Gibt es doch Kita-Gebühren zurück?

Protest vor der Sitzung des Einbecker Stadtrates: Streikende Erzieherinnen im Gespräch mit Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU).
Protest vor der Sitzung des Einbecker Stadtrates: Streikende Erzieherinnen im Gespräch mit Heidrun Hoffmann-Taufall (CDU).

Ein emotionales Thema mit entsprechender Geräuschkulisse erfüllte den Ratssaal heute Abend: Wobei sich imgrunde alle Ratsmitglieder einig waren, dass der Tarifkonflikt im aktuellen Kita-Streik in der Praxis im Wesentlichen auf dem Rücken der Eltern ausgetragen wird, die für ihre Kinder nach vier Wochen Arbeitskampf und geschlossenen Kindergärten und nur wenigen Notgruppen mit Urlaubstagen, Großeltern und Nerven am Ende sind. Vor Beginn der Sitzung des Einbecker Stadtrates hatten bereits rund 50 Erzieherinnen, Eltern und Kinder vor dem Rathaus demonstriert. Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek skizzierte die Spannungslage der Kommune zwischen dem Streikrecht als berechtigtem hohem Gut und der Belastungsprobe, der die Eltern durch den Ausstand der Erzieherinnen ausgesetzt sind.

Möglicherweise gibt es doch einen Weg, Eltern die Kita-Gebühren für die Zeit der nicht in Anspruch genommenen Betreuungsleistung während des Streiks zurück zu zahlen: Wie Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek informierte, könnte die Stadt ihre Gebührensatzung für die Kindertagesstätten ändern und eine Rückerstattung aus familienpolitischen Gründen ohne Anerkenntnis einer Rechtspflicht einbauen, die auch rückwirkend gelten könne. Der Landkreis als Haushaltsaufsichtsbehörde habe gegenüber der Stadt heute Nachmittag schriftlich erklärt, das in dem vorliegenden Fall dann nicht zu beanstanden. Bislang hatten die für Einbeck geltenden rechtlichen Regelungen des Zukunftsvertrages eine freiwillige Erstattung der Betreuungsgebühren verhindert. SPD-Fraktionsvorsitzende Margrit Cludius-Brandt begrüßte, dass sich die Situation offenbar jetzt grundlegend verändert habe. Auf dieser Basis solle die Gebührensatzung in nächstmöglicher Sitzung des Jugendausschusses diskutiert werden, sagte sie als Ausschussvorsitzende.

Die FDP war zuvor mit ihrem Ansinnen (Cludius-Brandt: „populistischer Antrag“) gescheitert, die Erstattung der Kita-Gebühren „aus Fairnessgründen auf freiwilliger Basis“ per Dringlichkeitsantrag heute sofort zu beschließen. „Wir fordern sie auf, ein Zeichen zu setzen“, sagte Ratsherr Patrick Neinert, „das Vertrauen in die Betreuung ihrer Kinder ist bei den Eltern seit vier Wochen erschüttert.“ Bislang verhindert die aktuelle Gebührensatzung eine freiwillige Erstattung der Gebühren.

Eine Frage der Eltern während der Einwohnerfragestunde konnte freilich niemand im Ratssaal beantworten: Wann dürfen die Kinder wieder in die Kita? Das zu entscheiden ist nicht Sache des Stadtrates, sondern der zurzeit verhandelnden Tarifparteien.

Nachtrag 04.06.2015: Durch die angerufene Schlichtung endet der Kita-Streik zunächst in dieser Woche. Unterdessen hat der FDP-Landtagsabgeordnete Christian Grascha (Einbeck) heute früh (2015-06-03 Kitagebühren Grascha FDP) eine Anfrage an Innenminister Boris Pistorius (SPD) gestellt: Sind Gebührenerstattungen an die Eltern im Zuge des Kita-Streiks durch die Zukunftsverträge mit den Städten Einbeck, Northeim, Dassel und Uslar ausgeschlossen, wenn ja durch welche Passage?

Nachtrag 23.06.2015: Mit der für eine Gebühren-Erstattung notwendigen Änderung der Satzung beschäftigt sich der zuständige Fachausschuss am 1. Juli um 17 Uhr in öffentlicher Sitzung im Alten Rathaus. Abschließend soll darüber am 16. September der Stadtrat entscheiden, die Satzungsänderung soll rückwirkend zum 1. Mai, also vor dem Streik, in Kraft gesetzt werden. Die während der Streikzeit aufgelaufenen Gebühren, die den Eltern erstattet werden sollen, haben laut Stadtverwaltung ein Volumen von 35.000 Euro.

Streikende Erzieherinnen im Gespräch mit SPD-Fraktionschefin Margrit Cludius-Brandt (links).
Streikende Erzieherinnen vor Beginn der Ratssitzung im Gespräch mit SPD-Fraktionschefin Margrit Cludius-Brandt (links).