
Der Kreistag ist über die Brücke gegangen, hat den vom Fachausschuss gewiesenen Pfad (Beschlussvorlage: Vorlage Brücke GarlebsenOlxheim KT 171014) keinen Millimeter verlassen. Ohne Überraschung – wie zu erwarten war – ist die Angelegenheit am Freitag Nachmittag also über die politische Bühne gegangen. Am Ende nach einstimmiger Abstimmung der Kreistagsabgeordneten für eine neue Brücke über die Leine gab’s Beifall und Jubel von den anwesenden Bürgern aus Garlebsen, Ippensen und Olxheim, die seit Wochen für ihre Lebensader kämpfen. Beschlossen ist jetzt, dass die einsturzgefährdete und seit dem 10. September voll gesperrte, über sechs Jahrzehnte alte Brücke kurzfristig abgerissen wird (Kosten: 300.000 Euro). Umgehend soll an ihrer Stelle eine Behelfsbrücke gebaut werden (Kosten: 150.000 Euro plus Miete 1500 Euro/Monat), mit ihrer Fertigstellung wird je nach Winterwetter im Mai 2015 gerechnet. Außerdem sollen die Planungsunterlagen für eine Ersatzbrücke erarbeitet und die Finanzmittel dafür beantragt werden (Kosten: mindestens 1,2 Millionen Euro).
Landrat Michael Wickmann musste sich vor der Abstimmung scharfe Kritik an seiner Verwaltung anhören. Er hatte „technische Gründe“ ins Feld geführt, warum für die Kreistagssitzung zunächst allein irreführende Beschlussvorlagen veröffentlicht waren: „Asche auf mein Haupt“, bat der Kreishaus-Chef um Entschuldigung.

Das wollten ihm aber Dirk Ebrecht (CDU), Marc Hainski (GfE) und Christian Grascha (FDP) nicht so einfach durchgehen lassen. Das, höflich ausgedrückt, „bedauerliche Missverständnis“ bei den Beschlussvorlagen habe noch einmal für extreme Unruhe vor Ort gesorgt, die man sich hätte ersparen können, meinte Grascha. Das Ergebnis, das der Kreistag beschlossen habe, sei „allein und ausschließlich das Verdienst der Bürger“, die sich für ihre Brücke vernehmbar engagiert und beispielsweise über 5000 Unterschriften gesammelt haben. Marc Hainski kritisierte, dass die Brücke ersatzlos sterben sollte, schon 2004 sei die Brücke in der Kreisverwaltung offenbar „totgeschrieben“ worden, damals war gutachterlich klar, dass sie marode ist. Die seitdem verstrichene Zeit hätte die Kreisverwaltung gut für das fünf Jahre in Anspruch nehmende Planfeststellungsverfahren einer neuen Brücke nutzen können, statt den Kreistag jetzt vor vollendete Tatsachen zu stellen.
Dirk Ebrecht holte die größte politische Keule heraus. Die Debatte über die Leinebrücke sei „eine einzige Geschichte von Pleiten, Pech und Pannen – und auch Unvermögen“, sagte der CDU-Politiker in Richtung Wickmann’scher Kreisverwaltung. Mit einem lockeren Spruch von der Asche auf sein Haupt mache es sich der Landrat zu einfach. Als freundlicher, moderner, bürgernaher Dienstleister habe sich der Landkreis in der Brückenangelegenheit nicht dargestellt, eher das Gegenteil von Transparenz sei der Fall. Und als dann jetzt im Vorfeld der Kreistagssitzung auch noch allein die falschen Vorlagen veröffentlicht wurden, „musste das die Bürger einmal mehr alarmieren“. Schon bei der Ankündigung der Brücken-Sperrung im Juli habe nicht eine dürre Pressemitteilung ausgereicht, das habe man ja gesehen. Dass die Kreisverwaltung nicht die kurzfristig einberufene Ortsratssitzung und auch sonst bis zu Sonder-Fachausschusssitzung keine andere Veranstaltung vor Ort besucht habe, sei auch kein Ruhmesblatt. Dass die Brücke schon lange zu sanieren gewesen wäre, sei nun klar. Habe der Kreistag mit geschlafen? Die technische Überwachung der Brücke, obwohl Gutachter schon 2004 von Einsturzgefahr sprachen, habe einen Vermögenssschaden von 500.000 Euro laut Bürgerinitiative entstehen lassen, meinte Ebrecht. Der Brief der Kreisverwaltung an die Stadt, sich doch an der Brücke mit 50 Prozent zu beteiligen, „schlägt dem Fass den Boden aus“, erregte sich Ebrecht. Das sei ja geradezu ein „unmoralisches Angebot“ einer Aufsichtsbehörde an die Stadt Einbeck, den mit dem Land Niedersachsen abgeschlossenen Zukunftsvertrag zu brechen.

Rolf Metje (SPD) sagte, seit der konkreten Vollsperrung seien die Auswirkungen nun spürbar. Seine Fraktion habe Verständnis, dass der zunächst geplante ersatzlose Abriss der Brücke auf Widerstand vor Ort gestoßen sei. Metje dankte den Bürgern für ihren Protest, sie seien eben bei den Folgen einer brückenlosen Zeit ganz nah dran. Dringend nachgebessert werden müsse defintiv an der Ausschilderung, ein kleines Sackgassen-Schild genüge nicht. Schon heute fahren navigationsgläubige Lkw-Fahrer ein ums andere Mal vor das Sperrschild und müssen aufwändig drehen. Dass die Brücke gesperrt sei, gehöre schon in Echte an der Autobahn ausgeschildert, ergänzte Dirk Ebrecht.
Geantwortet hat der Landrat auf die ihm und seiner Verwaltung gemachten Vorwürfe heute öffentlich nicht. Erst im Flur nach Ende des Tagesordnungspunktes gab Wickmann Ebrecht eine Antwort, die die umstehenden Bürger, Mitglieder der Bürgerinitiative und auch die ebenfalls der Kreistagssitzung beiwohnende Einbecker Bürgermeisterin Dr. Sabine Michalek gehört haben dürften. Von Akten war da die Rede, in denen dokumentiert sei, dass in der Vergangenheit alles auch der Kreistag beschlossen habe…
