Seit Wochen liegt die Baustelle auf dem Hallenplan für jeden sichtbar brach, passiert offenkundig nichts an der Stelle, wo einmal der Fahrstuhl an das Historische Rathaus in Einbeck angebaut werden soll. Die Stadt Einbeck hatte zuletzt Mitte September über den Sachstand informiert, seitdem herrscht Stille. Ratsfraktion und Partei der Grünen haben das heute zum Anlass genommen, mehr Informationen und Transparenz für diese zentrale Innenstadt-Baustelle zu fordern.

Die Einbecker Ratsfraktion der Grünen und Vertreter der Einbecker Grünen haben am Wochenende die Baustelle am Hallenplan besucht, um sich ein Bild der Situation zu machen, wie sie in einer Mitteilung schreiben. Die Baustelle am Rathaus ruhe seit fünf Wochen, vor Beginn des Eulenfestes seien die Bauarbeiten eingestellt worden. „Uns haben mehrere Bürgerinnen und Bürger angesprochen, ob hier am Hallenplan ein zweiter Neustädter Kirchplatz geschaffen werde. Wir brauchen Transparenz für alle Einbeckerinnen und Einbecker, wie es am Hallenplan weitergeht“, lässt sich Günter Rönpagel, Mitglied im Vorstand der Bündnisgrünen in Einbeck, in der Presseinfo zitieren. „Warum ist es notwendig, für den Anbau eines Fahrstuhls den Hallenplan soweit aufzureißen? Welche weiteren Baupläne gibt es und welcher Termin ist für das Ende der Baumaßnahmen anvisiert?“ fragt Manfred Helmke, Fraktionsvorsitzender der Grünen im Einbecker Stadtrat. Eine Fertigstellung in 2024, wie sie im Stadtrat angekündigt worden sei, stehe angesichts des Baustopps und der bevorstehenden Schlecht-Wetter-Periode infrage, meinen die Einbecker Grünen, die dringenden Handlungsbedarf seitens der Verwaltung sehen. Diese müsse Rücksprache mit den verantwortlichen Experten halten und die zeitnahe Wiederaufnahme der Bauarbeiten anstoßen.
Bauen-Fachbereichsleiter Jens Ellinghaus sagte heute auf meine Anfrage, es gebe keinen Baustopp und die Arbeiten liefen im Rathaus auch weiter. An der Stelle, wo der Fahrstuhl gebaut werde, warte man allerdings in der Tat auf die Aussagen von Experten, wie tief der Lift mit Unterfahrung gegründet werden müsse, um die Lastenverteilung sicherstellen zu können. Deshalb sehe man hier aktuell keinen Baubetrieb. Einbeck hat bekanntlich vor allem in der City einen weichen Lössboden. Außerdem sei an der Außenwand des Rathauses zum Hallenplan ein Bruchmauerwerk zutage getreten, das noch für den weiteren Bauverlauf beachtet werden müsse. Parallel zu den archäologischen Untersuchungen war eine Bodenuntersuchung (Rammsondierung) durchgeführt worden, um anhand der Auswertung die Gründungsart für den Aufzug festzulegen. Diese Auswertung stehe wie gesagt noch aus, man rechne im November damit, hieß es. Die Größe der Baugrube habe damit zu tun, dass für den Fahrstuhl das Fundament angeböscht werden müsse, damit es stabil sei und die Lasten verteilt werden könnten, sagte Ellinghaus. Das werde später von Platzpflaster wieder verdeckt. Der Fachbereichsleiter hatte aktuell keine Erkenntnisse, dass der ursprüngliche Bauzeitplan nicht eingehalten werden könne.
In der jüngsten Sitzung des Stadtrates am 20. September hatte Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek in ihrem schriftlichen Bericht darüber informiert, dass die archäologische Baubegleitung für den Aushub der Baugrube am Hallenplan zur Errichtung eines Fahrstuhls zwischen dem 31. Juli und 14. September von der Grabungsfirma Streichardt & Wedekind GbR aus Göttingen durchgeführt worden sei. Es seien dabei Fundschichten und Befunde aus 2500 Jahren Einbecker Geschichte entdeckt und ausgegraben worden. Unter Aufplanierungen des 18./19. Jahrhunderts habe sich der Brandschutt des Jahres 1540 befunden, der wiederum auf dem spätmittelalterlichen Kalksteinpflaster des Hallenplans auflag, berichtete die Bürgermeisterin. Dieser befestigte Platz habe zahlreiche hoch- bis spätmittelalterliche Planierungsschichten und Laufhorizonte des 11. bis 13. Jahrhunderts mit reichhaltigem Fundmaterial überdeckt. Davon ausgehend hätten sich abgetiefte Gruben- und Latrinenbefunde befunden, darunter eine Fasslatrine, so dass man von hier einem typischen „Hinterhofareal“ (der mutmaßlichen Münzstätte) während des 12. bis 13. Jahrhunderts vor dem Bau des Rathauses ausgehen könne. Hervorzuheben seien Fundschichten aus der frühesten Gründungszeit der Einbecker Marktsiedlung mit Produktionsabfällen der Zimmerleute während der Errichtung erster Bauten, berichtete die Verwaltungschefin. Unterhalb habe sich eine große Lehmentnahmegrube der vorrömischen Eisenzeit (6.-4. Jahrhundert vor Zeitrechnung) befunden, welche mit hunderten Keramikscherben von groben Vorratsgefäßen mit Fingertupfenrändern verfüllt worden sei.


Nachtrag 07.12.2023: Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek erklärte in ihrem Bericht für die Sitzung des Stadtrates: „Im Zuge der archäologischen Untersuchungen hat sich herausgestellt, dass die Gründung des Alten Rathauses in einem sehr schlechten Zustand ist. Es besteht Handlungsbedarf, bevor der Fahrstuhlschacht gesetzt wird. Dazu sind zusätzliche Sicherungsmaßnahmen im Untergrund erforderlich, damit keine Schäden am Rathaus entstehen. Um diese Sicherungsmaßnahmen durchzuführen, ist eine entsprechende Witterung notwendig. Die zusätzlich notwendigen Bauleistungen befinden derzeit in der Klärung. Es handelt sich hierbei um Spezialtiefbau, für die entsprechende Baufirmen benötigt werden. Im Rahmen dessen sind Entscheidungsprozesse notwendig. Die Fortsetzung ist im Frühjahr 2024 geplant.“