Haushalt 2024: Warum die Hundesteuer steigt und der Neustädter Kirchplatz nicht mehr drin steht

Nach gut drei Stunden intensiver Beratung des Finanzausschusses zum Haushalt 2024 zieht Kämmerer Christian Rohner mit seinem Team einen Strich unter das beratene Zahlenwerk: Nicht mehr 6,8 Millionen beträgt das Minus im Etatplan fürs kommende Jahr, sondern jetzt noch 5,98 Millionen. Ist das ein Erfolg? Das werden die verschiedenen Beteiligten vermutlich unterschiedlich beurteilen. Zumal sich allein durch den Finanzausgleich die Lage um 855.000 Euro verbesserte und sich die höchstwahrscheinlich positive aktuellste Steuerschätzung ebenfalls noch positiv auf den Haushalt auswirken wird; das lässt sich freilich erst zur Dezember-Ratssitzung genauer beziffern, bei der das Zahlenwerk endgültig beschlossen werden soll. Einbecks oberster Herr der Haushaltszahlen schickte beim letzten Tagesordnungspunkt der Sitzung des Finanzausschusses noch eine Vorwarnung hinterher, da war der Haushalt 2024 vom Finanzausschuss gerade mit einigen Änderungen einstimmig beschlossen worden. „Notwendigkeit für Konsolidierungsmaßnahmen“ heißt das Stichwort, zu dem Christian Rohner ausführte. Sein Fazit: „Viel Luft ist nicht mehr für weitere Verschlechterungen.“

Eine Notwendigkeit für ein Haushaltssicherungskonzept sieht der Kämmerer zwar noch nicht, aber beim Haushalt 2025 sollten alle Haushaltansätze bereits beim Aufstellen des Entwurfs ganz genau überprüft werden. Eine dauerdefizitäre Haushaltslage sei erkennbar, die Rücklagen werden bald aufgezehrt sein, hinzu kommen nach seinen Worten eine hohe Inflation und schwache Erträge. Für letztere kann die Kommune ebenso wenig wie für Entscheidungen des Bundes oder Pandemiefolgen. Die Folgen von Krisen seien Aufwandssteigerungen in erheblichem Umfang, sagte Rohner. Das wurde schon beim 2024-er Haushalt und den Beratungen im Finanzausschuss deutlich, als beim Thema Katastrophenschutz zwei Notstromaggregate und die Schaffung einer Stelle mit entsprechenden Sach- und Personalkosten noch Einzug in die Haushaltszahlen 2024 hielten, eigentlich ebenso geplante Sachausgaben (Feldbetten, Notfallverpflegung etc.) jedoch nicht. Hier mahnte beispielsweise Dirk Ebrecht (CDU) ein vorheriges Katastrophenschutz-Konzept an und warnte vor Aktionismus.

Ein Haushalt ist ein kleinteiliges Zahlenwerk, das sich kaum in wenigen Zeilen beschreiben lässt. Daher nur zwei Beispiele, wie sich im Laufe der Haushaltsberatungen in den Fachausschüssen bis zum abschließenden Finanzausschuss die Dinge entwickeln können. Zwischenzeitlich sah es beispielsweise mal so aus, als wäre für die dringend notwendige Sanierung der Sertürnerstraße (kalkuliert sind 550.000 Euro) trotz angesparter Rücklagen in 2024 kein Geld da, obwohl in dem Jahr ohnehin Leitungen der Energieversorgung (Stadtentwässerung, Stadtwerke) verlegt werden und eine gleichzeitige Straßensanierung daher wirtschaftlich wäre. Hier steuerte Kommunalpolitik um, folgte dem Rat der Verwaltung: Statt der Oberfläche der Tiedexer Straße, für die noch ein Uralt-Haushaltsansatz von 2017 (vor Abschaffung der Straßenausbaubeiträge) in den Büchern stand, wird zumindest die Fahrbahn der Sertürnerstraße bereits 2024 ausgebaut, nachdem die Leitungen verlegt sind.

