Die Ratsgruppe FDP/Kloss hat bei der von der Mehrheit des Stadtrates favorisierten Umbau-Planung für das Alte Rathaus mit einem gläsernen Fahrstuhl auf der Hallenplan-Seite jetzt das Landesamt für Denkmalpflege eingeschaltet. Die dreiköpfige Gruppe hatte bereits nach der jüngsten Fachausschuss-Sitzung zu dem Thema, bei der die Pläne mehrheitlich befürwortet und ein gegen diese gerichteter Dringlichkeitsantrag der FDP/Kloss-Gruppe abgelehnt worden war, den Ton deutlich verschärft. Gruppensprecher Alexander Kloss hatte gegenüber Bürgermeisterin, Verwaltungsspitze und den übrigen Ratsfraktionen mündlich und schriftlich angekündigt, dass man alle rechtlich zulässigen Mittel und Wege nutzen werde, um den Rathausumbau in der gegenwärtig diskutierten Dimension zu verhindern. „Die Angesprochenen tragen die komplette Verantwortung für das weitere Verfahren“, heißt es von Kloss auch in einer aktuellen Presseinformation. Man habe der Mehrheitsgruppe angeboten, gemeinsam nach sinnvollen und bezahlbaren Alternativlösungen zu suchen , die auch in der Bürgerschaft akzeptiert würden. Dieses Angebot sei jedoch ausgeschlagen worden, bedauert Kloss.

In einem mehrseitigen Schreiben an das Landesamt für Denkmalpflege, das mir vorliegt, skizziert Gruppensprecher Alexander Kloss ausführlich den bisherigen Verlauf des Verfahrens seit 2014 und bittet die Behörde um Prüfung, ob der Stadt Einbeck die geplante Baumaßnahme untersagt werden könne. Eine erste Zwischenmeldung der Landesbehörde aus Hannover ist inzwischen eingetroffen, auch sie liegt mir im Wortlaut vor. Darin kündigt der Abteilungsleiter für Baudenkmalpflege eine Prüfung der vorgetragenen Bedenken und außerdem eine Erörterung zwischen dem für Einbeck zuständigen Gebietsreferenten und den Baubeteiligten an.
Ratsherr Alexander Kloss hatte bereits während der laufenden archäologischen Untersuchungen deutlich gemacht, dass ein Durchbruch durch die Kellerdecke nicht nur wertvolle Originalsubstanz des Gebäudes zerstören, sondern Einbecks bedeutendstes Wahrzeichen unter Umständen auch in seiner Standsicherheit gefährden könne. Daraufhin hatte es einen ungewöhnlich deutlichen Disput zwischen Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek und Kloss in einer Ratssitzung gegeben.
Durch diverse Leserbriefe und persönliche Gespräche zeichnet sich für die FDP/Kloss-Gruppe ein Bild starker Ablehnung der aktuellen Pläne ab. In den vergangenen Monaten hat die aus den FDP-Ratsmitgliedern Marlies Grascha und Hilmar Kahle sowie dem parteilosen Alexander Kloss bestehende Ratsgruppe „Liberal und klar“ nach eigener Darstellung intensiv über preiswertere Alternativen diskutiert, die zudem ohne größere Umbaumaßnahmen am und im Alten Rathaus auskommen würden. Dabei brachte die Gruppe als WC-Alternative die in der Passage der Sparkasse am Marktplatz befindliche moderne, aber aufgrund von häufigen Verschmutzungen in der Vergangenheit seit einiger Zeit geschlossene barrierefreie Toilettenanlage ein, zumindest für Menschen mit Behinderungen, die über einen so genannten Euroschlüssel verfügen. Für Marlies Grascha, Hilmar Kahle und Alexander Kloss ist zudem nach eigener Schilderung weiterhin unverständlich, warum der rückwärtige, bereits jetzt vorhandene ebenerdige Zugang vom Rathaushof auf die Ebene der großen Halle nicht in Absprache mit der Denkmalpflege für Rollstuhlfahrer oder Menschen mit Rollatoren geöffnet werden könne. Um die historische Substanz des Gebäudes zu erhalten, müssten hier mit den zuständigen Denkmalschützern Kompromisse geprüft werden, wie die Tür trotz möglicherweise nicht ausreichender Breite genutzt werden kann.

„Auch das Thema Fördermittel ist noch längst nicht abschließend geklärt“, behauptet FDP-Ratsherr Hilmar Kahle in der Pressemitteilung, in der FDP-Ratsfrau Marlies Grascha ergänzt: „Eine verbindliche Förderzusage fehlt. Im schlechtesten Falle erhöhen sich die jetzt schon hohen Kosten für die Stadt Einbeck am Ende noch weiter. Das ist in der gegenwärtigen wirtschaftlichen Situation unverantwortlich!“ Die Verwaltung hatte hingegen erst im Mai erklärt, dass Fördermittel in Höhe von insgesamt 743.000 Euro bereitstehen würden.
