Kippt die Corona-Pandemie den Wahltermin 13. September für die Bürgermeisterwahl in Einbeck? Oder müssen die Beteiligten nur mal ein bisschen kreativer sein, in Corona-Zeiten eine demokratische Wahl durchzuführen?
Seit der Landkreis Northeim vor einer Woche die Bürgermeisterwahl in Uslar untersagt hat, die am 7. Juni geplant war, stellen sich die Betroffenen auch in Einbeck die Frage, ob der Wahltermin am 13. September in Gefahr ist. Im Verwaltungsausschuss des Einbecker Stadtrates in dieser Woche konnte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek berichten, dass es noch keine Verfügung des Landkreises für Einbeck gebe. Bei der gesamten Thematik ist freilich nicht allein der noch mehrere Monate entfernte Wahltermin zu berücksichtigen, sondern auch die Vorbereitungen einer Wahl. Bekanntlich gibt es ja in Einbeck bislang mit der Amtsinhaberin lediglich eine Bewerberin, die SPD wurde kurz vor der Nominierung durch die Corona-Beschränkungen ausgebremst. Beobachter halten auch eine Klage gegen die Verfügung in Uslar nicht für völlig ausgeschlossen.
Wie fragil die Situation zurzeit offenbar ist, zeigt sich auch daran, dass der Landkreis Northeim erst nach einer Woche auf meine nach der Uslar-Absage sofort gestellten detaillierten Fragen antwortete – und das ausweichend und allgemein und auch erst, als ich heute noch einmal nachgehakt habe. „Selbstverständlich haben wir als für eine etwaige Anordnung zuständige Behörde auch die Situation der Stadt Einbeck im Blick“, schreibt Landkreis-Pressesprecher Dirk Niemeyer. Problematisch sei aktuell vor allem, dass die Vorbereitung der Direktwahl für Parteien, Wählergruppen oder Einzelbewerber durch die bestehenden Kontakt- und Versammlungsverbote faktisch nicht möglich sei. Ob es beim 13. September in Einbeck bleibe, hänge mit der Entwicklung der Corona-Pandemie zusammen. Dirk Niemeyer: „Es liegen mittlerweile auch erste Hinweise vor, wonach das Land möglicherweise eine landesweite Regelung treffen könnte.“
Der FDP-Landtagsabgeordnete Christian Grascha hat heute die Absage des Wahltermins in Uslar als „nicht nachvollziehbar“ bezeichnet. Keinesfalls dürfe sich die Absage in Einbeck wiederholen. „Wir überlegen uns für die verschiedensten gesellschaftlichen, kulturellen, sportlichen, religiösen und wirtschaftlichen Bereiche Exit-Strategien, um ein Leben mit dem Virus zu organisieren. Gleichzeitig werden grundgesetzlich geschützte Wahlen abgesagt. Das ist nicht hinnehmbar“, meint der FDP-Politiker. Der Landtagsabgeordnete, der auch stellvertretender Landrat des Landkreises Northeim ist, hat eine Kleine Anfrage an die Landesregierung gerichtet. Einzelhändler und Schulen würden wieder öffnen und müssten Hygienekonzepte einhalten. „Warum das bei einer Wahl in Wahllokalen nicht möglich sein soll, ist für mich schleierhaft“, erklärt Grascha. Der Landkreis habe gemeinsam mit der entsprechenden Stadt oder Gemeinde die Pflicht, ein Konzept zu entwickeln, wie die Durchführung einer Wahl sichergestellt werden kann. „Wenn ein Baumarkt die Abstandregeln einhalten kann, dann wird das doch auch in einem Wahllokal möglich sein“, sagte der FDP-Politiker laut einer Pressemitteilung.
