
Sollte das der neue Umgangston in der Einbecker Politik werden, na dann…
Pädagogisch wertvoll fand ich die Debatte gestern im Ratsausschuss für Jugend, Familie und Soziales jedenfalls nicht. Schon im Vorfeld hatte die SPD die Bürgermeisterin und ihre Verwaltung frontal attackiert. Und in der Sitzung übernahm Rolf Hojnatzki (SPD) dann die Rolle des Scharfmachers.
Jede politische Diskussion im Keim erstickt habe die Bürgermeisterin, weil sie mit dem „universellen Totschlagargument Zukunftsvertrag“ gekommen sei und im Vorfeld den Landrat als Kommunalaufsicht gefragt habe, ob die Gebührenpläne überhaupt machbar seien angesichts der klammen Kassen. Das, so Hojnatzki, seien „schwere Geschütze“ und „kein angemessener Umgang“ mit ehrenamtlichen Kommunalpolitikern. Man werde das „nicht hinnehmen“.
Inhaltlich ging es übrigens um die Gebühren für Kinderkrippen und Kindergärten. Die SPD hatte den Antrag gestellt, die Höhe von Krippen- und Kita-Gebühren anzugleichen; Krippen sind im Moment in Einbeck (alt) teurer. Die Bürgermeisterin und ihre Verwaltung hatten darauf hingewiesen, dass dies mit dem Zukunftsvertrag nicht in Einklang zu bringen sei und 43.000 Euro kosten würde. Dass das nicht gehe, darauf hatte auch der Landrat (der ja bekanntermaßen ein SPD-Mann ist) hingewiesen, den die Stadt vorbeugend um eine Stellungnahme gefragt hatte. Dazu sei man übrigens verpflichtet, wolle man nicht hitzige Diskussionen führen lassen, deren Beschlüsse hinterher sowieso wieder kassiert werden, weil sie juristisch nicht haltbar sind, verteidigte sich die Verwaltung.
Mit durchaus erkennbarer Freude an Präzision und Zahlenbeispielen hat Fachbereichsleiter Albert Deike in der Sitzung darauf hingewiesen, dass die von der SPD befürchtete massive Gebührenerhöhung im Gebiet der ehemaligen Gemeinde Kreiensen gar nicht bevorstehe, nicht jetzt und auch nicht 2015. Schon heute liegen die Krippengebühren in Kreiensen höher als die in Einbeck, sagte Deike und sprach in Richtung SPD von „Panikmache“.
Dass er das alles erst in der Sitzung getan habe und die Informationen und Zahlen nur wenigen vor der Sitzung bekannt gewesen seien und nicht schriftlich vorgelegen hätte, darüber schäumte die SPD. Durch ihre Mitteilung habe die SPD das Klima belastet, empörte sich Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU). Besonders familienfreundlich wäre Gebührenfreiheit, die könne man sich in Einbeck aber nicht leisten. „Wir sind hier nicht im Wunschkonzert.“
Ausschussvorsitzende Margrit Cludius-Brandt (SPD) konnte während der Sitzung nur mühsam ihre Neutralität wahren, und nachdem sie den Vorsitz vorübergehend abgegeben hatte, lederte sie dann auch los: Panikmache, „das ist ja das Äußerste überhaupt“, empörte sie sich über die Worte Deikes. Die SPD habe nur auf die Fakten hingewiesen. Erst die Beschlussvorlage der Verwaltung als Antwort aus dem Rathaus habe ihre Partei zu der Pressemitteilung motiviert.
Übrigens hätte man im Rathaus schon einen Tag früher zu rechnen beginnen können, denn die Mitteilung der SPD stand nicht erst in einer Mittwochszeitung, sondern bereits am Dienstag in diesem Blog. Aber das nur am Rande.
Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek empfand den SPD-Antrag als zu früh – seit 2007 versuche man es immer wieder mit einem ähnlichen Antrag, sie kenne das noch aus ihrer Zeit als CDU-Ratsfrau. Die Rathauschefin möchte lieber eine Kombination der unterschiedlichen, sinnvollen Modellen zu Strukturen zusammenführen, die familiengerechte Lebensbedingungen in der gesamten neuen Stadt Einbeck schaffen. „Parteiübergreifend zu einer Lösung zu kommen, wird keine leichte Sache“, erklärte sie am Schluss der Debatte. „Aber das habe ich auch nicht gesagt.“
Am Ende war die Stimmung hitzig im Sitzungssaal – und die SPD zog ihren Antrag zurück. Den wolle man modifiziert neu einbringen. Vielleicht gelingt dann ja auch eine pädagogisch wertvollere Debatte.