
Tourismus ist in Einbeck ein Jobmotor. 810 Menschen können in Einbeck vom Tourismus leben. Das war eine der prägnantesten Zahlen, die Dr. Manfred Zeiner am Dienstag im zuständigen Fachausschuss des Einbecker Stadtrates präsentiert hat; am Freitag berichtet er über Tourismus als Wirtschaftsfaktor noch einmal beim Neujahrsempfang von Einbeck Marketing. Wie der Senior Expert von dwif (München) auf der Grundlage eigener Datenanalysen für das Jahr 2018 berichtete, ist mit Tourismus in Einbeck ein Bruttoumsatz von 41,1 Millionen Euro gemacht worden. Einbeck habe 1,3 Millionen Tagesaufenthalte zu verbuchen gehabt, hinzu kommen rund 85.000 Übernachtungen. Rechne man die Verwandten- und Bekanntenbesuche hinzu, die in der offiziellen Betten-Statistik nicht erfasst werden, liege man sicherlich bei mehr als 100.000 Übernachtungen im Jahr, sagte Zeiner. Die dwif Consulting GmbH gilt als erfahrene Tourismusberatung, die Abkürzung steht für Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr e. V. an der Universität München. Für die Einbeck-Analyse hat dwif keine eigene Erhebung gemacht, aber eine Fülle von zugänglichen und bekannten sowie eigene Daten verwendet. Beispielsweise den dwif-Tagesreisenmonitor, eine seit 2016 wöchentlich stattfindende Erhebung.
Aus dem Umsatz mit Tourismus hat Dr. Manfred Zeiner eine touristische Wertschöpfung von 18,8 Millionen Euro errechnet. 2,5 Prozent des Primäreinkommens in Einbeck hänge am Tourismus, anders gesagt: 810 Menschen können vom Tourismus in Einbeck leben. Tourismus werde nicht nur für die Gäste vorgehalten, betonte der Experte, jede Investition in diesem Bereich komme auch den Einbeckern zugute. Und nicht allein Gastronomie oder Hotellerie profitiere, sondern auch Einzelhandel (37 Prozent des Umsatzes) oder Dienstleistungen. Beispielsweise seien 24,8 Millionen Euro vom Nettoumsatz so genannte Vorleistungsaufträge, wie Zeiner erläuterte. Das seien Brötchen ebenso wie Gärtnereien, Großhandel oder auch Steuerberater und Werbeagenturen. Zeiner: „Diese Aufträge entstehen nur, weil es Tourismus in Einbeck gibt.“
Einbeck hat ein touristisches Steueraufkommen von 3,8 Millionen Euro (darin enthalten sind Mehrwertsteuer und Einkommensteuer), daraus ergeben sich touristische Steuereinnahmen von rund 1,3 Millionen Euro. Bei einer Kommunalen Kosten-Nutzen-Bilanz hat Dr. Manfred Zeiner sich die Zahlen im Haushalt der Stadt Einbeck dazu noch einmal genauer angeschaut. Erträge und Aufwendungen ergeben ein Plus von 167.000 Euro. Das sei bereits eine gute Zahl, sagte Zeiner. Ziehe man den Aufwand der Stadt für die Einbeck Marketing GmbH (rund 18.000 Euro) und die Stadtwerke/Schwimmbäder (rund 102.000 Euro) ab, bleibe mit 46.500 Euro immer noch Profit. „Gratulation, gut gearbeitet“, lobte der Tourismusforscher.
Tourismus-Sachgebietsleiterin Ulrike Lauerwald schätzte anhand der ihr bislang vorliegenden Daten für 2019, dass sich der gezeigte positive Trend fortsetze und im gerade abgelaufenen Jahr beispielsweise mehr Übernachtungen registriert werden konnten. In der Tourist-Info im Eicke’schen Haus jedenfalls, diese Zahl einer eigenen Zählung habe sie bereits vorliegen, seien es 15 Prozent mehr Besucher gewesen als im Vorjahr. Lauerwald: „Wenn wir weiter in Tourismus investieren, werden wir alle etwas davon haben.“ Wichtig sei, dass Einbeck seine Betten-/ Übernachtungskapazität ausbaue, man brauche dringend ein Low-Budget- bzw. Familienhotel. Das hatte auch Experte Dr. Manfred Zeiner gesagt: Beim Übernachtungsvolumen in Einbeck „geht noch mehr“, es dürften aber nicht Betten um der Betten willen entstehen, sondern zielgerichtet. Eigentlich sollten Zeiners Zahlen schon im vergangenen Jahr in Einbeck vorgestellt werden, was aus Termingründen nicht funktionierte, wie es hieß.
Auch Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek freute sich, endlich einmal aussagekräftige Zahlen bei dieser Thematik zu kennen. Tourismus sei eben nicht, wie das im Zusammenhang mit dem Zukunftsvertrag immer gerne erklärt werde, eine der freiwilligen Leistungen einer Kommune. Michalek: „Tourismus ist ein knallharter Wirtschaftsfaktor.“ Bei dem aktuell laufenden Markenbildungsprozess für den Tourismus in der Stadt Einbeck definiere man gerade die Zielgruppen, die künftig stärker angesprochen werden sollen.
Hilfreich für eine weitere, tiefere Bewertung der präsentierten Zahlen wäre ein Vergleich zu anderen, ähnlich touristisch strukturierten Städten. Danach fragte in der Sitzung auch Alexander Kloss (SPD). Dr. Manfred Zeiner gab zu Bedenken, dass ein solcher Vergleich schwierig sei, weil die Tourismus-Bedeutung von vielen Faktoren abhänge, deren Gewicht in den einzelnen Städten unterschiedlich sein könne. Beispielsweise eine große Firma in einer Stadt könne da schon das Gesamtgefüge und den Anteil des Tourismus an der Gesamtwirtschaft einer Stadt verändern.
Vermisst wurde von mehreren Ausschussmitgliedern in der Sitzung die Anwesenheit der neuen Einbeck-Marketing-Geschäftsführerin, die zum 1. Januar gestartet war. Vorgänger Florian Geldmacher war hinzugewähltes Mitglied des Ausschusses für Kultur, Tourismus und Wirtschaftsförderung. Konkret hatte Dirk Heitmüller (SPD) nachgefragt, wann sich denn die neue Geschäftsführerin im Ausschuss bzw. der Politik vorstelle. Die Gelegenheit wäre doch hier günstig gewesen, hieß es. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek erklärte, Anja Barlen-Herbig sei eingeladen gewesen zur Sitzung, mehr könne sie auch nicht dazu sagen.
Auch nicht erwähnt in der Sitzung, aber zumindest online verfügbar, sind die touristischen Werbemittel des aktuellen Jahres: Der Urlaubsplaner 2020 und ein Faltblatt über Stadtführungen sind hier online zum Download bereit. Gedruckte Versionen werden folgen.
Nachtrag 16.01.2020: Die Beteiligten legen Wert auf die Feststellung, dass die Einladung zur Sitzung an das noch hinzugewählte Mitglied Ex-Geschäftsführer Florian Geldmacher an die Büroadresse von Einbeck Marketing im Eicke’schen Haus gegangen ist, nicht an die neue Geschäftsführerin Anja Barlen-Herbig persönlich. So sei die Abwesenheit zustande gekommen.