Hundekot ist für die Politik in Einbeck offenbar kein großes, kein drängendes Thema. Nach der medienwirksamen Sammelaktion einer Gruppe von Aktivisten der Tangobrücke, herrschte auf meine Anfrage an die Ratsfraktionen jedenfalls erst einmal fast zwei Tage lang Funkstille. Will sich da etwa jemand vor einem kontroversen Thema wegdrücken, das für reichlich öffentliche Diskussionen sorgen kann? Aber sicherlich waren nur die Osterferien die Ursache…
Als erste meldeten sich die Grünen zu Wort: Hundekot sei ein allseits bekanntes Problem und nicht nur eines in Einbeck, erklärte Fraktionschef Dietmar Bartels: „Unser Dank gilt Martin Keil, der das Thema in alle Medien gebracht hat.“ Die Einbecker Grünen-Ratsfraktion setzt sich dafür ein, die Hundehalter strenger zu kontrollieren und darüber hinaus über verhängte Geldbußen in der Presse zu berichten. „Das könnte einige Hundehalter motivieren, sich an die bestehenden Vorschriften zu halten“, meint Bartels. „Ein wenig ist Martin Keil aber wohl über das Ziel hinausgeschossen, daher denke ich, dass er die verursachten Kosten für die Beseitigung des Sacks voll Hundekot sicherlich begleichen wird.“ Ein Ordnungswidrigkeitsverfahren halten die Grünen jedoch „für völlig überflüssig und es wäre unter Umständen – für unser aller Anliegen in einer sauberen Stadt zu leben – sogar kontraproduktiv“.
Die FDP ist erstaunt über die Menge des gesammelten Hundekots, wie Fraktionschef Dr. Reinhard Binder erklärte: „Wenn das Thema jetzt verstärkt diskutiert wird, und sei es durch Appell an die Verursacher, sei es durch Appell an die Beobachter, sei es durch verstärkte Kontrollen durch die Behörde, hat der Einsatz von 246,76 Euro sich für die Aktivisten, aber möglicherweise auch für Einbeck gelohnt.“ Allerdings kritisieren die Freien Demokraten den Termin der Sammelaktion: „Der Karfreitag war allerdings ein sehr schlechter Zeitpunkt. Dies am höchsten Feiertag der evangelischen Kirche zu veranstalten, verletzt die Gefühle weiter Bevölkerungsgruppen und wird ohne Einschränkungen von der FDP verurteilt.“
Die SPD-Fraktion kommentiert knapp: „Die Sauberkeit in der Stadt ist regelmäßig Thema in den Ratsgremien. Wir halten die Aktion insgesamt für nicht gelungen, da sie eine negative Außenwirkung für die Stadt Einbeck hat.“
Die Einbecker Stadtverwaltung jedenfalls prüft noch die Vorgänge, „ob und in Bezug auf welche Tatbestände eine Geldbuße in Betracht kommt“, wie mir Fachbereichsleiter und Jurist Dr. Florian Schröder auf meine Anfrage mitteilte. Fakt ist: Die Gruppe von Jugendlichen rund um Tangobrücken-Betreiber Martin Keil hatte für die Lange Brücke laut Stadt keine Genehmigung beantragt. Weil die eigentliche Hundekot-Sammelaktion am Karfreitag stattgefunden hat, betrifft die Prüfung der Verwaltung auch die Regelungen dieses besonderen Feiertages. Die Gruppe hat nach eigenen Angaben mehrere Stunden lang in öffentlichen Grünanlagen in Einbeck Hundekot gesammelt, insgesamt sind nach deren Mitteilungen 250 Kilo Exkremente zusammen gekommen, die in einem Plastiksack an den Eulenspiegelbrunnen gehängt worden sind. Das zeigen auch Fotos. Überprüft worden ist die Menge übrigens nicht.
Der Hundekot-Sack ist am Ostersonnabend gegen 8 Uhr beseitigt worden, erklärte mir Fachbereichsleiter Dr. Florian Schröder. „Durch den schnellen Einsatz von Polizei und Ordnungsbehörde (Rufbereitschaft) wurde eine Beeinträchtigung des Wochenmarktes vermieden.“ Immerhin werden sonnabends in unmittelbarer Nähe Lebensmittel verkauft. Ich mag nicht daran denken, wenn der Exkrementensack aufgeplatzt wäre und sich die ganze Sch… in den Brunnen ergossen hätte…
Für den Einsatz des Kommunalen Bauhofs und die Entsorgung sind Kosten entstanden, deren Höhe die Stadt zurzeit noch nicht endgültig beziffern kann. Die Stadt werde diese Summe aber den Verursachern in Rechnung stellen, kündigte Schröder an. Schon einmal hatte eine Aktion der Tangobrücke für einen kostenträchtigen und öffentlich beachteten Einsatz des Bauhofs gesorgt: als im September vergangenen Jahres mit einem Mal das von einem Thiaiser Künstler gemalte Bild am Bauzaun der Brandlücke Lange Brücke 5 verschwunden und schon fast entsorgt war. Der Stadt Einbeck sind seinerzeit Kosten in Höhe von 246,76 Euro entstanden, die laut Dr. Schröder von den Verursachern erstattet worden sind.
Niemand tritt gerne hinein. Niemand! Ich auch nicht. Wenn Appelle an Hundebesitzer (von denen manche meinen, sie hätten mit der bezahlten Hundesteuer ihren Obolus entrichtet) erfolglos bleiben, die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner adäquat zu entsorgen, dann müssen andere Lösungen gefunden werden. Und auf die kann man durchaus auch mit spektakulären Aktionen aufmerksam machen! Nur kann es nicht sein, dass die Allgemeinheit dafür bezahlt.
Regeln sind dafür geschaffen, dass sie eingehalten werden. Wer das nicht tut, muss mit Konsequenzen rechnen. Und das kann man nicht früh genug im Leben lernen. Das alles soll übrigens niemanden davon abzuhalten versuchen, die Regeln zu verändern. Denn das nennt sich parlamentarische Demokratie.
Und dann ist die Hundekot-Aktion auch noch ein Schulbeispiel dafür, wie manche Medien heute funktionieren. Die Einladung der Aktivisten an einige ausgewählte Redaktionen und Medienvertreter, bei der Aktion am Sonnabend dabei zu sein, um zu berichten, verhallte zunächst ungehört, so meine Beobachtung. Nur ein Online-Medium berichtete aktuell, verknüpfte den Hundekot wenig lecker mit dem Osterklöben-Verkauf in der Innenstadt. Erst als am Mittwoch nach Ostern die Deutsche Presse-Agentur (dpa) in der nachrichtenflauen Ferienzeit das Thema aufgriff und deutschlandweit in die Redaktionsstuben kabelte, rollte die Medienwelle an, Radiosender berichteten, der Nachrichten-Boulevard machte aus 250 Kilo schnell mal nach mehr klingende 500 Pfund Hundekot. Der Zugzwang für die Kollegen in den Redaktionen begann.
P.S. : Dieser Beitrag ist bewusst nicht bebildert. Über die Aktion gibt es genügend, ausschließlich jedoch von den Aktivisten selbst gemachte Fotos. Wer sie finden will, findet sie.
(Aktualisiert: 13.04.2015, 17.26 Uhr, um FDP-Stellungnahme)
(Aktualisiert: 14.04.2015, 19.08 Uhr, um SPD-Stellungnahme)