Bierernst?

Nahm die politischen Verhältnisse unter die Narrenlupe: Till Eulenspiegel (Markus Henze).
Nahm die politischen Verhältnisse unter die Narrenlupe: Till Eulenspiegel (Markus Henze).

Humor ist, wenn man trotzdem lacht. Seit mehr als sechseinhalb Jahrzehnten regiert auch in Einbeck mehrere Wochen im Jahr der Karneval. Wer da alles bierernst nimmt und keinen Spaß versteht, hat den Sinn von Karneval nicht begriffen und geht offenbar ziemlich spaßbefreit durch die Welt. Weil die Narren bis Aschermittwoch die Macht haben, symbolisch mit der Schlüssel-Übergabe vor dem Rathaus jährlich dokumentiert, dürfen die das. Die Karnevalsfreunde in der Bütt dürfen die Bürgermeisterin „Einbecks Märchentante“ nennen oder „spirituelles Alzheimer“ vermuten, wenn sie sich über das Hin und Her beim Fahrradschutzstreifen auf dem Hubeweg lustig machen. Politische Büttenreden sind das Salz der Narrensuppe. Die mit der Narrenkappe dürfen das, sie haben die spöttische Macht, gegen die Obrigkeit mit Humor aufzubegehren. Das ist Karneval. Darauf ein dreifaches „Einbeck Helaaf“!

Till Eulenspiegel ist seit vielen Jahrzehnten eine spitzzüngige Karnevalsfigur in Einbeck. Markus Henze hält mit Eule und Spiegel der Kommunalpolitik ebensolchen vor. Und so nahm der Till in seinem Prolog bei der Bierorden-Verleihungsfeier in der Rathaushalle auch in dieser Session kein Blatt vor den Mund. Er mochte heuer nicht mehr darüber lästern, dass das inzwischen gescheiterte Neustädter Palais eine Fehlplanung gewesen sei und es im PS-Speicher das falsche Bier gebe. Der Till sieht mit der erfolgreichen Suche nach einem neuen Bauamtsleiter ein schon länger bekanntes Problem wieder  an die oberste Stelle gesetzt: „Ein Hilfeschrei geht an Euch alle, Einbeck braucht dringend eine neue Veranstaltungshalle“. Der Rathaussaal sei schön und gut, aber zu klein. Und das BBS-Forum sei schön und größer, aber zu teuer. Bei einer Saalmiete von über 1500 Euro für ein Wochenende „muss man leider davon ausgehen, Feierlichkeiten sind hier gar nicht gern gesehen“. Einbeck Marketing für diese horrende Summe verantwortlich zu machen, das müsse er leider vermeiden, sagte der Till im Narrenkostüm. „Denn aus der Vergangenheit ist mir bekannt, Herr H. von Einbeck M. kann in der närrischen Zeit zwischen Spaß und Ernst nicht unterscheiden.“ Die Sorgen der Karnevalsfreunde hätten ein Ende, bei einem Festsaal auf dem ehemaligen Pelz-Schmidt-Gelände, sagte der Till: „Na, dann mal drauf los geplant Herr Look. Frisch, jung, motiviert und voller Tatendrang, das wäre doch mal ein toller Anfang.“

Herzerfrischend berichtete in der Narren-Bütt auch Klaus Lindemann von einer Parteineugründung, der Partei der faulen Kompromisse, die weniger Arbeit, aber mehr Geld fordert, die viel will, aber gegen alles ist. Eine Partei der Stammtische, „denn da wird die Welt noch verändert“, rief er zum Gaudium der Zuhörer in die Narhalla. Erster Parteitag ist übrigens am 30. Februar in der Eissporthalle Hullersen. Wir sehen uns!