
Leicht macht es sich niemand mit diesem Projekt, soviel ist mal klar. Viereinhalb Stunden im April, noch einmal drei Stunden im Mai hat sich das Bewertungsgremium mit den architektonischen Entwürfen für das Projekt am Neustädter Kirchplatz beschäftigt. Und offenbar auch intensiv gestritten über die für Einbeck an diesem exponierten Platz richtige Architektur. Die Bürgermeisterin hatte schon vor Wochen so etwas angedeutet, jetzt kann es jeder nachlesen. Investor SEPA will für sieben Millionen Euro auf dem Neustädter Kirchplatz einen dreigeschossigen Neubau errichten und 3000 Quadratmeter zusätzliche Verkaufsfläche für zwei Handelsunternehmen (C&A und Drogerie Müller) im Herzen der Altstadt schaffen.
Heute hat der Stadtentwicklungsausschuss des Stadtrates die ausgewählte Variante III b (Foto) vorgelegt bekommen und einstimmig beschlossen, dass auf dieser Grundlage nun der Vorhabenbezogene Bebauungsplan ausgearbeitet werden soll; zusätzlich wurde festgeschrieben, eine separate Infoveranstaltung für Bürger anzubieten. Darauf hatte insbesondere die SPD gedrängt, Ex-Bürgermeister Ulrich Minkner wünschte sich die Bürgerinfo-Veranstaltung zur bevorstehenden zweiten öffentlichen Auslegung der Pläne, die Erfahrung mit vergangenen Großprojekt-Planungen wie Möncheplatz und Poser-Park hätten gezeigt, dass die Menschen in dieser Stadt diese Infos wollten.
In einer bemerkenswert offenen und transparenten Vorlage für die heutige Sitzung (Download 31 MB) wird die durchaus kontroverse Diskussion innerhalb des neunköpfigen Bewertungsgremiums deutlich, eine interessante Lektüre zum Nachlesen – nicht nur für Freunde von Protokollen, Protokollnotizen, Protokollkorrekturen und Protokollerläuterungen.
Rolf Schmid vom Investor SEPA erklärte heute, noch im Juni den Bauantrag stellen zu wollen, in dieser Woche soll es zudem bereits Bohrungen für die archäologische Untersuchung geben. Er erklärte auch, dass die SEPA das benachbarte Parkhaus der Stadtwerke nicht kaufen will, sondern die notwendigerweise nachzuweisenden Parkplätze „ablösen“ möchte, d.h. dafür bezahlen will, keine (zusätzlichen) zu schaffen. Was zu heftigen Zweifeln bei vielen geführt hat, ob das sinnvoll ist, so vorzugehen, wenn man einen Einkaufsmagneten in der Innenstadt schaffen will. Die SEPA argumentiert, im Parkhaus gebe es genügend ungenutzten Parkraum auch für Kunden des „Neustädter Palais“.
Sicherlich sind architektonische Modelle von Planungen eine prima Sache und plastischer als jede Zeichnung. Dass der Investor heute keines dabei hatte, ist nicht nur Bernd Huwald (CDU) übel aufgestoßen: „Das hätten wir uns professioneller gewünscht.“ Angesichts der Millionen-Investition und einem Baukörper, „der 100 Jahre wirken wird“, wäre es laut Huwald zwingend gewesen, heute dieses Modell zu zeigen und nicht nur Planzeichnungen. Die Welt geht davon freilich auch nicht unter, denn eine Debatte von Hobby-Architekten, die über Dachneigung, Außenputz oder Zahl der Fenster räsonieren will, hat dem Projekt gerade noch gefehlt…
Geschmackloser geht’s nimmer.Michael Heraeus