Unangemessen, hingerissen

Timo Dröge (r.) im Kreistag neben CDU-Fraktionschef Heiner Hegeler. Archivfoto
Timo Dröge (r.) im Kreistag neben CDU-Fraktionschef Heiner Hegeler. Archivfoto

Heute hat sich der CDU- Kreistagsabgeordnete Timo Dröge (Bad Gandersheim) in einer persönlichen Erklärung zum Thema Flüchtlinge zu seiner in der jüngsten Kreistagssitzung abgegebenen persönlichen Erklärung zu Wort gemeldet, die für Aufregung gesorgt hatte. Dröge erklärt in seiner ausführlichen Einlassung (Wortlaut: PM Flüchtlingskonzept Dröge 11-03-15), dass er sich habe „zu einer Aussage hinreißen lassen, die in dieser Form unangemessen war. Ich wollte niemals die NS-Zeit verharmlosen.“ Dröge hatte davon gesprochen, man müsse wegen „zwölf schlimmer Jahre nicht 200 Jahre Asche aufs Haupt streuen“. Er sei im Kreistag am 27. Februar „mehrfach durch Zwischenrufe von SPD und Grünen unterbrochen“ worden, schreibt Dröge. Zur Formulierung, man sei nicht das „Weltsozialamt“ stehe er weiterhin, er teile eine ähnliche, auf „Armutsflüchtlinge“ bezogene Äußerung des CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer uneingeschränkt.

Wegen der Zwischenrufe habe er seine Rede im Kreistag abgebrochen, erläuterte Dröge heute: „In der Fortsetzung meiner geplanten Rede hätte ich durchaus noch zum Ausdruck bringen wollen, dass die heutigen Generationen an den Verbrechen der Vergangenheit aber keine Schuld tragen, wohl aber eine Verantwortung auch für die Zukunft. Es ist für mich aber eine Selbstverständlichkeit, dass wir alles unternehmen müssen, dass extremistische Parteien oder religiöse Fanatiker in Deutschland keinen Platz haben. Das ist die Verantwortung unserer Generationen. Dieser Verantwortung müssen wir gerecht werden und dazu möchte auch ich meinen Beitrag leisten.“ Er habe in seinem Wortbeitrag im Kreistag das ausgearbeitete Landkreis-Flüchtlingskonzept gelobt und das Grundrecht auf Asyl als wichtige Grundlage des demokratischen Rechtsstaates herausgestellt, heißt es in der heutigen Erklärung.

Da sich Timo Dröge heute in einer persönlichen Erklärung verbreitet (die er bereits gestern Nachmittag vorbereitet hatte und die heute vom CDU-Pressesprecher und Fraktionsgeschäftsführer Tobias Kreitz an die Redaktionen verschickt bzw. weitergeleitet worden ist), dürften die Forderungen der SPD und der Linken imgrunde weiter im Raum stehen. Sie hatten ja appelliert, dass sich die CDU-Fraktion bzw. der Kreisvorstand und Vorsitzender Dr. Roy Kühne von den Äußerungen distanzieren. Die Dröge-Äußerungen im Kreistag und der Umgang mit der Kritik, von der einige meinen, sie sei aufgebauscht, waren nach meinen Informationen Thema gestern Abend im Kreisvorstand der CDU. Teilnehmer bezeichneten die Diskussion dort als hart, aber fair, ohne genauer zu werden. Was auch immer das heißt…

Schlussstrich – und weiter? Das hätten einige offenbar gerne. Wer davon spricht, hier werde ein Ausrutscher medial aufgebauscht, möchte den Scheinwerfer schnellstmöglich drehen und den Lichtkegel auf andere Themen lenken. Ablenken. Aus der Sicht der Betroffenen mag das verständlich sein. Dass nicht nur die eigenen Parteifreunde gleich nach der Rede nichts zu Dröges Formulierungen öffentlich gesagt haben, ist übrigens ähnlich traurig wie die Empörung der obersten Sozialdemokraten, die dafür Tage brauchen, obwohl sie ebenso im Saal gesessen haben und umgehend hätten reagieren können. Hätten müssen.

Schlussstrich-Fabulierungen und Vergleiche mit dem Nationalsozialismus sind immer ein Fehler. Immer! Und haben in Reden nichts zu suchen. Niemals! Wer durch sie eventuell sogar Applaus von den Falschen billigend mit einkalkuliert, stellt eine Rechnung auf, die niemals aufgehen darf. Timo Dröge, dem in den nächsten Jahren regionale und überregionale Kandidaturen zugetraut werden, hat dieses Lehrgeld jetzt bezahlt. Und hat hoffentlich dazu gelernt.

(Aktualisiert 11.03.2015, 18:54 Uhr, gegenüber der ersten Version wurden die zwei letzten Absätze ergänzt)

Nachtrag 19.03.2015: Der Grünen-Kreistagsabgeordnete Johannes Antpöhler (Bad Gandersheim) hat sich als angesprochener Buh-Rufer zu Wort gemeldet (Wortlaut: Antpöhler – Der Buh-Rufer zu Dröge). „Die späte Einlassung von Dröge erscheint deutlich nachgeschoben. Es ist auch völlig egal, was er noch erläutern wollte. Die obige Aussage bleibt mit jedweder Erläuterung ungeheuerlich und inakzeptabel.“ Warten wir in der Tat mal das Kreistagsprotokoll ab; es liegt bis dato noch nicht vor.

3 Kommentare zu „Unangemessen, hingerissen

  1. Lieber Herr Bertram,

    inhaltlich teile ich Ihre Auffassungen zu dem Verhalten von Herrn Dröge. Allerdings ist es nicht zutreffend, dass sich keiner der führenden Sozialdemokraten zeitnah geäußert hat. Vielmehr hat der Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion unmittelbar in der Sitzung auf Herrn Dröge reagiert. Ich bin davon ausgegangen, dass Herr Dröge die Größe hätte sich in der Folge zu entschuldigen. Erst nach dem dieses nicht passierte, habe ich bekanntlich die Kreis-CDU und ihren Vorsitzenden aufgefordert, dazu eine eindeutig distanzierte Stellung zu beziehen. Das ist bis heute, weder durch den Vorsitzenden Kühne MdB, noch durch Herrn Dröge selber, passiert. Da es ähnliche Äußerungen wohl schon im Gandersheimer Stadtrat gegeben hat, sind jetzt erfolgte Rechtfertigungsversuche auch eher unglaubwürdig.

    Uwe Schwarz MdL

  2. Ein bisschen blauäugig, Herr Schwarz.
    Es handelt sich doch hier nicht um einen spontanen und/oder unüberlegten Ausruf, vor allem, wenn – wie Sie schreiben, solche Bemerkungen schon häufiger von diesem Herren kamen. Sowas ist eben Gedankengut eines Populisten.

    Wenn Herr Dröge mal das durchmachen müsste, was Flüchtlinge auf ihrem Wege in die EU bzw. nach Deutschland durchmachen und wie sie dann noch von Würdenträgern (wobei die Würde des Herrn Dröge sehr weit unten erscheint) praktisch öffentlich gebrandmarkt werden, dann würde er solche widerlichen Stammtischparolen wohl nicht mehr flegelhaft rumkrakelen.

    Christliche Nächstenlieben scheint diesem Herrn, zumindest dem Namen seiner Partei nach, sehr fern zu sein.

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