Stellenbesetzung festgefahren?

Mit dieser Stellenanzeige fing alles an.
Mit dieser Stellenanzeige fing alles an.

In der Fachwerkstadt Einbeck mit ihrer historischen, touristisch wie wirtschaftlich wichtigen Altstadt und zahlreichen Baudenkmalen ist zum 1. November 2014 die wohl wichtigste Stelle im Rathaus neu zu besetzen – nach der Chef-Position des Bürgermeisters. Der Fachbereichsleiter für Bauen und Planung, Gerald Strohmeier, geht Ende Oktober in den Ruhestand. Große Fußspuren hinterlässt er nach drei Jahrzehnten, der Nachfolger braucht in der Tat viel Kraft und Zeit, in die verantwortungsvolle Position hineinzuwachsen. Über Strohmeiers Nachfolge ist in der Politik eine inzwischen offene Auseinandersetzung entbrannt. Was eigentlich hinter verschlossenen Türen einvernehmlich oder wenigstens mit Mehrheit geklärt werden und von dem erst das Ergebnis öffentlich werden sollte (wie dies beispielsweise bei der jüngsten Spitzenpersonalie im Einbecker Rathaus, der des Allgemeinen Vertreters und Fachbereichsleiters Dr. Florian Schröder im vergangenen Jahr gelang). Bei der Strohmeier-Nachfolge ist alles anders.

Warum? Wieso? Darüber gibt es naturgemäß unterschiedliche Ansichten in der Politik. Und da Personalentscheidungen (zu recht) in nicht-öffentlichen Gremien besprochen und entschieden werden, ist für Außenstehende schwer zu beurteilen, wer wem richtigerweise oder fälschlich einen schwarzen Peter zuschiebt. Vor einer Woche war die CDU mit einer ersten Stellungnahme zum Thema an die Öffentlichkeit gegangen (CDU-Stellungnahme), heute hat die SPD nach längerem Zögern geantwortet und ihre Sicht der Dinge dargestellt (SPD-Stellungnahme). Von den anderen Ratsfraktionen sind bislang keine öffentlichen Äußerungen zum Thema bekannt.

Die CDU wirft der SPD vor, einen Streit zu provozieren und zu blockieren, für herbei geredete Streitigkeiten habe man kein Verständnis. Das bremse eine vernünftige Zusammenarbeit und werde vor allem auf dem Rücken der verbliebenen Bewerber ausgetragen, erklärte CDU-Fraktionschef Dirk Ebrecht: „Die Stellenbesetzung ist sehr transparent abgelaufen, die Bürgermeisterin hat die Fraktionsvorsitzenden darüber hinaus mit weiteren Informationen auf dem Laufenden gehalten und alle Verantwortlichen sollten ein großes Interesse daran haben, dass die Nachfolge von Herrn Strohmeier einvernehmlich geregelt wird.“ Übrigens: Das Wort „Streit“ stammt in der Öffentlichkeit vor allem aus vor der CDU-Äußerung veröffentlichten Überschriften eines Anzeigenblattes.

Die SPD wirft der CDU vor, den Weg der Vertraulichkeit von nicht-öffentlichen Sitzungen verlassen zu haben, bei ihren öffentlichen Äußerungen jedoch „wie immer Tatsachen verdreht oder verschwiegen“ zu haben, erklärte heute SPD-Fraktionschefin Margrit Cludius-Brandt. Im Vorfeld der Stellenausschreibung hätten sich Politik und Verwaltung über das Anforderungsprofil geeinigt und demgemäß die Ausschreibung formuliert. Aus dem Bewerberpool habe man sich im Personalausschuss zunächst auf drei Kandidaten geeinigt, die sich dann im Verwaltungsausschuss vorgestellt hätten. Auf ausdrücklichen Wunsch einer Fraktion sei die Entscheidung jedoch vertagt worden, ergänzt der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Marcus Seidel in der Stellungnahme der Sozialdemokraten.

Vor der tatsächlichen Entscheidung im nächsten VA habe die Bürgermeisterin überraschenderweise informell einem kleinen Kreis mitgeteilt, so die SPD, das so genannte Einvernehmen mit dem stärksten Bewerber nicht herstellen zu wollen. Das Einvernehmen ist die Zustimmung des Hauptverwaltungsbeamten, also des Bürgermeisters, bei einer Personalentscheidung. „Eine sachliche Begründung: Fehlanzeige. Gespräche mit den Entscheidungsträgern zu führen, oder diese überhaupt offiziell zu informieren hielt die Bürgermeisterin für nicht erforderlich“, erklärte Cludius-Brandt. Damit steht Aussage gegen Aussage, wer hat hier Recht, CDU oder SPD?

Fakt ist aus Sicht der SPD, dass es einen deutlichen, mehrheitlichen Beschluss des Verwaltungsausschusses für einen qualifizierten Bewerber gibt, der sowohl Fachkenntnisse als auch Führungserfahrung habe. Fakt sei auch, dass es keine Informationen darüber gebe, wie die Bürgermeisterin mit diesem Beschluss umgegangen sei. „Der normale Weg wäre, dem Bewerber die Entscheidung mitzuteilen und dessen Antwort abzuwarten. Oder die Bürgermeisterin stellt das Einvernehmen nicht her, lehnt also den Kandidaten ab. In diesem Falle müsste dieses offiziell mitgeteilt werden. Das ist bisher nicht geschehen. Und wie üblich: Politik ist wieder einmal nicht informiert.“

Einvernehmliche Entscheidungen, wie sie von der CDU öffentlich eingefordert würden, entstehen nach Meinung der SPD sicher nicht über Diskussionen in der Presse. Die „Funkstille“ von Seiten der Bürgermeisterin, die offenbar Schwierigkeiten habe, mit Politik zu kommunizieren, sei da auch nicht hilfreich. Die Stelle des Fachbereichsleiters muss nach Meinung der SPD mit einer fachlich qualifizierten Person mit der nötigen Berufserfahrung besetzt werden, um gemeinsam mit den Mitarbeitern die besten Entwicklungsmöglichkeiten für die Stadt Einbeck zu finden, auch wenn dazu eine erneute Ausschreibung nötig werden sollte. Eine Einarbeitung, die eigentlich zwingend erforderlich sei, sei aufgrund der Untätigkeit der Bürgermeisterin aus Zeitgründen nun sowieso nicht mehr möglich, erklärte die SPD. Viel zu spät und nur halbherzig habe man im Rathaus das Einstellungsverfahren eingeleitet und dabei mindestens ein halbes Jahr „vertrödelt“. Seit September 2013 habe die SPD immer wieder auf die Nachfolgeregelung drängen müssen.

Die Bürgermeisterin möchte sich momentan nicht zu dem Thema öffentlich äußern, vor allem um die Bewerber zu schützen und die Vertraulichkeit zu wahren. Am 18. Juni, also nächsten Mittwoch, trifft sich das nächste Mal der Verwaltungsausschuss. Ob es an diesem Tag zu einer Entscheidung kommt, ist offen. Wünschenswert wäre es. Oder ist jetzt zu viel Porzellan zerschlagen? Fatal wäre jedenfalls eine Vakanz der wichtigen Rathaus-Position, nur weil sich Politik und Bürgermeisterin nicht einigen können. Oder gar eine Neuausschreibung. Der ohnehin bereits mit wichtigen Projekten bis über die Belastungsgrenze beschäftigte Fachbereich hat es verdient, schnell einen neuen kompetenten Kapitän zu bekommen. Einen, der sein Handwerk versteht.