausgestattet und gespeist werden durch Mehreinnahmen bei Grundstücksverkäufen und Verkäufen von nicht mehr benötigten städtischen Flächen und Gebäuden. Außerdem soll die Verwaltung nach dem Antrag von Kloss prüfen, ob Fördermittel für das Projekt eingeworben werden können.
Die Bürgerinitiative Sch(l)aufenster, die Kloss einst mitgegründet hat, gestaltet seit sechs Jahren erfolgreich leerstehende Schaufenster zu
Hinguckern um. Das jedoch, hat Kloss erkannt, kaschiere nur das eigentliche Problem: Durch ein verändertes Kaufverhalten stärker im Internet werden kleinteilige Einzelhandelsflächen kaum noch genutzt.
In der Ratssitzung am 9. September soll der Antrag, den Gepflogenheiten entsprechend, in einen passenden Fachausschuss überwiesen werden, in dem die eigentliche politische Diskussion dann stattfindet. Ich kann mir aber vorstellen, dass es bereits in der Sitzung des Stadtrates eine kurze Debatte dazu gibt, schließlich ist es der erste Antrag des Ratsherrn unter geänderten Vorzeichen.
Nun sind 50.000 Euro für mehrere Baumaßnahmen, was zu zehn Einzelförderungen von 5000 Euro führen könnte, wahrlich nicht viel Geld. Nicht für den städtischen Etat, aber auch nicht für Immobilienbesitzer, denen 5000 Euro bei Umbaukosten in insgesamt sechsstelliger Euro-Höhe nicht wirklich entscheidend weiterhilft. Vielleicht aber lässt sich ja in der Tat ein überregionales Förderprogramm finden, das zusätzlich unter die Arme greift und das Hauseigentümer monetär mehr motiviert. Deswegen den Antrag zu belächeln, wie das vermutlich einige tun werden, wäre falsch. Denn die Thematik an sich ist dringlich und offensichtlich für jeden, der mit offenen Augen durch die Stadt geht: Es wird in vielen Lagen in der City in leer stehende Läden nie wieder Einzelhandel einziehen, das ist Realisten längst klar. Und imgrunde müssten Eigentümer von sich aus umschalten und statt Null-Einnahmen bei leeren Läden lieber Einnahmen mit bewohnten Räumen anstreben. Ein wenig Anreiz kann da nicht schaden. Wobei die öffentliche Debatte imgrunde viel grundsätzlicher geführt werden müsste: Wer traut sich zu sagen, dass die lebendige City mit florierendem Handel sich in Zukunft auf einige, wenige Straßen konzentrieren wird?