Ein anderes, finanziell kleines Thema dagegen flog am Ende raus aus dem Haushalt im kommenden Jahr. Und das nicht wegen der Höhe der Summe, sondern der Art und Weise, wie es eingeführt wurde in den Diskussionsprozess. Es geht um den so genannten Zimpel, ein Kommunikationstool für die Öffentlichkeitsarbeit der Stadt Einbeck, bei dem alle Redaktionen und Journalisten in Deutschland mit ihren Kontaktdaten stets aktuell und thematisch sortiert (Fachmedien, Lokalmedien etc.) gehalten werden; damit lassen sich zielgerichteter und effektiv Pressemitteilungen versenden. Bereits im Fachausschuss war der Wunsch nach einem „Zimpel“ nachgemeldet worden. Im Nachhinein stellte sich nun heraus: mit falschen Zahlen. Im Ausschuss für Tourismus und Wirtschaftsförderung war von einmalig 4900 Euro netto und monatlichen 500 Euro netto die Rede gewesen, tatsächlich ist es umgekehrt: Die laufenden Kosten betragen 5200 Euro brutto, die einmaligen rund 600 Euro brutto. Fachausschuss-Vorsitzender Dirk Heitmüller sah sich und seine Kollegen hinter die Fichte geführt: „Das ist uns im Ausschuss nicht ausreichend vorgestellt worden“, drückte er es diplomatischer aus und senkte den Daumen. Der „Zimpel“ steht nicht im Haushalt 2024.

Bei einer Gegenstimme von Hilmar Kahle (FDP) hat der Finanzausschuss einer Erhöhung der Hundesteuer ab 2024 zugestimmt. Kern der Anpassung ist nicht allein eine Anhebung der Steuersätze, sondern auch eine komplett neue Besteuerung von gefährlichen Hunden, die rechtssicher vom Veterinär so eingeschätzt werden. 600 Euro kostet die Hundesteuer für ein solches Tier künftig pro Jahr. Ansonsten steigt die Hundesteuer für den ersten Hund von 84 auf 108 Euro pro Jahr, beim zweiten Hund von 108 auf 132 Euro, beim dritten Hund von 156 auf 192 Euro. Vertreter aller Fraktionen hatten in der Diskussion Verständnis, dass eine solche Steuererhöhung immer ein emotionales Thema sei. Hilmar Kahle (FDP) erzählte, er habe mit vielen älteren Damen gesprochen, für die ihr Hund alles sei und dessen Haltung sie sich vom Munde absparen müssten, da komme diese Erhöhung jetzt in der aktuellen Zeit nicht gut. Kahle forderte stattdessen, lieber die Strafen für hinterlassenen Hundekot zu erhöhen. Die Hunde aus den 46 Ortschaften belasteten die Kernstadt übrigens nicht, meinte der Vardeilser. Haushalterisch müsse man die wenigen Stellschrauben, die Kommunalpolitik habe, dann auch bedienen, sagte Dirk Ebrecht (CDU), ebenfalls die Emotionalität des Thema anerkennend. Bei der aktuellen Erhöhung werde lediglich die Inflation berücksichtigt, und dabei bleibe 2023 sogar noch außer Betracht. Diese Inflationsanpassung sei ein Euphemismus, beschönigend, kritisierte der fraktionslose Ratsherr Helmar Breuker (CDU), der seine im Vorfeld des Ausschusses bereits geäußerte Kritik in der Sitzung noch einmal anbrachte. Am Ende komme lediglich 60.000 Euro an Mehreinnahmen dabei heraus, man fange bei den Kleinen an, die sich nicht so leicht wehren könnten, meinte Breuker. Und man habe mit der Anhebung zu lange gewartet, müsse deshalb jetzt einen zu großen Schritt gehen, das müsse eigentlich sukzessiver, Schritt für Schritt passieren. Zuletzt war die Hundesteuer 2009 angepasst worden. Eunice Schenitzki (SPD) wünschte sich deshalb auch eine Überprüfung der Höhe nach fünf Jahren, sah ebenfalls die soziale Komponente, wie sie Hilmar Kahle in die Debatte gebracht hatte, der habe jedoch „ein bisschen zu dick aufgetragen“. Dirk Heitmüller (SPD), selbst Hundebesitzer, bezweifelte das von Kahle gemalte „Horrorszenario“, dass sich eine Hundebesitzerin wegen 9 Euro pro Monat keinen Hund mehr leisten könne, gleichzeitig würde doch viel Geld für Leckerlis ausgegeben. Auch Heitmüller räumte ein, dass man längst hätte erhöhen müssen. „Wir haben’s verpasst, deswegen tut es ein bisschen mehr weh.“ Seit 14 Jahren habe die Stadt auf zusätzliche Einnahmen verzichtet, ergänzte Klaus-Reiner Schütte (SPD), die jetzige Erhöhung treffe die aktuellen Hundebesitzer hart, aber diejenigen aus den vergangenen gut 14 Jahren könnten sich freuen, dass es nicht längst teurer geworden sei.

