
Das Tischtuch zwischen vier namhaften Einbecker Familien auf der einen Seite und anderen Bürgerfamilien als Gesellschafter sowie dem medizinischen Geschäftsführer des Einbecker Krankenhauses auf der anderen Seite ist zerschnitten. Es gibt, so viel ist nach einer ansonsten wenig Neues bringenden Pressekonferenz am Montag jedenfalls klar, jetzt offenen Streit zwischen den zwei Gruppen im Bürgerspital. Medizinische Geschäftsführung und fünf Gesellschafter der gGmbH haben sich gegen den unter anderem von der Gewerkschaft Verdi und anderen Klinik-Gesellschaftern öffentlich erhobenen Vorwurf gewehrt, sie hätten die übrigen Anteilseigner kalt entmachtet, um „durchregieren“ zu können. Der Gesellschaftsvertrag des Bürgerspitals lässt es offenbar zu, dass im Sommer die Anteile bei der gGmbH selbst gebündelt wurden, ohne dass sich die Gesellschafter dagegen wehren konnten. Das Kapital der neun Gesellschafter des nach der Insolvenz 2013 neu gestarteten Bürgerspitals ist dabei unverändert im Unternehmen. Lediglich die komplizierte Konstruktion der über eine GbR und deren Treuhänder Jochen Beyes in den vergangenen Jahren verwalteten Gesellschafter-Anteile sei aufgelöst und die Führungsstruktur gestrafft worden, erläuterte heute Gesellschaftsrecht-Berater Christian von der Lühe (Mainz): „Keiner verliert hier Geld“. Gründe für den Rücktritt von Jochen Beyes als Treuhänder der GbR Anfang Juni dieses Jahres seien unterschiedliche Auffassungen über Geschäftspolitik und Strategie der Klinik gewesen, die gerade wieder schwarze Zahlen schreibt. Im Wesentlichen geht es, wie hier schon berichtet, um Meinungsverschiedenenheiten zwischen den beiden Gesellschafter-Gruppen, wie und in welcher Höhe die rund 350 Mitarbeiter der Klinik beteiligt werden sollen, die lange während der Sanierungsphase auf Teile ihres Gehalts verzichtet haben und das bis heute tun. Der medizinische Geschäftsführer Dr. Olaf Städtler berichtete heute von einer aktuell angebotenen Zahlung von 20 Prozent des Weihnachtsgeldes und einer 2,4-prozentigen Gehaltssteigerung; die Gewerkschaft Verdi habe leider bislang nicht auf dieses Angebot reagiert. Ungewöhnlich: Die Arbeitgeberseite zitierte heute aus einem Brief der Arbeitnehmervertretung vom 20. Oktober 2016 die Aufforderung an die Gewerkschaft Verdi, die Gehaltsverhandlungen wieder aufzunehmen. Betriebsratschef Berthold Kabelitz war selbst nicht bei der Pressekonferenz dabei.

„Wir bleiben Gesellschafter, glauben an das Krankenhaus und wehren uns gegen Einfluss von außen“, sagte Unternehmer Michael Heraeus, der nach eigenen Angaben fünf der neun Gesellschafter vertritt. Unterschiedliche Meinungen im Gesellschafterkreis kläre man normalerweise unter sich, das Krankenhaus stehe aber unter ständiger Beobachtung. Die Verunsicherung sei durch die Gewerkschaft Verdi entstanden, die den Streit öffentlich gemacht habe (pm_kh_einbeck-wer-lenkt-die-geschicke-des-krankenhauses), sagte Beiratsvorsitzender Jochen Beyes. „Wir lassen uns aber nicht beeinflussen.“ Geplant ist, interessierten Bürgern und Investoren sowie Mitarbeitern durch ein Beteiligungsmodell eine direkte Beteiligung am Einbecker Bürgerspital zu ermöglichen. Es soll eine breite Beteiligung geben, die dem Namen „Bürgerspital“ gerecht werde, sagte Heraeus, in welcher Form und Größenordnung ist aber noch offen. Nach dem aktuellen öffentlichen Streit scheint mir das aber ungewisser als zuvor.
Zu den Gründen der Beurlaubung des kaufmännischen Geschäftsführers Hauke Heißmeyer sagte Jochen Beyes heute lediglich: „Es sind uns Dinge auf den Tisch gelegt worden, die geprüft und bewertet werden müssen.“ Das sei für ein Aufsichtsgremium wie den Beirat völlig normal. Dass dieser Beirat jüngst auf die Mindestgröße von drei Mitgliedern reduziert und damit halbiert und um externen Fachverstand reduziert worden sei, bestätigte Beyes heute. Konflikte zwischen den Gesellschaftern seien in den Beirat hineingetragen worden, nannte er zur Begründung. Interessant und neu war heute ein Aussage Beyes‘, warum der Vorgänger von Hauke Heißmeyer, Hans-Martin Kuhlmann, als Bürgerspital-Geschäftsführer zum Ende vergangenen Jahres gehen musste. Der habe „seine Vertragspflichten grob verletzt“, sagte Beyes. Man habe ihm menschlich nahe gestanden, habe sich letztlich bei der Trennung auf einen Vergleich geeinigt. Die Personalie Heißmeyer „werden wir genauso fair lösen“, sagte Beyes.
Einige fragen sich vielleicht, warum dieses Thema so ausführlich in einem Politikblog zur Sprache kommt, ist das Bürgerspital doch eine privatwirtschaftliche GmbH, die auch nur wenige Offenlegungspflichten kennt (was die Transparenz manchmal nicht einfacher macht). Die Antwort ist einfach: Zum einen handelt es sich um eine gGmbH, eine gemeinnützige, also nicht auf Gewinnstreben ausgerichtete Unternehmung einer Einrichtung der so genannten Daseinsvorsorge, eines Krankenhauses. Zum anderen ist die Stadt Einbeck nach der Insolvenz mit massivem auch finanziellem Einsatz (und damit Steuergeld) den privaten Gesellschaftern zur Seite gesprungen. Außerdem würde allein das Land Niedersachsen (auch das mit Steuergeld) den weiterhin geplanten Neubau der Klinik finanzieren. Im Oktober-Treffen des Krankenhaus-Planungsausschusses war das Einbecker Bürgerspital kein Thema. Es sei diesmal nicht besprochen worden, es gebe eine spezielle eigene Sitzung für das Einbecker Krankenhaus, sagte heute Beiratsvorsitzender Jochen Beyes. Diese sei auch schon terminiert gewesen, aber kurzfristig verschoben worden, das sei vor der Heißmeyer-Personalie geschehen. Der Zusammenhang zwischen Geschäftsführer-Freistellung und Sitzung des Planungsausschusses, wie in Verdi unterstellt habe, sei konstruiert, sagte Beyes, da seien zwei Ereignisse unglücklich zusammengefallen, sagte Städtler. Nach meinen Informationen liegt ein anderer Grund vor: Das Krankenhaus soll bei den Planungen nachbessern müssen.