Als völlig unverständlich bezeichnet Alexander Kloss eine Meldung der Einbecker SPD, die den Kritikern des Umbauprojekts vorwirft, die Interessen von behinderten Menschen mit Füßen zu treten und untaugliche Alternativen zu präsentieren. Kloss reagiert auf den Vorwurf seiner einstigen Partei, sich zunächst „mit dem Behindertenrecht und der Lebenssituation älterer Menschen vertraut zu machen“ in seiner aktuellen Pressemitteilung so: „Im Gegensatz zu der Großen Gruppe machen wir in der Opposition unsere Hausaufgaben sorgfältig. Im Vorfeld haben wir viele intensive Gespräche mit Betroffenen und Experten geführt. Und wir haben uns über die Besitzverhältnisse des Grundstücks hinter dem Alten Rathaus informiert. Die von der SPD aufgestellte Behauptung, der Rathaushof gehöre gar nicht der Stadt, ist schlichtweg falsch. Wir haben schriftlich die Aussage des Liegenschaftsamtes, dass sich der Rathaushof im städtischen Besitz befindet. Damit müssen keine Wegerechte eingeräumt oder Zustimmungen anderer Eigentümer eingeholt werden.“
Eine Öffnung der vorhandenen rückseitigen Tür auf dem Rathaushof für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen auf die Ebene der Rathaushalle wäre nach Einschätzung von „Liberal und klar“ sofort möglich. Mit einem klappbaren Plattformlift wäre dann außerdem vergleichsweise einfach und schnell die Toilettenanlage im oberen Stockwerk barrierefrei zu erreichen. Bis dieses umgesetzt wäre, könnte die WC-Anlage in der Sparkassen-Passage als Übergangslösung dienen, zumal sich die Sparkasse laut Kloss kooperationsbereit zeige.
Für die SPD ist laut einer Pressemitteilung ihres Ortsvereins der Vorschlag mit der WC-Anlage in der Sparkassen-Passage „nicht zielführend“. Der so genannte Euro-Schlüssel ermögliche den Zugang lediglich einem eingeschränkten Personenkreis, der auf besondere Einrichtungen und Ausgestaltung angewiesen ist. Die Berechtigung zum Erwerb solch eines Schlüssels erlangten betroffene Personen nur mit speziellen Merkzeichen im Schwerbehindertenausweis, schreiben die Sozialdemokraten. Hiervon seien viele Menschen ausgeschlossen, insbesondere ältere Mitbürger ohne Grad der Behinderung, die aber trotzdem in der Mobilität beeinträchtigt seien.
Mit großem Befremden nimmt die Einbecker SPD „das Vorgehen einzelner Protagonisten zur Verhinderung einer zeitgemäßen Entwicklung Einbecks zur Kenntnis“, schreiben die Sozialdemokraten in ihrer Presseinfo. Wechselweise werde leitenden Verwaltungsmitarbeitenden dann auch schon mal Untätigkeit unterstellt oder mit plebiszitären Elementen gedroht. Auch von Ultimaten in Gremiensitzungen müsse man Kenntnis nehmen. SPD-Vorsitzender Marcus Seidel und sein Stellvertreter Peter Traupe: „Wir wollen Einbeck zeitgemäß und zukunftsfest gestalten und nicht in ewiger Gestrigkeit gefangen halten. Mit den gemeinsam mit dem Gruppenpartner CDU vorgesehenen Investitionen sind wir damit auf dem richtigen Weg. Wir bedanken uns bei den dafür bezahlten Fachleuten für die entsprechenden Konzepte an dieser und anderer Stelle und ihre Arbeit und Kommunikation dazu.“
Wer nicht hören will, der muss fühlen! Ich hoffe sehr, dass sich noch viele weitere Einbeckerinnen und Einbecker sehr schnell und endlich(!) aus der Deckung wagen, um den bei der Kommunalwahl heftig abgestraften Wahlverlierern CDU und SPD deutlich zu machen, dass sie deutlich besser regiert werden wollen als jetzt. Wenn die Einsicht dazu bei den jetzigen Regierungsparteien im Stadtrat intern mehrheitlich nicht vorhanden ist, dann brauchen wir eben andere Mehrheiten. Das kann schneller passieren, als es sich wohl manche in zu großer Höhe kreisende führende Hohltöner vorstellen können – wenn sie denn überhaupt am Ort sind.
Aktuell geht es darum, die planmäßig und bewusst betriebene Verschandelung unseres ehrwürdigen alten Rathauses durch einen irgendwo angeflickten, potthässlichen Aufzug zu verhindern. Neben dem städtebaulich – ästhetischen Bankrott besteht außerdem die große Gefahr, dass der Bau und die spätere Unterhaltung zu enormen Kostenrisiken für den sowieso schon klammen Haushalt der Stadt führen. Ob die Mittel dann noch reichen, die ebenfalls anzuschaffenden Solarbänke vor Diebstahl, Vandalismus und einfach nur betriebsbereit zu halten, weckt in mir große Zweifel.
Es ist höchst lobenswert, dass die kleine, aber sehr aktive Gruppe FDP/Kloss im Stadtrat jetzt die Initiative ergriffen hat, um durch die Einschaltung der zuständigen Aufsichtsbehörden des Denkmalschutzes der fehlgesteuerten Mehrheit im Einbecker Stadtrat zu zeigen, bis wohin sie in ihrer permanenten Großmannssucht gehen darf und wo ihre Grenzen liegen. Denn: Wer nicht hören will, der muss eben fühlen. Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger: Telefonieren Sie doch einfach einmal mit Ihrem Lieblingsmitglied des Einbecker Stadtrats!