Und warum ist der Neustädter Kirchplatz aus dem Haushalt 2024 verschwunden, obwohl die Platzgestaltung ja bekanntlich noch längst nicht abgeschlossen ist und aktuell wegen eines Beweisverfahrens zur Beschaffenheit des Baugrundes ruht? Kämmerer Christian Rohner hatte im Finanzausschuss erläutert, dass Investitionen neu veranschlagt werden müssten, wenn die Maßnahmen noch nicht abgeschlossen, die Mittel noch nicht verbraucht und zum zweiten Mal in neue Haushaltsjahre übertragen werden. Das sei imgrunde eine eher technische Erneuerung des Haushaltsansatzes und belastungsneutral, die Zahlen blieben gleich. Bei Investitionen wie der Erschließung des Deinerlindenwegs, der Inklusionsinvestition in der Grundschule Vogelbeck, dem Projekt Dorfgemeinschaftshaus Bartshausen oder dem Smart-City-Musterhaus ging der Finanzausschuss auch diesen Weg der Neuveranschlagung im Haushalt 2024. Beim Neustädter Kirchplatz jedoch nicht. Hier entschied das Gremium einstimmig, das Projekt aus dem Zahlenwerk für 2024 herauszunehmen, stattdessen für 2023 noch einen Nachtragshaushalt für den Neustädter Kirchplatz in der Dezember-Ratssitzung zu verabschieden. Das sei „kein Taschenspielertrick“, betonte SPD/CDU-Gruppensprecher Dirk Ebrecht nach einer Sitzungsunterbrechung, sondern mache es Verwaltung und Genehmigungsbehörde einfacher, es werde transparenter und der Etat 2024 werde entschlackt.

Nachtrag 10.11.2023: Mit einer umfangreichen Stellungnahme hat die FDP/Kloss-Gruppe die Beratungen des Finanzausschusses kommentiert. „Angesichts der bereits jetzt bekannten Informationen werden die Ratsmitglieder von Liberal und klar in der Ratssitzung am 6. Dezember den Haushaltsentwurf für 2024 ebenso ablehnen, wie einen möglichen ‚Verschleierungs-Nachtragshaushalt‘ für das laufende Jahr“, schreibt Gruppensprecher Alexander Kloss (parteilos) heute in einer Mitteilung. Das verwundert sehr, denn der klare Liberale Hilmar Kahle (FDP) hat im Finanzausschuss sowohl dem Haushalt-Entwurf 2024 als auch dem Weg für einen Nachtragshaushalt für den Neustädter Kirchplatz nicht widersprochen, die Abstimmungen erfolgten einstimmig.

3 Kommentare zu „Haushalt 2024: Warum die Hundesteuer steigt und der Neustädter Kirchplatz nicht mehr drin steht

  1. Spielchen statt Lösungen!
    Im Finanzausschuss wurde ein Nachtragshaushalt für den Neustädter Kirchplatz noch in 2023 empfohlen. Keine Angst es wird (noch) nicht nachgelegt. Aus optischen Gründen will Politik den aktuell Haushaltsentwurf schönen und eine formal erforderliche Neuaufnahme im Haushalt 2024 vermeiden. Durch dieses bürokratische und zeitlich fragwürdige Verschiebespielchen ändert sich erstmal nichts, man erhöht nur die Intransparenz öffentlichen Handelns. Interessant dürfte der im Finanzausschuss bereits anvisierte (!) Nachtragshaushalt für 2024 werden; ob da dann überraschend der Neustädter Kirchplatz wieder auftaucht? Die haushälterischen Reserven werden in jedem Fall in den nächsten Jahren aufgezerrt und die städtischen Schulden – einhergehend mit hohen Zinsaufwendungen – werden wieder ein lähmendes Niveau erreichen; aber Ausgabendisziplin wird auf den Haushalt 2025 verschoben und um die Umsetzung kann sich dann die neue Rathausspitze kümmern.

  2. Wieder einmal beschränkt man sich auf kleine Stellschrauben. So groß die Anzahl der Ratsmitglieder in der Großen Gruppe, so klein ihr Ideen. Wenn nicht endlich die Stellschrauben in den einzelnen Fach- und Sachgebieten sowie bei den Investitionen bedient werden, läuft der Haushalt aus dem Ruder und wir liegen noch über den ursprünglichen 6,8 Millionen Euro Kreditaufnahme. Und der Bestand von um die 40 Millionen Euro und die Zinslast dazu war gar kein Thema.

  3. Lieber Ralf Rybarczyk! Wir beide haben sicherlich in den letzten Jahrzehnten hunderte von Bilanzen erstellt und noch mehr analysiert. Wir Laien können immer wieder über unsere Spezialisten staunen, diese bewundern und die Transparenz preisen!

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