Gemeinsam auf die Schiene setzen

Es fährt ein Zug... nach Einbeck?
Es fährt ein Zug… nach Einbeck?

Die Mitteilung des FDP-Landtagsabgeordneten Christian Grascha aus Einbeck von heute macht Hoffnung. Hoffnung, dass bei diesem Projekt vielleicht doch einmal alle in Einbeck und im Landkreis an einem Strang ziehen mögen und nicht erstmal darum bemüht sind, sich selbst in den Vordergrund zu spielen – und darum buhlen, wer’s denn erfunden hat, Ricola-Debatten nenne ich das gerne.

Nach Presseberichten von Montag, die auf Informationen der zuständigen Landesnahverkehrsgesellschaft beruhen, steht die Bahnstrecke Einbeck-Salzderhelden auf der Liste derjenigen 25 Strecken, die jetzt auf Wirtschaftlichkeit untersucht werden sollen, ob man sie reaktivieren kann. Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) hatte im August eine Liste von Trassen und einen Zeitplan vorgelegt. Bei einem Besuch im vergangenen Januar war er optimistisch, dass die Strecke von Salzderhelden nach Einbeck-Mitte reaktiviert werden könnte, da war er aber auch noch kein Minister, sondern wollte erst einer werden. Bei seinem jüngsten Besuch inklusive Fahrt auf der Strecke äußerte sich Lies deutlich zurückhaltender, ministrabel sozusagen.

Christian Grascha jedenfalls sieht die Chancen gestiegen, die Wiederbelebung der Bahnstrecke einen Schritt weiter, in einer Tonlage übrigens, die sich wohltuend von den sonst eher krawallig-oppositionellen Mitteilungen des FDP-Fraktionsgeschäftsführern im Landtag abhebt. Für Einbeck sei das Projekt Bahnstrecken-Reaktivierung vor allem aus touristischen Gründen für die Entwicklung des PS-Speichers wichtig, meint Grascha – und schiebt einen Ratschlag hinterher: “Da die Kommunen in der Lenkungsgruppe der Nahverkehrsgesellschaft mit am Tisch sitzen, können über diesen Weg die Stadt Einbeck und der Landkreis Northeim Druck machen.“ Der Wettbewerb sei zwar hart, aber durch gemeinsames Vorgehen zu bewältigen, so Graschas Einschätzung.

Na, dann mal los, möchte man zurufen: Grascha ist (auch) Kreistagsabgeordneter, der Landkreis ist Mehrheitsgesellschafter bei der Ilmebahn, der gerade wieder gewählte Landrat Michael Wickmann (SPD), Parteifreund des Wirtschaftsministers, ist an der Spitze des Aufsichtsrates (Ergänzung vom 16.10: als stellvertretender Vorsitzender, Vorsitzender ist der ehemalige Einbecker Bürgermeister Ulrich Minkner, SPD), die städtischen Vertreter im Aufsichtsrat der Ilmebahn GmbH dürften ohnehin schon auf der Seite der Reaktivierungsfreunde sein.

Was die Betroffenen indes dabei bestimmt am Wenigsten gebrauchen können, sind Sätze, wie sie FDP-Mann Grascha als Glückwunsch an den wiedergewählten Landrat unlängst verpackt hatte: „Nach einer langen Zeit des Stillstands bedingt durch die Fusionsverhandlungen mit Göttingen und Osterode und bedingt durch den Landratswahlkampf heißt es nun wieder: An die Arbeit!“

CDU-Verkehrsexperten mit hiesigen CDU-Vertretern auf dem Bahnhof in Salzderhelden. Foto: CDU
CDU-Verkehrsexperten mit einigen hiesigen CDU-Vertretern und dem Geschäftsführer der Ilmebahn auf dem Bahnhof in Salzderhelden. Foto: CDU

Die CDU-Verkehrsexperten des Landtagsfraktion könnten vergangene Woche bei ihrem Besuch in Einbeck schon etwas von dem Sprung der Bahnstrecke auf die Liste der Top 25 gewusst haben. Wenn, dann haben sie es jedenfalls gut versteckt in ihrer Pressemitteilung. „Vereinbart wurden außerdem ein stetiger Dialog und eine Anpassung des Konzeptes der Ilmebahn GmbH an die neuere Entwicklung zur Vorlage in Hannover“, heißt es da nebulös. Vielleicht waren sie aber (noch) ahnungslos, die Christdemokraten. Immerhin findet sich nämlich auch noch ein typischer Oppositionssatz in der gleichen Pressemitteilung. „Jetzt ist die Landesregierung gefordert, die Strecke in die Endauswahl für mögliche Streckenreaktivierungen einzubeziehen“, wird der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Karl-Heinz Bley, zitiert. Da habe ich im Sinne der Sache eine Bitte: Niemand möge bitte irgendwie und irgendwann einmal behaupten, dieser Appell habe die rot-grüne Landesregierung dazu veranlasst, die Strecke auf die Liste der 25 zu setzen. Sonst werden doch wieder nur Hustenbonbons gelutscht.

Nachtrag 23.10.2013: Das Wirtschaftsministerium hat nach einer Sitzung des zuständigen Lenkungskreises heute eine Liste von 28 Strecken vorgelegt, die im weiteren Verfahren bei der Reaktivierung von Bahnstrecken bleiben, darunter ist auch die Trasse von Einbeck nach Salzderhelden. Diese 28 Strecken sollen nun auf Wirtschaftlichkeit untersucht werden, ein Ergebnis wird für Herbst 2014 erwartet.

Nachtrag 25.10.2013: Heute hat der SPD-Landtagsabgeordnete Uwe Schwarz die Aufnahme der Strecke begrüßt, der Minister halte Wort. „Nach seinem neuerlichen Besuch in Einbeck hatte Wirtschaftsminister Olaf Lies mitgeteilt, dass er die Reaktivierungsabsichten der Bahnstrecke Einbeck-Mitte – Einbeck-Salzderhelden auch auf der Landesebene unterstützen wird“, erklärte Schwarz in einer Pressemitteilung. „Es ist schön, dass nun konsequent an der Reaktivierung von Bahnstrecken gearbeitet und geprüft wird, was machbar ist“, erklärte der SPD-Politiker. Der ländliche Raum könne profitieren, für die Einbecker Strecke liegen laut Schwarz die Argumente auf dem Tisch. Das Zusammenwachsen innerhalb der neuen Stadt Einbeck mit der ehemaligen Gemeinde Kreiensen könnte verbessert werden. Die Anbindung an den PS-Speicher und die Schulzentren wären ein weiterer Aspekt, aber auch die Kosten für die Reaktivierung würden sich in Grenzen halten, da die Strecke ohne großen Aufwand sofort wieder genutzt werden könnte, meint Schwarz. Einen Seitenhieb kann sich der SPD-Mann nicht verkneifen, worauf ich am Liebsten wieder zum Hustenbonbon aus der Schweiz greife: „Leider hat die Vorgängerregierung aus CDU und FDP in ihrer Regierungszeit andere Schwerpunkte gesetzt und keine einzige Bahnstrecke reaktiviert. Es ist gut, dass nun das Thema intensiv aufgegriffen und angepackt wird.“