Gegebenenfalls sei auch zu prüfen, ob eine Wahl komplett als Briefwahl durchgeführt werden könne. Hiermit habe der Landkreis Hameln-Pyrmont bei der Landratswahl gute Erfahrungen gemacht. Die Wahlbeteiligung lag beim zweiten Wahlgang, in dem ausschließlich per Briefwahl gewählt wurde, sogar höher als beim ersten. Kreativität ist nach Meinung Graschas selbstverständlich auch von den Parteien und den Kandidaten im Wahlkampf gefragt. Onlinewahlkampf und Wahlkampfaktivitäten unter Berücksichtigung der Kontaktsperre würden sehr viele Möglichkeiten bieten, meint er. Ob all diese Optionen geprüft und alle Kriterien für eine Wahl abgewogen worden seien, gehe aus der Verfügung des Landkreises leider nicht hervor. Das Land aber habe dem Landkreis per Erlass die Abwägungskriterien mitgeteilt. „Die Bürger haben einen Anspruch auf Transparenz, warum die Kreisverwaltung zu dieser Entscheidung gekommen ist“, macht Grascha klar. Der Landtagsabgeordnete der Freien Demokraten hat vor diesem Hintergrund seine Anfrage an die Landesregierung gestellt. Er möchte wissen, unter welchen Voraussetzung während der Covid-19-Pandemie Wahlen durchgeführt werden können, ob eine Briefwahl wie im Landkreis Hameln-Pyrmont zulässig ist und ob die Landesregierung unüberbrückbare Hindernisse bei der Aufstellung von Kandidaten sieht. Eine Antwort liegt bis dato nicht vor.
Nachtrag 27.04.2020: Jetzt hat sich der FDP-Landtagsabgeordnete Christian Grascha außerdem per Brief direkt an Innenminister Boris Pistorius (SPD) gewandt und um Erläuterung gebeten. Der Einbecker bittet den Innenminister zu prüfen, ob der Landkreis anhand eines Erlasses des Innenministeriums die Abwägung und Prüfung korrekt und vollständig vorgenommen habe. Grascha bezweifelt dies.
Nachtrag 14.05.2020: Der FDP-Landtagsabgeordnete Christian Grascha hat inzwischen eine Antwort der Landesregierung erhalten. „Die Bürgermeisterwahl in Uslar muss zügig stattfinden und ein Absage wäre nicht notwendig gewesen“, lautet sein Fazit. „Die Absage der Wahl war voreilig, die Abwägung hätte umfangreicher erfolgen müssen“, meint Grascha. In der Verfügung des Landkreises seien insbesondere die Abwägungsgründe für die Briefwahl nicht hinreichend gewürdigt worden. Der FDP-Landtagspolitiker, der auch stellvertretender Landrat ist, fordert den Landkreis auf, die Verfügung zu ändern, um eine kurzfristige Durchführung der Wahl in Uslar noch vor den Sommerferien möglich zu machen. Mit Blick auf die Bürgermeisterwahl in Einbeck erklärte Grascha per Pressemitteilung: „Absagen dürfen sich nicht wiederholen. Nach der jüngsten Verordnung des Landes sind Versammlungen zur Aufstellung eines Kandidaten wieder möglich, wenn ein Sicherheitsabstand von 1,50 Meter zwischen den Teilnehmern sichergestellt werden kann.“ Somit sei eine ordnungsgemäße Wahlvorbereitung möglich.
Unterdessen laufen dei der Stadt Einbeck die Vorbereitungen für die Bürgermeister-Direktwahl zunächst unverändert weiter. Bis es möglicherweise eine Änderung des Kommunalverfassungsgesetzes gebe, in der Wahlen in der Corona-Krise behandelt werden, plane man wie vorgesehen, auch um die vorgegebenen Fristen einzuhalten, erklärte Gemeindewahlleiter Dr. Florian Schröder. Er hat jetzt eine Bekanntmachung veröffentlicht, nach der bis spätestens 27. Juli die Wahlvorschläge eingehen müssen. Bekanntlich hatte die SPD die ursprünglich für den 19. März vorgesehene Nominierung des Kandidaten kurzfristig wegen der sich entwickelnden Corona-Pandemie absagen müssen. Bislang gibt es auch noch keinen Ersatztermin für eine Versammlung. Man sei aber in der Lage, kurzfristig zu reagieren, sagte SPD-Pressesprecher Peter Traupe auf Anfrage. Die Regularien der Sozialdemokraten sehen unverändert vor, dass nur in einer Präsenzveranstaltung nominiert werden kann. Dabei habe der Infektionsschutz oberste Priorität.