SPD rettet Finanzausschusssitzung

Die denkwürdige Vier-Stunden-Online-Finanzausschusssitzung sorgt für erste Reaktionen. Die SPD-Ratsfraktion teilte mit, dass nur die Form der Hybridsitzung das Treffen am Dienstag überhaupt ermöglicht habe, weil der Vorsitzende des Ausschusses zwischenzeitlich wegen technischer Probleme in die Präsenzsitzung habe wechseln müssen. Auch die CDU-Ratsfraktion hat sich heute geäußert.

„Als der Ruf kam, die Gremiensitzungen als reine Online-Sitzungen durchzuführen, hat die SPD-Fraktion den Vorschlag gemacht, diese während der Corona-Pandemie als Hybridsitzung anzubieten, damit alle Ratsmitglieder mitgenommen werden können“, schreiben die Sozialdemokraten in ihrer Pressemitteilung. Hybridsitzungen sind für die SPD „in der derzeitigen Situation die einzige diskriminierungsfreie Lösung, die auch angesichts der sehr unterschiedlichen technischen Voraussetzungen eine störungsfreie Teilnahme aller Gremienmitglieder ermöglicht“, lässt sich die stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Eunice Schenitzki zitieren. Sie hat – wie bislang bei allen Ausschusssitzungen in diesem Jahr – im Raum 107 des Neuen Rathauses teilgenommen statt sich online in die Videokonferenz zuschalten zu lassen.

„Durch die Möglichkeit der Präsenzsitzung im Sitzungsraum 107, unter Beachtung aller hygienischen Maßnahmen und der Unterstützung durch Beschäftigte der Verwaltung, nehmen dort seit Beginn der Fachausschussberatungen im Januar regelmäßig Ausschussmitglieder an der Sitzung bequem und ohne technische Störung teil“, schreiben die Sozialdemokraten. Die Finanzausschusssitzung habe gezeigt, dass ohne die Möglichkeit zur Teil-Präsenzsitzung der Ausschuss so nicht hätte tagen können, weil nicht nur ein Ausschussmitglied massive technische Probleme gehabt habe, sondern auch der Ausschuss-Vorsitzende wegen technischer Probleme in die Präsenzsitzung wechseln musste. Das Treffen habe eindrucksvoll gezeigt, „dass wir technisch noch lange nicht so weit sind, wie es notwendig wäre“, schreibt die SPD-Fraktion in ihrer Mitteilung.

Die CDU-Ratsfraktion betonte in ihrer Pressemitteilung, dass sie die digitalen Möglichkeiten konsequent nutze. Insbesondere in den aktuellen Pandemie-Zeiten müsse man sich fragen, wo man ohne funktionierendes Internet heute stehen würde und wie man Video-Konferenzen oder digitalen Unterricht überhaupt bewältigen würde. Die Politik müsse bei all dem mit gutem Beispiel voran gehen. Die CDU habe sich mit ihrer Initiative, die Ratsarbeit zurzeit digital zu absolvieren, gegen erhebliche Widerstände durchgesetzt. Allen Bedenken und Widerständen zum Trotz habe sich auch bei anderen Fraktionen die Einsicht durchgesetzt, dass dieser digitale Weg im Moment der einzig richtige Weg sei, heißt es in der Mitteilung der Christdemokraten. Man werde überlegen müssen, was man davon später nach Corona beibehalten sollte. „Ich freue mich, dass wir selbst die SPD-Fraktion, die regelmäßig als Innovationsbremse auffällt, von der Notwendigkeit digitaler Formate überzeugen konnten“, erklärte CDU-Fraktionsvorsitzender Dirk Ebrecht. Zweifellos müssten die Internetverbindungen ausgebaut und gestärkt werden. „Die Digitalisierung ist für uns das zentrale politische Querschnitt-Thema, das dazu dienen wird, den Menschen das Leben zu erleichtern, Abläufe effizienter macht, Zeitvorteile bringt“, sagte Ebrecht abschließend.

Ja, es gab technische Probleme bei der Finanzausschusssitzung. Die Ursache dafür freilich ist längst nicht ausgemacht. Vielleicht hätte alles reibungslos funktioniert, wenn der Ausschussvorsitzende zuhause in Greene geblieben wäre, von wo aus er schließlich schon an mehreren Online-Sitzungen teilgenommen hatte? Vielleicht liegt es beim Ausschussmitglied, das flugs ins Rathaus wechselte, an der eigenen Internetleitung oder an technischer Ausstattung. Da gibt’s viele Möglichkeiten, weshalb ich ja auch bereits dafür plädiert hatte, dass jedes Ratsmitglied einen Technik-Check bekommt und dann gegebenenfalls nachrüsten kann. Eine gute Webcam kostet kaum 100 Euro. Dass der Finanzausschuss nur habe tagen können, weil es eine Hybridmöglichkeit gab, ist aber überdramatisiert, schließlich hat der stellvertretende Ausschussvorsitzende zwischenzeitlich souverän übernehmen können, als beim Vorsitzenden die ersten technischen Schwierigkeiten auftauchten. Ein Abbruch der Sitzung stand also gar nicht zur Debatte. Und wenn für die Sozialdemokraten Hybridsitzungen die einzige diskriminierungsfreie Art und Weise ist, dann könnte beispielsweise ich mich diskriminiert fühlen, hat doch die SPD kürzlich ein Pressegespräch ausschließlich online geführt. Tue ich aber nicht. Ich bin froh und habe schon mehrfach in diesem Blog darauf hingewiesen, dass das bei Präsenzsitzungen bestehende Infektionsrisiko durch Online-Möglichkeiten ausgeschlossen wird. Ich weiß gar nicht, ob jemand allzu scharf darauf ist, dass Einbeck mal in einer Reihe von Orten wie Heinsberg oder Ischgl genannt wird, nur weil 50 Menschen aus 50 Haushalten in einer nicht optimal zu lüftenden Rathaushalle einer Finanzausschusssitzung lauschen.

Letztlich könnte es vor der Kommunalwahl im Herbst dazu kommen, dass die Wählerinnen und Wähler ihre Kandidaten-Kreuze davon abhängig machen, wie digital-kompetent und online-affin ein Kandidat oder eine Kandidatin ist. Könnte sein. Und wäre so schlecht nicht.